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ydaea r S - Bergstadt Sayda

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Seite 22<br />

Historisches<br />

.<br />

<strong>Sayda</strong>er Amts- und Heimatblatt 10 - 2005<br />

Erinnerungen eines ehemaligen <strong>Sayda</strong>ers<br />

(Fortsetzung aus der September-Ausgabe) hatten wir Erfolg. Was der Unteroffizier aus den unterirdischen<br />

Behältern zu Tage förderte, war öliges Wasser und die Soldaten<br />

Im Herbst/Winter 1944 fanden die Leute auf Feldern und in Wäl- fluchten über diese vergebliche Arbeit.<br />

dern, später auch im Schnee Millionen und Abermillionen von Um feindliche Panzer aufzuhalten, wurde im März 1945<br />

Alustreifen, 27 cm lang und 1.5 cm breit auf der Rückseite begonnen in <strong>Sayda</strong> zwei Panzersperren zu errichten, eine<br />

stumpf schwarz. Den Funkmessexperten der Alliierten war es ge- zwischen Rossgarten und Pfaffhaus, die andere am anderen<br />

lungen, auf simple Weise das Radarsystem der deutschen Luft- Ende der Stadt, zwischen Apotheke und Stellmacherei<br />

abwehr zu unterlaufen. Begleitflugzeuge vom Typ „Mosquito” Schlieder. Sie bestanden aus zwei Reihen eingegrabener dicker<br />

flogen den Bomberpulks voraus und warfen die Alustreifen über Stämme in etwa einem Meter Abstand, die mit Erde ausgefüllt<br />

und vor den Messgeräten ab. Dadurch wurde die Radarmessung waren, in der Mitte war ein Durchlass für eine Spur, die schnell<br />

über Höhe und Richtung und Tempo entweder völlig unmöglich mit waagerechten Stämmen verschließbar war. In der Folge der<br />

oder es kam zu Missweisungen. Die deutschen Abwehrleute Ereignisse stellten sich die Sperren, besonders für die deutschen<br />

nannten das eine Düppelstörung. Soldaten als Hindernis dar. Sie hinderten die geschlagenen<br />

Es gelang fast nie die abgesprungenen Piloten, die über den Truppen, sich schnell in die Tschechei zurückzuziehen. Am 6.<br />

Erzgebirgskamm niedergingen, zu fangen, nur einmal wäre es und 7. Mai 1945, einen Sonntag und Montag vollzog sich der<br />

uns bald geglückt. Mit einem Wehrmachtsjeep, auf dem wir Rückzug der Deutschen Wehrmacht durch <strong>Sayda</strong>. In einen nicht<br />

mitfuhren, verfolgten wir den nur noch wenige Meter hohen endenden Zug von Fahrzeugen, Geschützen und Panzern zog die<br />

Fallschirmspringer in Richtung Mortelgrund, die Soldaten Armee durch die Hauptstraße. Alle hofften sie im Süden und<br />

schossen schon aus dem Jeep heraus auf ihn, da blieb er unweit Westen die Demarkationslinie zu den Westalliierten zu erreider<br />

Straße mit dem Fallschirm an einer Randfichte hängen. Als chen, die etwa von der Zwickauer Mulde über Karlsbad<br />

wir hinkamen, rappelte sich der Waldarbeiter Matthes vom (Karlovy Vary), Falkenau (Sokolov) Richtung Pilsen verlief.<br />

“Kleinen Vorwerk” gerade wieder auf, der Pilot hatte ihn mit Wir Jungs saßen auf den Stämmen der Panzersperre am Ross und<br />

dem Revolverknauf niederg eschlagen und war auf ließen den irren Zug an uns vorüber ziehen. Hitler hatte am 30.<br />

Nimmerwiedersehen in den Wald entflohen. April 1945 Selbstmord begangen, Berlin hatte am 3.Mai<br />

In den unübersichtlichen Kammwäldern gab es im Frühjahr kapituliert, die Westalliierten und die Sowjetarmee hatten sich<br />

19 45 vi el e “i ll eg al e” en tf lo he ne Kr ie gs ge fa ng en e, am 25. April an der Elbe bei Torgau getroffen. Das Deutsche<br />

Zwangsarbeiter aus allen Ländern und abgesprungene Reich war nur noch ein Rumpf. Die Soldaten flüchteten in einen<br />

Bomberpiloten. Sie alle warteten auf das Kriegsende und lebten ch ao ti sc he n Zu st an d. Ka mp fk rä ft ig e Ei nh ei te n mi t<br />

unter primitiven Bedingungen im Wald. Um sich am Leben zu Tigerpanzern und im Kampfanzug sah man nur wenige, dafür<br />

erhalten, brachen sie auch in abgelegene Gehöfte und in Häusern aber bespannte Einheiten, auch die <strong>Sayda</strong>er Werkstattkolonnen<br />

an Dorfrändern ein, z. B. in Georgenthal, Neuwernsdorf, schlossen sich an. Viele Soldaten ließen ihre Fahrzeuge auf den<br />

Göhren (heute Kliny). Die Einwohner waren natürlich voller Waldwegen und in Schneisen stehen aus Hoffnungslosigkeit<br />

Angst und Unruhe, doch sie blieben meist ungeschoren. Die oder aus Treibstoffmangel, z. B. eine Schlächtereikompanie<br />

Geflohenen nahmen nur das, was man für ein Leben im Wald mitten im Wald am Kleinen Vorwerk, die dort noch bis zum<br />

brauchte: Salz, Streichhölzer, Werkzeuge, Nahrungsmittel und Sommer stand. In allen Querwegen, zum Teil auch mitten im<br />

auch Alkohol. Die Nazibehörden waren machtlos, trotz groß Wald, standen LKW und PKW, die den ganzen Sommer über<br />

angelegter Razzien. gefunden wurden, von allem geplündert, was nicht niet- u.<br />

nagelfest war. Waffen wurden vernichtet wie eine<br />

10. Die Deutsche Wehrmacht zog im Frühjahr 1945 unbemerkt Geschützeinheit am so genannten Fladenbusch. In der Nacht<br />

und allmählich in <strong>Sayda</strong> ein. Es waren Nachschub- und vom 6. bis 7. Mai quartierten sich in <strong>Sayda</strong> Einheiten der 10.SS<br />

Versorgungseinheiten der weiter im Osten, in der Lausitz und in Panzerdivision „Frundsberg“ ein, das waren bespannte<br />

Ost böh men käm pfe nde n Hee res gru ppe Mit te, des sen Formationen mit 7.5 cm Panzerabwehrgeschützen. Die Soldaten<br />

Oberbefehlshaber der berüchtigte Durchhaltegeneral Schörner waren so genannte HIWIS, d. h. Hilfswillige, nichtdeutsche<br />

war. Soldaten aus aller Herren Länder, nur die Unterführer und<br />

Die Scheunen der <strong>Sayda</strong>er Bauern waren in den Einfahrten mit Offiziere waren Deutsche. Einquartieren hieß, dass die SS-<br />

Wehrmachtsfahrzeugen voll gestellt. In der Scheunenreihe Soldaten in den Häusern kochten, aßen, schliefen, die Pferde<br />

Heidersdorfer Str. standen mobile Werkstätten, vorgesehen zur unterstellten und fütterten. Verpflegung, Essen und Futter<br />

Reparatur von Panzern, Geschützen und anderen Waffen. Die nahmen sie nach ihren Vorst ellungen. Alle Zäune,<br />

Soldaten waren bei <strong>Sayda</strong>er Familien einquartiert. Wochenlang Einfriedungen wurden umgelegt, um Platz für Pferde Wagen<br />

standen Fahrzeuge in Scheunen und Stallungen und in den und Geschütze zu schaffen. Glücklicherweise war in diesen<br />

Gärten, gut getarnt wegen der Tiefflieger. Als Jungs mussten wir dramatischen Tagen sonniges, warmes Wetter, so dass viele<br />

lernen Fahrzeuge gegen Luftsicht zu tarnen. Sobald ein Soldaten unter Mäntel und Planen auf ihren Panjewagen<br />

Fahrzeug die Tarnung verließ, setzte sich ein Soldat vorn auf den schliefen.<br />

Kotflügel, um rechtzeitig Jabos zu melden, das waren Seit Wochen schon hatte sich im Eckhaus auf der Hauptstraße<br />

Jagdbomber, die auf alles schossen, was auf der Straße war. der Hauptfeldwebel Nitzschke aus Leipzig einquartiert. Im<br />

Einen Moment zu spät erkannt, konnte den Tod bedeuten. Es Schuppen hatte er eine schwere Beiwagenmaschine stehen, mit<br />

herrschte großer Mangel an Sprit. In <strong>Sayda</strong> gab es damals fünf der er die Straßen im Bereich zwischen Obersaida und<br />

Tankstellen. Mit einem Unteroffizier, zwei Soldaten und uns Deutscheinsiedel überwachte. Er gehörte zur Feldgendarmerie<br />

ortskundigen Jungs versuchten wir aus den Tanks noch der Deutschen Wehrmacht. Er war ein langer schmächtiger<br />

Restmengen heraus zu holen. Da gab es die Tankstelle bei der Mann von etwa 30 Jahren mit vergrämtem Gesicht, der selten<br />

Drogerie Ehrenberg, die Tankste lle Schlesinger, Ecke etwas sagte, sich aber menschlich und loyal gegenüber der<br />

Friedebacher Weg, die Tankstelle bei der Drogerie Zemisch, die Zivilbevölkerung verhielt. Sicher hatte er den ganzen Krieg<br />

Tankstelle Cafe Hacker, später Arnold Rudi und die Tankstelle miterlebt und es war ihm klar, welches Schicksal ihm, der<br />

an der Ecke bei Dachdecker Hampel, die schon seit<br />

Kriegsbeginn unbenutzt war. Bei keiner dieser Tankstellen (Fortsetzung auf Seite 23)

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