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Prof. Dr. Hartmut Rupp: "Bonhoeffer heute"

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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Rupp</strong> Vortrag: „<strong>Bonhoeffer</strong> heute“ 26. Januar 2006<br />

Die andere Schlussfolgerung ist: Es gibt Situationen, in denen man gar nicht anders kann,<br />

als schuldig zu werden, an Geboten, an Gesetzen und an Menschen. Das passiert nicht<br />

jeden Tag und sollte auch die Ausnahme bleiben: doch das Leben hält Zwickmühlen<br />

bereit, die man ohne Schuldübernahme nicht lösen kann. Dann muss man Dinge tun, die<br />

man lieber nicht tun möchte, die eigentlich gar nicht einem passen (Abtreibung, Trennung,<br />

Entlassung). Mit ganz sauberen Händen kommt man nicht durch das Leben. Dann bleibt –<br />

so <strong>Bonhoeffer</strong> – nur noch eines, die Bitte um die Vergebung Gottes.<br />

5. Die Zeit im Gefängnis 1943-1945<br />

Am 5. April 1943 wird <strong>Bonhoeffer</strong> von dem Obergerichtsrat <strong>Dr</strong>. Manfred Röder und<br />

Kriminalkommissar Franz-Xaver Sondernegger im Nachbarhaus seiner Eltern, bei den<br />

Dohnanyis, verhaftet und ins Militärgefängnis Tegel eingeliefert. Auch Hans von Dohnanyi<br />

und dessen Frau Christine, eine Schwester von <strong>Bonhoeffer</strong>, wird verhaftet. Beide<br />

wurden in einem Verhör eines bayerischen Abwehrmannes (Wilhelm Schmidhuber)<br />

belastet. <strong>Bonhoeffer</strong> wird korrekt behandelt, doch die Decken sind voller Ungeziefer und<br />

das Essen ist mies. Als bekannt wird, dass sein Onkel Stadtkommandant von Berlin ist,<br />

wird er besser behandelt. Die Vernehmungen erreichen nichts. <strong>Bonhoeffer</strong> spielt den arglos<br />

naiven Theologen. Später findet man heraus, dass er wegen des Entzuges vom Wehrdienst<br />

angeklagt werden sollte. In diese Zeit fällt auch die Verlobung mit Maria von Wedemeyer.<br />

Nach dem Fehlschlag des Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944 wird es auch für <strong>Bonhoeffer</strong><br />

brenzlig. Als am 22. September 1944 in Zossen das Dossier von Hans von Dohnanyi<br />

gefunden wird, wird klar, welche Rolle <strong>Bonhoeffer</strong> spielte. Am 8. Oktober 1944 wird er in<br />

das berüchtigte Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptdienstes in der Prinz-Albrecht-<br />

Straße verlegt. <strong>Bonhoeffer</strong> gibt sich nicht auf: „Der Kampf ist erst verloren, wenn man sich<br />

selbst verloren gibt“, so lautet seine Lebensauffassung. <strong>Bonhoeffer</strong> wird in der Haft höflich<br />

behandelt, nie gefoltert und von seiner Familie liebevoll versorgt. Im Gefängnis schreibt er<br />

Briefe, Gedichte, Gebete. Sie werden herausgeschmuggelt und in dem Buch „Widerstand<br />

und Ergebung“ gesammelt. Hier entwirft er skizzenhaft seine Theologie für ein religionsloses<br />

Christentum, das dem konkreten Leben treu bleibt. Dieses Buch wird in der weltweiten<br />

Christenheit gelesen.<br />

<strong>Bonhoeffer</strong> wird im Gefängnis zum Halt für andere Gefangene. Er betet mit ihnen durch<br />

die Wände hindurch. Ein solches Gebet lautet: (Bethge, Widerstand und Ergebung, 73.76,<br />

Weihnachten 1943).<br />

In mir ist es finster<br />

Aber bei dir ist das Licht<br />

Ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht<br />

Ich bin kleinmütig, aber bei dir ist die Hilfe<br />

Ich bin unruhig, aber bei dir ist der Friede<br />

In mir ist Bitterkeit, aber bei dir ist die Geduld<br />

Ich verstehe deine Wege nicht, aber<br />

Du weißt den Weg für mich<br />

Herr Gott<br />

Großes Elend ist über mich gekommen<br />

Meine Sorgen wollen mich erdrücken<br />

Ich weiß nicht ein noch aus<br />

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