06.01.2013 Aufrufe

focus - Deutsche Meteorologische Gesellschaft eV (DMG)

focus - Deutsche Meteorologische Gesellschaft eV (DMG)

focus - Deutsche Meteorologische Gesellschaft eV (DMG)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

auf das Klima bestätigt haben, wird in nächster Zukunft<br />

nicht mehr die Frage nach der Veränderung der Klimamittelwerte<br />

sondern nach der Streuung der kurzfristigen<br />

Wetterdaten um die neuen Mittelwerte dringlich. Hier<br />

werden sehr viele Neuentwicklungen und Prüfungen<br />

vorzunehmen sein, da die Klimamodelle erst eine sehr<br />

grobe Auflösung besitzen und die jetzigen Anschlussmodelle<br />

nur solche Phänomene genauer behandeln<br />

können, soweit sie von den Klimamodellen überhaupt<br />

dargestellt werden. Gebirgseinflüsse, Schwerewellen,<br />

Kopplungsmechanismen, Eigenschwingungsvorgänge<br />

der Atmosphäre, kleinräumige Unwetter usw. bedürfen<br />

einer näheren Behandlung. Die Abschätzung künftiger<br />

Risiken muss vor allem auch detailliertere Analysen<br />

vergangener Unwettersituationen vornehmen und die<br />

Wahrscheinlichkeiten für die Kombination verschiedener<br />

Teilrisiken realistisch beschreiben können. Eine<br />

verlässliche Einschätzung der Wahrscheinlichkeiten<br />

für die künftige Häufigkeit und Intensität von Extremwettersituationen<br />

lässt sich aus einer Extrapolation<br />

entsprechender Trends aus der Vergangenheit nicht<br />

ableiten, sondern erfordert die Weiterentwicklung entsprechender<br />

Modelle. Diese Modelle müssen in der<br />

Lage sein, z.B. bei höheren Meerestemperaturen oder<br />

größeren Temperaturgegensätzen zwischen Ozean und<br />

Kontinenten die Entwicklung von Wetterlagen der Vergangenheit<br />

neu zu berechnen. Die Abschätzung dieser<br />

künftigen Risiken dürfte eine der Hauptaufgaben der<br />

Meteorologie für die Beratung der Öffentlichkeit werden.<br />

Das soll nicht bedeuten, dass die Grundlagenforschung<br />

zurückzustellen wäre. Viele Wettersituationen<br />

sind jedoch immer dann ohne öffentliches Interesse,<br />

wenn keine Belastungen oder keine Schadenspotenziale<br />

damit verknüpft sind. Investitionen in den Klimaschutz<br />

werden jedoch wahrscheinlicher, wenn die<br />

Risiken genauer bekannt sind.<br />

Wichtig sind vor allem auch experimentelle Untersuchungen<br />

zu Wetterphänomenen, zu deren modellmäßiger<br />

Behandlung die Beobachtungsgrundlagen fehlen.<br />

Ein in dieser Hinsicht erfolgreiches und viel versprechendes<br />

Experiment war das 2007 durchgeführte<br />

COPS, in dem umfangreiche Datensätze gemessen<br />

wurden, die auch zur Modellvalidierung dienen.<br />

Lücken im Beobachtungsnetz: Hier ist das WMO-<br />

Programm THORPEX ein erster Ansatz. Bekannt ist<br />

beim Sturm Lothar, dass für die sichere Vorhersage der<br />

für die Entwicklung des Tiefs verantwortlichen Rossby-Wellen-Daten<br />

aus dem Ost-Pazifik aus der mittleren<br />

Troposphäre fehlten, die dort auch von Satelliten nicht<br />

einsehbar waren. Mikrowellenverfahren, die Wolken<br />

durchdringen, versagen in Gebieten, wo es regnet.<br />

Wenn man Wettermodelle „rückwärts“ rechnet, erhält<br />

man Hinweise auf meteorologisch sensible Gebiete,<br />

aus denen mehr Daten benötigt werden. Es könnte sich<br />

also als sinnvoll herausstellen und notwendig erweisen,<br />

bei unwetterträchtigen Lagen gezielte Wetterflüge<br />

dorthin durchzuführen.<br />

Bei Ensemblevorhersagen gibt es immer wieder Situationen<br />

mit Divergenz des Ensembles. Dann ist die<br />

<strong>focus</strong><br />

Atmosphäre in einer Kippsituation (Bifurkation). Sind<br />

dabei Extremwetterlagen zu erwarten, könnten zusätzliche<br />

Daten aus bestimmten Regionen helfen, die<br />

Vorhersagbarkeit zu erhöhen. Wann solche Situationen<br />

vorliegen und wie man dabei vorzugehen hat, muss die<br />

Forschung zeigen. Wir wissen also noch keineswegs,<br />

ob nicht das künftige Klima chaotischer wird, also häufiger<br />

Wetterlagen nahe bei Bifurkationspunkten auftreten.<br />

Dies könnte zu einer generellen Verschlechterung<br />

der Vorhersagbarkeit führen.<br />

Das Wechselspiel der großskaligen Zirkulationssysteme<br />

(Hadley-Zelle, El Nino, NAO, AO, Monsun,<br />

strat. Polarwirbel, QBO usw.) ist ein Vorgang, der die<br />

Großwetterlage beeinflusst. Diese Systeme entwickeln<br />

sich von Jahr zu Jahr unterschiedlich, das eine etwa besonders<br />

stark, ein anders schwach. Ein besseres Verständnis<br />

derartiger Wechselwirkungen sollte Ergebnis<br />

zeitigen, aus denen sich Hinweise für eine längerfristige<br />

Witterungsvorhersage ergeben könnten.<br />

Telekonnektionen zwischen den großskaligen Zirkulationssystemen<br />

sind früher bereits untersucht worden,<br />

um die Atmosphäre besser zu verstehen. Ein Erfolg für<br />

Witterungsvorhersagen ist bereits bei El Nino gelungen,<br />

vielleicht deshalb, weil das ostwärts gegen Südamerika<br />

strömende Warmwasser eine hohe Trägheit<br />

besitzt und der Vorgang sich fortsetzt. Für eine Witterungsvorhersage<br />

in Europa wären schon Erkenntnisse<br />

zu den heute bereits beobachtbaren Regenerationstendenzen<br />

der Großwetterlage über einen längeren Zeitraum<br />

hilfreich.<br />

Überwachung von Risikoparametern<br />

Im Nordalpenraum stammt das Niederschlagswasser<br />

im Herbst und Winter überwiegend vom nördlichen<br />

Mittelmeer (so d e m a n n und Zu B l e r, 2007). Die Kombination<br />

eines übermäßig warmen Mittelmeers mit<br />

einer Vb-Lage birgt hohe Hochwasserrisiken. Für andere<br />

Meere zeigt der Anstieg der SST ebenfalls Auswirkungen<br />

in Richtung höherer Niederschläge. Da das<br />

Meer mit seiner hohen Wärmekapazität nur träge reagiert,<br />

bleiben etwaige Risiken langfristig bestehen.<br />

Die Kontinente erwärmen sich im Zuge des Klimawandels<br />

rascher als die Meere. Großräumige Temperaturdifferenzen<br />

sind jedoch auch Wetterantriebe und<br />

sollten daher überwacht werden. Möglicherweise ergeben<br />

sich auch neue Erkenntnisse aus dem Studium<br />

solcher Risikoparameter zum regionalen Klima.<br />

Europäisches Unwetterwarnsystem<br />

Das zur Zeit vorhandene europäische System ist viel<br />

zu grob. Der Austausch von Warnungen, vor allem<br />

kleinräumiger Natur, dürfte Schäden verringern. In der<br />

Hydrologie führten grenzüberschreitende Kooperationen<br />

ebenfalls zur Risikominimierung oder zur Schadensbegrenzung<br />

in Überschwemmungssituationen.<br />

Ein europäisches koordiniertes Unwetterwarnsystem<br />

könnte viele Risiken mindern, wenn detailliertere Informationen<br />

über Unwetter oder Unwetterfolgen verfügbar<br />

wären. Das derzeitige System bietet noch viel<br />

zu wenige Details.<br />

Mitteilungen 04/2007<br />

17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!