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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

<strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> Fachkräftesicherung! – Was muss sich in Berlin<br />

noch ändern?“<br />

Dokumentation des Fachdialogs am 28. März 2011<br />

Erarbeitet im Rahmen des Projektes<br />

„Gesellschaftliche Wertschätzung von Dienstle<strong>ist</strong>ungen steigern!<br />

Dienstle<strong>ist</strong>ungsqualität – Arbeitsqualität – Zeitinnovationen“<br />

Berlin, April 2011<br />

Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Berlin –<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration, Arbeit und Soziales


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Veranstaltungsprogramm ................................................................................ 1<br />

2. Begrüßung und Impuls .................................................................................... 3<br />

3. Die Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin – Aus gewerkschaftlicher Sicht ...... 7<br />

4. Die Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin – Erfahrungen und Ergebnisse aus<br />

dem Projekt ..................................................................................................... 16<br />

5. Pflegende wertschätzen – Was heißt das in der (betrieblichen) Praxis? .. 19<br />

6. Was wird in Berlin bereits getan und was kann noch verbessert werden? –<br />

moderierte Diskussionsrunde ....................................................................... 33<br />

7. Eindrücke von der Veranstaltung ................................................................. 37<br />

8. L<strong>ist</strong>e der Teilnehmenden ............................................................................... 39


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

1. Veranstaltungsprogramm<br />

14.00 Uhr Wertschätzung <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Fachkräftesicherung – Impulsreferat und Begrüßung<br />

Carola Bluhm, Senatorin <strong>für</strong> Integration, Arbeit und Soziales,<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration, Arbeit und Soziales Berlin<br />

14.15 Uhr Die Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin<br />

• Aus gewerkschaftlicher Sicht<br />

Meike Jäger, Fachbereichsleiterin, ver.di Landesbezirk Berlin-<br />

Brandenburg, FB 3 – Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt<br />

und Kirchen<br />

• Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Projekt<br />

Annemarie Weber, Mitarbeiterin im Projekt „Gesellschaftliche<br />

Wertschätzung von Dienstle<strong>ist</strong>ungen steigern! Dienstleitungsqualität<br />

– Arbeitsqualität – Zeitinnovationen“, Wert.Arbeit<br />

GmbH, Berlin<br />

14.45 Uhr Pflegende wertschätzen – Was heißt das in der (betrieblichen)<br />

Praxis?<br />

Dr. Rüdiger Klatt, wissenschaftlicher Projektleiter im Projekt<br />

„Berufe im Schatten“, Technische Universität Dortmund,<br />

Forschungsbereich Arbeitssoziologie<br />

15.15 Uhr Pause<br />

15.30 Uhr Was wird in Berlin bereits getan und was kann noch verbessert<br />

werden? – moderierte Diskussionsrunde mit Nachfragen<br />

aus dem Publikum, u.a. mit:<br />

• Claudia Stiller-Harms – „Branchenbeauftragte Pflege“<br />

der Berufsgenossenschaft <strong>für</strong> Gesundheits<strong>die</strong>nst und<br />

Wohlfahrtspflege<br />

• Herbert Großmann – <strong>für</strong> <strong>die</strong> Paritätischen Träger,<br />

Pflegewohnzentrum Kaulsdorf-Nord gGmbH<br />

• Dr. phil. Margarete Reinhart – Koordinatorin des<br />

Stu<strong>die</strong>ngangs Pflegemanagement, Evangelische<br />

Fachhochschule Berlin<br />

1


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

• Dietmar Meng – stellvertretender Vorsitzender des AGVP –<br />

Arbeitgeberverband Pflege e.V.<br />

• Hanfried Zimmermann – stellvertretender Vorstandsvor-<br />

sitzender der Stephanus-Stiftung<br />

• Kerstin Liebich – Staatssekretärin <strong>für</strong> Integration und Arbeit,<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration, Arbeit und Soziales Berlin<br />

• Michael Musall – Gewerkschaftssekretär, ver.di Landesbezirk<br />

Berlin-Brandenburg, FB 3 Gesundheit, Soziale Dienste,<br />

Wohlfahrt und Kirchen<br />

17.00 Uhr Abschluss der Veranstaltung<br />

2


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

2. Begrüßung und Impuls<br />

Carola Bluhm, Senatorin <strong>für</strong> Arbeit, Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration, Arbeit und Soziales<br />

Berlin<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserer Veranstaltung <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong><br />

<strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung! – Was muss sich in Berlin noch ändern?“.<br />

Ende 2008 gab es in den Berliner Altenheimen und ambulanten Pflegeeinrichtungen knapp<br />

73.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. 75 % davon waren Frauen, mehr als ein<br />

Drittel arbeitete in Teilzeit. Hinzu kamen rund 9.000 Beschäftigte in Minijobs. Bei 48 % der<br />

Beschäftigten lag der monatliche Lohn unter 1.500 Euro brutto, bei 72 % unter 2.000 Euro.<br />

Die Ausbildungsquote war mit 2 % an den Beschäftigten im Vergleich zum übrigen Sozialwesen<br />

(4,8 %) ausgesprochen niedrig.<br />

Der heutige Fachdialog, meine Damen und Herren, <strong>ist</strong> der Auftakt einer Landesinitiative „Gute<br />

Arbeit in der Pflege“ mit der wir in Kooperation mit anderen Verwaltungen Akteure wie <strong>die</strong><br />

Gewerkschaften, <strong>die</strong> Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit, <strong>die</strong> Kranken- und Pflegekassen, <strong>die</strong> Verbände<br />

der Pflegeinrichtungen sowie <strong>die</strong> Pflegewissenschaft gewinnen wollen. Wir wollen sie<br />

gewinnen, um gemeinsam unterschiedliche Themen wie Ausbildung, Arbeitsbedingungen,<br />

Bezahlung, sowie <strong>die</strong> Einhaltung des Mindestlohns zu bewegen.<br />

Ich möchte Sie einladen, Botschafter <strong>die</strong>ser Initiative zu werden.<br />

Putzen Sie mit <strong>die</strong>sem kleinen Tuch sichtbar ihre Brille: „Nicht wegsehen: Werte pflegen –<br />

Pflege aufwerten!“ heißt es auf dem Tuch in drei Sprachen. Und putzen Sie im übertragenen<br />

Sinne auch <strong>die</strong> Brille der Gesellschaft. Helfen Sie mit, den gesellschaftlichen Wert von Pflege<br />

durch mehr Wertschätzung sichtbar zu machen!<br />

Meine Damen und Herren, werfen wir einen Blick in <strong>die</strong> Zukunft:<br />

Allein in der Gruppe der über 80-Jährigen wird bis 2030 ein Anstieg der Personen von 73 %<br />

auf 6,3 Mio. erwartet. Insgesamt werden bis dahin etwa 28,4 Mio. Menschen in Deutschland<br />

60 Jahre oder älter sein. Mit der wachsenden Zahl an alten Menschen wird auch der Anteil<br />

derer mit chronischen und multiplen Erkrankungen steigen. Die Zahl der behinderten und<br />

pflegebedürftigen älteren Menschen in der Gesellschaft wird insgesamt zunehmen. Veränderte<br />

Gesellschafts- und Familienstrukturen sowie <strong>die</strong> steigende Komplexität bei der Versorgung<br />

machen eine Betreuung alter und pflegebedürftiger Menschen durch Angehörige oder<br />

Freunde immer seltener möglich. Die formelle Pflege gewinnt damit langfr<strong>ist</strong>ig an Bedeutung.<br />

Wir erfahren momentan, dass <strong>die</strong> Auswirkungen des demografischen Wandels eine der<br />

größten Herausforderungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesundheitswirtschaft und somit auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> pflegenden<br />

Dienstle<strong>ist</strong>ungen darstellen. Das Aufgabenspektrum verändert sich, es entstehen neue Berufsanforderungen<br />

oder gänzlich neue Berufsbilder, <strong>die</strong> durch das vorhandene oder durch<br />

zusätzliches Personal abgedeckt werden müssen. Wissenszuwächse durch Forschung und<br />

technologische Entwicklung in der Gesundheitsbranche führen zu Modernisierungs- und Professionalisierungsprozessen,<br />

<strong>die</strong> auch <strong>die</strong> pflegenden Dienstle<strong>ist</strong>ungen betreffen und weitere<br />

Qualifizierungen dringend notwendig machen.<br />

3


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Zwar gelten <strong>die</strong> pflegenden Dienstle<strong>ist</strong>ungen nicht mehr als laienhaft erbrachte Hilfe, <strong>die</strong><br />

„doch Jeder und Jede im Auftrag der Nächstenliebe erledigen kann“. Trotzdem sind pflegende<br />

Tätigkeiten aufgrund vielfacher Faktoren „Berufe im Schatten“. Dies drückt sich in<br />

schlechter Bezahlung, belastenden Arbeitsbedingungen und fehlender Anerkennung der<br />

Le<strong>ist</strong>ungen und Anforderungen aus. Bei 48 % der Beschäftigten lag der monatliche Lohn<br />

unter 1.500 Euro brutto, bei 72 % unter 2.000 Euro – kein attraktiver Lohn <strong>für</strong> eine Tätigkeit<br />

mit einer solchen Belastung. Zudem <strong>ist</strong> ein so geringer Lohn auch hinsichtlich der gesellschaftlichen<br />

Relevanz von Pflege unangemessen.<br />

Einer Umfrage nach empfinden 46 % der Krankenpflegerinnen und -pfleger ihre Arbeits- und<br />

Einkommensbedingungen als belastend. Unter den Altenpflegerinnen und -pflegern sind es<br />

sogar 52 % – das <strong>ist</strong> ein klares Warnsignal und ein Zeichen da<strong>für</strong>, dass sich etwas ändern<br />

muss bei den Arbeitsbedingungen und bezüglich der Wertschätzung innerhalb der Gesellschaft.<br />

Erlauben Sie uns noch einen kurzen Blick auf <strong>die</strong> Betreuungssituation und <strong>die</strong> wirtschaftliche<br />

Bedeutung: Bereits Ende 2007 gab es in Deutschland rund 2,25 Mio. Pflegebedürftige, davon<br />

wurden ca. 68 % zu Hause und 32 % in Pflegeheimen betreut. In Berlin sehen <strong>die</strong> Zahlen<br />

ähnlich aus: von den knapp 90.000 Pflegebedürftigen werden rund 30 % in Heimen und<br />

70 % ambulant versorgt. 2008 wurden mehr als 9 Mrd. Euro in der Berliner Gesundheitswirtschaft<br />

erwirtschaftet; davon über 6 Mrd. Euro allein im Gesundheits- und Sozialwesen.<br />

Inzwischen haben private Träger an der Pflege – aber auch an der Krankenhausversorgung<br />

in Deutschland – einen nennenswerten Anteil. Bei der Krankenhausversorgung liegt er zwischen<br />

15 % und 28 %. Einer Untersuchung zufolge <strong>ist</strong> der Arbeitsdruck bei privaten Kliniken<br />

deutlich höher als in öffentlich geführten Kliniken. Demnach musste im Jahr 2006 eine Pflegekraft<br />

in einem privaten Krankenhaus durchschnittlich 515 Betten versorgen. Das sind 65<br />

Betten mehr als in einer öffentlich geführten Klinik. Ebenso hat <strong>die</strong> Privatisierung erhebliche<br />

Konsequenzen <strong>für</strong> <strong>die</strong> gewerkschaftliche Tarifpolitik. Bindungen an <strong>die</strong> Tarifverträge des öffentlichen<br />

Dienstes werden im Zuge von Privatisierungen oftmals gekündigt, bei der Einführung<br />

eigener Haus- oder Konzerntarifverträge können zudem höhere Lohnspreizungen zwischen<br />

den Beschäftigtengruppen und Abweichungen vom Tarif im öffentlichen Dienst entstehen.<br />

Dies hat negative Konsequenzen – <strong>für</strong> Pflegende, Ass<strong>ist</strong>enz- und Hilfskräfte, Geringqualifizierte<br />

und auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> zu <strong>Pflegenden</strong> selbst.<br />

In den vergangenen Jahren war eine verstärkte Entwicklung zu Gunsten der ambulanten<br />

Versorgung erkennbar. Die Nutzung stationärer Einrichtungen zu begrenzen und Versorgungsle<strong>ist</strong>ungen<br />

in den ambulanten Bereich zu verlagern, zeigt sich im Krankenhausbereich<br />

deutlich an der sinkenden Verweildauer der Patienten. Lag im Jahr 1990 <strong>die</strong> durchschnittliche<br />

Verweildauer noch bei 18,9 Tage, hat sie sich bis zum Jahr 2006 um mehr als <strong>die</strong> Hälfte<br />

auf 8,2 Tage reduziert.<br />

Auch in der klinischen geriatrischen Versorgung hat sich <strong>die</strong> Verweildauer älterer und pflegebedürftiger<br />

Menschen von 1990 bis 2006 um ca. 6 Tage auf durchschnittlich 17 Tage reduziert.<br />

Die Folge <strong>für</strong> <strong>die</strong> Beschäftigten <strong>ist</strong> eine zunehmende Arbeitsverdichtung und<br />

-beschleunigung, da Patienten nur noch in den „pflegeintensivsten Phasen“ im Krankenhaus<br />

verweilen.<br />

4


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Für <strong>die</strong> ambulanten Dienste auf der anderen Seite bedeutet <strong>die</strong>se „Ambulantisierung“ eine<br />

steigende Nachfrage bei einer sich gleichzeitig stark verändernden Bedarfssituation ihrer<br />

Kundschaft.<br />

Meine Damen und Herren, all <strong>die</strong>s bedeutet <strong>für</strong> uns konkret:<br />

Wir werden in Zukunft dringend mehr Menschen brauchen, <strong>die</strong> sich <strong>für</strong> einen Beruf in der<br />

Pflege entscheiden. Sei es <strong>die</strong> Alten- oder <strong>die</strong> Krankenpflege. Da<strong>für</strong> bedarf es eines Umdenkens<br />

innerhalb der Gesellschaft. Arbeit in der Pflege <strong>ist</strong> eine körperliche und sicherlich<br />

manchmal auch eine seelische Belastung. Ihr Wert <strong>ist</strong> <strong>für</strong> eine alternde Gesellschaft wie <strong>die</strong><br />

unsrige aber unermesslich. Dieser Wertschätzung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Pflege müssen wir auf unterschiedlichen<br />

Ebenen Ausdruck verleihen. Eine dem Aufwand angemessene Bezahlung <strong>ist</strong> hierbei<br />

ebenso wichtig, wie <strong>die</strong> Möglichkeit, Familie und Beruf durch flexible Arbeitszeiten zu verbinden.<br />

Damit eine höhere Verweildauer in den Berufen möglich wird, müssen Gesundheitsschutz,<br />

Gesundheitsförderung und <strong>die</strong> Möglichkeiten zur Weiterbildung innerhalb der Betriebe<br />

deutlich verbessert werden. Ebenfalls muss berücksichtigt werden, dass auch das Pflegepersonal<br />

altert. Ein Beruf in der Pflege muss über <strong>die</strong> jungen Jahre hinaus möglich sein.<br />

Wir benötigen deutlich mehr und noch bessere Aus- und Weiterbildungsangebote – auch <strong>für</strong><br />

un- und angelernte Pflegekräfte. Wir brauchen neue Förderkonzepte, <strong>die</strong> auch benachteiligten<br />

Bewerberinnen und Bewerbern den Weg zur Fachkraft öffnen. Deshalb werden wir im<br />

Rahmen der Landesinitiative eine Ausbildungskampagne „Ausbildung tut gut!“ initiieren und<br />

Förderkonzepte <strong>für</strong> Bewerberinnen und Bewerber mit Benachteiligungen auf den Weg bringen.<br />

Wir brauchen aber vor allem auch flexiblere, schnellere und praxisnähere Möglichkeiten<br />

zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, wie es in anderen Ländern der EU bereits<br />

möglich <strong>ist</strong>. Wenn wir es nicht schaffen, dass ein Arzt seinen Stu<strong>die</strong>nabschluss anerkannt<br />

bekommt und <strong>die</strong> Ärztin momentan nicht einmal als Krankenschwester tätig werden<br />

kann – dann werden wir dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel nicht entschieden genug<br />

entgegentreten können.<br />

Ein weiteres konkretes Thema, das wir verstärkt angehen wollen <strong>ist</strong> das der kultursensiblen<br />

Pflege. Die erste Generation der Migrantinnen und Migranten geht nun in den Ruhestand.<br />

Auch unter ihnen gibt es pflegebedürftige Frauen und Männer. Und <strong>die</strong>se haben bezüglich<br />

ihrer Unterbringung, der Essgewohnheiten und des Pflegepersonals teilweise andere Ansprüche.<br />

Auf <strong>die</strong>se anderen Gewohnheiten und Lebensumstände müssen sich <strong>die</strong> Pflege<strong>die</strong>nste<br />

und Einrichtungen einstellen. Ebenso kommt <strong>die</strong> erste Generation der offen lebenden<br />

Lesben und Schwulen in das Alter, in dem Pflege zunehmend ein Thema wird. Die Möglichkeit,<br />

sexuelle Vielfalt auch im Alter leben zu können, soll in unserer offenen Stadt <strong>für</strong> Jede<br />

und Jeden gegeben sein.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

es sollte unser aller Anliegen sein, <strong>die</strong> Altenpflege als das zu sehen was sie <strong>ist</strong> – eine menschenzentrierte<br />

Beschäftigung mit einer hohen gesellschaftlichen Relevanz, in der persönliche<br />

und fachliche Kompetenzen gebraucht werden. Um dem einen oder anderen, der das<br />

nicht erkennt, <strong>die</strong> Klarsicht zu erleichtern, da<strong>für</strong> haben wir Ihnen das Tuch zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Außerdem werden wir darüber hinaus jetzt unsere neue Internetplattform frei schalten und<br />

ab heute online sein. Es erfolgt nun der offizielle Startschuss <strong>für</strong> den Webauftritt<br />

www.<strong>die</strong>nstle<strong>ist</strong>ungsmetropole-berlin.de.<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Die Webseite rückt <strong>die</strong> Bedeutung der Dienstle<strong>ist</strong>ungswirtschaft in und <strong>für</strong> Berlin in den Mittelpunkt<br />

– sowohl aus wirtschaftlicher wie aus beschäftigungspolitischer Sicht. Sie <strong>ist</strong> Informationsplattform<br />

zur Dienstle<strong>ist</strong>ungswirtschaft und Dienstle<strong>ist</strong>ungspolitik in Berlin und will <strong>die</strong><br />

Diskussion über gute Dienstle<strong>ist</strong>ungen und gute Politik <strong>für</strong> den Dienstle<strong>ist</strong>ungssektor in Berlin<br />

anregen und bereichern. Themen wie „innovative Zeitpolitik“, <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> Dienstle<strong>ist</strong>ungsarbeit“<br />

und „Lebenslanges Lernen“ sind dabei übergreifende Themenkomplexe, über<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Seite informiert. Hierbei wird auch auf neue Entwicklungen und Forschungsergebnisse<br />

hingewiesen – speziell <strong>für</strong> Berlin, aber auch darüber hinaus. Auf einzelne Branchen –<br />

wie etwa <strong>die</strong> Alten- und Krankenpflege – wird ein spezieller Fokus gelegt. Für <strong>die</strong>se Bereiche<br />

gibt es nicht nur eine Branchenexpertise, sondern auch ein erstes Diskussionspapier über<br />

Maßnahmen <strong>die</strong> im Lichte des demografischen Wandels und des Fachkräftebedarfs in Berlin<br />

zu ergreifen sind. Die Webseite wird laufend aktualisiert, so dass sie immer weiter an Inhalt<br />

wachsen wird. Das besondere <strong>ist</strong> zudem, dass sie nicht nur in Deutsch, sondern auch in<br />

Englisch und Spanisch online geht. So kann sich auch <strong>die</strong> europäische (Fach)Öffentlichkeit<br />

über <strong>die</strong> Berliner Entwicklungen und Strategien im Bereich der Dienstle<strong>ist</strong>ungswirtschaft informieren<br />

und der Dialog zwischen den europäischen Metropolen kann gefördert werden.<br />

Ich danke Ihnen recht herzlich, dass sie so zahlreich hier erschienen sind und freue mich auf<br />

spannende Diskussionen. Lassen Sie es mich noch einmal wiederholen:<br />

Die Wertschätzung in der Pflege <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> unsere Gesellschaft und unsere Stadt –<br />

lassen Sie uns gemeinsam <strong>für</strong> eine Verbesserung der Situation eintreten!<br />

6


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

3. Die Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin – Aus gewerkschaftlicher<br />

Sicht<br />

Meike Jäger, Fachbereichsleiterin, ver.di Landesbezirk Berlin-Brandenburg, FB 3 –<br />

Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen<br />

Die Gesundheitswirtschaft in Berlin <strong>ist</strong> ein Basiswirtschaftszweig mit Wachstumspotenzialen.<br />

Gerade der demografische Wandel fördert weiteres Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum.<br />

Dennoch: Pflegeberufe erscheinen <strong>für</strong> viele, gerade junge Menschen wenig attraktiv.<br />

Die Belastungen sind hoch, Wertschätzung – gerade in Form von Entlohnung – zu gering<br />

ausgeprägt.<br />

Meike Jäger stellt in ihrem Vortrag dar, was aus gewerkschaftlicher Sicht notwendig <strong>ist</strong>, um<br />

<strong>die</strong> Attraktivität von Pflegeberufen zu steigern. Zudem geht sie darauf ein, inwiefern der bereits<br />

heute deutlich spürbare Fachkräftemangel ein hausgemachtes Problem <strong>ist</strong> und welche<br />

Maßnahmen notwendig sind, um <strong>die</strong>sem entgegenzutreten.<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

Gesundheitswirtschaft Berlin<br />

– Gesundheitswesen wichtig <strong>für</strong> <strong>die</strong> Wertschöpfung<br />

– Basiswirtschaftszweig, der durch breit ausgebaute Forschungslandschaft<br />

und Ausbildungsstruktur gestützt wird.<br />

– In Berlin und Brandenburg insgesamt 137 Stu<strong>die</strong>ngänge mit<br />

Gesundheitsbezug in 27 Hochschulen<br />

– 35.000 Auszubildende in 60 Gesundheitsberufen<br />

– Steigerung der Anzahl Arbeitsplätze von 1999 – 2007 auf 158.000 =<br />

15,4% aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten<br />

• (Quelle: LASA-Stu<strong>die</strong> Nr. 48)<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

Personalsituation in der Pflege<br />

• Im Bereich der Krankenhäuser wurde Pflegepersonal deutlich abgebaut. Von<br />

1999 bis 2007 -22,8% oder annähernd 15.000 Beschäftigte (derzeit ca. 50.000<br />

Vollzeitarbeitskräfte)<br />

• Deutliche Steigerung im Bereich der gesundheitswirtschaftlichen<br />

Einrichtungen des Sozialwesens (u.a. stationäre und teilstationäre Alten- und<br />

Behindertenhilfe, ambulante Pflege<strong>die</strong>nste); im gleichen Zeitraum + 22,4%<br />

• Krankenhausrefinanzierungsgesetz hat in Berlin nicht – wie vorgesehen - zu<br />

Stellenaufbau geführt. Umverteilung hin zum Ärztepersonal und<br />

zur Deckung von Investitionskosten (Quelle: AOK Bln-Bbg., KH-Tagung 8/2010)<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

Branchenfokus – Krankenhäuser<br />

• Extreme Steigerung der Personalproduktivität, insbesondere bei den Freigemeinnützigen<br />

und privaten Trägern bzw. KH-Konzerne<br />

• immer weniger Menschen pflegen/ betreuen immer mehr Patienten!! –<br />

dadurch hohe Arbeitsverdichtung<br />

• Zunahme klassischer Belastungsfaktoren wie<br />

– Hoher Zeitdruck<br />

– Störende Unterbrechungen,<br />

– Unregelmäßige Arbeitszeiten<br />

– Zunahme admin<strong>ist</strong>rativer Tätigkeiten<br />

(Quelle: Dr. B. Braun, Uni Bremen, KH-Konferenz Bayern Feb. 2010)<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

8


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Erhöhte Normenverunsicherung feststellbar<br />

– Weniger als 50% der glauben, dass das „Primat der medizinischen Notwendigkeit<br />

und umfassende Versorgung von Patienten“ noch gilt<br />

– Tendenz zu stärkerer Arbeitsteilung / Taylorisierung; daraus resultiert <strong>die</strong> Gefahr<br />

der Abwertung des Berufsbildes<br />

– Verunsicherung durch Prekarisierung : Ausgliederung ganzer (Service-)Bereiche;<br />

Wegfall von Tarifbindung, niedriges Lohnniveau und ungesicherte<br />

Arbeitsbedingungen; Zunahme von Teilzeit- und Leiharbeit<br />

– Attraktivität des Berufes nimmt ab: zeigt sich in Rückgang des immer sehr hohen<br />

Selbstverständnisses und Selbstwertgefühls (2003 noch 79% der Auffassung gut<br />

ausgebildet zu sein; 2008 nur noch 58%)<br />

– weniger Pflegekräfte nehmen heute ihren Beruf noch als interessant und<br />

anerkannt wahr und verfügen über genügend Handlungsspielräume;<br />

9% im selben Zeitraum gesunken.<br />

(Quelle: Dr. B. Braun, Uni Bremen, KH-Konferenz Bayern Feb. 2010)<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

Demografischer Wandel<br />

• Zahl der alter / hochbetagter Menschen nimmt kontinuierlich zu<br />

• in 2007 waren 95.870 Menschen von Pflegebedürftigkeit betroffen; der<br />

größte Anteil Pflegebedürftiger in der Altersgruppe der 80 – 85 und älter.<br />

• steigender Pflegebedarf erfordert zunehmenden Einsatz von Fachpersonal,<br />

vor allem in der ambulanten und stationären Pflege<br />

• Parallel dazu: permanente Zunahme älterer Beschäftigter – auch in der<br />

Gesundheitswirtschaft; stärkerer Zuwachs im Bereich Altenpflege<br />

– Gesunderhaltung / Erhaltung der Arbeitsfähigkeit älterer Fachkräfte;<br />

Anteil von Frühverrentungen und Erwerbsminderung doppelt so hoch als<br />

bei anderen Beschäftigtengruppen<br />

– Nachwuchssicherung - Fachkräfte scheiden aus – hoher<br />

altersbedingter Ersatzbedarf.<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

9


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

Fachkräftemangel – ein hausgemachtes Problem?<br />

• Das macht <strong>die</strong> Attraktivität eines Berufes aus:<br />

– Interessantes, herausforderndes Berufsfeld – interessante Klientel, mit der man zu tun hat<br />

– Hohe Fachlichkeit und dadurch auch Wertschätzung in der Gesellschaft<br />

– Gutes Image<br />

– Persönliche Entwicklungschancen – Karrieremöglichkeiten<br />

– Gutes Einkommen; Möglichkeit sich eine sichere Zukunft – ggf. mit Familie - aufbauen und<br />

Altersarmut vermeiden<br />

– Rahmenbedingungen, insbesondere attraktive Arbeitszeitmodelle von und in denen man<br />

leben kann; in denen soziale Kontakte gelebt und gepflegt werden können<br />

– Rahmenbedingungen, <strong>die</strong> nicht krank machen und das Erreichen des Rentenalters im Beruf<br />

ermöglichen<br />

– Dass der Beruf den Erwartungen entspricht und man das, was man gelernt hat, auch<br />

umsetzen kann.<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

So sieht <strong>die</strong> Realität aus: mangelnde Wertschätzung der<br />

Pflegeberufe<br />

• Finanzierung der Berufsausbildung<br />

– Ungleichbehandlung schon in der Ausbildung; Refinanzierung der Ausbildung zum<br />

Gesundheits- und Krankenpfleger/-in klar geregelt über das Krankenpflegegesetz<br />

von 7/2003 und <strong>die</strong> Einführung der DRG‘s in 1/2005;<br />

– alle KH zahlen in einen Ausbildungsfonds über den alle Ausbildungskosten<br />

(Schulausstattung, Lehrkräfte und Ausbildungsvergütungen) finanziert werden.<br />

– TVAöD als Leitwährung!<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Finanzierung der Berufsausbildung<br />

– Refinanzierung der Ausbildung zum examinierten Altenpfleger/-in oder zur<br />

Altenpflegehelferin nicht gesichert; keine Kostenerstattung durch <strong>die</strong><br />

Pflegekassen sondern Umlage der Kosten auf Pflegesätze. Folge:<br />

Ausbildungseinrichtungen haben einen Wettbewerbsnachteil.<br />

– Folge: Ausbildungsvergütungen deutlich niedriger als im Krankenpflegebereich.<br />

zusätzliche Benachteiligung durch Schulgeld, das oft von Azubis<br />

selbst getragen wird.<br />

Ver.di fordert eine Umlagefinanzierung, wie sie in Rheinland-Pfalz und<br />

Baden-Württemberg schon ex<strong>ist</strong>iert.<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Wertschätzung der Pflegeberufe<br />

– Untersuchungen haben ergeben, dass heutzutage vor allem <strong>die</strong> Altenpflege eine<br />

geringe Wertschätzung in der Gesellschaft erfährt.<br />

– Anders als das Berufsbild der Gesundheits- und Krankenpflege <strong>ist</strong> Altenpflege mit<br />

seinen umfangreichen Anforderungen kaum bekannt; das Bild der Altenpflegerin<br />

<strong>ist</strong> davon geprägt, was man im eigenen Umfeld wahrnimmt (frei nach dem Motto:<br />

<strong>die</strong> Oma wird doch auch von meiner Mutti gepflegt – kann doch jede/r, oder?!)<br />

– Arbeit mit kranken, behinderten, alten und gebrechlichen Menschen<br />

<strong>ist</strong> nicht „sexy“?!<br />

– In der Pflege arbeiten vor allem Frauen – sind <strong>die</strong>se Berufe deshalb schon weniger<br />

wert?<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

11


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Einkommen in der (Alten-)Pflege<br />

– Einkommen <strong>ist</strong> niedrig und erfährt über <strong>die</strong> Berufsjahre hinweg nur geringe<br />

Steigerung<br />

– Trotz guter Verhandlungsposition: Beschäftigte in der Altenpflege stellen<br />

geringe Einkommensforderungen; verfügen über geringes Selbstwertgefühl<br />

TVöD TV Priv. Träger<br />

seit 2008 statisch<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Priv. Träger<br />

ohne TV<br />

Pflegefachkraft 2600 € 2300 € 1800 (1900,-)<br />

Pflegehilfskraft, 1jährige<br />

Ausbildg.<br />

(Endgehalt inkl. Bewährungsaufstiege, Dez. 2010)<br />

2285€ 1850 € 1450,- (jetzt<br />

Mindestlohn u.V.)<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Belastungen in der Pflege<br />

– Pflegeberufe gelten als physisch und psychisch herausfordernd – hoher Verschleiß:<br />

zeigt sich Rückenerkrankungen, Herz-/ Kreislauferkrankungen, psychischen<br />

Erkrankungen / Erschöpfungszuständen<br />

– Die Arbeitszeiten sind unattraktiv – Schichtbetrieb und Wochenend<strong>die</strong>nste<br />

machen es schwer, soziale Kontakte zu pflegen und gesellschaftlich aktiv zu sein;<br />

– Wir finden: Zwangsteilzeit; KapovAz; Holen aus dem Frei; geteilte Dienste und<br />

(Jahres-)Arbeitszeitkonten<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

12


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Entwicklungsperspektiven<br />

– Aufstiegsmöglichkeiten sind zwar gegeben (Stations- oder Pflege<strong>die</strong>nstleitung,<br />

Hygiene- oder Qualtitätsbeauftragte, Praxisanleitung, …) – wird aber - vor allem in<br />

der Altenpflege - kaum honoriert<br />

– dazu kommt Wettbewerb mit HochschulabsolventInnen (z.B. Pflegemanagement)<br />

– individuelle Weiterbildung bietet keine Garantie <strong>für</strong> Aufstieg;<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Anforderungen in Pflegeberufen steigen<br />

– Die intellektuellen Anforderungen in den Pflegeberufen sind hoch, insbesondere<br />

im Bereich Krankenpflege, wo eine Verlagerung von ärztlichen Tätigkeiten auf das<br />

Pflegepersonal stattfindet. Aber auch mit Blick auf technisches Wissen<br />

(Gerätemedizin) und Dokumentation.<br />

– Immer weniger Pflegekräfte pflegen / versorgen/ betreuen immer mehr Patienten;<br />

<strong>die</strong> Arbeitsbelastung/ Le<strong>ist</strong>ungsverdichtung hat <strong>die</strong> letzten Jahre enorm<br />

zugenommen – Langzeiterkrankungen und Burnout nehmen zu.<br />

– Erwartete Normen werden nicht mehr erfüllt.<br />

� Das alles wissen junge Menschen !! Warum also sollten sie sich in einem<br />

Pflegeberuf ausbilden lassen wollen?<br />

� Und warum wundert man sich, dass <strong>die</strong> Aussteigerquote im Bereich der<br />

Pflegeberufe besonders hoch <strong>ist</strong>?<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

13


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Andererseits: Viele kommen in <strong>die</strong> Berufe gar nicht hinein<br />

– Es fehlen Brückenqualifikationen <strong>für</strong> junge Menschen, <strong>die</strong> mit Menschen arbeiten<br />

wollen, aber nicht über <strong>die</strong> notwendigen Schulabschlüsse und Kompetenzen<br />

verfügen. Aber: Statt längerer Ausbildung <strong>für</strong> schlechter qualifizierte soll immer<br />

mehr Schmalspurausbildung angeboten werden<br />

– Vorbildungen / Pflegeerfahrungen, z.B. Tätigkeit als Sozialbetreuerin, werden beim<br />

Einstieg in eine Ausbildung / Umschulung nicht und nur unzureichend<br />

berücksichtigt.<br />

– Der Zugang <strong>für</strong> Seiteneinsteiger in der Altenpflege <strong>ist</strong> kompliziert. Zuerst muss<br />

man sich eine Schule suchen; dann einen Ausbildungsbetrieb. Es gibt wenig<br />

Hilfestellung.<br />

Ergo: Die Hürden <strong>für</strong> den Zugang in Pflegeberufe sind oft noch zu hoch.<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Forderungen von ver.di<br />

- Einkommen in Gesundheits-, Kranken- oder Altenpflege muss<br />

Auskommen sichern und sicher stellen, dass keine Altersarmut droht;<br />

tarifliche Einkommen müssen auch in der Altenpflege durch <strong>die</strong><br />

Pflegekassen refinanziert werden<br />

- tragfähiges und kontrollierbares Personalbemessungsverfahren, das <strong>die</strong><br />

Grundlage <strong>für</strong> Pflegesatzverhandlungen darstellt<br />

- betriebliche Personalentwicklung / Weiterbildung muss ausgeweitet und<br />

durch AG finanziert und durch Kassen mitgetragen werden<br />

- Seiteneinstieg, z.B. Umschulung, muss erleichtert werden - Anerkennung<br />

von Berufserfahrung und anderweitig erworbenen Kompetenzen (Fokus:<br />

soziale Kompetenz)<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

14


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Forderungen von ver.di<br />

- Pflegemindestlohn weiterentwickeln (mind. 9.50 Stundenlohn <strong>für</strong> alle) –<br />

und Anrechenbarkeit von anderen Entgeltbestandteilen einschränken<br />

- Umlagefinanzierung der Altenpflegeausbildung - vergleichbar mit<br />

Finanzierung der Ausbildung in Krankenhäusern<br />

- Arbeits- und Gesundheitsschutz weiterentwickeln und<br />

tariflich absichern (Beispiel: KH-Kampagne 2011 „Der Druck muss raus!“)<br />

- Änderung des Teilzeit- und Befr<strong>ist</strong>ungsgesetzes, um Missbrauch der<br />

Arbeit auf Abruf, Kapovaz u.a.m. zu verhindern<br />

- Entwicklung einer tragfähigen Datenlage – regelmäßiges Monitoring um<br />

Pflege(fach)kraftbedarf langfr<strong>ist</strong>ig decken zu können.<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin –<br />

gewerkschaftliche Sicht<br />

• Wünsche von ver.di<br />

- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Pflege müssen sich der<br />

Bedeutung ihrer Le<strong>ist</strong>ungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesellschaft wieder stärker bewusst<br />

werden.<br />

- Dazu gehört in der Altenpflege <strong>die</strong> Wertschätzung der eigenen Arbeit –<br />

<strong>die</strong> Entwicklung eines Berufsethos, so wie wir ihn aus der Gesundheitsund<br />

Krankenpflege kennen.<br />

- Pflegende dürfen nicht mehr länger „hilflose Helfer“ bezogen auf ihre<br />

eigenen Interessen sein; mehr Bereitschaft, <strong>für</strong> gute Arbeitsbedingungen<br />

zu kämpfen.<br />

Meike Jäger, Landesfachbereich 3,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

15


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

4. Die Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin – Erfahrungen und<br />

Ergebnisse aus dem Projekt<br />

Annemarie Weber, Mitarbeiterin im Projekt „Gesellschaftliche Wertschätzungen von<br />

Dienstle<strong>ist</strong>ungen steigern!“, Wert.Arbeit GmbH, Berlin<br />

Was <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Meinung der Beschäftigten über <strong>die</strong> eigene Arbeitssituation und welche Maßnahmen<br />

(auf betrieblicher Ebene) werden von ihnen als wichtig erachtet, um <strong>die</strong> Arbeitsbedingungen<br />

zu verbessern? Dies war Gegenstand des Vortrags von Annemarie Weber, Mitarbeiterin<br />

im Projekt „Gesellschaftliche Wertschätzung von Dienstle<strong>ist</strong>ungen steigern!“. Die<br />

dargestellten Ergebnisse basieren zum einen auf Interviewergebnisse mit Beschäftigten und<br />

betrieblichen Interessenvertretungen aus Unternehmen der <strong>Pflegenden</strong> Dienstle<strong>ist</strong>ungen.<br />

Zum anderen gehen sie auf Workshops in Unternehmen der Kranken- und Altenpflege zurück,<br />

<strong>die</strong> momentan im Rahmen des Projekts durchgeführt werden. Ziel der Workshops <strong>ist</strong><br />

es, gemeinsam mit den Beschäftigten zu diskutieren, wie <strong>die</strong> Situation konkret in ihrem Unternehmen<br />

aussieht, wo Probleme aber auch Potenziale in den Einrichtungen liegen und<br />

welche Maßnahmen auf betrieblicher Ebene noch umgesetzt werden könnten und sollten,<br />

um <strong>die</strong> Arbeitsbedingungen und Wertschätzung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Beschäftigten zu verbessern.<br />

Die Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin<br />

– Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Projekt –<br />

Annemarie Weber, Mitarbeiterin im Projekt<br />

„Gesellschaftliche Wertschätzung von Dienstle<strong>ist</strong>ungen steigern!<br />

Dienstle<strong>ist</strong>ungsqualität – Arbeitsqualität – Zeitinnovationen“<br />

Wert.Arbeit GmbH, Berlin<br />

Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Berlin<br />

16


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Die Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin<br />

– Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Projekt –<br />

1. Es gibt gravierende Wandlungsprozesse, denen <strong>die</strong><br />

Beschäftigten sich tagtäglich in ihrer Arbeit stellen<br />

� Verkürzung der Liegezeiten<br />

� Steigender Wettbewerbsdruck<br />

� Verschärfte Dokumentationspflicht<br />

� Veränderung der Patientenstrukturen und Kundenansprüche<br />

� Anforderungen und Belastungen steigen, Arbeits- und<br />

Le<strong>ist</strong>ungsverdichtung nimmt zu<br />

Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Berlin<br />

Die Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin<br />

– Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Projekt –<br />

2. Die Beschäftigten setzen sich mit ihren Potenzialen – trotz<br />

erschwerter Bedingungen – <strong>für</strong> eine gute Qualität in der<br />

Pflege ein<br />

� qualifizierte und motivierte Beschäftigte<br />

� Bereitschaft zur Weiterqualifizierung<br />

� Hohes Berufsethos<br />

� Aber auch: häufige Frustrationen, wenn Vorstellung von<br />

Pflege/ Versorgung (eigene sowie <strong>die</strong> der Kundinnen und<br />

Kunden) nicht ausreichend erfüllt werden können<br />

Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Berlin<br />

17


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Die Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin<br />

– Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Projekt –<br />

3. Die Beschäftigten haben eine sehr genaue Vorstellung davon,<br />

was Wertschätzung <strong>für</strong> sie in ihrem beruflichen Alltag<br />

bedeutet<br />

� gute Kommunikation<br />

� positives Betriebsklima<br />

� eigene Handlungsspielräume und Beteiligungsmöglichkeiten<br />

� Vertrauen und Anerkennung der Leitungsebene<br />

� Entwicklungschancen<br />

� hierdurch steigt Motivation, Dienstle<strong>ist</strong>ungsqualität wird<br />

unterstützt<br />

Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Berlin<br />

Die Situation der <strong>Pflegenden</strong> in Berlin<br />

– Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Projekt –<br />

4. Auf betrieblicher Ebene kann viel getan werden, um Wertschätzung<br />

zu steigern und Arbeitsqualität zu verbessern –<br />

hierzu haben <strong>die</strong> Beschäftigten zahlreiche Ideen<br />

� Informationsfluss verbessern<br />

� Transparenz schaffen und Beschäftigte bei Veränderungsprozessen<br />

durch Beteiligung „mitnehmen“<br />

� Arbeitszeiten planbarer machen<br />

� (Zusatz-)Qualifikationen und Le<strong>ist</strong>ungen anerkennen<br />

� Gesundheitsförderung verbessern<br />

� Atmosphäre schaffen, um auch über psychische Belastungen<br />

offen sprechen zu können<br />

Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Berlin<br />

18


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

5. Pflegende wertschätzen – Was heißt das in der (betrieblichen)<br />

Praxis?<br />

Dr. Rüdiger Klatt, wissenschaftlicher Projektleiter im Projekt „Berufe im Schatten“,<br />

Technische Universität Dortmund, Forschungsbereich Arbeitssoziologie<br />

„Berufe im Schatten“ werden in der öffentlichen Wahrnehmung kaum beachtet oder haben<br />

einen schlechteren Ruf als andere – ihnen ähnliche – Arbeitsfelder. Warum <strong>die</strong>s so <strong>ist</strong> und<br />

worauf sich <strong>die</strong>s begründet, <strong>ist</strong> Gegenstand des gleichnamigen BMBF-Verbundprojekts.<br />

Dr. Rüdiger Klatt, wissenschaftlicher Leiter des Projekts, stellt Ergebnisse einer repräsentativen<br />

Bevölkerungsbefragung vor, in denen Einschätzungen zur Qualität in der Alten- sowie<br />

der Krankenpflege erfragt wurden. Die Ergebnisse weisen auf eine unterschiedliche öffentliche<br />

Wahrnehmung und Bewertung <strong>die</strong>ser verwandten Arbeitsfelder hin. Ebenso stellt Dr.<br />

Klatt vor, welche Handlungsfelder <strong>für</strong> <strong>die</strong> Etablierung einer wertschätzungsfördernden Arbeitsgestaltung<br />

aus Sicht der vorliegenden Projektergebnisse besonders vielversprechend<br />

und gewinnbringend erscheinen.<br />

Pflegende wertschatzen<br />

Was heißt das in der (betrieblichen) Praxis?<br />

Ergebnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Berufe im Schatten“<br />

Fachdialog: „Wertschatzung fur <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> fur <strong>die</strong> Fachkraftesicherung!<br />

– Was muss sich in Berlin noch andern?“<br />

28.03.2011, Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Berlin<br />

Rüdiger Klatt (TU Dortmund / FIAP Gelsenkirchen)<br />

Kurt-Georg Ciesinger (gaus gmbh)<br />

19


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

1. Zielsetzung und Forschungskonzept<br />

2. Bestandsaufnahme: Ergebnisse einer repräsentativen<br />

Bevölkerungsbefragung zur Wertschätzung von Pflegeeinrichtungen<br />

und Pflegeberufen<br />

(Datenbasis: 2.528 Bundesbürger ab 14 J; Erhebungszeitraum: Mai/Juni 2010)<br />

3. Zwischenfazit<br />

4. Handlungsfelder wertschätzungsfördernder Arbeitsgestaltung<br />

1. Zielsetzung und Forschungskonzept<br />

20


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Nicht alle Berufe werden gleich „wertgeschätzt“<br />

Viele Berufe liegen im Schatten und werden unterschätzt.<br />

Trotz ähnlicher Ausbildung und Kompetenzanforderung<br />

genießen sie ein geringes Ansehen.<br />

Mögliche Konsequenzen:<br />

– geringere Entlohnung<br />

– begrenzte Aufstiegschancen<br />

– Selbstwertprobleme<br />

– Professionalisierungs-/Vermarktungsprobleme<br />

– Nachwuchsprobleme<br />

Interventionsbereiche<br />

Was können Beschäftigte selbst tun,<br />

um <strong>die</strong> Wertschätzung ihres Berufes positiv zu beeinflussen?<br />

Welche Optionen haben Betriebe,<br />

<strong>die</strong> Wertschätzung der erbrachten Dienstle<strong>ist</strong>ung zu erhöhen?<br />

Wie können Verbände eine Steigerung der Wertschätzung<br />

solcher „Berufe im Schatten“ erreichen?<br />

Ausgangssituation<br />

Zielsetzung des Projektes BiS<br />

21


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Grundverständnis des Projektes<br />

Konzept systemisch orientierter „Dienstle<strong>ist</strong>ungs-Interventionsforschung“<br />

Forschung<br />

Entwicklung<br />

Umsetzung<br />

Methode:<br />

I. qualitative Sozialforschung: problemzentrierte Interviews, um Praxisprobleme in<br />

Form von Wirkungsketten dialogisch zu identifizieren<br />

II. Problemzentierte quantitative Sozialforschung: Analyse von Primär-<br />

/Sekundärdaten, um Geltung begrenzter, praxisrelevanter Wirkungsketten zu<br />

veri-/falsifizieren<br />

Relevanzcheck: diskursive Anpassung der Wirkungsketten mit Praxispartnern<br />

(Ausschluss von hypothetisch-deduktivem Vorgehensmodell; Veränderbarkeit von<br />

Handlungsfeldern als Prüfkriterium)<br />

Intenvention: Modellhafte Personal- und Organisationsentwicklung mit<br />

Praxispartnern (Steigerung der Arbeitsqualität in Pflegeeinrichtungen)<br />

2. Bestandsaufnahme:<br />

Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung<br />

zur Wertschätzung von Pflegeeinrichtungen<br />

und Pflegeberufen<br />

22


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

individuelle Versorgung der Pflegebedürftigen<br />

Einfühlungsvermögen<br />

Fachkompetenz/berufliche Qualifikation<br />

Selbstbewußtsein<br />

Freundlichkeit<br />

Kompetenz des Personals aus der Sicht der Befragten mit persönlicher Erfahrung<br />

(Bewertung nach Schulnoten: 1 = "sehr gut"; 6 = "ungenügend"<br />

2,4<br />

2,5<br />

2,3<br />

2,4<br />

2,6<br />

2,6<br />

2,5<br />

2,6<br />

3<br />

3<br />

2 3 4 5<br />

Krankenpflege (stationär) Altenpflege (stationär)<br />

Qualität der Dienstle<strong>ist</strong>ungen aus der Sicht der Befragten mit persönlicher Erfahrung<br />

(Bewertung nach Schulnoten: 1 = "sehr gut"; 6 = "ungenügend“)<br />

Verhältnis von Preis und Le<strong>ist</strong>ung<br />

Umgang mit Kritik und Beschwerden<br />

Wohn- und Verpflegungsqualität<br />

Qualität der pflegerischen und medizinischen Le<strong>ist</strong>ungen<br />

Kundenfreundlichkeit<br />

2,6<br />

2,5<br />

2,7<br />

2,7<br />

2,8<br />

3,2<br />

Handlungsfeld 3,5<br />

„Kompetenzkommunikation“<br />

3,2<br />

3,2<br />

2 3 4 5<br />

Krankenpflege (stationär) Altenpflege (stationär)<br />

23


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Professionalität der Einrichtungen aus der Sicht der Befragten mit persönlicher Erfahrung<br />

(Bewertung nach Schulnoten: 1 = "sehr gut"; 6 = "ungenügend“ )<br />

Ver<strong>die</strong>nstmöglichkeiten<br />

Aufstiegsmöglichkeiten<br />

Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter<br />

Nutzung neuer Ansätze und Technologien<br />

Außendarstellung der Einrichtungen<br />

Qualifikation der Führungskräfte<br />

Handlungsfeld „Entwicklung<br />

3,4<br />

neuer Geschäftsfelder und 3,7<br />

2,6<br />

Karrierepfade“<br />

2,8<br />

2,8<br />

2,8<br />

2,9<br />

3,2<br />

2 3 4 5<br />

Krankenpflege (stationär) Altenpflege (stationär)<br />

Bewertung der gesellschaftlich bereitgestellten Ressourcen aus der Sicht der Befragten mit<br />

persönlicher Erfahrung ("Die folgenden Aussagen treffen voll und ganz / eher zu.")"<br />

Das Altenpflege-/Krankenpflegepersonal hat genügend Zeit <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Betreuung und Versorgung."<br />

"Für Altenpflege/Krankenpflege wird zuviel Geld ausgegeben."<br />

"Die Einrichtungen sollten nicht nur aufs Geld schauen."<br />

5%<br />

4%<br />

6%<br />

9%<br />

3,9<br />

3,9<br />

4,1<br />

4,3<br />

71%<br />

70%<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%<br />

Krankenpflege (stationär) Altenpflege (stationär)<br />

24


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Wertschätzung der Alten-/Krankenpflege und des Berufes des Alten-/Krankenpflegers aus der Sicht der Befragten mit<br />

persönlicher Erfahrung ("Die folgenden Aussagen treffen voll und ganz / eher zu.")<br />

"Alten-/Krankenpflege, das kann jeder."<br />

"Altenheime/Krankenhäuser haben ein hohes gesellschaftliches Ansehen."<br />

"Alten-/Krankenpfleger können stolz sein auf ihre Le<strong>ist</strong>ung."<br />

"Ich schätze <strong>die</strong> Arbeit von Alten-/Krankenpfegern sehr."<br />

"Alten-/Krankenpflege <strong>ist</strong> eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe<br />

2%<br />

2%<br />

22%<br />

48%<br />

88%<br />

87%<br />

93%<br />

92%<br />

96%<br />

97%<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%<br />

Krankenpflege (stationär) Altenpflege (stationär)<br />

3. Zwischenfazit<br />

25


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Die Untersuchung verwe<strong>ist</strong> auf arbeitsorganisatorische Mängel und Probleme der<br />

Einrichtungen sowie Defizite in der Professionalität der Le<strong>ist</strong>ungserstellung, <strong>die</strong> sich<br />

geringer Dienstle<strong>ist</strong>ungsqualität und in der Geringschätzung der Einrichtungen<br />

äußert.<br />

Vordringliche Handlungsfelder in den Organisationen und Einrichtungen:<br />

�Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Ver<strong>die</strong>nstmöglichkeiten <strong>für</strong> das Personal<br />

�Aus- und Aufbau von Aufstiegs- und Karrierepfaden<br />

�Verbesserung der Versorgung (Einzelfallorientierung statt ‚Pflegepunkte‘<br />

�Ausdifferenzierung bzw. Optimierung einer professionellen Kommunikationskultur (z.B.<br />

Beschwerdemanagement)<br />

�Einführung bzw. weitere Professionalisierung von Controlling und Qualitätssicherung<br />

Darüber hinaus zeigen <strong>die</strong> Ergebnisse der Befragung, dass eine verbesserte<br />

Ressourcenausstattung sowohl des Altenpflegesektors als auch der<br />

Krankenversorgung aus Sicht einer Mehrheit der Bevölkerung notwendig <strong>ist</strong>.<br />

4. Handlungsfelder<br />

wertschätzungsfördernder Arbeitsgestaltung<br />

1. Handlungsfeld „Entwicklung neuer Geschäftsfelder und Karrierepfade“<br />

2. Handlungsfeld „Kompetenzkommunikation“<br />

26


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Handlungsfeld „Entwicklung neuer Geschäftsfelder und Karrierepfade“<br />

Hypothese: Durch neue Geschäftsfelder und Karrierewege Wertschätzung fördern<br />

und der „Industrialisierung“ der Pflege entgegenwirken<br />

� Die Altenpflege hat hohe berufsethische Ansprüche. Das Wohl der Pflegebedürftigen<br />

steht im Zentrum der Dienstle<strong>ist</strong>ung.<br />

Dies kolli<strong>die</strong>rt mit dem Abrechnungsmodell der Pflegekasse.<br />

� Folge:<br />

1. Konzentration auf abrechenbare Pflegeverrichtungen<br />

2. Zeitvorgaben <strong>für</strong> <strong>die</strong> einzelnen Le<strong>ist</strong>ungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Beschäftigten<br />

3. Ausblendung der psychosozialen Betreuung, da im Regelfall nicht abrechenbar<br />

� Diese „Industrialisierung der Altenpflege“ <strong>ist</strong> ein Frontalangriff auf den einzigen<br />

positiven Aspekt der Arbeit - dem Sinngehalt.<br />

� Folge: Fluktuation, Burnout, Nachwuchsprobleme.<br />

Modell<br />

„Pflegepunkte“<br />

Modellierung der „Wirkungskette Industrialisierung“ in der Altenpflege<br />

Konzentration auf<br />

abrechenbare<br />

Le<strong>ist</strong>ungen<br />

Handlungsfeld „Entwicklung neuer Geschäftsfelder und Karrierepfade“<br />

Wertschätzung<br />

sinkt<br />

(Pflegenotstand)<br />

Wertschöpfung<br />

sinkt durch<br />

Le<strong>ist</strong>ungsreduktion<br />

Unzufriedenheit,<br />

Fluktuation,<br />

Burnout<br />

Kostendruck,<br />

Niedriglöhne<br />

unattraktive<br />

Arbeit<br />

Nachwuchsprobleme<br />

Verlust der<br />

Pflegequalität<br />

27


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Modellierung der Handlungsebenen<br />

Handlungsfeld „Entwicklung neuer Geschäftsfelder und Karrierepfade“<br />

� Handlungsebene Beschäftigte:<br />

– Stärkung der individuellen Ressourcen (Burnout-Prophylaxe)<br />

– Entwicklung neuer Karrierewege<br />

� Handlungsebene Einrichtungen:<br />

– Entwicklung neuer Geschäftsmodelle (psychosoziale Le<strong>ist</strong>ungen und<br />

Edukation als eigenständige Geschäftsfelder) – Finanzierung über Pflege-<br />

Betreuungsbeträge und als freie Dienstle<strong>ist</strong>ung)<br />

– Entwicklung von Aufstiegs- und Rotationsmodellen zur Schaffung von<br />

„Ausgleichszonen“ zur Grund- und Behandlungspflege<br />

– Beispiele:<br />

Begrenzung der operativen Pflege durch Aufstieg in Leitungs- oder Beratungsfunktion<br />

Rotation zwischen psychosozialen Le<strong>ist</strong>ungen, Edukation, Disposition, Beratung,<br />

Angehörigenbetreuung, Akquisition etc. und Grundpflege<br />

Handlungsfeld „Entwicklung neuer Geschäftsfelder und Karrierepfade“<br />

Umsetzung: Entwicklung von Produkten und Unterstützung der Praxis<br />

� Beschäftigtencoaching, Burnout-Prophylaxe<br />

– „Burnon“ -Beratung<br />

– Karriereberatung<br />

� Beratungskonzept Pflegeorganisation<br />

– unternehmensspezifische Definition von Laufbahnmodellen<br />

– Entwicklung von individuellen Rotationsmodellen<br />

� Geschäftsfeldentwicklung (als Basis <strong>für</strong> innovative PE und OE)<br />

– Entwicklung von neuen Dienstle<strong>ist</strong>ungskonzepten auf der Basis<br />

professioneller Pflegekräfte<br />

– Entwicklung von Marketingstrategien<br />

– Entwicklung von Refinanzierungsmodellen (Mischkalkulation zwischen<br />

Pflegekassenpauschalen und Eigenbeiträgen der Kunden)<br />

28


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Konkreter Spin-off: Der Pflege-PC<br />

Handlungsfeld „Entwicklung neuer Geschäftsfelder und Karrierepfade“<br />

� Kooperation eines IT-Unternehmens mit einer Pflegeeinrichtung<br />

� Ziel: Auf der Basis des iPad soll ein Pflege-PC entwickelt werden, der<br />

verschiedenste Dienstle<strong>ist</strong>ungen ermöglicht<br />

Kommunikation intern, extern (Skype, Telefon, Chat ...)<br />

interne Dienstle<strong>ist</strong>ungen (Notruf, Raumüberwachung ...)<br />

externe Dienstle<strong>ist</strong>ungen (Lieferservice, Banking ...)<br />

perspektivisch: Pflegedokumentation, Telemedizin ...<br />

� Pilotphase in vorstationären Wohnformen (600 Senioren)<br />

� Kooperation mit regionaler Lebensmittelkette und<br />

Handwerk-/Handelsvereinigung<br />

� Ziele der Pflegeeinrichtung:<br />

Neues Geschäftsfeld – PR als „Innovator“<br />

Innovative Tätigkeitsfelder und neue Karrierepfade<br />

Handlungsfeld „Kompetenzkommunikation“<br />

Hypothese: Durch Verbesserung der Kompetenzkommunikation <strong>die</strong> Wertschätzung<br />

von Pflegearbeit in Einrichtungen, bei Pflegekräften und Klienten fördern<br />

Beobachtung in den Feldinterviews:<br />

Altenpfleger/innen drücken sich – anders als Krankenpfleger/schwestern – bei der<br />

Beschreibung ihrer Tätigkeit alltagssprachlich aus. Sie vermeiden Fachbegriffe und<br />

beschreiben Verrichtungen, nicht Pflegekonzepte.<br />

Zitat einer Altenpflegerin aus den Interviews<br />

„Dann setze ich sie ans Waschbecken und lasse schon mal Wasser rein. Sie fängt schon mal an sich<br />

obenrum zu waschen. Das kann sie noch, das macht sie auch ganz super.“<br />

Professionelle Übersetzung durch eine Pflegewissenschaftlerin<br />

„Bei der Versorgung von Pflegebedürftigen geht es darum, vorhandene Ressourcen zu aktivieren und so<br />

lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Ist eine Kundin beispielsweise in der Lage, sich den Oberkörper<br />

noch allein zu waschen, bereite ich das Waschbecken entsprechend vor, damit sie sich dann selbständig<br />

waschen kann. So tragen wir dazu bei, dass <strong>die</strong> Pflegebedürftigen ihre Selbständigkeit und auch ihr<br />

Selbstwertgefühl bewahren.“<br />

29


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Handlungsfeld „Kompetenzkommunikation“<br />

Vertiefende Experteninterviews und Literaturrecherchen zum Thema<br />

Kompetenzkommunikation in der Altenpflege<br />

� Die Altenpflege verfügt selbstverständlich über eine Fachsprache. Fachkommunikation<br />

<strong>ist</strong> sogar Bestandteil der (reformierten) Ausbildungsordnung.<br />

� Die Ausbildung erreicht <strong>die</strong> Praxis jedoch nicht: Fachsprache wird im Berufsalltag<br />

kaum angewandt - nicht einmal in der professionellen Kommunikation<br />

mit Kollegen oder Ärzten/Krankenschwestern.<br />

� „Investigative Feldforschung“ zeigt, dass auch Pflegeeinrichtungen ihre<br />

Kompetenzen nicht adäquat kommunizieren.<br />

� Dies <strong>ist</strong> nach Expertenmeinung ein branchen- und professionsweites Phänomen<br />

mit hoher Problemrelevanz.<br />

� Mögliche Gründe:<br />

– „defensive Grundhaltung“ der Altenpflegekräfte<br />

– Übertragung der Kommunikation mit den zu <strong>Pflegenden</strong> auf alle Kommunikationssituationen<br />

– Pflegedokumentation fokussiert auf Verrichtungen, nicht auf Konzepte<br />

Kompetenzkommunikation<br />

Handlungsfeld „Kompetenzkommunikation“<br />

Modellierung der „Wirkungskette Kompetenzkommunikation“ in der Altenpflege<br />

Kompetenzvermutung<br />

hoch<br />

soziale<br />

Wertschätzung<br />

Wertschöpfung<br />

durch Kompetenzvermarktung<br />

Zufriedenheit,<br />

Belastungsreduktion<br />

adäquate<br />

Entlohnung<br />

attraktive Arbeit<br />

qualifizierter<br />

Nachwuchs<br />

Steigerung<br />

der Qualität<br />

30


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Modellierung der Handlungsebenen<br />

Handlungsfeld „Kompetenzkommunikation“<br />

� Handlungsebene Beschäftigte:<br />

– Weiterbildung zum Thema Kompetenzkommunikation<br />

– Erlernen zielgruppenadäquater Kommunikation<br />

– Motivierung zur Nutzung der Fachsprache<br />

– Erlernen des Denkens in Konzepten (nicht Verrichtungen)<br />

� Handlungsebene Einrichtungen:<br />

– Schaffung einer „professionalisierten Unternehmenskultur“<br />

– Kompetenzkommunikation als Unternehmensziel auf allen Ebenen<br />

Entwicklung von Produkten und Unterstützung der Praxis<br />

Handlungsfeld „Kompetenzkommunikation“<br />

� Weiterbildung „Kompetenzkommunikation“<br />

– Überführung des Lernfeldes „Anleiten, beraten, Gespräche führen“ der<br />

Ausbildungsordnung in ein Weiterbildungskonzept / konkretes Curriculum<br />

– Definition von Konzepten arbeitsplatznahen Lernens (eLearning, Rapid<br />

Learning, arbeitsbegleitende Kurzschulungen)<br />

� Beratung von Einrichtungen:<br />

– Bildungsberatung zum Thema Kompetenzkommunikation<br />

– Konkrete Organisation von betriebsnaher, alltagsintegrierter Weiterbildung<br />

– Managementberatung zur Verankerung der Kompetenzkommunikation in der<br />

Unternehmenskultur<br />

31


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Vielen Dank <strong>für</strong> ihre<br />

Aufmerksamkeit!<br />

32


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

6. Was wird in Berlin bereits getan und was kann noch<br />

verbessert werden? – moderierte Diskussionsrunde<br />

• Claudia Stiller-Harms – „Branchenbeauftragte Pflege“ der Berufsgenossenschaft <strong>für</strong><br />

Gesundheits<strong>die</strong>nst und Wohlfahrtspflege<br />

• Herbert Großmann – <strong>für</strong> <strong>die</strong> Paritätischen Träger, Pflegewohnzentrum Kaulsdorf-<br />

Nord gGmbH<br />

• Dr. phil. Margarete Reinhart – Koordinatorin des Stu<strong>die</strong>ngangs Pflegemanagement,<br />

Evangelische Fachhochschule Berlin<br />

• Dietmar Meng – stellvertretender Vorsitzender des AGVP – Arbeitgeberverband<br />

Pflege e.V.<br />

• Hanfried Zimmermann – stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Stephanus-<br />

Stiftung<br />

• Kerstin Liebich – Staatssekretärin <strong>für</strong> Integration und Arbeit, Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Integration, Arbeit und Soziales Berlin<br />

• Michael Musall – Gewerkschaftssekretär, ver.di Landesbezirk Berlin-Brandenburg,<br />

FB 3 Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen<br />

In der von Frau Kopel moderierten Diskussionsrunde ging es um geeignete Maßnahmen und<br />

Konzepte zur Fachkräftesicherung in Berliner Einrichtungen des Kranken- und<br />

Altenpflegesektors und darum, welche Wege zu einer stärkeren Wertschätzung der<br />

Beschäftigten und ihrer Arbeit eingeschlagen werden müssen bzw. bereits gegangen<br />

werden. Auf <strong>die</strong> von Frau Kopel zu Beginn gestellte Frage, was <strong>die</strong> zwei wichtigsten Dinge<br />

zur langfr<strong>ist</strong>igen Sicherung des Fachkräftebedarfs und zur Steigerung der Wertschätzung<br />

sind, wurde <strong>die</strong> Breite der notwendigerweise zu ergreifenden Maßnahmen deutlich.<br />

Einigkeit herrschte bei allen Diskussionsteilnehmerinnen und -nehmern darüber, dass sich<br />

sowohl <strong>die</strong> Entlohnung als auch <strong>die</strong> Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege<br />

entscheidend verbessern müssen, da ansonsten keine langfr<strong>ist</strong>ige Fachkräftesicherung<br />

möglich sei. Frau Stiller-Harms betonte in <strong>die</strong>sem Zusammenhang, dass ein wichtiger Aspekt<br />

zur Steigerung der Wertschätzung gegenüber <strong>Pflegenden</strong> <strong>die</strong> Fortbildung von Führungskräften<br />

zum Thema "gesundheitsfördernd Führen" sei. Michael Musall wies auf <strong>die</strong> Wichtigkeit<br />

von gezielter Personalentwicklung und von mehr Demokratie in den Betrieben hin.<br />

Beschäftigte müssten stärker beteiligt und <strong>die</strong> Gründung von Betriebsräten dürfe nicht<br />

behindert werden.<br />

Kerstin Liebich, Claudia Stiller-Harms und Hanfried Zimmermann hoben hervor, dass <strong>die</strong><br />

Ausbildungssituation in der Pflege verbessert werden müsse. Dabei gehe es sowohl darum,<br />

mehr junge Menschen <strong>für</strong> <strong>die</strong>sen Beruf zu bege<strong>ist</strong>ern, als auch <strong>die</strong> Rahmenbedingungen <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> Ausbildung zu verbessern. Zur Realisierung des zweitgenannten Punkts sehen Frau<br />

Liebich und Frau Stiller-Harms vor allem <strong>die</strong> Politik gefordert. Hier müsse z.B. eine stärkere<br />

Zusammenarbeit der Min<strong>ist</strong>erien angestrebt werden. Um junge Menschen gezielter <strong>für</strong> das<br />

Berufsfeld anzusprechen, sieht Frau Stiller-Harms es vor allem als vielversprechend,<br />

allgemeinbildende Schulen in entsprechende Kampagnen einzubeziehen.<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Über <strong>die</strong> genannten Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungssituation hinaus betonte<br />

Dr. phil. Margarete Reinhart <strong>die</strong> Notwendigkeit <strong>für</strong> eine tiefgreifende Veränderung des Bildungs-<br />

und Berufssystems in Form mehrstufiger Berufsprofile wie sie in der Schweiz und<br />

den Niederlanden ex<strong>ist</strong>ieren. Dies böte <strong>die</strong> Möglichkeit, unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen<br />

zu schaffen, um in den Beruf einzusteigen und so adäquate Erstausbildungsmöglichkeiten<br />

<strong>für</strong> Menschen mit geringen wie hohen Qualifikationen zu schaffen. Eine stärkere<br />

Akademisierung der Pflegeausbildung erachtet sie da<strong>für</strong> als notwendig. Gerade <strong>für</strong> junge<br />

Menschen mit Abitur, was 25 % aller Berufseinsteiger in der Pflege seien, sei eine grundständige<br />

wissenschaftliche Pflegeberufsausbildung mit Bachelor-Abschluss attraktiv. Wissenschaftliche<br />

Einrichtungen, <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>ngänge im Bereich Pflege anböten, hätten z.T. auf<br />

30 freie Plätze 500 Bewerber. Solche Angebote müssten ausgebaut werden.<br />

Neben gezielten Investitionen und Anstrengungen im Bereich Aus- wie Weiterbildung sei<br />

auch ein allgemeiner gesellschaftlicher Diskurs notwendig, so Hanfried Zimmermann und<br />

Dietmar Meng, um <strong>die</strong> allgemeine Wertschätzung und Akzeptanz <strong>für</strong> Pflege zu steigern.<br />

Wichtig dabei sei es, sowohl darüber zu sprechen, was der Gesellschaft Pflege wirklich wert<br />

<strong>ist</strong>, als auch das Bild über das Berufsfeld Pflege aufzubessern. Herbert Großmann sieht<br />

hier<strong>für</strong> entsprechende Image-Kampagnen als einen möglichen Weg.<br />

Auf <strong>die</strong> Frage von Frau Kopel, was bereits in Berlin getan werde, um <strong>die</strong> Themen des<br />

Fachdialogs in der Praxis zu forcieren, verwies Kerstin Liebich – auf politischer Ebene – auf<br />

<strong>die</strong> gerade initiierte „Landesintitaive Altenpflege“. Durch sie solle zukünftig <strong>die</strong> Arbeit der<br />

unterschiedlichen politischen Stellen im Altenpflegebereich <strong>für</strong> Berlin stärker gebündelt und<br />

eine bessere Kooperation gefördert werden. Ein Thema, mit dem man sich im Rahmen der<br />

Landesinitiative beschäftige, sei <strong>die</strong> Forderung nach einer Umlagefinanzierung der<br />

Ausbildung. Hier könne, so Liebich, z.B. das in Baden-Württemberg angewandte Konzept als<br />

„Blaupause“ <strong>die</strong>nen. Da in Berlin momentan nur 1/3 der Unternehmen ausbilde, sei zudem<br />

im Rahmen der Landesinitiative geplant, eine Ausbildungskampagne „Ausbildung tut gut!“ zu<br />

initiieren und Förderkonzepte <strong>für</strong> Bewerberinnen und Bewerber mit Benachteiligungen oder<br />

auch speziell mit Migrationshintergrund auf den Weg zu bringen.<br />

Neben <strong>die</strong>sen Maßnahmen auf politischer Ebene sieht Dietmar Meng auch und gerade <strong>die</strong><br />

Unternehmen in der Verantwortung, ihre eigene Fachkräftesituation durch Ausbildung zu<br />

sichern. Jedes Unternehmen, das nicht ausbilde, so Meng, sei in Zukunft nicht wettbewerbsfähig<br />

und laufe Gefahr, morgen ohne Fachkräfte da zustehen. Ob man ausbilde oder nicht,<br />

könne deshalb nicht <strong>die</strong> Frage sein. Denn Ausbildung sei längst eine unternehmenssichernde<br />

Maßnahme. Den Vorschlag einer Umlagefinanzierung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Ausbildung be<strong>für</strong>wortete er.<br />

Auch müsse man da<strong>für</strong> sorgen, mehr geeignete Bewerberinnen und Bewerber <strong>für</strong> den Beruf<br />

zu bege<strong>ist</strong>ern und auch <strong>die</strong> hohe Abbrecher- und Ausstiegsquote im Berufsfeld zu minimieren.<br />

Dies ginge nur, wenn Arbeitsbedingungen geschaffen würden, <strong>die</strong> auch noch im Alter zu<br />

bewältigen seien. Unterstützend hierbei würden auch Arbeitssysteme wirken, <strong>die</strong> dem Rotationsprinzip<br />

folgten.<br />

Hanfried Zimmermann und Herbert Großmann – als Vertreter aus Unternehmen der Branche<br />

– beschrieben, was in ihren Unternehmen bereits zur Fachkräftesicherung und damit auch<br />

gegen <strong>die</strong> hohe Ausstiegsquote getan wird. So werden zum einen gezielte und konzentrierte<br />

Personalentwicklungsmaßnahmen (u.a. Wiedereinstieg nach Familiengründung fördern und<br />

unterstützen, Weiterbildung während der Arbeitszeit organisieren und auch finanziell unterstützen)<br />

umgesetzt. Zum anderen wird auf <strong>die</strong> Umsetzung und Einhaltung personalpoliti-<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

scher Grundsätze (Stichwort: „wertschätzende Unternehmenskultur“, „Le<strong>ist</strong>ungen wertschätzen“)<br />

großer Wert gelegt. Zudem, so Hanfried Zimmermann, <strong>ist</strong> auch gezielte Werbung eine<br />

Maßnahme zur langfr<strong>ist</strong>igen Fachkräftesicherung. Die Stephanus-Stiftung habe so etwa ihre<br />

Werbematerialien erweitert, um sich nicht nur als attraktive Pflegeinrichtung <strong>für</strong> Kundinnen<br />

und Kunden, sondern auch als attraktiver Arbeitgeber <strong>für</strong> (potenzielle) Beschäftigte darstellen<br />

zu können. Zudem werde der Kontakt mit Schulen forciert, um hier gezielt potenzielle<br />

zukünftige Auszubildende über das Berufsfeld zu informieren und <strong>für</strong> <strong>die</strong> Arbeit in <strong>die</strong>sem<br />

Bereich zu bege<strong>ist</strong>ern.<br />

Auf <strong>die</strong> Unterstützungsmöglichkeiten der Berufsgenossenschaft Gesundheitspflege und<br />

Wohlfahrts<strong>die</strong>nste im Bereich Gesundheitsschutz und Belastungsminimierung wies Claudia<br />

Stiller-Harms hin. Unter der Überschrift „Aufbruch Pflege“ gäbe es eine breite Palette an<br />

Unterstützungsle<strong>ist</strong>ungen bzw. Weiterbildungsmaßnahmen, u.a. zum Thema „psychische<br />

Belastungen“. Allerdings, so <strong>die</strong> als „Branchenbeauftragte Pflege“ der Berufsgenossenschaft<br />

<strong>für</strong> Gesundheits<strong>die</strong>nst und Wohlfahrtspflege tätige Stiller Harms, würden <strong>die</strong>se Angebote nur<br />

zu geringem Maße von Unternehmen abgefragt. Dies sieht sie im Widerspruch stehend zum<br />

hohen Bedarf solcher Maßnahmen, der immer wieder betont werde.<br />

Erklärungen hier<strong>für</strong> kamen von Seiten des Publikums. So führten viele Vertreterinnen und<br />

Vertreter aus Einrichtungen <strong>die</strong> fehlende Nutzung darauf zurück, dass <strong>die</strong> Angebote nicht<br />

bekannt seien oder aber <strong>die</strong> Teilnahme im Unternehmen (während der Arbeitszeit) nicht<br />

durchgesetzt werden könnte. Kritisiert wurde zudem auch, dass Arbeitsschutz – gerade in<br />

Bezug auf psychische Belastungen – keinen ausreichenden Stellenwert habe. Michael<br />

Musall begrüßte aus <strong>die</strong>sem Grund <strong>die</strong> unangemeldeten Betriebsrevisionen durch den MDK.<br />

Unternehmen seien durch <strong>die</strong>se gezwungen, sich auch mehr mit Maßnahmen zum Arbeits-<br />

und Gesundheitsschutz zu beschäftigen. Hierdurch erhielten sie langfr<strong>ist</strong>ig einen besseren,<br />

festen Stellenwert in den Einrichtungen.<br />

Die geringe Ausbildungsquote der Unternehmen wurde von Seiten des Publikums damit erklärt,<br />

dass es nicht an Ausbildungswilligkeit mangele, sondern dass es nicht ausreichend<br />

Pflegeausbilder und Praxisanleiter gäbe. Auch wurde auf das Fehlen von Fernstu<strong>die</strong>ngängen<br />

(ohne Präsenzpflicht) hingewiesen, <strong>die</strong> gerade <strong>für</strong> Beschäftigte mit Betreuungspflichten sehr<br />

attraktiv seien, um sich weiter zu qualifizieren.<br />

Vom Publikum besonders kritisch bewertet wurden reine Imagekampagnen <strong>für</strong> das Berufsfeld.<br />

Diese seien sinn- und zwecklos, wenn sie nicht gleichzeitig auch mit einer Verbesserung<br />

der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen einhergingen. Gerade aufgrund des bereits<br />

heute hohen Altersdurchschnitts der Beschäftigten, müssten Maßnahmen zur Umsetzung<br />

alternsgerechter Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Maßnahmen <strong>für</strong> Beschäftigte mit<br />

Betreuungspflichten wurden begrüßt, gleichzeitig aber auch darauf hingewiesen, dass Maßnahmen<br />

zur besseren Work-Life-Balance <strong>die</strong>ser Beschäftigtengruppe nicht auf Kosten anderer/<br />

älterer Beschäftigter ohne Betreuungspflichten gehen dürften.<br />

Insgesamt gesehen – so eine Meinung aus dem Publikum – sei <strong>die</strong> Pflege ein interessantes<br />

und facettenreiches Berufsfeld, das mit ausreichender Finanzierung und größerem zeitlichem<br />

Budget auch wieder attraktiv sein könnte. Die heute <strong>für</strong> <strong>die</strong> Pflege zu Verfügung stehenden<br />

finanziellen Mittel müssten da<strong>für</strong> aber auch unmittelbar <strong>für</strong> <strong>die</strong> Pflegearbeit bzw. <strong>die</strong><br />

Entlohnung der <strong>Pflegenden</strong> verwendet werden. Hier werde momentan oftmals an der falschen<br />

Stelle gespart. Auch wurden <strong>die</strong> zu niedrigen Pflegesätze bemängelt und eine Novellierung<br />

des Pflegebedürftigkeitsbegriffes gefordert.<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Auf <strong>die</strong> abschließende Frage von Frau Kopel, was jede/ jeder Einzelne auf dem Podium bzw.<br />

<strong>die</strong> jeweilige Organisation (zukünftig) tun werde, um <strong>die</strong> Situation in der Pflege zu verbessern<br />

und welcher Beitrag von einer anderen Organisation darüber hinaus gewünscht sei, wurden<br />

vor allem der Wunsch und Wille nach stärkerem Austausch und konstruktivem Dialog, der<br />

Verbesserung der Aus- und Weiterbildungssituation und der stärkeren Thematisierung von<br />

Work-Life-Balance und Arbeits- wie Gesundheitsschutz in den Einrichtungen der Pflege genannt.<br />

Die von Frau Bluhm und Frau Liebich vorgestellte „Landesinitiative Altenpflege“ wurde<br />

dabei als richtiger Weg erachtet, um hier Verbesserungen zu erzielen. Deswegen wurde eine<br />

allgemeine Bereitschaft signalisiert, sich an entsprechenden Dialogen zu beteiligen.<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

7. Eindrücke von der Veranstaltung<br />

37


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

38


Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

8. L<strong>ist</strong>e der Teilnehmenden<br />

Name Vorname Unternehmen/Institution<br />

Ahlhoff Elke bfw / maxQ<br />

Asbeck Kunigunde<br />

Pro Seniore Residenz<br />

Vis à vis der Hackeschen Höfe<br />

Bäker Martina AlexA pro domo GmbH<br />

Baschin Cornelia FSE PE gGmbH<br />

Behrendt Liane<br />

Bluhm Carola<br />

Böttcher Bianca<br />

Daniel Sabine<br />

Dogan Melek<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration,<br />

Arbeit und Soziales<br />

Senatorin –<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration,<br />

Arbeit und Soziales<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration,<br />

Arbeit und Soziales<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Wirtschaft,<br />

Technologie und Frauen<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Wirtschaft,<br />

Technologie und Frauen<br />

Dombrowski Petra Vitanas Am Bäkepark<br />

Dott Minka<br />

Abgeordnetenhaus von Berlin<br />

Linksfraktion<br />

Ebner Reinhard Diakonische Akademie<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Name Vorname Unternehmen/Institution<br />

Finken Ute Pro Seniore Krankenheim<br />

Fischer Nicola<br />

Franz Brigitte<br />

Fritsch Rainer-Maria<br />

Fuchs Daniel<br />

Gabriel Hans<br />

Gehres Martina<br />

Glawe Heiko DGB<br />

Gleitze Gertrud<br />

Grätz Annette Vivantes<br />

Großmann Herbert<br />

Hapke Frank DWBO<br />

Hasecke Ursula<br />

Verband diakonischer<br />

Dienstgeber in Deutschland<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration,<br />

Arbeit und Soziales<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Integration, Arbeit und Soziales<br />

Wiss. Mitarbeiter von<br />

Kathrin Senger-Schäfer, MdB<br />

Charité Universitätsmedizin<br />

Campus Mitte<br />

Zentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Gesundheit,<br />

Umwelt und Verbraucherschutz<br />

Pflegewohnzentrum<br />

Kaulsdorf-Nord gGmbH<br />

Bezirksamt Tempelhof-<br />

Schöneberg von Berlin<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Name Vorname Unternehmen/Institution<br />

Hassenpflug Ellen Jüdisches Krankenhaus Berlin<br />

Heinemann-Knoch Dr. Marianne<br />

Heß Nele<br />

Heusinger Dr. Josefine<br />

Institut <strong>für</strong> Gerontologische<br />

Forschung e.V.<br />

DGB<br />

Bezirk Berlin-Brandenburg<br />

Institut <strong>für</strong> Gerontologische<br />

Forschung e.V.<br />

Hofbauer Nina Diakonie Station Charlottenburg<br />

Hoffmann Julia Wert.Arbeit GmbH, Berlin<br />

Hübner Stephan<br />

GERAS GmbH<br />

Seniorenheim Wedding<br />

Ittner Klaus ver.di, Fachbereich 03<br />

Jäger Meike<br />

Jakob Nadin Vivantes<br />

ver.di Landesbezirk Berlin-<br />

Brandenburg<br />

FB 03 – Gesundheit,<br />

Soziale Dienste<br />

Kampe Carsten LASA Brandenburg GmbH<br />

Klatt Dr. Rüdiger<br />

Technische Universität Dortmund<br />

Wissenschaftl. Projektleiter im<br />

Projekt „Berufe im Schatten“<br />

Kopel Mechthild Wert.Arbeit GmbH, Berlin<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Name Vorname Unternehmen/Institution<br />

Korreckt Claudia Wert.Arbeit GmbH, Berlin<br />

Kührig Prof. Dr. Herta<br />

Kültau Tanja<br />

Kurz Oliver<br />

Liebich Kerstin<br />

Lienmann Gabriele<br />

Mahrla Uwe<br />

Mai Angelika<br />

Seniorenvertretung<br />

Treptow-Köpenick<br />

Aurora<br />

Ambulanter Pflege<strong>die</strong>nst<br />

Regionaldirektion<br />

Berlin-Brandenburg der<br />

Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit<br />

Staatssekretärin<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration,<br />

Arbeit und Soziales<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration,<br />

Arbeit und Soziales<br />

Sozial<strong>die</strong>nste der Volkssolidarität<br />

Berlin gGmbH<br />

Abgeordnetenhaus von Berlin,<br />

Linksfraktion<br />

Meng Dietmar Arbeitgeberverband Pflege e.V.<br />

Meyer-Thorke Melanie Herthasee Seniorenzentrum<br />

Morgenstern Vera<br />

SPD Berlin-Mitte<br />

AfA Berlin-Mitte<br />

Mross Irene Seniorenhaus am Rhumeweg<br />

Müller Bruno Reha-Steglitz gGmbH<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Name Vorname Unternehmen/Institution<br />

Musall Michael<br />

ver.di Landesbezirk Berlin-<br />

Brandenburg<br />

Myrus Kerstin Diakonie-Sozialstation Südstern<br />

Pietsch Rudolf<br />

Arbeitgeber- und BerufsVerband<br />

Privater Pflege e.V.<br />

Pötter Gregor Martin-Luther-Krankenhaus<br />

Poetzsch Dagmar<br />

Polok Dietmar<br />

Polok Rita<br />

Porten Cäcilia<br />

Präfke Riccardo Vivantes<br />

Przibylla Hubert<br />

DGB Berlin-Brandenburg<br />

KV Ost<br />

KFH Nierenzentrum,<br />

Berlin-Charlottenburg<br />

bbw Akademie <strong>für</strong> Betriebs-<br />

wirtschaftliche Weiterbildung<br />

GmbH<br />

Rawert Mechthild Mitglied des Bundestages<br />

Reinhardt Andreas Kontinuum e.V.<br />

Reinhart Dr. phil. Margarete Evangelische Fachhochschule<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Name Vorname Unternehmen/Institution<br />

Richter Bärbel<br />

Römer Juliane<br />

Rudolph Marina<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration,<br />

Arbeit und Soziales<br />

Regionaldirektion Berlin-<br />

Brandenburg der Bundesagentur<br />

<strong>für</strong> Arbeit<br />

Landesvertretung<br />

Berlin/Brandenburg<br />

Verband der Ersatzkassen e.V.<br />

Saeger Regina Landesseniorenbeirat Berlin<br />

Schlafstein Simon<br />

Schlichling Anita<br />

Aurora<br />

Ambulanter Pflege<strong>die</strong>nst<br />

Seniorenheim am<br />

Lietzensee GmbH<br />

Scholl Jochen PKV-Verband<br />

Schubert Elisabeth<br />

Diakonie - Pflege<br />

Reinickendorf gGmbH<br />

Simon Ingeborg Volkssolidarität Berlin<br />

Soldes Wilfriede Seniorenvertretung Lichtenberg<br />

Stiller-Harms Claudia<br />

Svoboda Sylvia<br />

Berufsgenossenschaft <strong>für</strong><br />

Gesundheits<strong>die</strong>nst und<br />

Wohlfahrtspflege<br />

Träger Claudia AOK Nordost<br />

Sozial<strong>die</strong>nste der Volkssolidarität<br />

Berlin gGmbH<br />

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Dokumentation Fachdialog: <strong>„Wertschätzung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Pflegenden</strong> <strong>ist</strong> <strong>grundlegend</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Fachkräftesicherung“<br />

Name Vorname Unternehmen/Institution<br />

Udhardt Edith AG-Senioren<br />

Volckmann Iris Herthasee Seniorenzentrum<br />

von Lersner Annette<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration,<br />

Arbeit und Soziales<br />

Weber Annemarie Wert.Arbeit GmbH, Berlin<br />

Wels Michaela Herthasee Seniorenzentrum<br />

Wilcke-Kros Martina MDK Berlin-Brandenburg e.V.<br />

Windels-Buhr Dr. Doris<br />

Vitanas Akademie /<br />

BfS Altenpflege<br />

Wlosinski Birgit ambulante <strong>die</strong>nste e.V.<br />

Zauner Margrit<br />

Zierl Susanne<br />

Zimmermann Hanfried<br />

Zinke Doro<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Integration,<br />

Arbeit und Soziales<br />

Referat Berufliche Qualifizierung<br />

Pro Seniore Residenz<br />

Vis à vis der Hackeschen Höfe<br />

Stephanus-Stiftung<br />

Vorstand<br />

DGB<br />

Bezirk Berlin-Brandenburg<br />

Vorsitzende<br />

45

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