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„Sterbend hat Jesus uns Maria zur Mutter<br />

gegeben. Und Gott hat ihr ein Herz gegeben,<br />

groß und weit genug, um die ganze Erde zu<br />

umfassen.“ Arnold Janssen<br />

Gottesmutter des Zeichens, Russland 19 Jh.<br />

Peter-Faber-Haus, Noviziat SJ, Innsbruck.<br />

„Umarmt von Raum und Zeit“ 1<br />

oder „Im Mutterschoß von Raum und Zeit“<br />

Erfahrungen von einer, die einzog, um nach dem rechten Maß zu leben<br />

Grüß Gott!<br />

Vorab ein Überblick, was Sie erwartet:<br />

1. Einleitung Seite 2<br />

2. Mutterschoß Seite 5<br />

3. Erste Lebensjahre Seite 5<br />

4. Jugendjahre Seite 6<br />

5. Berufswahl Seite 6<br />

6. Benedikt Seite 7<br />

7. Benedikts Regel Seite 7<br />

8. Klosterleben Seite 9<br />

9. Schluss Seite 10<br />

Endnoten Seite 11-15<br />

Sr. Mirjam Dinkelbach O.Cist., A-Abtei Marienkron, 7123 Mönchhof, md@abtei-marienkron.at<br />

Diese Gliederung 2 ist eine kleine Orientierungshilfe. Innerhalb dieser Punkte, geht es ziemlich<br />

chaotisch zu. Deshalb kam mir der Gedanke, dem Thema hinzuzufügen: Impressionen, Assoziationen,<br />

Stichpunkte.<br />

Ich versuche, etwas in Worte zu fassen, für das es keine Worte gibt. Das fällt mir in der schriftlichen<br />

Fassung nicht leichter als in der mündlichen. Immer noch ist der Grund für die vielen Worte mein<br />

Unvermögen, das, was ich sagen möchte, auf den Punkt 3 zu bringen. Darum ist das Anliegen dieser<br />

bruchstückhaften schriftlichen Fassung in erster Linie, Ihnen die Literaturangaben gewissenhaft<br />

nachzuliefern; zweitens, den inhaltlichen exemplarischen roten Faden nachträglich halbwegs<br />

nachvollziehbar zu machen; soviel Reibungsfläche wie möglich <strong>zum</strong> Weiterdenken zu präsentieren.<br />

Sehen Sie das, was ich sage, nur als einen von vielen Blickwinkeln. Die anderen Gedanken kommen<br />

von Ihrer Seite, aus Ihrer ureigensten Sicht, aus Ihrer ureigensten Situation, in der nur Sie sich<br />

momentan befinden oder im Zusammenhang mit dem ureigensten Zeit-Raum, den Sie überschauen<br />

möchten und nur Sie überschauen können. Sie denken sich Ihren Teil dazu, darüber hinaus, weiter,<br />

1


genauso, anders, ganz anders oder gar nicht. Auf diese Weise gewinnt unser gemeinsames<br />

Nachdenken an Weite und wir lernen auch aus dem, was nicht zur Sprache kommt. 4<br />

Denn wenn wir uns hier auch <strong>zum</strong> ersten Mal begegnen … für mich sind wir in Gedanken beieinander,<br />

seit Herr Loder im September 2011 anrief und um einen Impuls <strong>zum</strong> Thema „Zeit“ bat. Diese Bitte<br />

erreicht mich in einer Zeit der Vertiefung und Weichenstellung, der neuen Anpassung ans Ziel, der<br />

Einstellung des Zoom auf die aktuellen Distanzen. Dies im Bewusstsein gemeinsamen Nachdenkens<br />

zu tun, bedeutete eine große Unterstützung. Ich weiß nicht, ob ich andernfalls so um Worte und Form<br />

gerungen hätte. 5 Aber Sie wissen selbst, wie kostbar der Versuch ist, Wahrnehmungen in Worte zu<br />

fassen, auch wenn sie noch so unzulänglich sind. Es ist wie ein vorsichtiger Schritt in der Enthüllung,<br />

in der Annäherung ans Wesen, ins Einbezogensein ins Leben und Wissen Gottes. Wenn ich versucht<br />

habe, aus meiner Biographie etwas herauszufiltern, was für uns hier Anregung sein könnte, so hängt<br />

daran doch auch mein eigener Prozess der „Selbstkonsolidierung“ 6 .<br />

Nun sind wir also hier in einem Raum vereint. Auch Sie sind auf Ihre Weise eingestimmt in die<br />

Thematik entsprechend Ihrer aktuellen Situation im engeren und weiteren Sinn. Indem wir uns auf ein<br />

gemeinsames Thema einlassen, entsteht eine besondere Sammlung. Wir sind gemeinsam als „wir“ in<br />

unserer jeweils individuellen Situation mehr als die Summe der Anwesenden bei einem Vortrag. So<br />

wie Jesus sagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“, ist er mitten unter uns. 7 Die<br />

Zeit, die wir hier mitsammen verbringen, wirkt und webt uns ineinander und bleibt ein Knotenpunkt in<br />

unserem Lebensteppich. Das kann uns niemand mehr nehmen. Und dafür möchte ich Ihnen von<br />

Herzen danken.<br />

Ebenso ausdrücklich danke ich auch vielen lebenden und verstorbenen 8 Autoren, die sich im Laufe<br />

ihres Lebens der Mühe unterzogen haben, ihre Erfahrungen, Fragen und Einsichten, ihr Fühlen und<br />

Denken in Worte zu fassen. So können wir uns darin erkennen 9 und im Ertasten des Lebens mit ihnen<br />

im Gespräch sein. Viele ihrer Formulierungen habe ich wörtlich übernommen oder in die<br />

Ausführungen einfließen lassen, weil sie die Dinge besser ausdrücken als ich es kann. Die zitierten<br />

Autoren gebe ich gleich hier zu Beginn an (Belegstellen bzw. Zitate im Wortlaut fortlaufend): allen<br />

voran Václav Havel 10 ; Benedikt von Nursia 11 , Pierre Brice 12 , John Donne 13 , Michael Ende 14 , Clarissa<br />

Pinkola Estés 15 , Gregor der Große 16 , John O’Donohue 17 18 19 , Maria Otto 20 , Robert M. Pirsig 21 ,<br />

Andrea Riccardi 22 , Rainer Maria Rilke 23 , Gertrude und Thomas Sartory 24 , Franz Werfel 25 , Mary<br />

Williamson 26 , biblische Autoren. Und danken darf man auch einmal allen Druckern, Übersetzern,<br />

Papierfirmen, Bäumen und Buchläden …<br />

„Umarmt von Raum und Zeit“ 27<br />

oder „Im Mutterschoß von Raum und Zeit“<br />

Erfahrungen von einer, die einzog, um nach dem rechten Maß zu leben<br />

Impressionen, Assoziationen, Stichpunkte<br />

1. Einleitung<br />

Seit Frühjahr 2011 habe ich Raum und Zeit auch für mich. Es ist ein Geschenk und ich empfinde es als<br />

Belohnung. Es ist kein Leerlauf. Es schließt an Vergangenes an und bereitet vermutlich Kommendes<br />

vor. Ich nehme meinen bisherigen Weg in den Blick. Ich sehe das Grundmuster, das sich im Laufe der<br />

Jahre immer deutlicher abzeichnet. Ich frage mich, welche Prioritäten und Weichenstellungen sich<br />

daraus ergeben. Ist das Ziel klar? Welche Konsequenzen ziehe ich daraus für meine nächsten Schritte,<br />

meine innere Haltung? Diese Frage stelle ich nicht mir isoliert, sondern in Gott und seiner Welt.<br />

„Diese Frage stellt der Instinkt, nicht die Logik. Die Tiefe fragt die Tiefe. Die Fragen sind einfach:<br />

Wovon brauche ich weniger, wovon brauche ich mehr? Was muss adjustiert werden, was gelockert,<br />

was betont? Befinde ich mich auf dem richtigen Weg: dem der Seele? Drückt sich mein Inneres weit<br />

genug äußerlich aus? Was muss geschützt, gestärkt, gewichtiger gemacht werden?“ 28 Was entspricht<br />

meiner Berufung, meinem Auftrag - dem, was Gott von mir will, so wie ich es verstanden habe?<br />

2


„Es geht mir hier nicht um die Revision dessen, was ich über Gott und die Welt und mich denke,<br />

sondern im Gegenteil: es geht mir um die Erfüllung der Ansprüche, die Gott in der Welt – so wie ich<br />

sie jetzt sehe – an mich stellt. Ich will nicht meine Ecken, Kanten und Rundungen weghaben, sonst<br />

würde ich meinen Platz im Puzzle nicht richtig ausfüllen. Ich will mich nicht ändern, sondern besser<br />

ich selbst sein.“ 29<br />

„Dabei darf ich nicht den Fehler machen, dieses immens wichtige und heilsame Tun an und in mir von<br />

einem Außenstehenden zu erwarten, sei es Mama, Papa, Freunde, System oder wer auch immer. Jeder<br />

Versuch, einem anderen diese Aufgabe zu übertragen, ist <strong>zum</strong> Scheitern verurteilt. Es ist MEINE<br />

Aufgabe. Hier wird eine Form der Tiefenarbeit geleistet, die ich für mich selber in meinem eigenen<br />

Innern verrichten muss mit tiefstem Mitgefühl und einer Liebe, die nur das Selbst für das Selbst<br />

empfinden kann.“ 30<br />

„Man stellt sich mitunter selbst eine Falle, wenn man bei der Selbstbetrachtung bestimmte Aspekte<br />

von sich ablehnt und sich mit anderen in und außer sich identifizieren möchte. Diese milde Form<br />

psychischer Zersplitterung ist bis zu einem gewissen Reifegrad völlig normal. Aber eines Tages<br />

erreicht man den Punkt, an dem man alle Einzelaspekte in sich bewusst wahrnimmt, in ihrer<br />

Bedeutung erkennt und sie einer königlichen inneren Ordnung unterstellt werden. Die Augen gehen<br />

uns auf und wir erkennen, dass wir nackt sind. Diese Ordnung ist die naturgegebene. Warum also<br />

verstecken wir uns vor uns selbst und vor Gott? Versteckt sich etwas ein Kind vor der Mutter?“ 31<br />

„Unsere tiefste Angst ist nicht die<br />

vor unserer Unzulänglichkeit.<br />

Unsere tiefste Angst ist die Angst<br />

vor unserer unermesslichen Kraft.<br />

Es ist das Licht in uns, nicht die Dunkelheit,<br />

die uns am meisten ängstigt.“ 32<br />

Und das hat sicher einen Sinn;<br />

denn unermessliche Kraft<br />

kann man auch zerstörerisch einsetzen.<br />

„Aber warum fragen wir uns: Wer bin ich, dass ich von mir sage,<br />

ich bin brillant, in bin begabt und einzigartig.<br />

Ja, im Grunde genommen: Warum solltest du das nicht sein?<br />

Du bist ein Kind Gottes.<br />

Wenn du dich klein machst, hilft das der Welt nicht.“ 33<br />

Vielleicht ist es besser zu beten:<br />

Hilf mir, o Gott, deinen Willen zu tun. (Psalm 143,10)<br />

„Wir sind geboren, um den Glanz Gottes<br />

zu offenbaren, der in uns ist.<br />

Gottes Glanz ist nicht nur in wenigen von uns,<br />

Gottes Glanz ist in jedem Menschen.<br />

Wenn wir unser eigenes Licht scheinen lassen,<br />

geben wir anderen ebenfalls die Erlaubnis,<br />

ihr Licht scheinen zu lassen.<br />

Wenn wir uns von unserer eigenen Angst befreien,<br />

befreien wir mit unserer Gegenwart auch andere.“ 34<br />

Darum, so empfinde ich, ist die Frage des Selbstbildes/der Selbsteinschätzung eine Sache der<br />

Verantwortung: für mich selber, für andere und für die ganze Welt:<br />

• Ich kann mich nur in meiner Haut und in der Welt nach der Fülle des Seins sehnen.<br />

• Ich kann nur in meiner Haut und in der Welt den Glanz Gottes offenbaren, wie Jesus bei der<br />

Verklärung und Mose durch sein leuchtendes Angesicht.<br />

• Das Dilemma ist: Sobald ich die Fülle des Seins und den Glanz in der Welt suche, entferne ich<br />

mich zugleich davon 35 .<br />

3


Die Bibel drückt es so aus: „Hiermit lege ich dir heute das Leben und das Glück, den Tod und das<br />

Unglück vor… Wähle also das Leben, damit du lebst.“ 36 Ich bin permanent zur Unterscheidung<br />

aufgerufen und ermächtigt: Dient dies oder das dem Tod oder dem Leben? Gott will durch meine<br />

Augen wahrnehmen, was dem Leben hier und heute dient. Ich habe diesen Auftrag in Raum und Zeit,<br />

auf meine unverwechselbare und vor allem unvertretbare Weise. Wovor ich meine Augen und mein<br />

Herz verschließe, das bleibt dem Blick und dem Herzen der Welt und Menschheit verborgen. 37<br />

Es heißt: wenn ich in Graz huste, fällt am Südseestrand eine Kokusnuss von der Palme …Wie viel<br />

mehr Einfluss haben dann erst unsere gewollten und zielgerichteten Akte?<br />

„Die Anforderungen, die das Leben an uns stellt, machen es uns zwar unmöglich, ununterbrochen für<br />

unsere Lieben und alle Welt dazusein. Doch im Gebet können wir die Inbilder ihrer Gegenwart stets in<br />

unserem Herzen tragen. Ohne dass die Welt etwas davon ahnt, tragen wir diese Freunde und Welten in<br />

unserem Herzen mit uns, und von Herz zu Herz segnen, behüten und umsorgen wir einander 38 …<br />

mein Meditationsbild:<br />

„Be thou a Mother<br />

where the Holy Ghost<br />

would be a Father.”<br />

John Donne 39<br />

Foto: aufgenommen von<br />

Apollo 17 am 7.12.1972<br />

… Wir machen uns keine Vorstellung, was ein Gebet tatsächlich bewirken kann. 40 Es geschieht<br />

vielleicht nicht direkt, was wir ersehnen. Aber ohne unser Wissen hat dieses Gebet insgeheim an<br />

einem anderen Aspekt der Situation gewirkt und eine Transfiguration in Gang gesetzt, die vielleicht zu<br />

einem späteren Zeitpunkt erkennbar werden wird. 41<br />

Wir sollten mit unserem Gebet großzügig umgehen. Es ist wichtig, sich bewusst<strong>zum</strong>achen, welch<br />

umfassende und intensive spirituelle Kraft das Gebet in die Welt hinaus- und hineinsendet. (…) Das<br />

Gebet hat einen tieferen Sinn, nämlich die Heiligung und Heilung der Welt, die zu bewohnen wir das<br />

Privileg haben.(…) Wenn wir nur sehen könnten, was unser Gebet zu leisten vermag, würden wir<br />

nichts anderes wollen, als stets in der durch es geweckten Gegenwart zu sein, (…) alles, was wir sind,<br />

in unser geringstes Handeln zu legen.“ 42<br />

„Ich halte es für wichtig, dass Sie hier in unserer gemeinsamen Stunde 43 meine Denkweise wissen: Es<br />

heißt, wir sollen im Verborgenen beten und die linke Hand soll nicht wissen, was die rechte tut. Auch<br />

gibt es Dinge, die nicht zur Mitteilung bestimmt sind 44 . Aber in diesem Fall scheint mir Offenheit<br />

lebenswichtig zu sein“ 45 , denn es geht nicht um irgendetwas, sondern es geht um Leben und Tod.<br />

Diese Dringlichkeit verstehe ich nicht im Sinne der Grundentscheidung; ich setze voraus, dass wir das<br />

Leben gewählt haben und täglich neu wählen.<br />

Ich meine auch nicht Weltuntergangstimmung, die nicht Verantwortung, sondern Sensationslust ist.<br />

Die alten Maya drehen sich im Grabe um, wenn sie mitbekommen, dass wir Prophezeiungen materiell<br />

verstehen und nicht im Sinne der Transformation. Und Noah würde sich die Haare raufen: Wozu habe<br />

ich mir Schiffbau und Seefahrt angetan? Warum sind wir nicht bequemerweise gleich untergegangen?<br />

Wozu habe ich ein Dankopfer dargebracht? Als Jahwe den lieblichen Duft roch, versprach er doch, nie<br />

4


mehr die Erde um der Menschen willen zu zerstören! Er erfand sogar den Regenbogen als Zeichen<br />

seines Versprechens! Und nun glaubt ihm keiner!<br />

Wenn ich sage „Es geht um Leben und Tod“ meine ich den Kairós: Wir leiden unter Stress, andere an<br />

Hunger und Gewalt, die Schöpfung am Menschen. Es ist immer wieder neu an der Zeit, sich im je<br />

eigenen Umfeld immer wieder neu richtig zu positionieren 46 . Das ist die Aufgabe jedes einzelnen.<br />

„Ein Charakteristikum unserer Gesellschaft ist die Zeitknappheit. Das erzeugt vielfach Stress und führt<br />

schnell an die Grenzen der Belastbarkeit. Davon sind auch wir nicht ausgenommen.“ 47<br />

Wenn ich den Gedanken an dieser Stelle einmal nicht als Beschreibung einer Wahrnehmung verstehe,<br />

sondern als passive Reaktion, so sind wir Opfer einer Naturkatastrophe. Schuld sind wie üblich<br />

Banken, Amerika und die Korruption. Wer um alles in der Welt soll uns aus dieser Not erretten? Der<br />

Gute Hirte aus Psalm 23? Oder der Papa, der’s schon richten wird? Oder die Mama, deren Sorge uns<br />

zuviel wird, solange wir selber zurecht kommen?<br />

Wo läge dann die Inkonsequenz verborgen? Auf wen oder was warte ich? „Kann man … wirklich<br />

nichts ändern? … Wenn ich als etwas überlege, was diese Welt aus mir macht – nämlich als ein der<br />

menschlichen Identität beraubtes Schräubchen einer gigantischen Maschine -, dann kann ich wirklich<br />

nichts machen… Überlege ich aber als das, was jeder von uns ursprünglich ist bzw. jeder von uns –<br />

unabhängig vom Zustand der Welt – im Grundsatz werden kann, nämlich als mündiges menschliches<br />

Wesen, das zu Verantwortlichkeit gegenüber der Welt und für die Welt fähig ist, dann kann ich viel<br />

tun.“ 48 Tatsache ist, dass ich auf die eigenen Füße muß.<br />

„Wer aber soll anfangen? Ich stimme Levinas zu: Verantwortung kann nicht gepredigt werden,<br />

sondern nur getragen, und man kann also nirgendwo anders anfangen als bei sich selbst. Es klingt zwar<br />

lächerlich, aber es ist so: ich muss anfangen. Interessant ist daran aber eine Sache: wenn ich einmal<br />

anfange – nämlich versuche, jetzt und hier, da, wo ich bin, und ohne die Ausflucht, anders ginge es<br />

vielleicht besser, ohne große Reden und auffällige Gesten, aber um so ausdauernder in<br />

Übereinstimmung mit der ‚Stimme des Seins’ zu leben, wie ich sie in mir verstehe – sobald ich damit<br />

anfange, stelle ich auf einmal überrascht fest, dass ich weder der einzige noch der erste, noch der<br />

Gründlichste bin, der sich auf diesen Weg gemacht hat. Die Hoffnung, die sich mir im Herzen durch<br />

diese Wendung eröffnet hat, öffnet mir die Augen auch für alles Hoffnungsvolle, was der vom Glanz<br />

der Daseinsverführungen geblendete Blick nicht sieht oder sehen will, weil es das traditionelle<br />

Argument der Resignierenden stören könnte: es sei sowieso alles verloren. Ob alles verloren ist oder<br />

nicht, hängt nur davon ab, ob ich verloren bin oder nicht…“ 49<br />

Fangen wir also vorne an:<br />

2. Mutterschoß<br />

Im Mutterleib wachsen wir nicht vom Kopf <strong>zum</strong> Fuß oder vom Fuß <strong>zum</strong> Kopf, eine Masche und Reihe<br />

nach der anderen, so wie man einen Schal strickt. Was interessiert das Kind im Mutterschoß der<br />

Kalender? Nach was messen Vater und Mutter die Zeit der Schwangerschaft? Und wie der Fremde,<br />

der von diesem Wunder nichts weiß? Wir wachsen wie eine Blüte: „Die Zeit der Blüte ist die Zeit der<br />

fünf Blätter.“ 50 Alles geschieht gleichzeitig 51 : Auf einmal platzt die Mutter fast aus den Nähten, dem<br />

Küken wird das Ei zu eng. Vom Schoß der Mutter schlüpfen wir in den Schoß der Atmosphäre. Vom<br />

Wasser an die Luft, nach der wir übergangslos und selbstverständlich schnappen. Wir sind in den<br />

Schoß der Welt geboren und unwiderruflich Teil von ihr. Gott pustet uns den Lebensodem in die Nase<br />

und prompt melden wir uns mit unüberhörbarem Geschrei an. Mit einem kleinen Klaps wurde die neue<br />

Luftnabelschnur in Gang gesetzt, die alte hat ihren Dienst getan. Alles, was noch an früher erinnert, ist<br />

ein kleines Loch im Bauch.<br />

3. Erste Lebensjahre<br />

Im Schöpfungsbericht lesen wir, wie Gottes Geist das vor ihm liegende Chaos in eine Ordnung von<br />

Raum und Zeit bringt. Frisch aus dem Ei gepellt setzt er uns da hinein, sauber und satt; und mit ein<br />

paar kleinen Regeln läuft das ganze paradiesisch. Delikte wie verbotene Früchte klauen, Brudermord<br />

5


und üble Nachrede sind kein Grund für den Weltuntergang, sondern Teil des Systems: Aus Fehlern<br />

lernt man; aus Schaden wird man klug; Geduld lehrt, nach und nach die größeren Zusammenhänge zu<br />

sehen; Vertrauen birgt die Gewissheit, dass Gott weiß, was er will; Leben im Schoß die Erfahrung,<br />

dass alles zur rechten Zeit am rechten Ort wächst. 52<br />

Im Jahre ‚0’ hat einer die Regel des Paradieses begriffen, die Nabelschnur des Geistes angekoppelt<br />

und in der Liebe gelebt. Glücklich also die kleinen Schreihälse, die in ein Umfeld geboren werden, das<br />

vom Geist Jesu geprägt ist oder <strong>zum</strong>indest vom Ringen darum: Wer schreit, wird gefüttert, umarmt,<br />

aufgehoben, verbunden, befreit, gewickelt, geheilt … Immer ist jemand da …<br />

• Wann beginnen ‚ich’ und ‚du’?<br />

• Wann das Gefühl von Raum und Zeit? Da komm’ ich nicht dran! Da stoß’ ich an! Das dauert<br />

zu lang! Langeweile, kurze Weile.<br />

• Strukturen. Um 12h gibt es Mittagessen; am Samstag geht es zu den Großeltern; im Winter ist<br />

Weihnachten … noch dreimal schlafen.<br />

• Umarmt von Raum und Zeit, Duft und Luft, Boden unter den Füßen, Dach über dem Kopf.<br />

• Wenn’s am schönsten ist, muss man ins Bett. Ich habe immer schon gern gelesen. Irgendwann<br />

entdeckt man die Taschenlampe unter dem Kopfkissen und entschlüpft dem System.<br />

• Und dann ist man plötzlich 15 … oder so …<br />

4. Jugendjahre<br />

Ein paar prägende Elemente aus meiner verflossenen Jugend.<br />

• So wie Sie heute hier, landeten wir in unserer Schulzeit bei Einkehrtagen im Kloster. Da waren<br />

schwarz-weiße Mönche drin, die plötzlich auf die Uhr schauten und sagten: „Ich geh jetzt<br />

beten.“ Nicht am Sonntag, sondern mitten in der Woche mitten am Tag. Wir fanden das cool,<br />

dufte. Was beten ist, wussten wir. Dass die das beruflich machten, fanden wir sensationell.<br />

• In den Osterferien besuchte ich meine Verwandten in der DDR. Sie ermöglichten mir viele<br />

Erfahrungen: Es gab die Matthäus-Passion in der Thomaskirche, aber anschließend keine<br />

„Öffis“ und Taxis, um nach Hause zu fahren. Es gab Ostereier, aber das Fest hieß<br />

Jugendweihe. Die Regale in den Geschäften waren bis obenhin voll, aber entweder mit<br />

Zitronen oder mit Gummistiefeln.<br />

• Daheim erzählte ich meinem schwarz-weißen Mönch von diesen ersten beklemmenden<br />

Erfahrungen meines Lebens und meiner Hilflosigkeit angesichts der Menschen in Unfreiheit.<br />

Je älter ich werde, umso mehr wundert es mich, wie ernst er das damals nahm. Er schaute mich<br />

nachdenklich an und sagte: „Es wird nicht viel bringen, wenn wir zwei eine Demo machen.<br />

Wir müssen beten.“ Wieder eine Sensation: Politisch beten, geographisch beten! Gebet ist doch<br />

privat. Aber versuchen kann ich es ja mal. Merkt ja keiner. Also betete ich Vaterunser für die<br />

DDR und gleich mit für Litauen, die Heimat meines Großvaters 53 .<br />

• England, Frankreich, Benelux, Kanada, USA; dort Maturafahrt, da Verwandte, da<br />

Sommerferien mit Interrail. Andere Länder, andere Sprachen, andere Sitten und vor allem<br />

Gesichter. Sobald ich anderswo jemanden kenne, sind es nicht mehr „die da“. Andere<br />

Gottesdienste, andere Uhrzeiten. Alles relativ, aber nicht willkürlich. Als Deutsche in<br />

Israel/Palästina … Versöhnung das Stichwort … leben bei Benediktinern: wieder dieser<br />

Rhythmus 54 … loben, danken, bitten ist ein Beruf 55 .<br />

• Wenn das Herz weit wird, wird die Welt zu eng. 56<br />

5. Berufswahl<br />

So schlüpfte es in Marienkron. Bei schwarz-weißen Schwestern: Zisterzienserinnen. Die<br />

BenediktinerInnen haben die Benediktusregel, die TrappistInnen das Schweigen, die<br />

ZisterzienserInnen wissen immer noch nicht, was sie wollen 57 . Die von Marienkron wissen es: ein<br />

Kloster, das 1955 als „Gebetsstätte am Eisernen Vorhang“ gegründet wurde. Gebet für Ungarn, DDR,<br />

Litauen ... nach der Regel des hl. Benedikt, der bewahrt, dass Dasein immer auch Sendung ist, auch<br />

wenn die Sendung im Dasein besteht.<br />

6


6. Benedikt<br />

„Gregor entwirft ein großes geistiges Bild von Benedikt als von einem Menschen, der sich in Wüstheit<br />

und Zerfall jenes Jahrhunderts einen eigenen Raum sichert, einen Raum, wo er Menschen zu einem<br />

neuen Selbstvertrauen und fruchtbaren Aufbau versammelt. Die Wunder des hl. Benedikt, die Gregor<br />

beschreibt, sind kein Aberglaube, sie führen zu nachdenklichem Glauben und jedenfalls vom<br />

schlimmsten Aberglauben weg, dem, dass die Welt nun heillos zugrunde gehe.“ 58<br />

Diese Beschreibung von Benedikt spricht mich sehr an. Sie beschreibt die Regel nicht als Weg der<br />

Selbstheiligung und als Selbstzweck 59 , sondern in ihrer Bedeutung im Kontext ihrer Völkerwandernden,<br />

Reich-untergehenden und Orientierung-suchenden Zeit. Vielleicht können oder wollen<br />

wir zwischen damals und heute Vergleichbares erkennen; statt dem Panikvirus zu verfallen,<br />

katastrophensüchtig zu werden oder Vogelstrauß zu spielen, uns an Paulus orientieren und unsere Lage<br />

mit ihren Herausforderungen als Geburtswehen verstehen; wie Benedikt uns überlegen, mit welchen<br />

Hebammendiensten, mit welchen unserer Vater- und Muttertalente nun zu wuchern ist. Denn wir<br />

wollen für uns und unsere Kinder und Kindeskinder das Leben, und …<br />

6.1 … genau das wollte Benedikt auch<br />

Was hat er Spektakuläres gemacht? Nichts anderes als unverfügbaren Prioritäten entsprechend den<br />

Alltag geregelt.<br />

Wenn ich das Gefühl habe: Ich gehe unter! Ich dreh durch! Mir wächst alles über den Kopf! Es staut<br />

sich alles! Die Welt versinkt im Chaos des Geschirrs, der Socken, der Lehrpläne, der Politik!<br />

Dann kann ich strampeln, bis aus der Milch Schlag wird. Oder mich einen Augenblick hinsetzen und<br />

mich fragen: Wo fang ich denn jetzt an? Um was geht es eigentlich? Was ist das Wichtigste? Ziele<br />

setzen. Wenn alles wichtig ist, kann ich überall anfangen, damit etwas weitergeht. Wenn ich ein<br />

Projekt durchziehen möchte, kann ich Prioritäten setzen; mal eine Nacht durchmachen, um wieder up<br />

to date zu sein.<br />

6.2 Und wenn es um Leben und Tod geht?<br />

„Gott ruft uns zu“, so schreibt Benedikt: „Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und gute Tage zu<br />

sehen wünscht?<br />

Wenn du antwortest: Ich,<br />

dann sagt Gott zu dir: Willst du das wahre und ewige Leben haben, so meide das Böse und tue das<br />

Gute, suche den Frieden und jage ihm nach.“ 60<br />

„Seht doch, liebe Brüder, in seiner Güte zeigt uns der Herr den Weg <strong>zum</strong> Leben! Fragen wir doch den<br />

Herrn mit den Worten des Propheten: Herr, wer darf wohnen in deinem Zelt?<br />

Hören wir die Antwort des Herrn: Wer makellos lebt und das rechte tut.“ 61<br />

6.3 Will ich das?<br />

„Brüder, wir haben den Herrn gefragt, wer in seinem Zelt wohnen darf, und wir haben die<br />

Wohnbedingungen gehört. Nun müssen wir auch die Pflichten eines Bewohners erfüllen. 62<br />

Mit Gottes Hilfe wollen wir diesen eine feste Ordnung geben. 63 Wir wollen also eine Schule für den<br />

Dienst des Herrn gründen. 64 Die Werkstatt, in der wir das alles gewissenhaft üben wollen, ist die<br />

Abgeschiedenheit des Klosters und das treue Ausharren in der Gemeinschaft. 65 “<br />

7. Benedikts Regel<br />

… ist für Leute, die Gott suchen. 66 Sie ist für Anfänger; wer mehr will, soll die Bibel und die<br />

Kirchenväter lesen. 67<br />

7.1 Der Abt<br />

Benedikt baut seine ganze Regel auf den Abt auf. Es mag hierarchisch klingen, aber es entsprach<br />

einfach seiner Biografie. Gregor der Große beschreibt 68 : Benedikt fand beim regulären Studium nicht,<br />

was er suchte und zog sich zurück in die Einsamkeit. Dort reifte seine besondere Berufung. Er wohnte<br />

in sich selbst, außerhalb von Zeit und Raum, und vergaß das Osterfest. Leute kamen, um ihn zu holen.<br />

7


Irgendwann schlossen sich ihm Leute an. „Sie verlangten danach, einen Abt als Oberen zu haben“ 69 .<br />

Sie sahen in ihm den Stellvertreter Christi, für Benedikt ein erschreckender Anspruch.<br />

(Zum Vergleich: Augustinus geht in seiner Regel von der Gemeinschaft als Abbild der Jerusalemer<br />

Urgemeinde aus. Benedikt richtet sich nach dem Vorbild der Jünger, die sich um Jesus versammeln. -<br />

Es gibt also verschiedene Modelle. Egal, ob als Familie, Schule, Single … immer geht es um die<br />

Frage: wie gestalte ich mein Leben so, dass es <strong>zum</strong> Leben führt und nicht <strong>zum</strong> Tod.)<br />

7.2 Elementare Regeln (die für uns alle gelten)<br />

Im Anschluss an das Abt-Kapitel (Kap. 2) folgt der Kern der Regel mit den elementaren Aussagen, die<br />

für uns alle gelten.<br />

• Wichtiges gemeinsam beraten, weniger Wichtiges im kleinen Kreis (Kap 3)<br />

• Liste der guten Werke: die 10 Gebote usw. (Kap 4)<br />

• Gehorsam: „Ich bin nicht gekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen,<br />

der mich gesandt hat.“ (Kap 5)<br />

• Schweigen (Kap 6)<br />

• Demut als Weg der Liebe, die alle Furcht vertreibt (Kap 7)<br />

• Gegenseitiger Gehorsam (Kap 71)<br />

• Guter Eifer, der <strong>zum</strong> Leben führt (Kap 72) 70<br />

7.3 Konkrete Regelung des Klosteralltags (vergleichbar mit anderen Lebensrahmen):<br />

Konkret geregelt wird das konkrete Leben. … das sind die Dinge, die sich durch unsere gewählten<br />

Bindungen/Berufe unterscheiden:<br />

• Gottesdienst: Zeiten für die Gottesdienste, Einteilung der Psalmen und Lesungen: sozusagen<br />

die Gottesdienstordnung für das ganze Kirchenjahr, Schott und Brevier. Entsprechend<br />

umfangreich sind diese Kapitel; aber auch flexibel: Benedikt macht ausdrücklich darauf<br />

aufmerksam: Wenn jemand seine Verteilung nicht annehmen will, dann soll er nach besserer<br />

Einsicht andere Reihenfolgen aufstellen….<br />

• Organigramm: Abt, Prior (falls erwünscht), Dekane (Gruppenleiter für je 10 Mönche, wenn die<br />

Gemeinschaft größer ist), Ökonom, Priester, Handwerker, Pförtner, Gastbruder,<br />

•<br />

Krankenbruder…<br />

Wochendienste im Wechsel: Küche, Leser bei Tisch und in der Kirche, Vorbeter. Wer Helfer<br />

braucht soll sie bekommen, damit kein Stress ist. Und was ist, wenn man keine Helfer hat?<br />

Dann soll man nicht traurig sein (RB 48,7) ☺<br />

• Grundbedürfnisse: Schuhe, Kleider, das Notwendige, Maß der Speise und Getränke, Werkzeug<br />

• Stundenplan: Zeiten fürs Essen, Beten, Schweigen, Lesen, Arbeiten, Schlafen und „das<br />

dazwischen“.<br />

7.4 Besondere Verhaltensregeln (vergleichbar mit anderen Lebensrahmen):<br />

• Sitzordnung<br />

• Verhalten in der Kirche, beim Essen, im Schlafsaal<br />

• Umgang mit dem Besitz des Klosters<br />

• Umgang mit Briefen und Geschenken<br />

• Umgang mit Kranken, Alten, Kindern, Schwachen<br />

• Verhalten außerhalb der Klosters (in der näheren Umgebung, auf Reisen)<br />

7.7 Ausnahmen (bestätigen überall die Regel):<br />

Wenn einem Unmögliches aufgetragen wird. Austritt, Wiederaufnahme, Übertritt<br />

7.8 Schutz der Gemeinschaft (vergleichbar mit anderen Lebensrahmen):<br />

Abweichungen, Verfehlungen, Strafen<br />

7.5 Aufnahme eines neuen Bruders, der Gott sucht (Kap 58)<br />

8


7.6 Aufnahme der Gäste wie Christus (Kap 53)<br />

8. Klosterleben<br />

„Wie eine Pflanze, die ein Baum werden soll, ward ich damals aus dem kleinen Gefäß<br />

herausgenommen, vorsichtig, während Erde abfloß und etwas Licht zu meinen Wurzeln kam, und<br />

wurde endgültig eingesetzt an meine Stelle, dort, wo ich stehen bleiben sollte bin in mein Alter, in die<br />

große, ganze, wirkliche Erde.“ 71<br />

8.1 Hineinwachsen<br />

• Am Anfang vergeht die Zeit mit Suchen: nach Tixo, Türen, Besen, Gebeten.<br />

• Das Dilemma: was tue ich, wenn bis 15.00 Singprobe ist und ab 15.00 Telefondienst. Zwischen<br />

den Zeiten liegt Raum.<br />

• „Mein Geist ist vollkommen mit einer einzigen Sache beschäftigt: dem Kennenlernen der<br />

neuen Umgebung, dem Bemühen, ihre Gesetzmäßigkeiten zu erfassen und die beste Art zu<br />

finden, darin zu existieren. Und natürlich die Sorge um den Körper und seine Adaption.“ 72<br />

• Ich kann hier 73 kein Doppelleben führen.<br />

8.2 Mitwirken, teilnehmen<br />

• Irgendwann habe ich gemerkt, ich gehöre dazu. Ich bin zugleich verwöhnt und ausgelastet: Für<br />

mich wird gekocht, gewaschen gebügelt. Ich spüle, sauge Staub und mache Telefondienst.<br />

• Sobald sich das Suchen erübrigt hat, geht man den Sinn an. Ich schrieb meiner Freundin: „Du<br />

tust soviel Sinnvolles: Du betreust Projekte in Afrika und schaust, ob in Indien die<br />

Wasserleitung gebaut wurde. Ich spüle, sauge Staub und mache Telefondienst.“ Ihre Antwort<br />

war deutlich: „Du bist nicht bei Trost! Der Priester, der in China interniert war, hat gesagt: das<br />

einzige, was ihm geholfen hat zu überleben war, dass er wusste, dass Menschen für ihn beten.“<br />

8.3. Mittragen<br />

• Also denke ich bei den Dingen, die mir zuviel oder zu schwer sind: ich helfe damit der DDR,<br />

Litauen, den Flüchtlingen tragen, dem internierten Priester in China überleben. Ich merke,<br />

indem ich ihnen helfe, helfen sie mir.<br />

• Ich weiß, ich soll meinen Nachbarn lieben, weil die in der Ferne lieben ist zu leicht. Aber ich<br />

habe mich entschieden, das eine zu tun und das andere nicht zu lassen. 74<br />

• Ist das nicht wunderbar? In jedem Handgriff und dort, wo ich bin, mitverantwortlich zu sein für<br />

die Schöpfung. Für meine nächsten und Fernsten. Für die vor mir und die nach mir. Für<br />

Umwelt, Pflanze, Tier. Mit jedem Gebet und jedem Handgriff.<br />

• Aber der gute Wille bewirkt nicht die ewige Fitness…<br />

• Im Würgegriff von Raum und Zeit ...<br />

• Gott sucht Leute, die bereit sind, in die Bresche zu springen, sagt Ezechiel. 75<br />

• Ich weiß nicht mehr, wie ich heiße, bringe meine ganze Identität ein bis zur Kernspaltung. 76<br />

8.4 Mitdenken, mitlenken<br />

• „Nicht mit Kriegskraft segnete ihn Erdschöpfer, nur mit Leben.“ 77<br />

• … nur mit dem Leben als Beute kam Jeremia davon. 78<br />

• Aber im Kloster ist doch alles geordnet! Die Benediktusregel ist berühmt für das rechte Maß!<br />

• Ich habe nicht deshalb, weil ich im Kloster bin, Anspruch auf ein geordnetes Leben, sondern<br />

die Aufgabe, dem Chaos, der Entropie, der Anomie Zeit und Raum abzuringen, in dem Gott<br />

erfahrbar wird, um der Menschheit willen, um der Schöpfung willen, um Gottes willen. So wie<br />

Benedikt damals.<br />

• Also wieder von vorn: Worauf kommt es an? Was muss sein und bleiben, damit das Leben<br />

lebt? …<br />

9


8.5. Weiterleben<br />

… Marienkron an diesem Platz in der Schöpfung und in seiner Funktion in ihr 79 . Aus dem Gelübde<br />

der ‚Stabilitas’ wurde die Hymne: „Wir sind gekommen, um zu bleiben!“ 80 Wer sonst wäre an den<br />

Grenzen präsent? 81<br />

8.6. Weitergeben<br />

So sind wir also da. Bleiben in Raum und Zeit, solange Gott es will. Bleiben in der Unmöglichkeit, so<br />

Er denn will. Bleiben in Ewigkeit, weil Er es will 82 . Geboren aus Seinem Schoß: Zwillinge. Ein<br />

Kloster und ein Hotel. Das eine für die „Aufnahme der Brüder“, das andere für die „Aufnahme der<br />

Gäste“. Um das Hotel kümmern sich Leute, die das gelernt haben und mit Begeisterung und Liebe tun.<br />

Um das Kloster kümmert sich die nächste Generation. Und ich?<br />

8.7 Hinauswachsen, schlüpfen, transformieren<br />

Wie eh und je bete ich mit und für alle meine Lieben nah und fern, die DDR, Litauen, Ungarn, die<br />

Schöpfung und alles auf ihr und in ihr in Ewigkeit. Versuche, nichts zu tun oder zu denken, was die<br />

Entwicklung des Kindes in meinem Schoß stören könnte. 83 „Es ist ein Zustand des Herzens und der<br />

Seele, Schlüssel <strong>zum</strong> Leben und zur Lebenseinstellung, eine Art der Existenz; es ist nicht nur eine<br />

Erfahrung unter Erfahrungen: es ist die Erfahrung aller Erfahrungen, ihr verhüllter Ausgangspunkt und<br />

ihr verhülltes Ziel. Es ist ein in der Tat menschlicher Weg, schwierig und schön wegen all der Dinge,<br />

die er umfasst – von der Aufgabe, auf jene unbestechliche Stimme zu achten, die uns immer und<br />

überall zur Verantwortlichkeit ruft, also auch dann und dort, wenn und wo wir außerhalb der<br />

Sichtweite der Welt unseres Da-Seins sind, bis zu jener höchsten Freude, wie wir sie mit unserem<br />

ganzen Wesen erfahren in flüchtigen Augenblicken der vergegenwärtigten Sinnfülle des Seins, wenn<br />

wir uns am ‚Rande der Endlichkeit selbst’ befinden – von Angesicht zu Angesicht dem Wunder der<br />

Welt und dem Wunder unseres ‚Ich’.“ 84<br />

9. Schluss<br />

„Was ich da von mir gegeben habe 85 , ist Teil eines Musters, das sich aus meinem Leben entwickelt<br />

hat. Es bedeutet das Überschreiten von ‚etwas’, worüber meiner Meinung nach auch viele andere<br />

hinausgelangen möchten“ 86 , hinauswachsen aus den Grenzen von Raum und Zeit, um zu leben.<br />

„Damit du lebst!“ antwortet Werfels Jahwe Jeremia. „Das heißt nicht: damit du einige Jahre weniger<br />

früh sterbest! … Ich antworte dir, indem ich in dein Herz die neue Gewissheit des Überdauerns senke,<br />

denn deine Zeit wurzelt in meiner Zeit.“ 87<br />

10


1 Bei der Suche nach dem Titel für den Vortrag kam mir dieses Wort in den Sinn. Es ist nicht von mir; es ist mir<br />

irgendwann einmal beim Lesen untergekommen. Ich hatte gedacht, es ist von John O’Donohue (siehe Endnoten 17-<br />

19); aber ich habe es dort beim Durchblättern nicht wiedergefunden. Sollte es Ihnen irgendwo einmal begegnen,<br />

freuen Sie sich vielleicht so wie ich.<br />

2 Ich habe die biographische Form gewählt, weil sie am ehesten übertragbar und leicht zu verallgemeinern ist und<br />

eine gewisse Chronologie in Erfahrungen bringt, die sich gemeinhin überlagern und überschneiden.<br />

3 … und wenn, dann wäre mit dem Thema alles gesagt: “Umarmt von Raum und Zeit” oder “Im Mutterschoß von<br />

Raum und Zeit” (siehe auch Endnote 1)<br />

4 Havel Vacláv, Briefe an Olga. Betrachtungen aus dem Gefängnis, rororo-aktuell-essayTB, Reinbek 1989, vgl. S.34<br />

5 Havel aaO S.168: „Es ist also nicht die Geschichte des ‚Antwortens’, sondern die des ‚Fragens’; … Dieses ‚Sich-<br />

Auseinandersetzen’ ist die komplizierteste, dunkelste und zugleich wichtigste metaphysisch-existentielle Erfahrung,<br />

der sich der Mensch in seinem Leben unterziehen kann. Ich weiß nicht, wie anders man sich mit der Frage nach dem<br />

‚Sinn des Lebens’ befassen kann, als sich einfach persönlich dieser Erfahrung zu unterziehen und zu versuchen,<br />

darüber zu referieren.“<br />

6 Havel aaO S.26<br />

7 Mt 18,20<br />

8 „Einer der spannendsten Entwicklungsschübe, die sich im Laufe der nächsten Jahrhunderte in der Evolution und im<br />

menschlichen Bewusstsein möglicherweise ereignen werden, ist die Herstellung einer ganz neuen Beziehung zur<br />

unsichtbaren, ewigen Welt. Vielleicht könnten wir nach und nach neue, äußerst schöpferische Bande zu unseren<br />

unsichtbaren Freunden knüpfen.“ S.251, O’Donohue John, Anam Cara. Das Buch der keltischen Weisheit, dtv<br />

premium, München 1997.<br />

Gott ist ein Gott von Lebenden und nicht von Toten…. Wenn wir im Gebet mit Christus, Maria und den Heiligen<br />

sprechen, warum nicht mit allen anderen auch?<br />

9 “’Aufs Geratewohl pickte ich aus den Büchern, die mir in die Hände fielen, die Sätze heraus, die mich ansprachen<br />

und mich so wie im Spiegel mein wahres Gesicht erkennen ließen.’ Pavlos Zannas, 1929.“ Aus: Brice Pierre,<br />

Winnetou und ich, Gustav Lübbe Verlag, Bergisch-Gladbach 2004, S.6<br />

10 Havel Václav, Briefe an Olga. Betrachtungen aus dem Gefängnis, rororo-aktuell-essayTB, Reinbek 1989. Ohne<br />

dieses Buch, das der berühmte Zufall mir bei den Schwestern in Bad Kreuzen, zwei Wochen vor unserer Begegnung,<br />

in die Hände spielte, würde es diesen Vortrag nie gegeben haben. Ich kannte das Buch nicht und doch kamen mir<br />

daraus Seite für Seite die Worte und der Aufbau zu, um die ich ein Jahr lang vergebens gerungen hatte. So habe ich<br />

an meinen Ausführungen nur „mitgewirkt“.<br />

11 Die Regel des heiligen Benedikt. Eingeleitet und übersetzt von P. Basilius Steidle, Beuroner Kunstverlag 1980 =<br />

jeweils zitiert mit RB<br />

12 Brice Pierre, Winnetou und ich, Gustav Lübbe Verlag, Bergisch-Gladbach 2004<br />

13 Donne John, Sermons on the Psalms and Gospels. With a selection of Prayers and Meditations, edited, with an<br />

Introduction, by Evelyn M. Simpson, University of California Press, Berkeley and Los Angeles 1967, (vgl. standard<br />

edition G.R. Potter, E.M. Simpson, 10 Bände, 1953-1962)<br />

14 Ende Michael, Momo, K. Thienemanns Verlag, Stuttgart-Wien 1973. Die Versuchung war groß, Ihnen einfach das<br />

12. Kapitel vorzulesen: „Momo kommt hin, wo die Zeit herkommt“<br />

15 Estés Clarissa Pinkola, Die Wolfsfrau, HeyneTB, München 2001 … „Für Frauen eine Pflicht, für Männer eine<br />

Kür!“ ☺<br />

16 Gregor der Große, Der hl. Benedikt. Buch II der Dialoge lateinisch/deutsch, hrsg. im Auftrag der Salzburger<br />

Äbtekonferenz, EOS-Verlag, St. Ottilien 1995<br />

17 O’Donohue John, Anam Cara. Das Buch der keltischen Weisheit, dtv Premium, München 2000<br />

18 ders., Echo der Seele. Von der Sehnsucht nach Geborgenheit, dtv Premium, München 2000<br />

19 ders., Schönheit. Das Buch vom Reichtum des Lebens, dtv Premium, München 2004<br />

20 Otto Maria (Hrsg.), Teile mit mir die gute Gabe. Indianische Weihnacht, Herder, Freiburg 1987<br />

21 Pirsig Robert M., Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten, FischerTB, Frankfurt 1978<br />

22 Riccardi Andrea, Der Präventivfriede. Hoffnungen und Gedanken in einer unruhigen Welt, Sant’ Egidio Bücher,<br />

Echter-Verlag, Würzburg 2005.<br />

23 Rilke Rainer Maria, Weihnachten. Briefe, Gedichte und die Erzählung „Das Christkind“. Ausgewählt und mit<br />

einem Nachwort versehen von Hella Sieber-Rilke, Insel-Verlag, Berlin 2010<br />

24 Sartory Gertrude und Thomas, Benedikt von Nursia – Weisheit des Maßes, HerderTB, Freiburg 1981<br />

25 Werfel Franz, Höret die Stimme, FischerTB, Frankfurt am Main 1994<br />

26 Williamson Mary, siehe Endnoten 32-34<br />

27 siehe Endnote 1; und: „…einzig im Raum-Zeit-Kontinuum kann man seinen Rhythmus, seine Architektur erleben<br />

und begreifen – räumlich und zeitlich…“ aus: Havel aaO S.50<br />

28 vgl. Estés aaO S.357. Wörtlich lautet die Stelle: „Das Grundmuster für diese Seelenbefragung ist simpel: ‚Wovon<br />

brauche ich weniger?’ ‚Wovon brauche ich mehr?’ Die Frage wird vom instinktiven Selbst gestellt, nicht vom Ego,<br />

nicht vom logischen Intellekt, sondern von der Tiefe an die Tiefe gerichtet. ‚Was muß adjustiert werden, was<br />

11


gelockert, was betont? Befinde ich mich weiterhin auf dem richtigen Weg: dem der Seele? Drückt sich mein Inneres<br />

weit genug äußerlich aus? Was muß geschützt, gestärkt, gewichtiger gemacht werden? Was muß über Bord<br />

geworfen, bewegt oder verändert werden?’“<br />

29 vgl. Havel aaO S.26. Wörtlich lautet die Stelle: „Es geht hier nicht um eine Revision dessen, was ich über die Welt<br />

denke, sondern im Gegenteil, um eine bessere Erfüllung der Ansprüche, die die Welt – so, wie ich sie sehe – an mich<br />

stellt. Ich will mich nicht ändern, sondern besser ich selbst sein.“<br />

30 vgl. Estés aaO S.41. Wörtlich lautet die Stelle: „Dies geschieht, indem wir uns in die eigenen psychologischen<br />

Tiefen hineinfallen lassen und von dort aus zu den abgestorbenen, den restaurationsbedürftigen Teilen in uns singen<br />

uns sprechen – mit tiefstem Mitgefühl und einer Liebe, die nur das Selbst für das Selbst empfinden kann. Das ist<br />

Singen über den Knochen. Wir dürfen nicht den Fehler machen, dieses immens heilsame Liebesgefühl einem<br />

Liebhaber entlocken zu wollen. Jeder Versuch, einem anderen diese Aufgabe zu übertragen, muß scheitern, denn hier<br />

wird eine Form von Tiefenarbeit geleistet, die jeder für sich selbst in der Wüste der eigenen Psyche verrichten muß.“<br />

31 vgl. Estés aaO S.492f. Wörtlich lautet die Stelle: „Die Heldin wird in die Tatsache eingeweiht, dass sie der milden<br />

Form einer Psychose unterlegen ist, bei der sie bestimmte Aspekte in ihrem Inneren abgelehnt und von sich<br />

abgespalten hat, während sie andere Aspekte als ‚Selbst’ identifiziert hat. Obwohl diese milde Form psychischer<br />

Zersplitterung bis zu einem gewissen Reifegrad völlig normal ist, erreicht man eines Tages den Punkt, an dem alle<br />

Einzelaspekte bewusst wahrgenommen und einer königlichen Ordnung unterstellt werden. Diese Ordnung ist die<br />

naturgegebene, und für die meisten Frauen sind die Aufzucht und Bemutterung der internen Persönlichkeitsaspekte<br />

eine kreative Integrationsarbeit.“<br />

32 Williamson Mary, aus einem Münsterschwarzacher Bildkalender. Ich habe nur den Zettel aufgehoben und kann<br />

weder die Jahreszahl des Kalenders noch die Literaturangabe des Gedichtes wiedergeben. In der Zwischenzeit ist mir<br />

dieser Text auch einmal mit Nelson Mandela als Autor begegnet.<br />

33 dies. aaO<br />

34 dies. aaO<br />

35 Havel aaO S.271(ff): „…hier entsteht eine neue Gestalt des höchst paradoxen Wesens der menschlichen Existenz:<br />

an das Sein, nach dem es sich sehnt (d.h. in der Fülle des Seins zu sein), kann sich das ‚Ich’ nur annähern in seinem<br />

Sein in der Welt, also seinem Dasein. Auf der anderen Seite bedeutet aber, sich bloß auf dieses Dasein als solches zu<br />

orientieren und so das Mittel mit dem Ziel zu vertauschen, sich von der Fülle des Seins unaufhaltsam zu entfernen.“<br />

36 Dtn 30,15 bzw. Kap 29/30<br />

37 vgl. Riccardi aaO S.88 die Stelle: „Ich erinnere mich, wie ich 1966 als Sechzehnjähriger zufällig den Aufruf von<br />

Papst Paul VI. anlässlich der Hungersnot in Indien hörte und davon betroffen war Die Medien bringen tragische<br />

Neuigkeiten aus der ganzen Welt: Man weiß alles in Jetztzeit. Doch wie soll man reagieren? So sagte Paul VI.:<br />

‚Niemand kann heute sagen: Ich habe nichts gewusst. Und in einem gewissen Sinn kann auch niemand sagen: Ich<br />

konnte nicht, ich musste nicht. Die Liebe streckt die Hand nach allen aus. Niemand wage es zu antworten: Ich wollte<br />

nicht!(*)’ Heute könnte man dies angesichts jeder humanitären Notlage in der Welt sagen. Man kann nicht sagen: Ich<br />

weiß nichts davon! Ein weiter Blick ohne Herz macht den Menschen seltsam. Es ist der Primat des Herzens, den die<br />

Christen leben müssen. Man hat keine Lösung für alles, aber man kann das Herz nicht verschließen, nur weil man<br />

jetzt keine Lösung hat. Die Liebe zu den Armen in der Ferne beunruhigt und mahnt. Wir stehen alle am Fenster zur<br />

Welt. Deshalb kann man den großen Süden der Welt und die armen Völker nicht vergessen. Jeder Gläubige muss<br />

seine Art finden, anwesend zu sein, und wenn auch nur mit dem Gedanken, dem Interesse und dem Gebet.“<br />

(*) Paul VI, Insegnamenti, Città del Vaticano 1978, vol IV, 9. Februar 1966, S.72-74<br />

38 aus: O’Donohue John, Echo der Seele. Von der Sehnsucht nach Geborgenheit, dtv Premium, München 2000,<br />

S.275. Wörtlich lautet die Stelle: „Die Anforderungen, die das Leben an uns stellt, machen es uns zwar unmöglich,<br />

ununterbrochen für diese Menschen dazusein. … tragen wir diese Freunde in unserem Herzen mit uns, und von Herz<br />

zu Herz segnen, behüten und umsorgen wir einander.“<br />

39 Donne John aaO S.113<br />

40 O’Donohue, ebd. S.276. Wörtlich lautet die Stelle: „Wir haben überhaupt keine Vorstellung, was ein Gebet<br />

tatsächlich bewirken kann.“<br />

41 O’Donohue, ebd. S.243. Wörtlich lautet die Stelle: „Wir empfangen nicht, wonach wir uns sehnen…“<br />

42 O’Donohue ebd. S.278. Wörtlich lautet die Stelle: „…Gebet in die Welt hinaussendet. (…) Das Gebet hat einen<br />

tieferen Sinn, nämlich die Heiligung der Welt, die zu bewohnen wir das Privileg haben …“<br />

43 Ende aaO S.146f: „…An den Stellen, wo die Linien sich überschnitten, leuchteten manchmal winzige Pünktchen<br />

auf. ‚Dies’, sagte Meister Hora, ‚ist eine Sternstunden-Uhr. Sie zeigt zuverlässig die seltenen Sternstunden an und<br />

jetzt eben hat eine solche angefangen.’ ‚Was ist denn eine Sternstunde?’ fragte Momo. ‚Nun, es gibt manchmal im<br />

Lauf der Welt besondere Augenblicke’, erklärte Meister Hora, ‚wo es sich ergibt, dass alle Dinge und Wesen, bis zu<br />

den fernsten Sternen hinauf, in ganz einmaliger Weise zusammenwirken, sodass etwas geschehen kann, was weder<br />

vorher noch nachher je möglich wäre. Leider verstehen die Menschen sich im Allgemeinen nicht darauf, sie zu<br />

nützen und so gehen die Sternstunden oft unbemerkt vorüber. Aber wenn es jemand gibt, der sie erkennt, dann<br />

geschehen große Dinge auf der Welt.’“<br />

44 Ich habe mein Meditationsbild noch niemandem gezeigt.<br />

12


45 Havel aaO S.27: “Solltest Du mir in diesem Augenblick vorwerfen, dass ich in diesem Brief wieder ‘zu aufrichtig’<br />

bin, dann muß ich Dir sagen, dass es mir völlig gleichgültig ist, dass das jemand liest. Ich halte es für wichtig, dass<br />

Du meine Denkweise siehst … und möchte nicht, dass wir bloß aus Stolz auf unsere Privatsphäre aufhören, uns zu<br />

verstehen. Du bist in diesen Dringen grundsätzlicher als ich, das ist wahr, aber in diesem Fall scheint mir Offenheit<br />

lebenswichtig zu sein.“ Havel schreibt aus dem Gefängnis an seine Frau; der besondere Hintergrund dieser<br />

Bemerkung. Sie ist übertragbar: es gibt Situationen, in denen man spürt, dass man sprechen darf oder muss.<br />

46 Havel aaO S.202: “kann man nicht die grundlegende dramatische Frage des gegenwärtigen Menschseins und der<br />

Menschheit als die Frage danach begreifen, was den Menschen eher gelingt – diese ‚Rückkehr nach vorn’ (im<br />

Unterschied zur romantischen Illusion von ‚Rückkehr zurück’), also die neue, tiefere und adäquatere Eingliederung<br />

in das All, oder die Vollendung des tragischen Werkes seines Stolzes, alles einschließlich seiner Selbst zu<br />

vernichten?“<br />

47 So lautet der Gedanke <strong>zum</strong> Einstieg in die Tagung auf dem Folder.<br />

48 Havel aaO S.237<br />

49 Havel aaO S.302<br />

50 Dogen Zenji, Shobogenzo. Die Schatzkammer der Erkenntnis des wahren Dharma, Bd. 1, Theseus-Verlag, Zürich-<br />

München-Berlin 1995, S.69: „’Wenn eine Blume blüht, wachsen fünf Blätter. Das ist für sie die wahre, natürliche<br />

Zeit.’ Wenn du die wahre Bedeutung dieses Verses erfassen willst, musst du den Zeitpunkt finden, in dem die Blume<br />

blüht. Die Zeit der Blume ist die Zeit der fünf Blätter.“<br />

51 Warten ist ja nur, was es ohne die Zeit nicht gibt.<br />

52 Genesis 1-11 schildert wunderbar die göttliche Konzeption der Integration alles Menschlichen.<br />

53 „Denn ich bin darauf angelegt, von Kindheit an, ein einzelner zu sein und keine Familie zu haben und kein<br />

Familienfest, - sondern nur ganz weite Zusammenhänge in der ganzen Welt, bin bestimmt, nicht in die Nähe zu<br />

fühlen, sondern in die Weite, das erst gibt meinem Gefühl seine ganze Macht, Tiefe und Wahrheit.“ Aus: Rilke aaO<br />

S.81<br />

54 Havel aaO S. 164: „Der Mensch kann jene unklare Bedrängnis, jenen Hauch der unendlichen Unerfülltheit, der aus<br />

dem Erleben der höchsten Erfüllung weht, jenes Gefühl der beängstigenden Ungreifbarkeit, das im Moment des<br />

festesten Ergreifens aufblüht, einfach als einen angenehmen Flaum von sich fortjagen, der seine Behaglichkeit stört.<br />

Er kann warten, bis das Wölkchen verweht, das für eine Weile die Sonne verdeckt hat… Er kann aber auch das<br />

Gegenteil tun: … die Antwort vergessen, die gegeben war, bevor die Frage gestellt wurde; und genau an dem Punkt<br />

stehenbleiben, an dem ihn am stärksten die Kälte des Abgrunds angeweht hat, an dem es ihm am stärksten vorkam, in<br />

Wirklichkeit nichts zu haben, nichts zu wissen und – was das Schlimmste ist – nicht zu wissen, was er wollen soll.<br />

Und er kann sich mutig von Angesicht zu Angesicht die Frage stellen, die in einem solchen Moment vor ihm<br />

aufsteht. Nämlich der wirklichen und in ihrem Wesen tief metaphysischen Frage nach dem Sinn des Lebens.“ / S.<br />

163: „Ich würde sagen, dies ist das Gefühl von einer Art Ende der Endlichkeit; der Mensch ist bis an den äußersten<br />

Rand des Sinnvollen getreten, das ihm seine endliche irdische Existenz bieten kann (jenes ‚spontane’ und nicht<br />

‚metaphysisch’ Sinnvolle). Gerade deshalb öffnet sich vor ihm plötzlich der Blick in den Abgrund des Unendlichen,<br />

der Ungewissheit, des Geheimnisses. Es ist einfach nichts mehr da, wohin man schreiten könnte – einzig in das<br />

Leere, in den Abgrund.“ / S. 263: „…wir wissen, was wir nicht wissen und nicht wissen können – so dass, je<br />

gründlicher wir unsere Beschränkungen überschreiten, wir sie eigentlich desto besser kennenlernen, und je besser wir<br />

sie kennenlernen, desto deutlicher überschreiten wir sie.“<br />

55 „um meiner Brüder und Freunde willen“, Psalm 122,8<br />

56 Vgl. Gregor der Große, Kap. 35,6.7; aaO S.197<br />

57 Ich bedauere sehr, dass ich nicht mehr weiß, wo ich diese launige Bemerkung gelesen habe. Sie kommt meinem<br />

Verstehen sehr entgegen. Immerhin haben die sog. Gründer unseres Ordens keinen neuen Orden gegründet, sondern<br />

ein Kloster gebaut, das einfach „neues Kloster“ hieß. „Täglich neu“ ist eine gute Devise.<br />

58 vgl. Sartory aaO, S.36f. Wörtlich lautet die Stelle: “’Bemerke man lieber, dass Gregor … ein großes geistiges Bild<br />

von Benedikt gibt als von einem Menschen, der sich in Wüstheit und Zerfall jenes Jahrhunderts einen eigenen Raum<br />

sichert, einen Raum, wo man nicht nur auf dem Wasser geht oder durch den bloßen Wunsch ein Feuer entzündet,<br />

sondern wo er Menschen zu neuem Selbstvertrauen und fruchtbarem Aufbau versammelt -, wo also die Wunder<br />

(diese Wunder des gregorischen Benedikt!) über allen Aberglauben hinaus zu nachdenklichem Glauben führen und<br />

jedenfalls von dem schlimmsten Aberglauben wegführen, dem, dass die Welt nun heillos zugrunde gehe.’“ Von<br />

Sartory zitiert nach: Wolfram von Steinen, Heilige als Hagiographen, in: Historische Zeitschrift, Bd.143 S.245.<br />

59 vgl. O’Donohue, Echo der Seele, S. 278: „Sinn und Zweck des Gebetes ist nicht, uns zu Heiligen zu machen, uns<br />

in Tempel der Vollkommenheit zu verwandeln, die alle Umstehenden blenden.“<br />

60 vgl. RB Vorwort 14-17<br />

61 vgl. RB Vorwort 20-25<br />

62 RB Vorwort 39<br />

63 vgl. RB Kap. 2,13<br />

64 RB Vorwort 45<br />

65 vgl. RB Kap. 4,78<br />

13


66 vgl. RB Kap. 58,7<br />

67 vgl. RB Kap. 73<br />

68 Gregor der Große aaO<br />

69 RB Kap 5,12<br />

70 vgl. Endnote 36<br />

71 Rilke aaO S.70f<br />

72 Havel aaO S.43<br />

73 Havel aaO S.238: „…eine Institution, die so ausgedacht ist, dass man sich nur minimal etwas anderem widmen<br />

kann.“<br />

74 „Das Leitwort des Friedenstreffens ‚Bound to live together’ / ‚Zusammenleben – unsere Bestimmung’ erinnert<br />

daran, dass wir Menschen aufeinander verwiesen sind. Dieses Miteinander ist zunächst einfach eine Vorgabe, die aus<br />

dem Menschsein selber stammt. … So kommt alles darauf an, die Vorgabe des Miteinanderseins als Aufgabe und als<br />

Geschenk zu verstehen; die wahre Weise des Miteinander zu finden. Dieses Miteinander, das früher regional<br />

beschränkt bleiben konnte, kann heute nur noch universal gelebt werden. Das Subjekt des Miteinander ist heute die<br />

Menschheit als Ganze.“ Papst Benedikt XVI beim Friedenstreffen in München am 11.9.2011 in: Brief aus Sant’<br />

Egidio, Dezember 2011, S.4<br />

75 Ez 22,30//<br />

76 Havel aaO S.206f: „Wir erfahren doch unsere Verantwortung am stärksten, wenn sie uns zwingt, nicht nur gegen<br />

die Meinung unserer Umgebung zu handeln, sondern auch gegen unsere sogenannte Natur! … Die bisherigen inneren<br />

und äußeren Autoritäten erweisen sich als bedingt; ihr Ernst und ihre Richtunggebung hängen immer deutlicher nur<br />

von dem Maß ab, in dem sie für uns die Verkörperung einer höheren und globaleren Autorität sind … Was ist<br />

eigentlich diese ‚letzte Instanz’? Was kann sie anderes sein als der ‚absolute Horizont des Seins’, auf dessen<br />

Hintergrund und aus dem heraus alles erst zu sich selber wird; der absolute Horizont des Seins als ein<br />

‚Koordinatensystem’, das allem Existierenden Platz, Zusammenhang, Bedeutung, konkrete Eigenart und also erst das<br />

eigentliche Sein gibt? Es ist dies also jene ‚Erfahrung der Erfahrungen’, der Maßstab aller Maßstäbe, die Ordnung<br />

aller Ordnungen. Und tatsächlich: wenn ich weiß, was und warum ich etwas getan habe und was und warum ich<br />

etwas tue, wenn ich wirklich dafür einstehe und dazu stehe (sei es auch im Verborgenen), dann bedeutet das, dass ich<br />

mich dauerhaft auf etwas Stabiles beziehe, das ich mir aus meiner ‚instabilen’ Umgebung heraus ‚erringe’….<br />

Dadurch, dass ich heute für das einstehe, was ich gestern getan habe, und hier dafür einstehe, was ich anderswo getan<br />

habe, gewinne ich nicht nur meine Identität, sondern durch sie befinde ich mich zugleich in Raum und Zeit.“<br />

77 vgl. Otto aaO, S.44<br />

78 Jer 39,18//<br />

79 Benedikt „gab also das Studium der Wissenschaften auf und war entschlossen, in die Einsamkeit zu gehen. Nur<br />

seine Amme, die ihn sehr liebte, folgte ihm. Sie kamen nach Effide und blieben … dort. Die Amme erbat sich nun<br />

von Nachbarinnen ein Sieb, um Weizen zu reinigen, und ließ es unbekümmert auf dem Tisch liegen. Es fiel herunter<br />

und brach in zwei Stücke. Als die Amme zurückkam, bemerkte sie sofort, was geschehen war. Da begann sie heftig<br />

zu weinen, weil das Gerät, das sie ausgeliehen hatte, zerbrochen war. Als der junge Benedikt seine Amme weinen<br />

sah, hatte er Mitleid wegen ihres Kummers. Er nahm die beiden Teile des zerbrochenen Siebes und begann unter<br />

Tränen zu beten; denn er war fromm und liebevoll. Als er vom Gebet aufstand, fand er das Sieb neben sich<br />

unversehrt; es zeigte keine Spuren eines Bruche.“ aus: Gregor der Große, aaO S.105, Kap 1,1.2<br />

80 Wir sind gekommen, um zu bleiben! von der Gruppe Wir sind Helden:<br />

„Wir gehen nicht, aber wenn wir gehen,<br />

dann gehen wir in Scheiben.<br />

Entschuldigung, aber ich sagte:<br />

Wir sind gekommen, um zu bleiben!!!<br />

Gekommen um zu bleiben!<br />

Wir gehen nicht mehr weg!<br />

Gekommen um zu bleiben!<br />

Wie ein perfekter Fleck!<br />

Gekommen um zu bleiben!<br />

Wir gehen nicht mehr weg!<br />

Ist dieser Fleck erst in der Hose,<br />

ist er nicht mehr raus zu reiben.<br />

Entschuldigung, ich glaub<br />

Wir sind gekommen um zu bleiben!!!“<br />

81 Havel aaO S.243: „Ich denke, es ist offensichtlich: jenes absonderliche Gefühl der ‚Verantwortung der Welt’ kann<br />

wohl nur der haben, der wirklich (sei es bewußt oder unbewußt) innerlich mit dem ‚absoluten Horizont des Seins’ in<br />

Berührung ist, wer mit ihm kommuniziert oder ringt, wer aus ihm den Sinn schöpft, die Hoffnung, den Glauben, wer<br />

sich (in seiner inneren Erfahrung) an ihn hält. Einzig an den, der sich darum bemüht, tritt daher etwas von der<br />

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Absolutheit des Absoluten, von der Totalität und Integrität des Seins, von seiner sinnbildlichen Ganzheitlichkeit,<br />

etwas vom ‚Geiste’ der Seinsordnung heran oder springt auf ihn über oder ergießt sich in ihn. Und sobald der Mensch<br />

davon einmal infiziert ist, sobald er durch diesen Kontakt selbst <strong>zum</strong> integralen Bestandteil des ‚Seins überhaupt’ und<br />

also eigentlich dieses Sein wird, nimmt er auch ganz natürlich und ohne Verlegenheit die globale Verantwortung für<br />

das an, was derart in ihn eingetreten ist oder in das er eingetreten ist, was er selbst geworden ist, d.h. für ‚alles’. Also:<br />

dadurch, dass er sich selbst als einen Bestandteil des Flusses ansieht, nimmt er auch seine Verantwortung für den<br />

gesamten Fluß an (irre in den Augen der Besitzer von partikularen Horizonten).“<br />

82<br />

Joh 17,24; Joh 1,18<br />

83<br />

Joh 19,26<br />

84<br />

Havel aaO S.294<br />

85<br />

…‚kaum habe ich es gesagt, spüre ich sofort, wie wenig treffend es ist’…„Es wäre schön, wenn man immer nur<br />

etwas schreiben würde, Reaktionen entgegennehmen und auf sie mit Präzisierung, Weiterentwicklung, Berichtigung<br />

(und Widerruf) seiner Formulierungen reagieren könnte…“ aus: Havel aaO S. 238; so wie die alten Dialektiker und<br />

eben Gregor in den Dialogen (vgl. Endnote 16)…<br />

86<br />

vgl. Pirsig aaO S.172. Wörtlich lautet die Stelle: „Mehr zu mir selbst gewandt, spreche ich weiter: ‚Man schaut,<br />

wohin man geht und wo man ist, und nie kennt man sich aus, aber dann schaut man zurück auf den Weg, den man<br />

gekommen ist, und ein Grundmuster beginnt sich abzuzeichnen. Und wenn man von dieser Grundlage aus<br />

weiterbaut, dann wird vielleicht was draus.<br />

Alles, was ich so über Technik und Kunst von mir gebe, ist Teil eines Musters, das sich anscheinend aus meinem<br />

Leben entwickelt hat. Es bedeutet das Überschreiten von ‚etwas’, worüber meiner Meinung nach auch viele andere<br />

hinausgelangen möchten.’“<br />

87<br />

vgl. Werfel aaO S.628f. Die ganze Stelle lautet: „‚Damit du lebest!’ Das heißt nicht: damit du einige Jahre weniger<br />

früh sterbest! Das heißt: Damit du den Tod überwindest, habe ich solches an dir getan. Damit Israel das Gericht<br />

überwinde, habe ich es gehalten. Aus meiner Hand strömt nur Leben, wie könntest du, der meiner Hand entströmt ist,<br />

sterben und vergeblich gewesen sein!? Als ein Sieb habe ich Gericht und Tod geschaffen. Denn ihr solltet am Tode<br />

immer lebendiger werden und am Gericht immer reiner. Du hast meinen Namen gerufen. Ich aber antworte dir,<br />

indem ich in dein Herz die neue Gewissheit des Überdauerns senke, denn deine Zeit wurzelt in meiner Zeit. Blick<br />

nicht umher in diesem Grauen! Blick auf das Zeichen, das ich inmitten dieses Grauens dir heute sende: Damit du<br />

lebest! Damit du mein seist, damit ich dein sei, hast du gelitten. Euer Sieg wächst von Niederlage zu Niederlage.<br />

Damit ihr lebet! Du schöpfst die Verheißung nicht aus…“<br />

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