Titelthema: Natur erfahren - Landknirpse
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Geliebte Quälgeister<br />
Geliebte Quälgeister<br />
von Christa Budde<br />
Inklusion<br />
Morgen fängt das nächste Schuljahr an. Ich bin schon sehr gespannt,<br />
denn jetzt gilt das Prinzip der „Inklusion“ in der Schule. Als mein Kind<br />
das erste Mal mit diesem Wort nach Hause kam, schaute ich es erst<br />
einmal im Lexikon nach. Dazu fand ich bei Wikipedia folgendes:<br />
„Inklusive Pädagogik ist ein pädagogischer Ansatz, dessen wesentliches<br />
Prinzip die Wertschätzung der Diversität (Vielfalt) in der Bildung<br />
und Erziehung ist. Der Begriff leitet sich ab vom lateinischen Verb<br />
includere, beinhalten, einschließen, einsperren, umzingeln. Befürworter<br />
der Inklusion betrachten Heterogenität als normale, reguläre Gegebenheit.<br />
Inklusive Pädagogik stellt damit ein Gegenmodell dar zur Exklusion<br />
mit deren Ziel der Findung und Bildung homogener Lerngruppen und<br />
einer separierenden, segregierenden, stigmatisierenden sowie selektierenden<br />
Pädagogik.“<br />
Nun, ich gebe (ungern) zu, dass ich den letzten Absatz nicht ganz verstanden<br />
habe. Aber ich bin immer offen für Neues und ich möchte<br />
natürlich auf keinen Fall, dass in der Schule meines Kindes irgendein<br />
Kind separiert, segregiert, stigmatisiert oder selektiert wird. Lang lebe<br />
der pädagogische Fortschritt! Nach der ersten Schulwoche frage ich<br />
mein Kind lässig: „Na, wie läuft die Inklusion?“ Mein Kind schaut mich<br />
verständnislos an. „Wovon redest du?“ fragt es vorsichtig. „Nun“, erkläre<br />
2<br />
Die Autorin Christa Budde lebt in der Nähe von Stralsund.<br />
Wenn sie nicht gerade schreibt, arbeitet sie als Biologin. In der<br />
Serie „Geliebte Quälgeister“ erzählt sie, selber Mutter von drei<br />
Kindern, mit einem Augenzwinkern aus dem Alltag vielgeplagter<br />
Mütter, gestresster Väter und einfallsreicher Kinder.<br />
ich ihm, „ich rede davon, dass ihr jetzt alle in eurer Vielfalt wert<br />
geschätzt werdet. Dass jeder sein darf, wie er will. Dass keiner mehr<br />
benachteiligt wird, nur weil er nicht so gut lesen oder schreiben oder<br />
laufen kann.“<br />
Mein Kind nickt langsam, verstehend. Ich sehe förmlich, wie sich ihm<br />
plötzlich Ereignisse der vergangenen Woche erschließen. Immer noch<br />
nickend, sagt es: „Also deshalb haben wir das ABC nochmal von vorne<br />
angefangen und das kleine Einmaleins wiederholt. Und Mama“, fährt<br />
es fort, „hat es auch mit deiner In….wie auch immer das Wort heißt, zu<br />
tun, dass Meike unter dem Tisch liegen darf und dass Horst keine Strafe<br />
bekommen hat, als er über die Tische getanzt ist und dass Richard<br />
eine 1 bekommen hat, obwohl er das ABC nur bis zum G konnte?“<br />
Ich wiege bedächtig den Kopf hin und her. Noch weiß ich nicht, was<br />
ich antworten soll.<br />
Am Abend grübele ich immer noch darüber, was ich meinem Kind<br />
sagen soll und ob Inklusion nicht doch vor allem „Einsperren“ bedeutet<br />
(siehe oben, Wikipedia). Fragt sich nur, wer wen einsperrt? Werden<br />
Kinder, die nie richtig lesen und schreiben werden können, mit Kindern<br />
zusammen gesperrt, die ihnen durch flüssiges Lesen und Schreiben<br />
auf Dauer das Gefühl geben, minderwertig zu sein? Oder werden einfach<br />
alle SchülerInnen zusammen in EINE Schule gesperrt, damit die Förderschulen<br />
geschlossen werden können und damit gespart wird? Oder hat<br />
includere hier doch vor allem die Bedeutung von „beinhalten“ sprich:<br />
„alles inklusive“? Einschließlich der Überforderung der LehrerInnen?<br />
Gegen Morgen finde ich endlich die Lösung. Es muss doch „einsperren“<br />
heißen: man sollte alle die einsperren, die Inklusion auf Teufel komm<br />
raus umsetzen, ohne den Schulen entsprechende Finanz- und Hilfsmittel<br />
an die Hand zu geben. Bevor ich entscheiden kann, ob ich das<br />
meinem Kind sagen soll, schlafe ich ein.<br />
P.S.:„Das Leitbild der Inklusion zielt - im Gegensatz zur Integration - auf<br />
alle Menschen und setzt damit das Ziel, Schule für alle Schüler (und<br />
auch für alle Lehrer) zu einem anregendem und angenehmen,<br />
fördernden und herausforderndem Ort des Lernens zumachen. Die<br />
ganze Schule gewinnt.“<br />
Die Familienzeitschrift „<strong>Landknirpse</strong>“ erscheint in drei<br />
Regionalausgaben für Stralsund/ Region NVP, Greifswald/<br />
Region OVP und für die Familien der Insel Rügen.<br />
Unter www.landknirpse.de finden Sie z.B. den tagaktuellen<br />
Veranstaltungskalender für Familien.<br />
Die „<strong>Landknirpse</strong>“ sind Mitglied des Netzwerkes der<br />
Familienzeitschriften Mecklenburg-Vorpommern:<br />
www.familienzeitschriften-mv.de.<br />
Die „<strong>Landknirpse</strong>“ sind Mitglied des Bündnisses<br />
Recht auf Spiel:<br />
www.recht-auf-spiel.de<br />
Sept 12 – Nov 12