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Münchner Lehrerzeitung - MLLV

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Kommentar<br />

Die neue kind- und begabungsgerechte Übertrittsphase:<br />

Eine Verbesserung für unsere Kinder<br />

in der Grundschule?<br />

Die KMBek vom 22.07.2009 zur Beratung<br />

und Transparenz in der Übertrittsphase<br />

sieht folgende vier wesentliche<br />

Neuerungen vor:<br />

(1) verstärkte Elternberatung durch eine<br />

zusätzliche Informationsveranstaltung<br />

in der 3. Klasse sowie durch<br />

zusätzliche Elterngespräche<br />

(2) Richtzahlen für Probearbeiten in<br />

den Fächern Deutsch, Mathematik<br />

und Heimat- und Sachunterricht in<br />

der 4. Klasse<br />

(3) Festlegung von vier Unterrichtswochen<br />

im Verlauf der 4. Klasse, in<br />

denen in den Fächern Deutsch,<br />

Mathematik und Heimat- und Sachunterricht<br />

keine Probearbeiten<br />

geschrieben werden dürfen<br />

(4) Ankündigung von Probearbeiten in<br />

allen Fächern der 4. Klasse<br />

(1) Die Grundschule verfügt bereits über<br />

eine ganze Reihe von Maßnahmen,<br />

um die Eltern im Verlauf von vier Grundschuljahren<br />

zum Leistungsstand und zu<br />

möglichen Perspektiven des Kindes<br />

intensiv beraten zu können:<br />

Sprachstandserhebung im letzten und<br />

vorletzten Kindergartenjahr, also noch<br />

vor dem Schuleintritt (bei Kindern mit<br />

Migrationshintergrund)<br />

Screening-Verfahren im Rahmen der<br />

Schuleinschreibung (betrifft alle<br />

einzuschulenden Kinder)<br />

Schulspiel (schulpsychologisches<br />

Testverfahren) bei Kindern, die im<br />

Rahmen der Schuleinschreibung<br />

Auffälligkeiten gezeigt haben (zum<br />

Beispiel im Verhaltensbereich, im<br />

Bereich der Kognition, ...)<br />

Orientierungsarbeiten in Jahrgangsstufe<br />

2<br />

Vergleichsarbeiten in Jahrgangsstufe 3<br />

Lernzielkontrollen und Probearbeiten<br />

in allen vier Jahrgangsstufen<br />

alle Zeugnisse sowie die Zwischeninformation<br />

zum Leistungsstand in<br />

Jahrgangsstufe 4<br />

6 <strong>Münchner</strong> <strong>Lehrerzeitung</strong> Oktober/2009<br />

Schülerbeobachtungen und Elterngespräche<br />

sowie Elternabende und<br />

Informationsveranstaltungen<br />

Wenn diesem Katalog nun eine weitere<br />

Informationsveranstaltung sowie zusätzliche<br />

Beratungsgespräche hinzugefügt<br />

werden, so erhöht sich die Quantität in<br />

der Elternberatung. Ob dies tatsächlich<br />

notwendig ist, darf bezweifelt werden.<br />

Erst wenn die Eltern auf der Basis der<br />

Beratung tatsächlich mitentscheiden<br />

können, in welche Schulart ihr Kind nach<br />

der 4. Klasse wechseln soll, ist die<br />

Grundschule vom Verdacht befreit, den<br />

Übertritt in eine bestimmte Schulart<br />

verhindern zu wollen. Erst wenn nicht<br />

mehr alleine die Noten in den drei Fächern<br />

Deutsch, Mathematik und Heimatund<br />

Sachunterricht ausschlaggebend<br />

sind, wird die Beratung durch die Grundschule<br />

auf fruchtbareren Boden fallen.<br />

(2) und (3) Die Richtzahlen für Probearbeiten<br />

werden eingeführt, weil sich „die<br />

Leistungsbewertung zwischen einzelnen<br />

Grundschulen formal unterscheidet“<br />

(KMS IV.1-5S7200-4.70108o.V. vom<br />

04.09.2009). Die Festlegung einer<br />

verbindlichen Anzahl von Probearbeiten<br />

führt tatsächlich zu einer besseren<br />

Vergleichbarkeit, jedoch bezieht sich<br />

diese ausschließlich auf die Anzahl der<br />

Probearbeiten. Die Leistungsbewertung<br />

wird keineswegs in einem höheren<br />

Maße vergleichbar. Für Eltern ist es<br />

weniger wichtig, dass an allen rund 2400<br />

Grundschulen in Bayern gleich viele<br />

Probearbeiten geschrieben werden,<br />

Eltern möchten vielmehr wissen, welche<br />

schulischen Perspektiven Erfolg versprechen.<br />

Die Festlegung von Richtzahlen<br />

sowie von probefreien Zeiträumen<br />

(nicht prüfungsfreien Zeiträumen!)<br />

bedeutet keine Entlastung vom Übertrittsdruck.<br />

Sie führt zu weniger Kindgemäßheit<br />

in der Grundschule, weil Individualisierung,<br />

Flexibilität und Offenheit in<br />

der Unterrichtsmethodik eingeschränkt<br />

werden.<br />

(4) Ein wesentliches Charakteristikum<br />

der Grundschule besteht bisher darin,<br />

den Bedürfnissen der Kinder durch<br />

pädagogische Maßnahmen zu entsprechen.<br />

Dies ist notwendig, um der sehr<br />

heterogenen Schülerschaft gerecht<br />

werden zu können: Die Grundschule ist<br />

die einzige Schulart, die alle Kinder<br />

unserer Gesellschaft unter einem Dach<br />

unterrichtet. Das Spektrum reicht hierbei<br />

von hoch begabten Kindern bis hin zu<br />

Kindern mit sonderpädagogischem<br />

Förderbedarf, von Kindern aus bildungsfernen<br />

Elternhäusern bis hin zu gut<br />

geförderten und umsorgten Kindern.<br />

Zudem umfasst es viele Kinder, die<br />

erhebliche Probleme damit haben, sich<br />

in der für sie fremden Sprache Deutsch<br />

ausdrücken zu können.<br />

Die bisherige Regelung, Proben nicht<br />

anzusagen, hatte eine starke pädagogische<br />

Intention: Die Grundschule entsprach<br />

damit den Erkenntnissen der<br />

Lernpsychologie, wonach die Leistungs-

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