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Juni 2010 (PDF) - an.schläge

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thema: post-porn<br />

22 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong><br />

gibt, denn spätnachts sieht m<strong>an</strong> auf den<br />

TV-K<strong>an</strong>älen nur noch Porno, Porno,<br />

Porno. Wir sind hier wie zwei kleine<br />

Kinder in der Nacht vor dem Fernseher<br />

gesessen … wow!<br />

Sprinkle: Ja, so etwas gibt’s in den<br />

USA nicht. Alles, was wir als Feministinnen<br />

machen können, ist, unsere<br />

eigenen Sachen zu produzieren und<br />

Alternativen zu schaffen. Wenn du<br />

das, was es da draußen gibt, nicht<br />

ausstehen k<strong>an</strong>nst, d<strong>an</strong>n mach etwas,<br />

Von „PorNO“ zu „PorYES“<br />

Die erste „PorNO”-Debatte erlebte Deutschl<strong>an</strong>d<br />

1988, <strong>an</strong>geführt von „Emma”-Gründerin<br />

Alice Schwarzer. Bereits zehn Jahre zuvor,<br />

1978, initiierte „Emma” eine erste Aktion:<br />

Schwarzer verklagte zusammen mit neun weiteren<br />

prominenten Frauen die Zeitschrift „Stern”<br />

wegen seiner sexistischen Titelbilder. Ihr Ziel<br />

war ein Gesetz <strong>an</strong>zuregen, das Pornografie nicht<br />

länger als „Verstoß gegen Sitte und Anst<strong>an</strong>d”<br />

definierte, sondern als „Verletzung der Menschenwürde”.<br />

Ein solcher Gesetzestext wurde<br />

in der Kampagne von 1988 konkretisiert – u.a.<br />

hieß es: „Pornografisch sind diejenigen Darstellungen<br />

zur sexuellen Anregung, die<br />

Frauen erniedrigen, sie in einer Ohnmachtsposition<br />

gegenüber Männern zeigen und zum<br />

Frauenhass oder gar Mord aufstacheln.” Unterstützung<br />

erhielt „Emma” u.a. von Andrea Dworkin,<br />

die 1979 das radikalfeministische Anti-<br />

Porno-M<strong>an</strong>ifest „Pornography – Men possessing<br />

Women” (1979) veröffentlichte.<br />

In den USA verursachten die „sex wars”, die<br />

sich von den späten 1970ern über die 80er<br />

Jahre zogen und in denen um die Legitimität<br />

sexueller Repräsentationspolitiken von z.B. lesbischem<br />

BDSM oder Tr<strong>an</strong>s*-Identitäten heftig<br />

gestritten wurde, tiefe Spaltungen innerhalb<br />

der Frauenbewegung. Insbesondere wurde die<br />

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das dir gefällt! Sex ist sehr politisch<br />

und auf jeden Fall ein feministisches<br />

Thema! Ehrlich gesagt, verstehe ich<br />

gar nicht, warum nicht jeder Post-<br />

Porn macht! l<br />

Annie M. Sprinkle (geborene Ellen F. Steinberg) ist ehemalige Sexarbeiterin, Porno-<br />

Darstellerin und -produzentin und Publizistin. Sie arbeitet als Perform<strong>an</strong>ce-Künstlerin<br />

und „Sex Educator“ und hat einen Ph.D. in „Hum<strong>an</strong> Sexuality“.<br />

Elizabeth M. Stephens’ künstlerische Arbeiten umfassen Perform<strong>an</strong>ces, Skulpturen,<br />

webbasierte Medien und Fotografie. Sie lehrt <strong>an</strong> der University of California, S<strong>an</strong>ta<br />

Cruz. Zusammen mit Annie Sprinkle gründete sie das „Love Art Laboratory“,<br />

www.loveartlab.org.<br />

„Post-Porno”-Debatte, wie sie sich uns heute<br />

darstellt, maßgeblich von den poststrukturalistischen<br />

queeren und feministischen „Pro Sex”-<br />

Diskursen der 1990er Jahre geprägt.<br />

2007 erlebte die „Emma”-Kampagne „gegen<br />

Pornografie und die Pornografisierung von<br />

Medien, Mode und Kultur” ihre dritte Auflage.<br />

Weiterhin stellt die kausale Verknüpfung von<br />

F<strong>an</strong>tasie (Pornografie) und Tat (sexuelle Gewalt<br />

<strong>an</strong> Frauen) den Kern der Kritik dar, neben der<br />

Unterscheidung in „gute Erotik” und „böse<br />

Pornografie”: „Wir erkennen Pornografie <strong>an</strong><br />

der Verknüpfung von sexueller Lust mit der Lust<br />

<strong>an</strong> Erniedrigung und Gewalt – und zwar für<br />

Täter wie Opfer. Was das Gegenteil von Erotik<br />

ist, bei der es keine Hierarchie gibt, nichts<br />

festgelegt ist, sondern alles offen.” „Pornos für<br />

Frauen” sind demnach für Schwarzer & Co.<br />

„ein Widerspruch in sich. Denn die rein genitale<br />

Sexualität ist traditionell eher Männersache,<br />

Frauen funktionieren erotisch komplexer. Das<br />

direkt Genitale und die Gewalt sind jedoch das<br />

Wesen von Pornografie – was sich für Frauen<br />

nicht einfach umdrehen oder unter Frauen<br />

kopieren lässt.”<br />

Größer könnte die Kluft zwischen den feministischen<br />

„PorNO”- und „Pro Sex”-Aktivistinnen<br />

nicht sein.<br />

Unter dem Titel „PorYes” etwa wird seit 2006<br />

der „Feminist Porn Award”, der erste feministische<br />

Pornofilmpreis in Europa, verliehen:<br />

„Weil wir von unzähligen schlechten, degradierenden,<br />

dummen und klischeehaften Pornos<br />

überschüttet werden und wir Pornos mit<br />

höherem Niveau sehen wollen. Und wie Annie<br />

Sprinkle schon sagte, die Antwort auf schlechten<br />

Porno lautet nicht gar kein Porno, sondern<br />

mehr Porno”, heißt es auf der Website.<br />

Zu den „neuen” feministischen Pornografinnen<br />

zählen Regisseurinnen und Produzentinnen<br />

wie u.a. C<strong>an</strong>dida Royalle, Maria Beatty, Shine<br />

Louise Houston, Erika Lust oder Petra Joy, die<br />

(queere) Alternativen zum Mainstream-Porno<br />

in Szene setzen. Was einen „guten” Porno<br />

ausmacht, darauf versucht der Doku-Film „Die<br />

Pornografinnen” von Marita Neher eine<br />

Antwort zu geben: „Es braucht faire Arbeitsbedingungen<br />

für die Darstellerinnen, das heißt<br />

ordentliche Arbeitsverträge und Versicherungsschutz”,<br />

wie eine Porno-Darstellerin im Film<br />

erklärt. „Gut ist ein Porno d<strong>an</strong>n, wenn er nicht<br />

nur die Seherinnen erregt, sondern auch Rücksicht<br />

auf die Lust der Darstellerinnen nimmt.”<br />

Vina Yun

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