Blickpunkt 44 - Deutscher Alpenverein Sektion Hanau
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- und so ging es den Fachübungsleitern dabei<br />
Grundkurs Alpines Klettern, so war der Kurs ausgeschrieben,<br />
den ich mit Sven-Olaf Seidel im August auf der <strong>Hanau</strong>er Hütte<br />
angeboten hatte. Schon frühzeitig hatten sich 5 Teilnehmer<br />
angemeldet, mit denen wir uns im April bereits zu einer ersten<br />
Vorbesprechung trafen. Dabei wurde neben der Ausrüstungsliste<br />
auch über den eigentlichen Kurs gesprochen und die Vorbereitungen<br />
konnten beginnen. Als besondere Situation war<br />
für uns Kursleiter die Problematik, dass der Teilnehmer Thomas<br />
durch einen Unfall vor einigen Jahren die rechte Hand nur<br />
teilweise nutzen kann. Dies war für Sven-Olaf und mich schon<br />
eine Herausforderung der besonderen Art.<br />
„Bergsteigen mit einer Hand, wie sollte das gehen“, war mein<br />
erster Gedanke dazu. Doch was ist eigentlich, wenn sich ein<br />
Bergsteiger bei einer Tour verletzt und dann vielleicht eine<br />
Hand auch nicht richtig benutzen kann? Also musste nach Lösungen<br />
gesucht werden.<br />
Schnell war ich mit Thomas einig, dass wir uns erstmal in der<br />
Kletterhalle treffen wollten, um zu sehen, wie das Klettern mit<br />
Handicap funktioniert. Es ist ja wenig sinnvoll, erst in den Bergen<br />
zu probieren, ob es irgendwie geht oder ob es eben doch<br />
nicht sicher klappt. Was soll ich sagen, es hat funktioniert.<br />
Routen bis zum 4. Schwierigkeitsgrad konnte Thomas klettern.<br />
Seine Erfahrungen von früher hatten hier viel geholfen,<br />
aber natürlich auch sein Ehrgeiz es zu schaffen. Und für den<br />
Kurs waren die Routen leichter, allerdings im Fels und nicht<br />
an einer Kunstwand.<br />
Am Seil von oben gesichert war also kein Problem. Thomas<br />
entwickelte seine eigene Methoden, Griffe zu fassen und sich<br />
in der Vertikalen zu bewegen. Für mich war somit klar, dass<br />
er in einer Dreierseilschaft alle Touren klettern konnte, die wir<br />
geplant hatten.<br />
Doch wir wollten ja auch die 2 Klettersteige auf der <strong>Hanau</strong>er<br />
Hütte gehen. Hier ist aber nun mal eine ganz andere Klettertechnik<br />
gefragt. Kein Seil, das von oben kommt und im Notfall<br />
von Bernhard Hombach<br />
einen Sturz zuverlässig abfängt. Dies wäre zwar für die senkrechten<br />
Passagen zusätzlich möglich gewesen, aber was ist<br />
mit den waagrechten Passagen? Hier müssen die Karabiner<br />
vom Klettersteiggeher selbstständig am Stahlseil umgeklippt<br />
werden, und das alle paar Meter.<br />
Dafür braucht man aber eine Hand zur Handhabung der Karabiner<br />
und die zweite Hand, um sich am Seil oder am Fels<br />
festzuhalten.<br />
Wir entschlossen uns, in der Kletterhalle an der Rampe einen<br />
kurzen Klettersteig aufzubauen und haben es einfach versucht.<br />
Auch wenn einige Finger nicht so ganz mitmachten, so<br />
war die Hand doch dazu geeignet, sich irgendwie am Seil zu<br />
halten und mit der anderen Hand zu klippen. Notfalls konnte<br />
man sich auch mit dem Ellenbogen ins Seil hängen. All das haben<br />
wir ausprobiert und mit zusätzlichen Bandschlingen hatten<br />
wir am Klettergurt noch eine „Ersatzhand“ geschaffen, die<br />
notfalls zum Einsatz kommen sollte.<br />
Wie sich aber dann während des Kurses herausstellte war das<br />
gar nicht nötig. Auch im Klettersteig fand Thomas seine individuellen<br />
Lösungen und kam damit gut zurecht. Dies bezog sich<br />
allerdings auf den kurzen, etwas leichteren Klettersteig. Die<br />
schwerere Variante konnte wegen Schneefall leider nicht begangen<br />
werden. Doch auch den hätte Thomas geschafft, davon<br />
bin ich überzeugt.<br />
Natürlich waren wir froh, dass alles so gut geklappt hat und<br />
Thomas mit so viel Spaß und Elan bei der Sache war. Sein<br />
Wille, sich den Herausforderungen zu stellen, war sicher der<br />
Schlüssel zum Erfolg und den hatte er zweifellos.<br />
Wir, als Ausbilder werden in Zukunft solchen Anforderungen<br />
wieder genauso zuversichtlich und offen gegenüberstehen<br />
und ausprobieren, was irgendwie möglich ist. Auch uns hat<br />
es viel Spaß gemacht. Haben wir doch gesehen, dass durch<br />
Vorbereitungen und Planung, aber auch durch Ehrgeiz und<br />
Engagement Vieles möglich ist. Aktivitäten, bei denen viele<br />
erst mal denken<br />
„ Das geht doch<br />
gar nicht“. Dass<br />
es doch geht,<br />
das hat uns Thomas<br />
gezeigt.<br />
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