RUDOLF BUCHBINDER DA CAPO - Styria
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wienerischer Musik und auch ab und zu an Heurigenmusik. Er hat<br />
mein heutiges Archiv, bestehend aus Programmen, Korrespondenz<br />
und ähnlichem, grundgelegt. Davon profitiere ich jetzt, wenn ich<br />
mich zurückerinnere und aus meiner frühen Jugendzeit erzähle. Er<br />
sammelte sämtliche Zeitungsausschnitte. Meine Frau hat diese<br />
archivarische Tätigkeit später für mich fortgesetzt. Heute, wo mein<br />
Sammlungsschwerpunkt auf Noten-Ausgaben liegt, führe ich das<br />
Archiv selbst. Onkel Rudi, er hatte denselben Vornamen wie sein<br />
Schützling, war es, der mich „entdeckte“. Er hatte schon meinem<br />
älteren Bruder Klavierunterricht gegeben. Als ich für Klavierstunden<br />
noch zu klein war, fiel ich ihm dadurch auf, dass ich, kaum<br />
erreichte ich die Tastatur, leidenschaftlich gerne darauf herumklimperte.<br />
Mich faszinierte das Pianino schon als Kleinstkind. Ich habe<br />
versucht, alles, was ich im Radio hörte, sofort nachzuspielen. Es<br />
waren hauptsächlich Schlager, keine klassische Musik! Doch diese<br />
Magnetwirkung, die das Pianino auf mich ausübte, ließ meinem<br />
Onkel keine Ruhe. Er hatte in einer Wiener Tageszeitung eine<br />
Annonce gefunden, dass die Wiener Musikakademie junge Talente<br />
suchte. Eine Chance? Er ging also mit dem kleinen Neffen zur Aufnahmeprüfung.<br />
Ich spielte zwei Schlager vor, die ich aus dem Radio<br />
kannte: den „Waldspecht“ und „Ich möchte gern’ Dein Herz klopfen<br />
hören“ – natürlich klimperte ich beides in C-Dur! Im Inskriptionsbuch<br />
der Musikakademie musste meine Mutter für mich unterschreiben,<br />
denn ich war im Jahre 1952 ein Vorschulkind und konnte<br />
noch nicht richtig unterschreiben. Hatte ich mir auch das Lesen<br />
und Schreiben zu Hause selbst so recht und schlecht beigebracht,<br />
Noten konnte ich damals überhaupt nicht lesen. Trotzdem wurde<br />
ich mit fünf Jahren als jüngster Student der Musikakademie aufgenommen!<br />
Es war ein aufregender Tag. Ich kann mich noch genau an das Zimmer<br />
der Musikakademie in der Lothringerstraße erinnern, in dem<br />
die kommissionelle Aufnahmsprüfung stattfand. Mindestens zehn<br />
Professoren saßen dort. Einer von ihnen stand auf und schlug auf<br />
dem Klavier zwei Akkorde an, einen in Dur und einen in Moll. Er<br />
fragte mich: Welcher davon klingt traurig und welcher nicht traurig?<br />
Ich hatte natürlich keine Ahnung, was die Begriffe Dur und<br />
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