DKV-Magazin Nr. 6 - Chronik des Karate
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Teil III: Aus- und Aufrichtung <strong>des</strong> Schultergürtels<br />
In Teil I und II im <strong>DKV</strong>-<strong>Magazin</strong> 2 und 3/2011<br />
haben wir uns die Aus- und Aufrichtung der<br />
unteren Körperhälfte und der Mitte angeschaut.<br />
Hier wollen wir den oberen Teil <strong>des</strong><br />
Rumpfes betrachten: den Bereich der Schulter,<br />
Hals- und Brustwirbelsäule.<br />
Die Schulterblätter sollen nach hinten unten fallend<br />
ausgerichtet sein und so auch in die Armtechniken<br />
eingebracht werden. Die Schultern bleiben dabei<br />
entspannt und werden nicht angehoben. Besondere<br />
Aufmerksamkeit ist dabei auf die Ellenbeuge zu<br />
legen: Ist der Arm richtig ausgerichtet, und die Armspirale<br />
aktiviert, dann zeigt die Ellenbeuge in der<br />
Endstellung <strong>des</strong> Oi-Tsuki nach oben. Hierbei wird<br />
der Vitalpunkt am inneren mittleren Schulterblattrand<br />
‚Hayauchi‘ positiv stimuliert, der u. a. für die<br />
Herz- und Lungenfunktion zuständig ist (vgl. Lind,<br />
2001, 260; Kumer, 2006, 170 ff.). Wie hier ersichtlich<br />
wird, führt die richtige Aus- und Aufrichtung häufig<br />
gleichzeitig zu einer positiven Stimulation der körpereigenen<br />
Vitalpunkte.<br />
Abb.1: Druck mit dem Finger auf<br />
das Baihui hilft dem Partner: er<br />
richtet sich in Richtung <strong>des</strong><br />
gespürten Drucks auf.<br />
Durch die oben<br />
beschriebene Ausrichtung<br />
der Schultern<br />
wird automatisch<br />
das Brustbein<br />
nach vorne oben<br />
aufgerichtet, ohne<br />
dass dabei ein<br />
Hohlkreuz entsteht.<br />
Die sich<br />
gegenseitig unterstützendeAufrichtung<br />
der einzelnenKörperbereiche<br />
wird verstärkt,<br />
wenn einzelne Bereiche nachjustiert werden. Der<br />
höchste Punkt <strong>des</strong> Kopfes, das Baihui oder der<br />
Scheitelpunkt, den wir in Verlängerung einer gedachten<br />
Linie von Ohrspitze zu Ohrspitze oben auf<br />
der Schädelbasis ausmachen können (vgl Abb. 1),<br />
wird nach oben geschoben – man hängt wie an<br />
einem seidenen Faden oder einer Perlenschnur<br />
Wirbel für Wirbel in Richtung Boden.<br />
Insgesamt ist der so ausgerichtete Körper in einem<br />
stabilen Gleichgewicht. Er trägt sich selbst aus der<br />
Anordnung der Muskeln, Knochen und Bänder her-<br />
Literatur:<br />
Gach, Michael Reed: Heilende Punkte, Akupressur zur<br />
Selbstbehandlung von Krankheiten, Alternativ Heilen,<br />
Knaur-Verlag, München, 1992<br />
Kumer,Frantzis, Bruce: Die Energietore <strong>des</strong> Körpers öffnen,<br />
Chi Gung für lebenslange Gesundheit, Windpferd-Verlag,<br />
Augsburg, 2006<br />
aus von der Basis aufsteigend. Die drei Tandens<br />
(oberes, mittleres und unteres) sind vertikal angeordnet.<br />
Das Lösen der inneren Muskulatur in<br />
Richtung Boden betont die Wirkung <strong>des</strong> Körpergewichtes<br />
in Richtung Boden und die dazugehörige<br />
Gegenkraft.<br />
Abb. 2 a: Das Heben einer Person, ohne, dass diese<br />
innerlich sinkt.<br />
Letztere wird wie oben beschrieben über das untere<br />
Tanden in die Technik übertragen. Die so passiv, nur<br />
durch Aus- und Aufrichtung erhaltene innere Struktur<br />
macht den Körper durchlässig. Bewegungsimpulse<br />
können so ohne Reibungsverluste vom Boden<br />
in Techniken übertragen werden. Dies entspricht<br />
meinem Verständnis vom ‚Kraft aus der Erde holen‘.<br />
Fazit<br />
Durch den biomechanisch korrekten Einsatz <strong>des</strong><br />
Körpers kann die Technik im <strong>Karate</strong>-Do beeinflusst<br />
werden. Der Körper wird durch den anatomisch<br />
sinnvollen Gebrauch gesund erhalten. Gelenke,<br />
Sehnen und Bänder führen durch diese Art der Ausund<br />
Aufrichtung die Bewegungen aus, für die sie<br />
vorgesehen sind. So kann die innere Struktur, der<br />
Bauplan <strong>des</strong> Körpers genutzt werden. Abnutzungserscheinungen<br />
an Rücken, Knie und Schulter- sowie<br />
Ellenbogengelenken könnten minimiert werden.<br />
<strong>Karate</strong>ka könnten auch in fortgeschrittenem Alter<br />
motiviert und ohne Schmerzen trainieren. Sie<br />
bemerken motivierende Veränderungen an ihren<br />
Lind, Werner: Das Lexikon der Kampfkünste,<br />
BSK Sportverlag, Berlin, 2001<br />
Mandel, Natalie: Rückengesundheit im <strong>Karate</strong> durch<br />
Aufrichtung der oberen Körperhälfte, in: <strong>DKV</strong>-Heft 2/2011, 4,<br />
Gladbeck, 2011<br />
Techniken und stellen dabei fest, dass sie ihre<br />
eigene Gesundheit positiv beeinflussen.<br />
Es würde sich für das <strong>Karate</strong> anbieten, dieses Wissen<br />
zu nutzen, indem dieses alte Kampfkunstwissen<br />
Bestandteil der Trainer/innen-Ausbildungen würde.<br />
Abb. 2 b: Das Heben einer Person, wenn diese innerlich<br />
sinkt, ist deutlich schwerer.<br />
So könnten viele <strong>Karate</strong>ka davon profitieren. Denn<br />
das alte Wissen um die Gesunderhaltung <strong>des</strong> Körpers<br />
steckt in unseren <strong>Karate</strong>-Techniken, die dadurch<br />
zudem effektiver und dynamischer werden; es gilt,<br />
dieses wieder zu beleben. Viele der offenen Fragen<br />
der Trainierenden könnten hiermit beantwortet<br />
werden. Häufig stellt sich die Frage, wie z. B. bis ins<br />
hohe Alter überhaupt trainiert werden kann, auch<br />
wenn schon Gelenkschäden vorliegen. Das Kampfkunstsystem<br />
beinhaltet eben auch genau dieses<br />
Wissen über die positive Stimulation von Vitalpunkten<br />
durch ‚Selbstmassage‘ und positive Stimulation<br />
in der Bewegung. Diesen Part der Kampfkunst, über<br />
das reine sportliche Techniktraining hinausgeht, zu<br />
vermitteln, ist eine spannende Aufgabe.<br />
Autorin: Dr. Natalie Mandel,<br />
5. Dan, A-Trainerin, Taiji-/Qigong-Lehrerin<br />
(DDQT und Netzwerk), 1. Vorsitzende WBC e.V.,<br />
www.kikonzept-online.de, www.karate-wedemark.de,<br />
natalie.mandel@tonline.de<br />
Mandel, Natalie: Kniegesundheit im <strong>Karate</strong> durch Ausrichtung<br />
der unteren), in: <strong>DKV</strong>-Heft 3/2011, 15, Gladbeck, 2011<br />
Martin, Daniele-Claude: Artikel im Taijiquan & Qigong<br />
Journal, 2/2005, Heft 20, S. 41<br />
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