Tourismusabgabe: Unterstützung, aber auch Skepsis - Engadiner Post
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Samstag, 27. September 2008 9<br />
Unterwegs mit Spitex-Fahrer Georg Gianom von Zuoz bis Silvaplana<br />
88 Kilometer, 234 Treppenstufen, 29 Mahlzeiten<br />
Wer alt und gebrechlich ist,<br />
für den kann die gesunde<br />
Ernährung zum Problem<br />
werden. Vor allem wenn der<br />
Bekanntenkreis klein ist und<br />
die eigenen vier Wände alles<br />
bedeuten. Der Mahlzeitendienst<br />
der Oberengadiner<br />
Spitex wird für viele Betagte<br />
unverzichtbar.<br />
Marie-Claire Jur<br />
25. September, 6.30 Uhr. Georg<br />
Gianom, Rentner aus St. Moritz,<br />
könnte an diesem kühlen, wolkenverhangenen<br />
Morgen noch im Bett<br />
liegen, tut es <strong>aber</strong> nicht. Stattdessen<br />
steht er in einem der dunklen Kühlräume<br />
des Spitals Oberengadin, dort<br />
wo <strong>auch</strong> die Kartoffeln lagern, zieht<br />
ein fahrbares Gestell in den Gang<br />
und beginnt zu zählen: «ün … trais …<br />
quindesch …vainchanouv».<br />
29 Kompaktboxen sind es heute,<br />
fein säuberlich gestapelt. Jede von<br />
ihnen enthält eine Mahlzeit. Bestehend<br />
aus einer Brotsuppe mit L<strong>auch</strong>,<br />
einem bunten Salat, Cevapcici an Peperoni-Tomaten-Sauce,<br />
einer Halbkugel<br />
Kartoffelstock und etwas Broccoli.<br />
Dazu noch eine Quarkcrème<br />
mit Fruchtcoulis. Alles am Vortag in<br />
der Spitalküche gekocht und vorbereitet,<br />
in Plastikgeschirr auf einem<br />
Tablett angerichtet, abgedeckt und<br />
in hellgraue Hartplastik-Boxen verpackt.<br />
Nach der Nacht an der Kühle<br />
schiebt Gianom seine Fracht, die er<br />
bis Mittag im Oberengadin verteilen<br />
wird, durch das Neonlicht des ersten<br />
Untergeschosses bis in die Garage,<br />
dort wo die Anlieferungen erfolgen<br />
und das Personal sich eine Pausenzigarette<br />
gönnt. Auf einem Warenlift<br />
schwebt das Essensgestell von der<br />
Rampe hinunter neben den silbernen<br />
Golf Kombi. Jetzt muss sich Gianom<br />
konzentrieren, denn gemäss der Lieferroute,<br />
die er im Kopf hat, wird er<br />
einen Teil der Plastikboxen verladen,<br />
den anderen Teil im Gestell belassen.<br />
Die erste Verteilrunde, die der<br />
Spitex-Voluntari an diesem Morgen<br />
unter die Räder nimmt, wird ihn nach<br />
La Punt und Zuoz führen.<br />
*<br />
Gianom ist einer von durchschnittlich<br />
zehn Freiwilligen, die in ihrer<br />
Freizeit für die Spitex die Mahlzeitenlieferungen<br />
übernehmen. Die Adressaten<br />
der Mittagessen sind zumeist<br />
betagte Menschen, mit kleinen oder<br />
grösseren Gebrechen, alleinstehend,<br />
verwitwet, manchmal <strong>auch</strong> noch zu<br />
zweit lebend. Viele können nicht mehr<br />
selbst kochen, haben keine Verwandten,<br />
die sich um sie kümmern und lassen<br />
sich ihre Hauptmahlzeit oft täglich<br />
oder zwei- bis dreimal wöchentlich ins<br />
Haus bringen. Kostenpunkt: 14 Franken<br />
pro Essen, kleine oder grosse Portion,<br />
je nach Appetit.<br />
*<br />
6.55 Uhr. Los gehts. Im ersten Morgengrauen<br />
steuert Gianom seinen<br />
Wagen auf der alten Kantonsstrasse<br />
in Richtung Bever, dann auf der Umfahrungsstrasse<br />
talabwärts und fängt<br />
an zu erzählen. Von seinen Jahren als<br />
Lastwagenchauffeur, von der Zeit<br />
als er vor seiner Pensionierung mit<br />
63 Jahren 19 Jahre bei der Bahnpost<br />
angestellt war und Pakete und Briefe<br />
von St. Moritz aus im RhB-Waggon<br />
nach Landquart/Chur hinaus begleitete.<br />
Berufsjahre, die ihn geprägt haben.<br />
Gianom fährt gern und sicher<br />
Auto, hat einen ausgeprägten Ordnungssinn<br />
und ist pünktlich. Ausserdem<br />
verfügt er über einen ruhigen<br />
Charakter, ist umgänglich und selbstlos.<br />
Alles Eigenschaften, die ihn für<br />
den Spitex-Einsatz prädestinieren.<br />
Schliesslich fährt er, wenn er für die<br />
Spitex unterwegs ist, täglich zwischen<br />
80 und 90 Kilometer, das macht gute<br />
4000 Kilometer im Jahr. Die richtigen<br />
Mahlzeiten müssen zu den richtigen<br />
Leuten zur rechten Zeit gelangen.<br />
Nicht alle Kunden sind zudem gut<br />
drauf. Einige wenige sind schwierig<br />
und haben ständig etwas zu meckern.<br />
Die allermeisten <strong>aber</strong> sind dankbar<br />
und freuen sich auf sein Kommen,<br />
das Garant für einen feinen Zmittag<br />
und ein kleines Gespräch ist.<br />
*<br />
Der Mahlzeitendienst bereitet Gianom<br />
Spass, er hilft gern. Reich wird er<br />
dabei nicht. Er leistet ihn ehrenamtlich,<br />
so wie die anderen zehn Fahrer<br />
<strong>auch</strong>. Als Spesenentschädigung gabs<br />
die letzten zehn Jahre ein Kilometergeld<br />
von 70 Rappen, seit Anfang September<br />
sind es 80 Rappen.<br />
*<br />
Es ist kurz nach sieben. Der erste<br />
Halt in La Punt. Gianom fasst eine<br />
erste Box, verschwindet in einem<br />
Hauseingang und kommt sogleich zurück,<br />
mit der leeren Box der Vortagslieferung<br />
unter dem Arm. Die ganze<br />
Transaktion hat keine halbe Minute<br />
gedauert, zu sehen bekam Gianom<br />
seine Kundin nicht. Einen ähnlichen<br />
fliegenden Wechsel gibt es bei der<br />
zweiten Station, eingangs Val Chamuera.<br />
Die Tagesmahlzeit wird auf<br />
der Treppenstufe vor dem Hauseingang<br />
deponiert, wo <strong>auch</strong> der alte Behälter<br />
zum Abholen bereit liegt.<br />
Zum ersten zwischenmenschlichen<br />
Kontakt kommt es ein paar hundert<br />
Meter weiter. Herr R., ein Bauer im<br />
Ruhestand und Junggeselle, hat nie<br />
kochen gelernt und hat das viele Salsiz-<br />
und Käse-Essen satt. Der Spitex-<br />
Service ist ihm deshalb sehr willkommen.<br />
Gianom kauft ihm hie und da<br />
einige Bio-Eier ab. Zurzeit gibts <strong>aber</strong><br />
keine. Die Hennen verlieren ihre Federn,<br />
sind nicht in Lege-Form.<br />
7.15 Uhr Erster Halt in Zuoz unterhalb<br />
des Bahnhofs. 55 Treppenstufen<br />
trennen Gianom von seinem Kunden,<br />
der zuoberst unter dem Dach wohnt.<br />
Kein Lift im Haus. Bis vor Kurzem<br />
hat der noch nicht betagte Adressat<br />
seine Box in die Wohnung geliefert<br />
bekommen. Seit sich herausstellte,<br />
dass Herr P. eher etwas bequem als<br />
gehbehindert ist, legt Gianom das<br />
Mittagessen hinter den Hauseingang<br />
und verzichtet auf die Stufentreterei.<br />
Mit seinen 76½ Jahren ist er schliesslich<br />
<strong>auch</strong> nicht mehr der Jüngste und<br />
spürt dieArthrose in den Knien.<br />
Im Zickzack gehts dann durch den<br />
Dorfkern von Zuoz, mit drei Kurzhalten.<br />
Einmal verwundert, dass keine<br />
leere Box zum Austausch bereit<br />
steht, dann wiederum kann eine Treppensteigerei<br />
nicht umgangen werden,<br />
und schliesslich ist die Wohnungstür<br />
offen, <strong>aber</strong> niemand zu Hause.<br />
Die erste Runde ging schnell, schon<br />
um halb acht ist Gianom zurück im<br />
Spital, wo die eingesammelten Boxen<br />
vom Vortag im Abwaschraum<br />
der Spitalküche abgeliefert und die<br />
Mahlzeiten für die zweite Runde<br />
verladen werden. Eine Viertelstunde<br />
später wird in Richtung Samedan<br />
gestartet, wos heute weniger zu tun<br />
gibt. Statt der üblichen acht sind zwei<br />
Bestellungen abzuliefern. Der erste<br />
Halt gilt einer Dame, die ihr Essen<br />
seit Jahren regelmässig über die<br />
Spitex bezieht, zu Gesicht bekommen<br />
hat Gianom seine Kundin <strong>aber</strong> noch<br />
nie. Nach der Code-Eingabe kann<br />
der Hausschlüssel einem Kästchen<br />
entnommen und die Eingangstür<br />
aufgesperrt werden. Box rein, Box<br />
raus und weiter gehts. Einige Kunden<br />
schätzen die Anonymität.<br />
Zwei Steinwürfe weiter wohnt<br />
Frau F. Gianom klingelt, betritt sogleich<br />
die Wohnung, während er «guten<br />
Morgen» ruft. Ein freundliches<br />
«Hallo» hallt ihm aus einer Ecke der<br />
Stube entgegen. Gianom wurde erwartet.<br />
Man tauscht ein paar Neuigkeiten<br />
aus. «Eine nette Dame, immer<br />
zufrieden mit allem», kommentiert<br />
später Gianom. Nicht alle Kunden<br />
Immer mehr Menschen im Oberengadin nehmen den Spitex-Mahlzeitendienst in Anspruch. Auch der St. Moritzer Jakob<br />
Müller freut sich, wenn Georg Gianom (rechts) ihm sein Mittagessen bringt. Foto: Marie-Claire Jur<br />
Spitex-Woche<br />
(ep) Vom 29. September bis<br />
3. Oktober findet die traditionelle<br />
Spitex-Woche statt, während<br />
der sich die Institution<br />
mit ihren Dienstleistungen der<br />
Bevölkerung vorstellt. Vor der<br />
Chesa Planta in Samedan wird<br />
jeweils von 14.00 bis 17.00 Uhr<br />
unentgeltlich informiert. Zudem<br />
können Interessenten Wickel-<br />
und Fussbäder ausprobieren,<br />
sich den Puls, Blutdruck oder<br />
den Blutzucker messen lassen<br />
und sich an der Gesundheitsbar<br />
einen Kräutertee oder Gemüsesaft<br />
genehmigen. Spitex-Verantwortliche<br />
geben im persönlichen<br />
Gespräch Auskunft über die Angebote<br />
der Spitex und des Palliativnetzes<br />
Oberengadin.<br />
www.spitex-oberengadin.ch<br />
sind so pflegeleicht. Der Charakter<br />
des Menschen offenbart sich manchmal<br />
erst im hohen Alter. Es gibt sie,<br />
die reichen und geizigen Hausbesitzer,<br />
die ständig darüber klagen, dass<br />
die Dessert-Portion zu klein ist, <strong>auch</strong><br />
wenn die Spitalbediensteten jeweils<br />
einen Löffel Crème mehr geschöpft<br />
haben…<br />
*<br />
Seit 14½ Jahren schon fährt Gianom<br />
Mahlzeiten durchs Tal. Jeweils vier<br />
Wochen verteilt auf den Sommer und<br />
vier Wochen im Winter. Ein Dienst umfasst<br />
jeweils sechs Halbtage am Stück,<br />
beginnt morgens um 6.30 Uhr und endet<br />
um 12.00 Uhr im Spital. Wenn nicht<br />
gerade noch ein Kunde am Rande des<br />
Einsatzgebiets beispielsweise in Sils<br />
oder in Cinuos-chel beliefert werden<br />
muss. Dann kanns längern dauern.<br />
Im Winter, wenn die Strassenverhältnisse<br />
schwieriger sind, teilen sich zwei<br />
Fahrer den Mahlzeitendienst. Sonst<br />
würde aus dem Mittag- ein Abendessen.<br />
Gianom ist viel im Einsatz,<br />
macht dazu noch Fahrten fürs Rote<br />
Kreuz. Durchschnittlich helfen die<br />
Fahrer des Mahlzeitendienstes während<br />
drei bis vier Wochen aus. Speziell<br />
im Winter besteht ein chronischer<br />
Fahrermangel. Neue Freiwillige werden<br />
benötigt.<br />
*<br />
8.30 Uhr Eintreffen in Pontresina.<br />
Hier kommt Gianom sein<br />
fahrerisches Können zugute. Vom<br />
Dorfkern aus windet sich die enge<br />
Nebenstrasse in Kehren den steilen<br />
Hang hoch, bis fast unter den Giandains-Damm.<br />
Für den Rückweg gibts<br />
zuerst keine Wendemöglichkeit, der<br />
Rückwärtsgang muss eingelegt und<br />
achtsam manövriert werden. Im Win-<br />
ter, wenn der Schneepflug hier noch<br />
nicht durch ist, kann die Lieferung<br />
an zwei Kundinnen <strong>auch</strong> mit Allradantrieb<br />
leicht zur Schlitterpartie und<br />
Beulenfahrt werden. Bei Frau K., die<br />
nicht mehr sicher auf den Beinen<br />
steht und drum aufs Kochen verzichtet,<br />
legt Gianom das Tablett mit dem<br />
ganzen Menü auf die dazugehörige<br />
Wärmeplatte. Ein Knopfdruck und<br />
die Speisen werden binnen 30 Minuten<br />
heiss, Dessert und Salat ausgeschlossen.<br />
Ein patentes, sicheres System.<br />
Doch es gibt Kunden, die nicht<br />
mehr in der Lage sind, diese einfachen<br />
Handgriffe selber vorzunehmen,<br />
da sie körperlich oder geistig zu<br />
geschwächt sind. Meist wird eine private<br />
Betreuungsperson das Mittagessen<br />
servieren, manchmal ist dies<br />
<strong>auch</strong> eine Pflegemitarbeiterin der<br />
Spitex. Viele der Mahlzeitendienst-<br />
Kunden nehmen <strong>auch</strong> diesen Dienst in<br />
Anspruch. Das ist <strong>auch</strong> beim einzigen<br />
Service-Halt in Celerina offensichtlich.<br />
Die hochbetagte, <strong>aber</strong> sichtlich<br />
desorientierte Frau M. sitzt gekleidet<br />
und frisiert im Sessel, schaut auf die<br />
TV-Teletextseite und fragt mehrmals<br />
nach der Uhrzeit. Ebenso oft muss<br />
ihr versichert werden, dass es nicht<br />
zehn, sondern erst neun Uhr ist. Ob<br />
sie die wunderbare Aussicht auf die<br />
Inn-Landschaft, die sich im morgendlichen<br />
Sonnenlicht von ihrer grossräumigen<br />
Stube aus eröffnet, überhaupt<br />
noch wahrnimmt? Gianom hat<br />
Mitleid mit vielen seiner Klienten,<br />
von denen etliche nicht mehr lange<br />
zu leben haben und vielleicht schon<br />
morgen notfallmässig ins Spital oder<br />
Pflegeheim müssen. Auch kennt er<br />
von vielen die Krankheitsgeschichte,<br />
hält sich <strong>aber</strong> bedeckt. Von einem<br />
Spitex-Mitarbeiter wird Diskretion<br />
erwartet.<br />
*<br />
Immer mehr Menschen im Oberengadin<br />
beanspruchen den Mahlzeitendienst<br />
der Spitex. Waren es 2004<br />
noch 290 Personen, wird für 2008 mit<br />
400 gerechnet. Wurden 2004 noch 7600<br />
Mahlzeiten geliefert, spricht die Hochrechnung<br />
fürs laufende Jahr von 9600<br />
Essen. Standen 2004 noch 13 Fahrer<br />
im Einsatz, werden für 2008 die bisherigen<br />
16 Fahrer nicht genügen.<br />
*<br />
9.15 Uhr. In St. Moritz sind zehn<br />
Kunden zu beliefern. Als erstes gehts<br />
die Via Tinus hoch, an den Siedlungsrand<br />
des Reichenquartiers, knapp<br />
unterhalb der Chantarella-Villen.<br />
Dann wieder runter ins Dorf, wo ein<br />
Halt beim Gemeindepolizeiposten<br />
erfolgt, der ausnahmsweise <strong>auch</strong> als<br />
Wechselstation für Menülieferungen<br />
fungiert, da Bauarbeiten die Zufahrt<br />
zur nächsten Kundin verunmögli-<br />
chen. Das Essen wird später abgeholt<br />
werden.<br />
Mittlerweile ist es 9.45 Uhr. Zeit für<br />
eine Pause, die Gianom beim nächsten<br />
Kunden an der Via Somplaz<br />
einschaltet. Jakob Müller weiss um<br />
sein Kommen, hat den Kaffee schon<br />
eingeschenkt. Die beiden alten Herren<br />
kennen und schätzen sich seit Jahren,<br />
Müller arbeitete als Vize-RhB-Chef<br />
ja <strong>auch</strong> mal fürs gleiche Unternehmen<br />
wie Gianom, als er die Bahnpost<br />
begleitete. Die beiden verbindet zudem<br />
die Liebe zur Natur. Jäger und<br />
Berggänger haben sich immer was zu<br />
erzählen. Doch lange währt die Plauder-Pause<br />
nicht. Nach zehn Minuten<br />
gehts runter zum St. Moritzer Beamtenhaus.<br />
Und gleich wieder hoch,<br />
denn die nächsten Kunden, ein Mann,<br />
der soeben 96 geworden ist und seine<br />
noch recht rüstige Frau, wohnen zuoberst.<br />
Und da kein Lift vorhanden<br />
ist, muss der Weg zu Fuss bewältigt<br />
werden. 88 Stufen hoch, 88 wieder<br />
runter. Gianom spürt seine Knie.<br />
Zwei Stationen weiter an der Via<br />
dal Bagn beim Ehepaar V. Von hier<br />
macht Gianom noch ein Telefonat<br />
in die Spitex-Zentrale. Künftig soll<br />
täglich eine einzige Mahlzeit geliefert<br />
werden, die sich die beiden teilen<br />
wollen. Die Bestellungsänderung<br />
muss die Spitex noch ans Spital weiterleiten.<br />
11.00 Uhr. Die Zeit drängt, es sind<br />
noch einige Kunden zu beliefern,<br />
und es gibt solche, die schon nervös<br />
werden, wenn Gianom zehn Minuten<br />
später als gewohnt erscheint. Stressen<br />
lässt sich Gianom deswegen nicht.<br />
Mehrmals macht er Halt in St.Moritz-Bad,<br />
gemäss der gewohnten<br />
kürzesten Strecke. Die Lieferungen<br />
gehen schnell vonstatten, <strong>aber</strong> für<br />
ein kurzes Gespräch reicht es immer.<br />
Beispielsweise über den Senioren-Znacht<br />
am Vorabend. Auch<br />
für die Briefkastenschlüsselsuche findet<br />
Gianom noch Zeit oder für einen<br />
Botengang zum Kiosk unten im Haus.<br />
Gewünscht wird der «Blick». Nach<br />
einem Schwenker über die «dmura»<br />
von Silvaplana gehts schliesslich mit<br />
einem Kurzhalt an der St. Moritzer<br />
Via Spelma wieder zurück ins Spital.<br />
Ausladen, leere Boxen zum<br />
Abwasch bringen, Absprache mit<br />
dem Küchenchef Werner Gauderon<br />
über Bestellungsänderungen. Fertig.<br />
Fünfeinhalb Stunden war Gianom<br />
an diesem Donnerstag unterwegs,<br />
hat weder getrödelt, noch gehetzt.<br />
88 Kilometer wurden zurückgelegt,<br />
234 Treppenstufen überwunden und<br />
29 Mahlzeiten geliefert. Gianom ist<br />
zufrieden, <strong>aber</strong> <strong>auch</strong> hungrig. Es ist<br />
punkt 12. Zeit fürs Mittagessen. Seines<br />
diesmal.