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Das neue Mach Et ist da - Grüne Köln

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Xxxxxxxxxxxxx<br />

MACHETE<br />

Demokratie <strong>ist</strong> schön,<br />

hat aber so ihre Tücken<br />

Ein <strong>neue</strong>s Parteimitglied, nennen<br />

wir sie mal Anneliese, hat die Faxen<br />

dicke und will endlich mal die<br />

Welt retten. Voller Enthusiasmus<br />

tritt unsere Anneliese in die Partei<br />

mit der schönen grünen Farbe ein<br />

und will auch gleich mit der Rettung<br />

der Stadt, des Landes und<br />

des ganzen Universums anfangen.<br />

Sie <strong>ist</strong> eine patente Frau und inter-<br />

essiert sich – sagen wir mal – für<br />

Städtebau. Alle Freundinnen und<br />

Freunde sind hoch entzückt, so<br />

eine kompetente Frau in ihren<br />

Reihen zu haben, und sie legt<br />

auch gleich los mit vielen Ideen,<br />

bege<strong>ist</strong>ert Menschen, geht in Arbeitskreise,<br />

bewirbt sich auch für<br />

<strong>da</strong>s ein oder andere Pöstchen und<br />

<strong>ist</strong> bege<strong>ist</strong>ert, wie es manche ihrer<br />

Ideen durch die flachen Hierarchien<br />

bis auf Parteitage schaffen.<br />

So weit, so gut – bis zu dem Tage,<br />

an dem unsere patente Anneliese<br />

auf einen besonderen Parteitag fährt. Es<br />

wird Personal gewählt. Tatata! Erst <strong>ist</strong> sie<br />

verwundert, <strong>da</strong>ss die ersten Plätze der L<strong>ist</strong>e<br />

gänzlich ohne Gegenkandi<strong>da</strong>tInnen gewählt<br />

werden. Sie glaubt <strong>da</strong> noch an den<br />

Wettbewerb der Besten. Als <strong>da</strong>nn auch<br />

bei den Plätzen ab ungefähr Numero 10<br />

die ersten Kampfkandi<strong>da</strong>turen ausgerufen<br />

werden, wundert sie sich sehr, denn<br />

irgendwie kommt es ihr so vor, als ob es<br />

nicht wirklich um <strong>da</strong>s Politikfeld oder um<br />

Sachkompetenz geht, sondern irgendeine<br />

unsichtbare <strong>Mach</strong>t scheint über hopp<br />

oder topp bei der Wahl zu entscheiden.<br />

Jetzt wird Anneliese neugierig und fragt<br />

so links und rechts, warum denn diese<br />

oder jene Kandi<strong>da</strong>tin gewählt wurde, wo<br />

doch beispielsweise die Rede eher nichtssagend<br />

oder leidenschaftslos gewesen sei.<br />

Sie bemerkt bei dem einen oder anderen<br />

ein leicht spöttisches Lächeln oder den<br />

einen oder anderen mitleidsvollen Blick.<br />

Ein Nachbar raunt ihr etwas von Voten und<br />

Regionen ins Ohr. Sie meint auch noch <strong>da</strong>s<br />

Wort „Bezirksfürsten“ gehört zu haben<br />

und <strong>ist</strong> jetzt vollends verwirrt.<br />

Anneliese wäre nicht Anneliese, wenn sie<br />

dem nicht nachgehen würde. Draußen vor<br />

der Parteitagshalle trifft sie Leute, die ihr<br />

mehr sagen können. Die Bezirksfürsten<br />

sind also die Chefs der Bezirksverbände.<br />

Eine Mittelebene zwischen Kreisverbänden<br />

und Landesverband. Also die Ebene,<br />

die die SPD gerade wieder abschafft, aber<br />

bei den GRÜNEN anscheinend immer<br />

wichtiger wird. Offiziell arbeiten die Bezirke<br />

an Themen, die Kreisverbände gemeinsam<br />

bearbeiten sollen. Inoffiziell sollen<br />

die Bezirke immer nur bei Personalfragen<br />

in Erscheinung treten. Sie fragt sich, ob<br />

die Umstehenden nicht einfach abstrusen<br />

Verschwörungstheorien anhängen und<br />

denkt sich ihren Teil.<br />

Wieder in der Halle, hört sie immer öfter<br />

<strong>da</strong>s Wort „Votum“. <strong>Das</strong> haben irgendwie<br />

alle, die sich vorstellen für irgendwas – und<br />

sei es nur eins von den eher abseitigen<br />

Gremien, die ihr völlig unbekannt sind. Die<br />

eigentliche Party soll nämlich bereits vor<br />

dem Beginn des L<strong>ist</strong>enparteitags gelaufen<br />

sein. Die Kandi<strong>da</strong>tInnen für die Landesl<strong>ist</strong>e<br />

tingeln bereits weit vorher durch Landesarbeitsgemeinschaften<br />

und Bezirksverbände,<br />

um „Voten“ einzusammeln. Wie in<br />

einem Jump-and-Run-Spiel versuchen hier<br />

alle für ihre Kandi<strong>da</strong>turen, die Glanzpunkte<br />

zu sammeln, mit denen sie zur L<strong>ist</strong>enaufstellung<br />

auftrumpfen wollen.<br />

Anneliese hört zwei Erklärungsvarianten.<br />

Die eine, die offizielle, <strong>ist</strong> die regionale<br />

Ausgewogenheit auf der<br />

Landesl<strong>ist</strong>e. Die inoffizielle<br />

wirkt aber irgendwie<br />

plausibler: Unter dem<br />

Vorwand der „regionalen<br />

Ausgewogenheit“<br />

würden Voten vergeben,<br />

mit der Folge, <strong>da</strong>ss Mitgliedern<br />

von der Basis<br />

unsichtbare Steine in<br />

den Weg gelegt werden,<br />

um die Kandi<strong>da</strong>t-<br />

Innen-„Flut“ von Anfang<br />

an zu kanalisieren.<br />

Nur Menschen, die sich<br />

mit den Bezirksfürsten<br />

gut stellen, hätten die<br />

Chance, überhaupt auf<br />

diese gemendelte L<strong>ist</strong>e<br />

zu kommen. Denn die<br />

Fürsten verhandeln mit<br />

anderen Granden um<br />

die Verteilung der Plätze<br />

auf der L<strong>ist</strong>e und welche<br />

Personen an welchem<br />

Zeitpunkt der L<strong>ist</strong>enaufstellung ins Rennen<br />

gehen. Und die Delegierten der Bezirke<br />

sollen einfach nur <strong>da</strong>s abnicken, was<br />

sie von ihren Bezirksfürsten vorgegeben<br />

bekommen, weil sonst ja auch nicht die<br />

Kandi<strong>da</strong>tInnen des eigenen Bezirks an den<br />

ausgehandelten Plätzen gewählt würden.<br />

Zeichnung: Sabine Voigt<br />

Jetzt versteht sie auch, warum immer die<br />

selben Menschen aufgeregt hin und her<br />

rennen, von Reihe zu Reihe, und tuscheln.<br />

Sie hört Kommentare, was sie am besten<br />

wählen sollen und was besser nicht. Zwischendurch<br />

sprechen immer wieder auch<br />

irgendwelche Kandi<strong>da</strong>tInnen über die Voten,<br />

die sie haben. Sie sieht allerdings auch<br />

Menschen, die <strong>da</strong>s alles nicht anficht und<br />

die res<strong>ist</strong>ent gegen dererlei Arbeitsanweisungen<br />

scheinen. Sie atmet auf. Sie macht<br />

sich ihre Ge<strong>da</strong>nken über Basisdemokratie<br />

und über Transparenz. Anneliese <strong>ist</strong> nicht<br />

naiv. Sie überlegt, ob sie jetzt die Brocken<br />

hinwerfen oder ihrem Bezirksfürsten eine<br />

nette E-Mail schreiben soll, falls sie auch<br />

mal irgendwann auf so eine L<strong>ist</strong>e will. Sie<br />

tut beides nicht. Sondern beim nächsten<br />

Mal lässt sie sich als Delegierte in den Bezirksrat<br />

wählen und dort sitzt sie nun. Annelie<br />

<strong>ist</strong> schlau und sie weiß, wo sie ansetzen<br />

muss. Jetzt will sie nicht nur die Welt<br />

retten, sondern auch die Partei.<br />

MACH ET • NR. 228 • Juli 2012

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