Titel | Ehrbarer Kaufmann - und Handelskammer Nord Westfalen
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<strong>Titel</strong> | <strong>Ehrbarer</strong> <strong>Kaufmann</strong><br />
In einer<br />
anderen Welt<br />
Ein Merkmal des Ehrbaren <strong>Kaufmann</strong>s ist auch seine<br />
soziale Kompetenz. In einem Projekt der Sparkasse<br />
Münsterland Ost erhalten Führungskräfte die Chance,<br />
ihre eigenen Werte <strong>und</strong> Haltungen zu hinterfragen.<br />
Es ist ein außergewöhnliches Experiment,<br />
ein gewagter Perspektivwechsel.<br />
„Lernen von Mensch zu Mensch“<br />
heißt die Personalentwicklungsmaßnahme<br />
der Sparkasse Münsterland Ost, in der<br />
bis zu zehn Führungskräfte jedes Jahr in<br />
sozialen Einrichtungen mitarbeiten. Im<br />
vergangenen Jahr gehörte Martin Brockschnieder,<br />
Geschäftsbereichsleiter für<br />
die Filialen in der Region Oelde, zu den<br />
Teilnehmern. „Die Bilder, die sich in den<br />
fünf Tagen beim Treffpunkt an der Clemenskirche<br />
in meinem Gedächtnis verankert<br />
haben, sind immer noch ganz lebendig“,<br />
sagt Brockschnieder. Der Treffpunkt<br />
in Münster setzt sich für Obdachlose<br />
<strong>und</strong> andere Bedürftige ein. Zweimal<br />
am Tag erhalten sie für einen Euro eine<br />
Mahlzeit. Im März 2011 hat Brockschnieder<br />
Schlips <strong>und</strong> Anzug gegen Alltagskleidung<br />
getauscht <strong>und</strong> den Gästen der<br />
Einrichtung ein offenes Ohr geschenkt.<br />
„Ich habe bei der Essensausgabe geholfen“,<br />
sagt er.<br />
Aber warum leistet sich die Sparkasse<br />
diesen Exkurs für die eigenen Führungskräfte?<br />
Immerhin werden sie für vier<br />
Arbeitstage freigestellt. Den fünften Tag<br />
helfen sie ehrenamtlich in ihrer Freizeit.<br />
„Für unsere Führungskräfte sind diese<br />
Erfahrungen außerhalb ihres beruflichen<br />
<strong>und</strong> privaten Alltags eine Chance, ihren<br />
Horizont zu erweitern <strong>und</strong> sich auch persönlich<br />
weiterzuentwickeln“, sagt Markus<br />
Schabel, Vorstandsvorsitzender der<br />
Sparkasse Münsterland Ost. Und davon<br />
sollen Mitarbeiter <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en gleichermaßen<br />
profitieren.<br />
Wer sich mit Martin Brockschnieder<br />
unterhält, spürt gleich, dass ihn der Pers-<br />
20 wirtschaftsspiegel 9·2012<br />
pektivwechsel am Treffpunkt Clemenskirche<br />
nachhaltig bewegt hat. „Es war<br />
eine hoch spannende Zeit <strong>und</strong> ich bin<br />
sehr dankbar, dass ich diese Erfahrungen<br />
Brötchen statt Bankgeschäfte: Martin Brockschnieder beim Einsatz in<br />
einem Obdachlosen-Treffpunkt. Foto: Sparkasse Münsterland Ost<br />
machen durfte“, sagt Brockschnieder. Er<br />
hat einige Erkenntnisse aus den fünf Tagen<br />
mit in den Alltag gebracht. „Sicher<br />
ist da an erster Stelle, dass meine Sinne<br />
noch einmal geschärft wurden“, sagt er.<br />
Die Menschen dort haben ihm gezeigt,<br />
wie viel ein Euro wirklich wert sein kann.<br />
„An der Clemenskirche bin ich vielen<br />
Menschen begegnet, für die der Euro für<br />
das Mittagessen schon abgespart war“,<br />
sagt er. Und die, die nicht bezahlen konnten,<br />
haben sich zum Teil beim Abwasch<br />
oder Aufräumen eingebracht.<br />
Was aber bewirken solche Erfahrungen?<br />
Wie profitieren Mitarbeiter <strong>und</strong><br />
K<strong>und</strong>en von den Erlebnissen? „Bei den<br />
Aufgaben unserer Führungskräfte geht<br />
es darum, ein offenes Ohr zu haben für<br />
die Bedürfnisse <strong>und</strong> Wünsche des Gegenübers,<br />
sensibel auf Zeichen zu reagieren<br />
<strong>und</strong> sich in den Gesprächspartnerhineinzuversetzen“,<br />
sagt Schabel. Das<br />
könnten sie in den<br />
Projekten erfahren<br />
<strong>und</strong> in den Alltag<br />
in der Sparkasse<br />
einbringen.<br />
Die Rückmeldungen<br />
der Teilnehmer<br />
zeigen,<br />
dass die Unternehmensleitung<br />
mit<br />
dieser Einschätzung<br />
richtig liegt.<br />
„Ich glaube schon,<br />
dass ich intensiver<br />
hinschaue <strong>und</strong><br />
noch genauer als<br />
vorher zuhöre“,<br />
sagt Brockschnieder.<br />
Er ist als Bereichsleiter<br />
für etwa<br />
80 Mitarbeiter<br />
verantwortlich. In<br />
den Führungsr<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> anderen<br />
Mitarbeitergesprächen<br />
hat er von<br />
seinen Erfahrungen<br />
in dem Projekt<br />
erzählt <strong>und</strong> ist so<br />
auch zum Multiplikator<br />
geworden.<br />
JÜRGEN BRÖKER<br />
www.ihk-nordwestfalen.de