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RUDOLF BUCHBINDER DA CAPO - Styria

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Bei der Aufzählung von Buchbinders bemerkenswerten Besonderheiten<br />

habe ich die – vielleicht seltenste – vergessen: es ist seine vollkommene<br />

Un-Eitelkeit. Dazu muss er sich nicht „zwingen“, das ist<br />

keine Sympathie heischende Bescheidenheits-Pose. Sondern er<br />

kann nicht anders. Feierliche Aufgeblasenheit, wildes Bedeutungs-<br />

Gehabe liegt ihm nicht, widersteht ihm. Sachlich und freundlich<br />

gibt er Antwort. Gewiss ließe er auch gerne darüber streiten, ob es<br />

wirklich zutreffend ist, zeitgenössische U-Musik, Pop-Musik und<br />

traditionelle E-Musik als gleichartige Form der Unterhaltung<br />

nebeneinander zustellen. Natürlich kann es entzückende U-Musik<br />

und todlangweilige Symphonien geben. Doch die jeweiligen Qualitäten<br />

oder Schwächen haben nichts miteinander zu tun. Große<br />

traditionelle Musik nimmt doch die unvergleichliche Geschichte<br />

der E-Musik-Sprache, die sich in Jahrhunderten differenziert hat,<br />

in sich auf. Bachs h-Moll-Messe bewahrt in sich eine riesige<br />

Geschichte der Kirchen-Musik, Beethovens Sonate op. 110 reicht<br />

mit Rezitativ und Johannes-Passion-Arioso weit zurück, Wagners<br />

„Meistersinger“ und sein „Parsifal“ tun es auch. Noch so gelungene<br />

Manifestationen effektvoller Film-Musik oder Schlager-Produktion<br />

haben völlig andere Qualitäten. Oder nicht? Diskutieren würde<br />

ich auch gern über Buchbinders Meinung, wer Bach auf dem<br />

Steinway spielt, soll keineswegs versuchen, auf einem modernen<br />

Klavier historisch spielen zu wollen.<br />

Letzte Frage: Was steckt eigentlich hinter Buchbinders Scheu, eigene<br />

Aufnahmen, nachdem sie sich von ihm abgelöst haben, überhaupt<br />

nicht mehr hören zu können, zu wollen? Handelt es sich<br />

dabei um nahezu übermenschliche Un-Eitelkeit? Oder fürchtet er<br />

gar, sich seiner frei strömenden Kunst zu berauben, wenn er ihr im<br />

akustischen Spiegel begegnet?<br />

Joachim Kaiser<br />

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