Ärzteblatt August 2010 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern
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Zunehmend stehen Suchtprobleme im<br />
Vordergrund der Fach- und Laienpresse<br />
Den beeindruckenden Artikel von U. Hoffmann und A. Moll<br />
in dieser Zeitschrift (Heft 6/<strong>2010</strong>, S. 214 ff) zum Anlaß nehmend,<br />
möchten wir eine anonyme Befragung von 64 Azubis<br />
(16 Diätassistenten und 48 kaufmännische Berufe; 37<br />
weiblich und 27 männlich) im Alter zwischen 16 und 19 Jahren<br />
vorstellen, die wir kürzlich im Rahmen unserer Lehrtätigkeit<br />
durchführten.<br />
Wir stellten die folgenden drei Fragen:<br />
1. Waren Sie schon einmal betrunken?<br />
2. Was halten Sie vom sogenannten „Komasaufen“?<br />
3. Wie viele Gläser Wein oder Bier muß man getrunken haben,<br />
um einen Blutalkoholspiegel von 3,0 ‰ zu haben?<br />
Insgesamt waren 15 Diätassistenten und 33 kaufmännische<br />
Azubis mindestens schon einmal betrunken. Besonders die<br />
kaufmännischen Azubis beeindruckten hierbei und gaben<br />
an, teilweise „an jedem Wochenende“ betrunken zu sein.<br />
Vom „Komasaufen“ hielten 61 „nichts“, drei wollten es „einmal<br />
probieren“.<br />
Die Frage 3 konnte von keinem annähernd richtig beantwortet<br />
werden. Es schwankten die Antworten zwischen zwei<br />
Gläsern Wein plus fünf Gläser Bier bis zu einem Kasten Bier<br />
oder 30 Gläsern Wein.<br />
Die Antwort auf die Frage 1 war erschreckend. Besonders die<br />
hohe Anzahl der Diätassistenten (nur einer war noch nie betrunken)<br />
überraschte. Sie sind es ja, die den Gesunden Prävention<br />
und den Kranken eine richtige Lebensweise beibringen<br />
sollen.<br />
Welche Konsequenzen könnten diskutiert werden?<br />
1. Am wichtigsten scheint eine intensive unangekündigte<br />
Kontrolle von Gaststätten und Alkohol-Verkaufseinrichtungen<br />
zu sein. Der Alkoholverkauf an Jugendliche unter<br />
18 Jahren muß eine konsequente und spürbare Ahndung<br />
nach sich ziehen.<br />
2. Billige und gut schmeckende alkoholfreie Getränke sind<br />
in Gaststätten und Diskotheken anzubieten. Warum gibt<br />
es zwischen Bier und alkoholfreien Getränken in Deutschland<br />
kaum preisliche Unterschiede?<br />
AUSGABE 8/<strong>2010</strong> 20. JAHRGANG<br />
LeSeRBRIeF<br />
3. Schule und vor allem Elternhaus haben ihre Vorbildrolle<br />
wesentlich intensiver wahrzunehmen. Vor allem Ärzte,<br />
die in Suchtkliniken tätig sind, sollten einige Stunden Biologieunterricht<br />
erteilen und in regelmäßigen Abständen<br />
zur Diskussion auf Elternabenden zur Verfügung stehen.<br />
4. Von Jugendlichen für Jugendliche inszenierte Theaterspiele,<br />
die auf die Folgen des Alkohols hinweisen, könnten<br />
hilfreich sein.<br />
5. Aus welchem Grund stehen in der Öffentlichkeit und in<br />
den Medien (Fernsehen, Filme) alkoholische Getränke im<br />
Vordergrund? Auch hier haben Politiker eine Vorbildfunktion<br />
auszuüben.<br />
6. Warum erfolgt Werbung durch Prominente für und nicht<br />
gegen bzw. für einen maßvollen Umgang mit Alkohol?<br />
7. Auf Discos mit ausschließlich alkoholfreien Getränken<br />
könnten attraktive Preise verlost werden (z. B. Eintrittskarten<br />
für bekannte Bands).<br />
Wir wünschten uns eine rege Diskussion, in die möglichst<br />
auch Politiker einbezogen werden.<br />
Dr. med. H.-J. Ziegelasch<br />
Michaela Neubauer<br />
Schwerin<br />
Seite 281