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Blickpunkt 44 - Deutscher Alpenverein Sektion Hanau

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lick. bericht<br />

Nach meinem Unfall 2004 mit verbleibender Funktionsstörung<br />

der rechten Hand hatte ich meine Gedanken in Richtung Klettern<br />

eigentlich schon abgehakt. Selbst einfache Aufgaben des<br />

täglichen Lebens wie z. B. Schuhe binden, Zähne putzen, Hintern<br />

abwischen … mit der nicht bevorzugten Hand auszuführen,<br />

wurden zu Herausforderungen. Aber alte Weisheiten wie<br />

„Übung macht den Meister“ / „Wenn man muss, geht viel“ haben<br />

sich für mich wieder bestätigt. Die erfolgte Umstellung<br />

von Rechts auf Links für feinmotorische Arbeiten und die immer<br />

noch stattfindenden Verbesserungen mit der verletzten<br />

Hand, lassen im Alltag kaum noch unlösbare Aufgaben aufkommen.<br />

Und wenn, dann kann man meistens immer noch<br />

jemanden um Hilfe bitten. Viel Selbstvertrauen brachten mir<br />

auch die erfolgreiche Wiederaufnahme von sportlichen Aktivitäten<br />

wie Skifahren, Radfahren und sogar Handballspielen<br />

war wieder möglich. Auch schwerere handwerkliche Arbeiten<br />

beim Hausbau sind wieder möglich. Einiges geht manchmal<br />

nur über Umwege und mit Hilfsmitteln, aber es geht. Heute<br />

sehe ich für mich wieder viele Möglichkeiten auch Neues anzugehen<br />

und möchte mich in punkto Bergsport in Richtung<br />

Ski- und Hochtouren weiterentwickeln. So bin ich wieder auf<br />

Klettern, speziell Alpines Klettern (Umgang mit Seil und Knoten,<br />

Bewegen in alpinem Gelände, Klettersteige) gekommen<br />

und meldete mich für den Grundkurs an. Zwar hatte ich vor<br />

meinem Unfall bereits einen Kletterkurs in der Fränkischen<br />

Klettern mit Handicap<br />

von Thomas Rieder<br />

Schweiz absolviert, aber geht Klettern auch mit ca. 1,2 Händen?<br />

Ich kann doch nur eine Bremse oder vielleicht sogar ein<br />

erhöhtes Risiko für die anderen Teilnehmer und der Kursleiter<br />

sein? Diese unwohlen Gedanken hielten jedoch nur bis zum<br />

ersten Treffen der Gruppe zur Vorbesprechung an. Alle Teilnehmer<br />

und die Kursleiter sahen ein viel geringeres Handicap<br />

in meiner Behinderung als ich selbst und unterstützten<br />

mich in meiner Absicht wieder zu klettern. Eine super Idee<br />

war das Angebot von Kursleiter Bernhard, meine Fähigkeiten<br />

und eventuelle klettertechnische Behelfsmöglichkeiten einfach<br />

an der Kletterwand der Kletterhalle in <strong>Hanau</strong> auszuprobieren.<br />

Diese zwei Stunden in der Kletterhalle waren Gold wert für<br />

das gegenseitige Verständnis und das Einschätzungsvermögen<br />

beider Seiten, was möglich ist. Er versuchte sich in meine<br />

Lage zu versetzen und sprudelte fast über von Tipps und<br />

Lösungsmöglichkeiten, um beim Klettern an der Wand und<br />

der Handhabung des Klettersteigsets im provisorisch aufgebauten<br />

Klettersteig zurechtzukommen. Spätestens seit dieser<br />

Erfahrung und der Selbsterkenntnis, dass ich sogar mit<br />

kleineren Griffen der Kletterwand irgendwie zu Recht kommen<br />

kann, herrschte nur noch pure Vorfreude auf den Kletterkurs.<br />

Diese gewissenhafte und verantwortungsbewusste Vorbereitung<br />

von Bernhard auf den Kletterkurs hat mir sehr gut<br />

gefallen und in mir das nötige Vertrauen und Sicherheitsgefühl<br />

erzeugt.<br />

Ebenso gut geplant und organisiert, aber auch flexibel auf besondere<br />

Umstände erfolgte der Ablauf des eigentlichen Kletterkurses<br />

auf der <strong>Hanau</strong>er Hütte. Bei der kleinen Klettergruppe<br />

von 5 Personen haben es Bernhard und Sven-Olaf sehr<br />

gut verstanden, individuell und intensiv auf die einzelnen Interessen,<br />

Stärken und Schwächen einzugehen und die Grundkenntnisse<br />

für das Alpine Klettern zu vermitteln. Auf besondere<br />

Ereignisse, wie das Verschwinden von Wanderstiefeln,<br />

der Abbruch einer Klettertour wegen zu starken Windes oder<br />

der Wettereinbruch mit Schneefall wurde mit guten Entscheidungen<br />

und einem interessanten Alternativprogramm reagiert.<br />

Beim Klettern an den Übungsfelsen Plaisir und David,<br />

der Begehung des leichten Klettersteiges unterhalb der<br />

<strong>Hanau</strong>er Hütte sowie bei den Kletterseilschaften in der Rinne<br />

zum Plattig dürfte jeder auf seine Kosten gekommen sein.<br />

Die Tatsache, dass man nach dem Tagesprogramm am Abend<br />

noch länger in lustiger Runde am <strong>Sektion</strong>sstammtisch verweilte,<br />

lässt darauf schließen, dass es Allen gut gefallen hat.<br />

Mir hat es besonders gut gefallen und ich bereue eigentlich<br />

nur, dass ich nicht schon früher den Mut gehabt habe wieder<br />

zu klettern. Ich werde wieder klettern, denn nur Übung<br />

macht den Meister. Vielen Dank an Bernhard, Sven-Olaf und<br />

allen Kursteilnehmern für die Unterstützung und die schöne<br />

Zeit auf der <strong>Hanau</strong>er Hütte.<br />

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