Ausgabe als .pdf - Deutscher Fallschirmsport Verband
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TopThema<br />
Öffnungsautomaten und deren Funktionsweisen<br />
Der Mensch:<br />
- Höhenbewusstsein<br />
- Zeit-, Fallvariable im Wechsel von rechts nach links (Abtrennen<br />
und die Reserve aktivieren)<br />
3. Sonstiges<br />
- Entscheidungshöhe in der Schulung (nach AHB = 500m!)<br />
- Entscheidungshöhe für erfahrene Springer( ???)<br />
- Höhenbewusstsein<br />
- Höhenmesser (Hand-, Brusthöhenmesser / analog, digital)<br />
- Höhenwarner (Einstellung?)<br />
4. Annahmen über Fallstrecken nach dem Abtrennen aus einer<br />
Fehlöffnung / Verwicklung einer bzw. von zwei teilweise<br />
tragenden Kappen<br />
(Sinkgeschwindigkeit, 5-10m/s)<br />
- Abtrennen bis Reservegriff ziehen: rechte Hand trennt / linke<br />
Hand zieht den Reservegriff, ohne stabilisieren, 20 m/+<br />
- Abtrennen bis Reservegriffziehen beidhändig re / li, ohne stabilisieren,<br />
30 m/+<br />
- dito mit SOS, unter 20m<br />
- RSL-Einsatz, Abtrennen bis zum Ziehen des Reservepins, deutlich<br />
unter 20m<br />
- Skyhook, Abtrennen bis zur Reserveöffnung 25 bis 30 m<br />
- Stabilisieren nach einem Abtrennvorgang 50 -100m (kann<br />
deutlich mehr werden und ist stark subjektiv geprägt!)<br />
- Hilfsschirm löst sich und kommt in Luftströmung, 10m<br />
- Reserveöffnungsstrecke, recht definiert mit 60-80m, vom Moment<br />
an, wenn der Hilfsschirm zieht<br />
5. Ein Resümee<br />
Beziehen wir uns zunächst auf die gelernten 500 m <strong>als</strong> Entscheidungshöhe<br />
im Notverfahren für das Abtrennen und Reserve<br />
ziehen, so wissen wir, dass ab dieser Höhe gehandelt werden<br />
muss.<br />
Das bedeutet, dass unterhalb von 500m ein nicht tragender<br />
bzw. nicht landefähiger Hauptfallschirm nicht abgetrennt wird,<br />
sondern die Reserve dazu aktiviert wird.<br />
Warum? Was sagen die Fakten und Zahlen? Beim Zusammenrechnen<br />
unter normalen Bedingungen, ergibt sich folgendes:<br />
Abtrennen und Reserveaktivierung beidhändig: 30m<br />
Hilfsschirm löst sich und kommt in Luftströmung: 10m<br />
Hilfsschirm zieht, bis zur vollständigen Öffnung der<br />
Reserve: 80m<br />
Daraus ergibt sich rechnerisch eine Minimum-Höhe fürs Abtrennen<br />
und Reserve aktivieren von 120m.<br />
Wer schon mal in 100m Höhe auf einer Brücke stand, weiß, dass<br />
dies subjektiv und auch tatsächlich nicht besonders viel ist!<br />
Kalkulieren wir nun die möglichen täglichen Unwegsamkeiten<br />
in unsere Gleichung hinein, wie Griffsuche, Danebengreifen oder<br />
Abrutschen, Hilfsschirm im Lee, Stabilisieren nach dem Abtrennen<br />
etc., so erwächst daraus sehr schnell noch mal ein Zeit- und<br />
Höhenverlust von 50 bis 150 m.<br />
Nehmen wir diese 150 m dazu, so liegen wir bei rund 270 Meter<br />
ohne Schirmfahrt.<br />
30 Sekunden Schirmfahrt sind nicht wirklich lang, um die Bremsen<br />
zu lösen, einen Kappencheck zu machen, sich zu orientieren,<br />
Hindernissen auszuweichen, eine Bremsübung an der unvertrauten<br />
kleinen 7-Zeller Reserve zu machen. Damit addieren<br />
wir bei 3m+/s Sinken nochm<strong>als</strong> ca. 100m.<br />
Jetzt stehen knapp 400 m auf unserem Höhenmesser. Ein digitaler<br />
Höhenmesser wird die 370 Meter exakt anzeigen.<br />
Dies bedeutet in der Berechnung ein plus an Höhe von 130m,<br />
bis die 500 m Entscheidungshöhe angekratzt werden. Ich<br />
möchte in dem Zusammenhang nicht wirklich von einem aus-<br />
16 FREIFALL<br />
XXXpress pprreessss<br />
reichenden Puffer reden, aber die 500m erscheinen <strong>als</strong> untere<br />
Grenze für unser Standardnotverfahren in einem akzeptablen<br />
Licht.<br />
Bei Öffnungsstörungen, evtl. auch erst nach Kappenkollisionen<br />
oder Verwicklungen mit zwei Hauptfallschirmen unterhalb von<br />
500m sollten wir unseren Standardnotfallplan überdenken.<br />
Bei dem Versuch, den/die Schirme zu einer Öffnung zu bewegen,<br />
sie flugfähig zu bekommen, vielleicht auch nur teilweise, sind<br />
obligatorisch und bekannt. Mit den Steuerleinen, den Tragegurten,<br />
über Lenken, Flaren, Pumpen, einfach alles geben, um die<br />
Sinkgeschwindigkeit zu minimieren und irgendwie einen tragenden<br />
Schirm zu erhalten.<br />
Es ist in der Situation ziemlich egal, wie es dazu kam, sondern es<br />
müssen Lösungen gesucht werden und vorausschauend gehandelt<br />
werden, auch und gerade in Kommunikation mit meinem<br />
verwickelten Partner. Dazu brauche ich ein Gesamtverständnis<br />
über meine Ausrüstung, Höhenbewusstsein und einen flexiblen<br />
Plan.<br />
Ein intakter und immer funktionstüchtiger Reservefallschirm ist<br />
dabei der Dreh- und Angelpunkt. Ich kann ihn jederzeit aktivieren,<br />
auch ohne vorher abzutrennen, die Verfahrensweisen an 2 Schirmen<br />
sind mir vertraut. Das Wissen um die Technik und die damit<br />
verknüpften Möglichkeiten sind Grundlage für mein Handeln.<br />
Betrachten wir die jüngsten Unfälle bzgl. Kappenkollisionen, so<br />
steht unzureichende Luftraumkontrolle und fehlerhafte Beurteilung<br />
der Situation, in Kombination mit mangelndem Höhenbewusstsein<br />
im Vordergrund.<br />
Ich finde, das spricht leider für sich und sollte unsere Aufmerksamkeit<br />
verdienen!<br />
Pitt Weber/ Dädalus <strong>Fallschirmsport</strong><br />
Funktionsgrenzen von AADs:<br />
Fallschirmausrüstungen sind sehr sicher geworden!<br />
Über die eigentliche Funktions- und Öffnungssicherheit von Gurtzeug,<br />
Haupt- und Reserveschirm hinaus, werden dennoch zusätzlich<br />
weitere Sicherheitseinrichtungen installiert und sind,<br />
besonders in der Ausbildung und beim Tandemspringen, sehr<br />
hilfreich und lebenserhaltend. Wenn auch manch „erfahrener“<br />
Springer gelegentlich über die Sinnhaftigkeit für seine Person<br />
streitet, ist eines dieser ergänzenden Sicherheitsnetze - der elektronische<br />
Öffnungsautomat (AAD) – inzwischen ein erfreulicher<br />
Standard.Doch auch ein hochwertiges und gut gewartetes AAD<br />
kann nicht in jeder Situation Leben retten!<br />
Eine dieser Situationen ist das Abtrennen in niedriger Höhe. Wer<br />
in geringer Höhe, <strong>als</strong>o unterhalb 500 m GND seinen Hauptschirm<br />
abtrennt, muss wissen, dass z. B. das Cypres mit 2 Auslöseparametern<br />
arbeitet: Höhe GND und Geschwindigkeit. Cypres-Expert<br />
aktiviert sein Auslöseelement, wenn in 225 m GND die Geschwindigkeit<br />
35 m/sec überschritten wird. Auch wenn z.B. nach dem<br />
Abtrennen diese Sinkrate erst unterhalb 225 m GND erreicht wird,<br />
aktiviert CYPRES (bis ca. 40 m/GND). „Arbeitet“ ein Springer noch<br />
unterhalb 500 m GND an einer Fehlöffnung und entscheidet sich<br />
spät für das Notverfahren, reicht mathematisch bei manueller<br />
Aktivierung der Reserve eine Höhe bis ca. 120 m GND fürs Überleben<br />
(auch wenn es dann nicht mehr zum planvollen Einparken<br />
der Reserve reicht!).Doch das AAD – erinnern wir uns – muss für<br />
die Aktivierung zusätzlich zur Höhe GND die Geschwindigkeit 35<br />
m/sec messen. Um diese Geschwindigkeit nach einem Abtrennvorgang<br />
zu erreichen, bedarf es ca. 8 – 10 sec oder 250 bis 300<br />
m. Wenn wir <strong>als</strong>o das Ziehen des Reservegriffs nicht selbst durchführen,<br />
muss nach Faustformelrechnung der Abtrennvorgang<br />
spätestens in ca. 450 bis 400 m GND erfolgen, damit das AAD<br />
unser Leben retten kann! Gut zu wissen.<br />
Daher: Behalte den Überblick und hilf Dir selbst, wenn Du kannst!<br />
Jupp Thomas