Titel | Ehrbarer Kaufmann - und Handelskammer Nord Westfalen
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<strong>Titel</strong> | <strong>Ehrbarer</strong> <strong>Kaufmann</strong><br />
Gesellschaftliches Engagement von<br />
Unternehmen ist ebenso gewünscht<br />
wie notwendig. Mancherorts<br />
kommt kaum noch eine Kultureinrichtung,<br />
kaum noch ein Sportverein<br />
aus, ohne dass Unternehmen sich einbringen<br />
<strong>und</strong> ihrer „sozialen Verantwortung“<br />
nachkommen, wie es so schön<br />
heißt. Corporate Social Responsibility,<br />
kurz: CSR, das ist der Trend, der das Engagement<br />
des Unternehmens außerhalb<br />
der Werksmauern kennzeichnet. Doch<br />
das ist nur die Kür.<br />
Die Pflicht <strong>und</strong> damit der Kern der<br />
gesellschaftlichen Verantwortung eines<br />
Unternehmers <strong>und</strong> natürlich auch einer<br />
Unternehmerin bleibt unverrückbar im<br />
Unternehmen selbst, beim Produkt <strong>und</strong><br />
seinem Herstellungsprozess. Denn all<br />
die Wohltaten für Kunst, Kultur, Soziales<br />
<strong>und</strong> Sport, Jugend <strong>und</strong> Senioren zählen<br />
plötzlich nichts mehr, wenn das Unternehmen<br />
nicht „sauber“ arbeitet, gegen<br />
geschriebene <strong>und</strong> ungeschriebene Gesetze<br />
verstößt: Wenn die Moral ins Spiel<br />
kommt. Wenn auch nur einer der Zulieferer<br />
niedrige Preise oder hohe Gewinne<br />
durch Kinderarbeit erzielt. Oder<br />
wenn Steuern hinterzogen oder zu wenig<br />
gezahlt wurden, wenn Preisabsprachen<br />
stattgef<strong>und</strong>en haben, Bestechungsgelder<br />
geflossen sind, Geschäftspartner<br />
16 wirtschaftsspiegel 9·2012<br />
KOMMENTAR<br />
Update eines Auftrags<br />
über den Tisch gezogen wurden … kurzum:<br />
Wenn das Unternehmen gegen die<br />
Tugenden des Ehrbaren <strong>Kaufmann</strong>s verstoßen<br />
hat. Das schadet nicht nur dem<br />
Verursacher, sondern beschädigt auch<br />
das Vertrauen in die Soziale Marktwirtschaft.<br />
Guido Krüdewagen<br />
ist Leiter des Geschäftsbe-<br />
reichs Öffentlichkeitsarbeit<br />
der IHK <strong>Nord</strong> <strong>Westfalen</strong><br />
Foto: Busch<br />
Der Appell der Vollversammlung vom<br />
21. Juni an die Unternehmerinnen <strong>und</strong><br />
Unternehmer im Münsterland <strong>und</strong> in der<br />
Emscher-Lippe-Region, sich zum Leitbild<br />
des Ehrbaren <strong>Kaufmann</strong>s zu bekennen,<br />
ist somit mehr als ein „Update“ traditioneller<br />
Verhaltensweisen aus Zeiten, als<br />
der Handschlag noch Vertragswerke <strong>und</strong><br />
AGB von mehreren 100 Seiten ersetzte.<br />
Vor allem die aktuelle Akzeptanzkrise<br />
der Sozialen Marktwirtschaft zeigt, wie<br />
wichtig es ist, das Leitbild vom Ehrbaren<br />
<strong>Kaufmann</strong> in die Gegenwart <strong>und</strong> in<br />
die Zukunft zu retten. Auch deshalb übrigens<br />
werden die IHK-Vollversammlungsmitglieder<br />
nach wie vor mit Handschlag<br />
auf dieses Leitbild verpflichtet.<br />
Dass der Gesetzgeber<br />
den<br />
Industrie- <strong>und</strong><br />
<strong>Handelskammer</strong>n<br />
ganz ausdrücklich<br />
den<br />
Auftrag gegeben<br />
hat, bei<br />
den Unternehmen<br />
„für Wahrung<br />
von Anstand<br />
<strong>und</strong> Sitte<br />
des ehrbaren<br />
<strong>Kaufmann</strong>s zu<br />
wirken“, unter-<br />
Cartoon: Dirk Meissner<br />
streicht die<br />
„Systemrelevanz“ von umfassender Fairness<br />
im Geschäftsleben.<br />
Unternehmerinnen <strong>und</strong> Unternehmer<br />
sind zwar nicht automatisch bessere<br />
Menschen – aber ganz bestimmt auch<br />
keine schlechteren! Ihre besondere Rolle<br />
in der Gesellschaft besteht darin, dass<br />
sie Verantwortung für eine mehr oder<br />
minder große wirtschaftliche Einheit<br />
übernehmen. Und zwar Verantwortung<br />
nicht nur für sich, sondern meistens<br />
noch für viele andere, für ihre Mitarbeiter<br />
<strong>und</strong> deren Familien.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser zentralen Rolle für<br />
das Funktionieren unserer Gesellschaft<br />
stehen Unternehmer unter besonderer<br />
Beobachtung. Das ist richtig <strong>und</strong> gut so.<br />
Aber wo ist – vielleicht abgesehen von<br />
der Höhe des finanziellen Schadens –<br />
etwa beim Steuerbetrug moralisch <strong>und</strong><br />
rechtlich der gr<strong>und</strong>sätzliche Unterschied<br />
zwischen einem Unternehmer – vermeintlich<br />
vermögend – <strong>und</strong> einem vermeintlich<br />
„kleinen“ Angestellten? Angesichts<br />
der zu beobachtenden moralischen<br />
<strong>und</strong> medialen Überhöhung von<br />
untugendhaften Einzelfällen bei Unternehmern<br />
darf von der Gesellschaft getrost<br />
ein Gr<strong>und</strong>satz des Ehrbaren <strong>Kaufmann</strong>s<br />
eingefordert werden: Fairness!<br />
Wer frei ist von jeglicher Schuld, möchte<br />
man rufen, der werfe den ersten<br />
Stein. In Zeiten von Social Media kann<br />
daraus schnell ein Bumerang werden.<br />
Zweierlei Maßstäbe vergraulen die<br />
Unternehmer, die wir haben. „Europa<br />
hat nicht nur eine Eurokrise, sondern<br />
auch eine Wachstumskrise. Und zwar<br />
wegen eines chronischen Versagens,<br />
leistungsbereite Unternehmer zu ermutigen“,<br />
lautet die Diagnose des „Economist“<br />
aus London. Ohne Unternehmer<br />
säßen wir sicher nicht mehr in der Ursuppe,<br />
aber vielleicht immer noch ums<br />
Lagerfeuer. Weil niemand einen Gewinn<br />
darin gesehen <strong>und</strong> die Initiative ergriffen<br />
hätte, diesen Zustand zu ändern.<br />
GUIDO KRÜDEWAGEN<br />
www.ihk-nordwestfalen.de