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von Gaby Friebel andkreis – Kein Männer- LRatgeber, aber ein Mutmacher in Sachen Familie - das ist „Überleben an der Wickelfront“, das unlängst erschienene Buch des SPIEGEL-Redakteurs Dieter Bednarz. Es beschreibt amüsant und authentisch den nervenaufreibenden Spagat zwischen Familie und Beruf, zwischen Elternglück und Eltern-Burn-Out: Wie der Alltag mit den quirligen Zwillingstöchtern Fanny und Lilly den vermeintlich stress-resistenten Nahost-Experten in seiner Elternzeit vor ungeahnte Nervenproben stellt. Wie der Weg zum Wunschkind in die Laboren der modernen Fortpflanzungsmedizin führt, die dem Paar schließlich doch noch zum Baby-Glück im Doppelpack verhilft. Wie eineinhalb Jahre später das Schicksal die strapazierten Eltern mit einem dritten Mädchen überrascht – ironischerweise dieses Mal ohne Nachhilfe. Die witzigen Schilderungen von Chaos, Krisen und Katastrophen lassen nicht nur Eltern schmunzelnd nicken. Die satirisch zugespitzten Beobachtungen beim Kinderarzt, in Krabbelgruppe oder Krippe, vor allem aber die große Offenheit des Autors verleihen dem Buch eine Wahrhaftigkeit, die es lesenswert und aufschlussreich zugleich macht. Kein Wunder, dass Familienministerin Ursula von der Leyen dieses Buch als „wichtigen Denkanstoß zur familienpolitischen Diskussion“ empfindet. Genügend Gründe für das Zwergerl-Magazin, ein Gespräch mit Dieter Bednarz (53) zu führen. Zwergerl-Magazin: Schön, dass Sie sich trotz Ihres Termindruckes in Teheran noch Zeit für ein Gespräch nehmen konnten ... Dieter Bednarz: Wissen Sie, das freut mich ganz besonders, dass Sie mit mir ein Interview führen wollen - schließlich hat Zwergerl-Magazin mich wochenlang beschäftigt mit dem Hinweis auf den Wettbewerb „Spitzenvater des Jahres“, an dem ich aber mangels Zeit einfach nicht teilnehmen konnte. ZM: Nachdem Sie so anschaulich von vielen schlaflosen, zermürbenden Nächten mit schreienden Kleinkindern berichtet haben - wie war Ihre vergangene Nacht? DB: Die war sehr anstrengend. Ich musste noch alles für das Interview mit dem iranischen Überleben an der Wickelfront Interview mit Spiegel-Autor Dieter Bednarz Staatspräsidenten Ahmadinedschad vorbereiten, kam spät ins Bett und wurde früh von unserer Lilly geweckt, die schrie „ein Tier, ein Tier“, weil sie einen Schmetterling am Fenster sah. Der hängt dort aber schon seit Wochen... Später weinte sie dann wegen Fußschmerzen und ließ sich nur mit einem Kühlkissen beruhigen. Heute fühle ich mich wie gerädert! Wegen meiner bevorstehenden, längeren Reise nach Teheran musste ich nachts auch ständig an meine Frau denken, die jetzt alles alleine schaffen muss, an meine drei Töchter, die nun ohne mich Ostereier suchen werden und dann ging mir natürlich das Interview mit dem Präsidenten im Kopf herum. ZM: In Ihrem Buch schildern Sie viele private Details - wie viele Bekannte, Freunde und Familienangehörige, speziell Ihre Schwiegermutter, grüßen Sie jetzt nicht mehr? DB (lachend): Ich habe das Buch auf der Basis der Liebe zu meiner Frau und meinen drei Kindern geschrieben. Natürlich hat beispielsweise meine Frau alles vorher gelesen und auch ein paar kleine Anmerkungen gemacht. Meine Schwiegermutter übrigens hat von allen, die das Buch vor der Veröffentlichung gelesen haben, am souveränsten reagiert und nur gesagt: „Na, du schonst dich selbst ja auch nicht.“ ZM: Welche Motive hatten Sie für Ihr Buch und wie kamen Sie angesichts ihres Zeitmangels dazu, es zu schreiben? DB: Ich wollte keinen weiteren Männer oder Väterratgeber schreiben. Das Buch liegt mir am Herzen, um Anstöße zu geben, eine Diskussion in Gang zu setzen: Wie managt man moderne Elternschaft? Wie macht man das, dass beide zurückstecken, damit beide was gewinnen? Die Verunsicherung ist groß gerade wegen unserer eng getakteten Berufswelt, die Leistung und Flexibilität verlangt - abends mit dem Black Berry ins Bett und morgens mit ihm aufstehen. Ich verstehe jeden Mann, der vor einem temporären Ausstieg zurückzuckt. Ich will aber Mut machen, Elternzeit zu wagen. Ich habe immer im SPIEGEL von dem anstrengenden Spagat zwischen Familie und Beruf erzählt. Ein Kollege hat mich dann aufgefordert, dies alles doch einmal niederzuschreiben. Die Resonanz auf meinen Artikel „50 ist nur eine Zahl“, der von den Freuden und Ängsten als später Vater handelt, war enorm. Unter anderem meldete sich die DVA aus München mit der Aufforderung, daraus ein Buch zu machen. Der Zeitpunkt war allerdings sehr ungünstig. Wir kämpften seinerzeit wirklich mit unseren Zwillingen ums Überleben an der Wickelfront, zudem war unsere dritte Tochter Rosa unterwegs und wir suchten eine neue Bleibe. Ein Jahr nach der Geburt von Rosa gab es dann aber keine Ausreden mehr. Nach Absprache mit meiner Frau Esther habe ich dafür zweimal zwei Wochen vom Familienalltag freibekommen. Dafür ist dann der Jahresurlaub mehr oder weniger ausgefallen. ZM: Wie sollte der Staat Familien helfen, sie unterstützen? DB: Der Staat muss für die Rahmenbedingungen sorgen, gute Ansätze sind das Elterngeld und die Ermöglichung von Elternzeit, aber in uns selbst muss das Bewusstsein wachsen, dass man auch gewinnt, wenn man beruflich zurücksteckt. Noch immer ist das „Fränki-Modell“ (Anmerk. d. Red.: eine Figur aus dem Buch, der arbeitet, während seine Frau zu Hause bei den Kindern bleibt), dem Job und Karriere 8 Werdende & Junge Eltern
sehr viel bedeuten, weit verbreitet. Wenn Männer in Elternzeit gehen, werden sie von Frauen verwundert-bewundernd betrachtet, von Männern kommt eher ein ironisches: „Wenn sie meinen...“ Es fehlt an der Selbstverständlichkeit, die doch für unsereGesellschaft ein existentieller Punkt sein müsste. Rosenheim — Kürzlich übergab die Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer ihr Amt symbolisch an eine Schülerin der Hauptschule Westerndorf St Peter: Ayse Altuntas. Sie überbrachte im Rahmen des türkischen Kinderfestes die Wünsche aller Kinder. Hintergrund dieser Aktion war, dass seit 1920 jedes Jahr an diesem Tag in der Türkei das „Nationale Souveränität und Kinderfest“ gefeiert wird. Im Zuge dessen übergibt der Ministerpräsident in Ankara symbolisch sein Amt an ein Kind, das wiederum seine Wünsche im Namen aller Kinder an die Regierung äußert. In vielen deutschen Städten wird dieses Fest schon mehr als fünfzehn Jahren als ein „Familienevent“ gefeiert und in Berlin übergeben Minister ihr Amt seit Jahren fleißig an türkische Kinder. Letztes Jahr initiierte der türkische Elternbeirat in Zusammenarbeit mit dem Dezernent für Schule, Sport, Kultur, Soziales und Jugend Michael Keneder zum ersten Mal die symbolische Amtsübergabe in Rosenheim. Dieses Jahr kam Wir hatten die Phase der Emanzipation, dann die des bewegten Mannes. Das haben wir jetzt alles durch - heute geht esum moderne Elternschaft, in der beide gleichberechtigt sind. ZM: Sie schreiben einiges zu dem Wettbewerb „Spitzenvater des Jahres“ und meinen, dass Sie den Preis durchaus verdient hätten. Nach der Geburt Ihrer dritten Tochter notieren Sie aber selbstkritisch: „Vom Vorbild-Paps zum Fassadenvater - seine Familienkarriere hatte er sich anders vorgestellt.“ DB: Auf den Preis als Vater des Jahres hätte ich vielleicht vor rund drei Jahren - da hielt ich drei Tage zu Hause allein mit den Zwillingen die Stellung an der Wickelfront - gute Chancen gehabt. Aber ein Jahr später dann, als sich Rosa ankündigte, habe ich gekniffen. Der SPIEGEL ist sehr fortschrittlich als Arbeitgeber, dennoch war ich mir unsicher, wie sich eine zweite Auszeit auf meine be- rufliche Positionierung ausgewirkt hätte. ZM: Sie schreiben, dass der Alltag mit Kindern dem späten Vater Abenteuer genug sei... DB: Abenteuer im Job sind vergleichsweise kalkulierbar, selbst gefährliche Trips wie nach Bagdad, die Abenteuer mit Kindern nicht, ihre emotionalen Bedürfnisse. Kinder sind überraschend, unkalkulierbar. ZM: Wie war bisher die Resonanz auf Ihr Buch? DB: Positiv finden alle die Ehrlichkeit und Offenheit, mit der ich auch über heikle Themen wie künstliche Befruchtung oder Sterilisation schreibe. Oder wie anstrengend Kinder sind. Männer fühlten sich angesprochen bei der Schilderung, wie Väter sich durch Mütter manchmal bevormundet fühlen: „Endlich bringt’s mal einer auf den Punkt.“ Die Resonanz ist insgesamt sehr gut, das Buch verkaufte sich bereits über 8.000mal, jetzt kommt auch schon die zweite Auflage. ZM: Wollen Sie den Lesern noch etwas mit auf den Weg geben? DB: Es war mir wichtig zu zeigen, dass Elternsein nicht immer nur lustig ist, aber dass das Leben mit Kindern zum Lachen führt. Symbolische Amtsübergabe der Oberbürgermeisterin an die Kinder Türkisches Kinderfest in Rosenheim - Ayse Altuntas überbringt die Wünsche aller Kinder die 15-jährige Ayse Altuntas mit ihrem Vater Ahmet Altuntas und ihrem Türkisch-Lehrer Kemal Hürcan ins Rathaus, begleitet von dem Vorsitzendem des türkischen Eltern Beirats Fidan Cetin. Bauer und Keneder nahmen sich viel Zeit für die Anregungen und Wünsche der Neuntklässlerin und erläuterten die Hintergründe zu allen angesprochenen Themen. Einleitend machte die Stadtchefin auf das begrenzte Budget für Schulen aufmerksam und an diesem Haushaltsgeld müssen alle Schulen teil haben. „Jede Schule ist in Rosenheim im Investitionsplan mitberücksichtigt“, so Bauer. Doch einen gemeinsamen Wunsch hätten die Rosenheimer Schüler: In Zukunft in farbigen statt in grauen Klassenzimmern unterrichtet zu werden. Angeblich existieren in Rosenheim in einigen Schulen Eigeninitiativen, bei denen Schüler auf die Klassenzimmerwände schöne Bilder gemalt haben. Bauer begrüßte diese Idee und schlug vor, dass die Stadt für solche Eigeninitiativen die Farben gerne zur Verfügung stellen könnte. Darüber hinaus macht die Schülerin darauf aufmerksam, dass in der Schulcafeteria mehr auf die gesunde Ernährung geachtet werden sollte. Bauer freute sich, dass Schüler von sich aus auf gesunde Ernährung zurück greifen wollen. Sie kritisierte aber auch die Eltern, die keine Pausenbrote mehr mitgeben, wie es früher üblich war. Die Hauptschülerin wünscht sich außerdem mehr Bewegungsmöglichkeiten durch zusätzliche Sportangebote in ihrer Schule. Auch in diesem Bereich sind neue Projekte im Anmarsch. Denn die Finan- zum Thema Kürzlich hatte unsere Zwergerl- Autorin Gaby Friebel die Gelegenheit, den Spiegel-Experten für den Nahen Osten, Dieter Bednarz zu interviewen. Anlass war sein kürzlich erschienenes Buch Überleben an der Wickelfront. Darin beschreibt der Journalist geistreich seine Elternteilzeit mit Zwillingen, berichtet von Chaos, Krabbelgruppen und Kitas, von Familienglück und Familienstress – und schildert ehrlich, wie anstrengend der Spagat zwischen moderner, gleichberechtigter Elternschaft und beruflichen Anforderungen ist. Sehr offen erzählt der späte Vater auch den hindernisreichen Weg zum Familienglück - Fortpflanzungsmediziner mussten nachhelfen. Ein witziges, aber auch wichtiges Buch zur Diskussion über das Familie. zierung des nahe gelegenen Sportvereins Westerndorf St Peter wird in Zukunft diesen Bedarf womöglich decken können, so die Oberbürgermeisterin. Überdies wünscht sich Ayse eine Städte-Partnerstadt zwischen Rosenheim und einer Stadt in der Türkei. Bauer zeigte sich erfreut, stellte aber heraus, dass es bei einer Partnerschaft sehr wichtig sei, gemeinsame Ziele zu haben. „Eine Partnerschaft muss leben“, sagte sie. Abschließend bedankte sich Cetin Fidan bei der Oberbürgermeisterin mit einem Blumenstrauß. -oez- 9
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