Welchen Naturschutz wollen wir? - beim DNR
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stigen Artensowie (3.) regionalauch alle „inva-<br />
sivenFremdarten“davonausgeschlossensind.<br />
Auch der Raumbezug <strong>wir</strong>d dabei übergangen.<br />
Denn wenn Biodiversität in einer Gemeinde,<br />
in der Heimatregion, in einer Naturraum-Ein-<br />
heit, einem Land, einem Kontinent wie Euro-<br />
pa oder auf der ganzen Erde betrachtet <strong>wir</strong>d,<br />
erhält man jeweils ganz andere Ergebnisse<br />
undBewertungen (Hoffmann-Kroll et al.1999,<br />
S. 11). Dennoch werden immer mehr und de-<br />
tailliertere Forderungenund Vorschriften zum<br />
Schutz von Arten erhoben bzw. verkündet. In<br />
Europa beruft man sich dabei vor allem auf<br />
den Artenschutz-Teil der FFH-Richtlinie und<br />
wendet ihn sogar auf einzelne Individuen z.B.<br />
vonWölfen,Bären,FeldhamsternoderAdlern<br />
an.Wie schonerwähnt, bedeutet dies im End-<br />
effektdie Verwandlungunserer Landschaft in<br />
einen großen zoologischen und botanischen<br />
Garten.Arten sind gewiss brauchbareIndika-<br />
toren biologischer Vielfalt, und die Vielfalt der<br />
Arten ist auch die populärste Form der Biodi-<br />
versität und <strong>wir</strong>d daher oft mit dieser gleich-<br />
gesetzt, zumal über sie mehr Informationen<br />
vorliegen als z.B. über genetische, struktu-<br />
relle, physiologische, morphologische oder<br />
landschaftliche Vielfalt–aberesist falsch,sie<br />
alle einfach als Funktionsträger im „Netz des<br />
Lebens“zubezeichnen.<br />
Keinen Zweifel kann es an der ästhetischen<br />
Bedeutung der biologischen Vielfalt geben.<br />
Vielfältige Erscheinungsbilder in der Natur,<br />
die Fülle von Arten, Lebensräumen und Er-<br />
scheinungsformen bereichern das Leben des<br />
Menschen, sind Gegenstand von (geisteswis-<br />
senschaftlicher!) Forschung und Erkenntnis,<br />
steigern das Lebensgefühl, tragen zur Le-<br />
bensfreude bei. Auch wenn es möglich sein<br />
sollte, bei einer Erhaltung der notwendigsten<br />
Funktionen und eines energetischen Erhal-<br />
tungsminimums zu existieren, ist es wesent-<br />
lich erstrebenswerter, dies imLuxus anre-<br />
gender ästhetischenVielfaltals in karger und<br />
öder Monotonie zu tun (Hoffmann-Kroll et al.<br />
1999).<br />
12. Nur Lebensraumschutz<br />
erhält dauerhaft die Vielfalt<br />
Meine kritischen Anmerkungen zur Biodiver-<br />
sitätund vor allemzum Artenschutzbedeuten<br />
nicht, diesen zu vernachlässigen oder gar bei-<br />
seitezuschieben.ImGegenteil,<strong>wir</strong> müssen al-<br />
lestun,umden viel zu raschenArtenschwund<br />
zu bremsen –aber völlig verhindern können<br />
<strong>wir</strong> ihn nicht. Einen gegebenen Artenbestand<br />
auf Dauer zu erhalten, ist wegen des evolu-<br />
tionären Wandels grundsätzlich nicht mög-<br />
lich. Die beklagenswerten, ja alarmierenden<br />
Artenverluste der letzten 100 Jahre beruhen<br />
aber nur zu einem geringen Teil auf direkter<br />
Verfolgung und bewusster Ausrottung von<br />
Arten und Individuen, sondern hauptsächlich<br />
auf dem Schwund ihrer Lebensräume infolge<br />
vonBevölkerungszunahme, Landnutzungund<br />
Verstädterung. Wenn man dem bewährten<br />
Grundsatz folgt, Problemlösungen bei der<br />
Ursache anzusetzen, kann die bestmögliche<br />
Strategie zur Erhaltung von Biodiversität nur<br />
dieErhaltung(oder Neuschaffung) derVielfalt<br />
der Lebensräume sein. (Im Englischen <strong>wir</strong>d<br />
die FFH-Richtlinie daher konsequent nur als<br />
„Habitats-Directive“ bezeichnet.) Zu diesen<br />
Lebensräumen gehören, und das erfordert<br />
Überwindung reinen <strong>Naturschutz</strong>denkens,<br />
alle Räume oder Flächen auf der Erde, das<br />
heißtnicht nur die fürein Netzwerk wieNatu-<br />
ra 2000 ausgewähltenFlächen,sondern auch<br />
alle vonihm durchzogenen Nutzflächen.<br />
DiewissenschaftlichenGrundlageneiner sol-<br />
chen Strategie sind längst vorhanden, und<br />
zwar in Gestalt meines vor 35 Jahren formu-<br />
lierten Konzepts der „Differenzierten Land