Das neue Mach Et ist da - Grüne Köln
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Xxxxxxxxxxxxx<br />
BUND<br />
Von Volker Beck<br />
Don’t talk, don’t show?<br />
Während wir in <strong>Köln</strong> fröhlich den CSD<br />
begehen, zeigt sich vor allem in Osteuropa<br />
<strong>da</strong>s hässliche Gesicht militanter<br />
Homophobie. Unsere Aufgabe bleibt<br />
es, <strong>da</strong>für zu sorgen, <strong>da</strong>ss es <strong>da</strong>s letzte<br />
Zucken einer sterbenden Gesinnung <strong>ist</strong>.<br />
Am 8. Juli 2012 wird der ColognePride<br />
durch die Straßen <strong>Köln</strong>s ziehen. Hunderttausende<br />
Menschen werden die<br />
Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben<br />
fordern. Der CSD in <strong>Köln</strong> <strong>ist</strong> die<br />
größte Demonstration für Bürgerrechte<br />
in Europa – auch wenn <strong>da</strong>s nicht jedem<br />
immer so bewusst <strong>ist</strong>. Zu Recht liegt<br />
der Schwerpunkt auf der noch immer<br />
fortbestehenden Diskriminierung in<br />
Deutschland. Dennoch – ich hoffe, <strong>da</strong>ss<br />
auch der Schwulen und Lesben in anderen<br />
Ländern ge<strong>da</strong>cht wird, sowie dem<br />
weltweiten Kampf für Respekt, Akzeptanz<br />
und gleiche Rechte.<br />
Rolle rückwarts in Russland<br />
und anderswo?<br />
In Ost-Europa <strong>ist</strong> ein Roll-Back im Gange,<br />
der die Menschenrechte von Schwulen<br />
und Lesben, Bi- und Transsexuellen<br />
massiv gefährdet. Noch <strong>ist</strong> unklar, ob es<br />
sich bei der <strong>neue</strong>n Strategie „Don‘t talk,<br />
don‘t show“ um ein letztes Aufbäumen<br />
der Konservativen handelt oder ob sie<br />
erfolgreich sein werden. In St. Petersburg<br />
läuft im Moment der Feldversuch:<br />
Ein <strong>neue</strong>s Gesetz verbietet die „Propagan<strong>da</strong><br />
für Homosexualität“ – <strong>da</strong>s heißt,<br />
<strong>da</strong>s öffentliche Sprechen über Schwule<br />
oder Lesben. Mehrere Aktiv<strong>ist</strong>Innen<br />
wurden bereits verhaftet und zum Teil<br />
zu erheblichen Geldstrafen verurteilt.<br />
Die Summen für Institutionen und Vereine<br />
können <strong>da</strong>bei <strong>da</strong>s Mehrfache eines<br />
russischen Jahresgehaltes erreichen. Die<br />
Aktiv<strong>ist</strong>Innen vor Ort befürchten ein<br />
völliges Zerschlagen der schwullesbischen<br />
Infrastruktur – inklusive der Aids-<br />
Aufklärung und der Coming-Out-Arbeit.<br />
Und St. Petersburg <strong>ist</strong> nur der Anfang.<br />
Drei weitere Regionen Russlands haben<br />
ein ähnliches Gesetz verabschiedet<br />
und in die Staats-Duma <strong>ist</strong> eine Vorlage<br />
eingebracht. In der Ukraine und in Mol<strong>da</strong>wien<br />
gibt es Nachahmungen in einzelnen<br />
Städten. Und der „Werchowna<br />
Ra<strong>da</strong>“, <strong>da</strong>s ukrainische Parlament, wird<br />
Bei der Moskauer Gay Parade am 27. Mai 2007 gab es Prügel für Schwule und Lesben unter<br />
den Augen me<strong>ist</strong> tatenloser Sicherheitskräfte. Volker Beck wurde rüde von der Polizei abgeführt<br />
– zu seinem Schutz, wie es hieß.<br />
in diesen Wochen ebenfalls ein Gesetz<br />
diskutieren, <strong>da</strong>ss dem russischen zum<br />
Verwechseln ähnlich <strong>ist</strong>.<br />
<strong>Das</strong> Schweigen der Kanzlerin<br />
und des Vizekanzlers<br />
Die Bundesregierung schweigt öffentlich<br />
zu all dem. Dabei müsste man dem Versuch<br />
des Totschweigens Öffentlichkeit<br />
entgegensetzen. Madonna hat angekündigt,<br />
bei ihrem Auftritt in St. Petersburg<br />
gegen <strong>da</strong>s Gesetz von der Bühne<br />
aus zu protestieren. So viel Mut wünschte<br />
man sich von unserem Außenmin<strong>ist</strong>er<br />
und von Kanzlerin Merkel.<br />
Generell gilt: Die beste Strategie für gleiche<br />
Rechte <strong>ist</strong> die Annäherung an die EU.<br />
In Polen und in Kroatien wird heute über<br />
eine eingetragene Lebenspartnerschaft<br />
diskutiert – vor zehn Jahren undenkbar!<br />
Und es wird deutlich, <strong>da</strong>ss die Staaten,<br />
die der Europäischen Union beigetreten<br />
oder auf dem Weg dorthin sind, die<br />
Rechte von Schwulen und Lesben schützen.<br />
Wo in Moskau und Minsk die Polizei<br />
auf Schwule und Lesben einprügelt – wie<br />
ich bereits selbst erleben durfte –, werden<br />
in Belgrad und auch in Bu<strong>da</strong>pest die<br />
CSDs von Beamten geschützt. In Kiew<br />
prügelt die Polizei zwar nicht selbst,<br />
schützt die Menge aber auch nicht. Beim<br />
ersten CSD in Kiew wurden zwei OrganisatorInnen<br />
von Rechtsextremen ins<br />
Krankenhaus geprügelt – buchstäblich<br />
vor den Augen der Polizei. Die Demonstration<br />
musste abgesagt werden.<br />
Aber auch EU-Staaten sind vor dem<br />
Roll-Back nicht sicher. Beispiel Ungarn:<br />
Dort sitzen Neo-Nazis im Parlament und<br />
fordern die Wiedereinführung von Haftstrafen<br />
für Schwule und Lesben. In Finnland<br />
fordern die „Wahren Finnen“, <strong>da</strong>ss<br />
Schwule und Lesben eine Armbinde tragen<br />
sollen. All <strong>da</strong>s zeigt: Der Kampf <strong>ist</strong><br />
nicht gewonnen. Im Osten erhebt sich<br />
<strong>da</strong>s hässliche Gesicht militanter Homophobie<br />
erneut. Unsere Aufgabe <strong>ist</strong> es,<br />
<strong>da</strong>für zu sorgen, <strong>da</strong>ss es <strong>da</strong>s letzte Zucken<br />
einer sterbenden Gesinnung bleibt.<br />
Unsere Parade für<br />
Akzeptanz – Sei <strong>da</strong>bei!<br />
Der Strategie „Don‘t talk, don‘t show“<br />
werden wir am 8. Juli ein deutliches Zeichen<br />
entgegensetzen. Denn nirgends<br />
sonst zeigt sich die bunte Vielfalt in all<br />
ihrer Schönheit wie beim CSD in <strong>Köln</strong>.<br />
Damit strahlen wir auch aus – nach<br />
Russland, in die Ukraine oder nach<br />
Aserbaidschan – und machen unseren<br />
Freundinnen und Freunden dort Mut!<br />
Es geht anders – und wir stehen in Soli -<br />
<strong>da</strong>rität in Eurem Kampf um Anerkennung!<br />
„Do talk and do show“ – am 8.<br />
Juli beim ColognePride 2012!<br />
Foto: ddp images<br />
MACH ET • NR. 228 • Juli 2012