Prof. Dr. Hartmut Rupp: "Bonhoeffer heute"
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Rupp</strong> Vortrag: „<strong>Bonhoeffer</strong> heute“ 26. Januar 2006<br />
Mit dieser Zusammenarbeit bejaht <strong>Bonhoeffer</strong> bewusst den Tyrannenmord. Für seinen<br />
Biograph, Eberhard Bethge, gibt es schon im Herbst 1941 ein Ja <strong>Bonhoeffer</strong>s zu den<br />
Attentatsplänen. Ausgerechnet er, der in seinem Buch „Nachfolge“ für einen radikalen<br />
Pazifismus im Namen der Feindesliebe eintritt, der Ghandi verehrt und einige Zeit einen<br />
Besuch in Indien bei ihm plant und 1934 auf der dänischen Insel Fanö bei der Jugendkonferenz<br />
des Internationalen Weltbundes den Krieg als „Sünde“ bezeichnet. Aufgabe<br />
einer ökumenischen Kirche ist, weltweiten Krieg und die Aufrüstung zu verbieten und den<br />
Frieden Christi auszurufen. <strong>Bonhoeffer</strong> fordert ein großes ökumenisches Konzil, um den<br />
Frieden zu stiften und zu bewahren. Damals war das eine ganz fremde Vorstellung. Sie<br />
wurde in den 70iger Jahren von der Friedensbewegung, insbesondere von Carl-Friedrich<br />
von Weizsäcker wieder aufgenommen und führte zum konziliaren Prozess der Kirchen.<br />
Am Rande der Konferenz fragt ihn ein Schwede: „Was werden Sie in einem Kriegsfalle<br />
tun, Herr Pastor?“ <strong>Bonhoeffer</strong> antwortete: „Ich bete, dass mir Gott dann die Kraft gibt,<br />
nicht zu den Waffen zu greifen.“<br />
Den Kriegsdienst hat er vermeiden können, doch jetzt stimmt er einem Attentat, einem<br />
Mord zu – auch wenn es nie darum ging, dass er selber eine Bombe legen sollte. Wie passt<br />
das zusammen? Pazifismus und Mord? Und wie ist das möglich, bei einem lutherischen<br />
Theologen, der traditionell die Obrigkeit bejaht?<br />
Als <strong>Bonhoeffer</strong> Ja sagt, hat er vor allem den Fortgang des Vernichtungskrieges vor Augen<br />
und die Einsicht, dass alles so weitergeht, solange Hitler das Sagen hat. <strong>Bonhoeffer</strong> ist davon<br />
überzeugt, dass ein Staat nur so lange von einem Christen Gehorsam erwarten kann,<br />
solange dieser von ihm keinen Verstoß gegen Gottes Gebot verlangt. Dann würde der Staat<br />
seinem eigenen Auftrag widersprechen.<br />
Wenn man das in die Sprache heutigen Rechts transponiert, kann man sagen, ein Staat<br />
kann nur so lange von seinen Staatsbürgern Loyalität verlangen, solange er sich an die<br />
Menschenrechte hält. Die Loyalität hört auf, wenn etwas verlangt wird, was gegen die<br />
Menschenrechte und insbesondere gegen die Menschenwürde verstößt.<br />
Aber <strong>Bonhoeffer</strong> sieht seine persönliche Situation noch dramatischer: In dieser Situation<br />
nichts zu tun, obgleich er die Möglichkeit hat, macht mitschuldig am Tod vieler Menschen<br />
und an der Unterdrückung ganzer Völker. In dieser Situation am Tyrannenmord mitzuwirken,<br />
macht jedoch auch schuldig, denn Gott sagt, „Du sollst nicht töten“, doch dadurch<br />
kann das Schicksal vieler geändert werden. Für <strong>Bonhoeffer</strong> gibt es keinen Weg, ohne<br />
schuldig zu werden. Allerdings, und das verdient Erwähnung: Für <strong>Bonhoeffer</strong> ist klar, dass<br />
das eine Entscheidung ist, die jeder Mensch ganz persönlich für sich zu treffen hat, vor<br />
sich selbst und vor Gott. Niemand kann ihm diese Entscheidung abnehmen und sie bleibt<br />
eine Schuld, sie bleibt Verbrechen, für die man bereit sein muss, alle Konsequenzen zu<br />
tragen. Daraus darf auch nie ein Prinzip werden. Eine solche Gewalttat ist und bleibt eine<br />
Tabuverletzung. In dieser schwierigen Situation bleibt dem Mensch nur eines, auf die Vergebung<br />
Gottes zu hoffen. <strong>Bonhoeffer</strong> hat hier nicht kalkuliert, er hat gehofft und vertraut.<br />
Es geht um die Eigenart erwachsenen verantwortlichen Lebens.<br />
Die eine Schlussfolgerung ist: Es braucht elementare Regeln, die jedem Hilfen an die Hand<br />
geben, Entscheidungen zu treffen, wenn die konkreten Gesetze versagen. Für <strong>Bonhoeffer</strong><br />
sind das die Gebote Gottes im Dekalog und in der Bergpredigt. Für Christen gilt das bis<br />
heute. Für unser heutiges Gemeinwesen sind das die Menschenrechte.<br />
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