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intERVIEw 6 lässt sich Ihrer Meinung nach eine Tagesstruktur mit einer Kunstwerkstätte verbinden? Eine Tagesstruktur kann alles sein und alles machen, aber es sollte in der Lebensrealität fußen. Der Inhalt kann vielfältig sein, es geht nur um die Struktur des Tages. Die Mittel sind egal. Wichtig finde ich eine möglichst große Vielfalt an Angeboten, die durchaus herausfordernd sein dürfen. Der Bereich (Kunst) lässt viel Individualität zu. Durch Kreativität können auch Fähigkeiten entdeckt werden, die im Privatbereich genutzt werden können. Gibt es von Ihrer Seite her auch die Vorstellung einer Produktion von Kunstwerken oder ähnlichem, die sich präsentieren lassen? Wenn ja, in welcher Form? In Form von Ausstellungen, Theatervorstellungen, Zeitung, User-Radio. Ein User-Radio in Kooperation mit Radio Helsinki, eine Zusage dafür haben wir bereits vom Landesrat erhalten. Es sollen alle Sinne angesprochen werden - optisch, übers hören, über Sprache und Schrift. Dabei geht es ja auch um Meinungsbildung. Wie werden psychisch Erkrankte in unserer Gesellschaft wahrgenommen. Man soll sich nicht verstecken müssen und in die Isolation gehen. Im neuen Design- Shop ist auch ein Verkauf von Produkten möglich. Der Erlös daraus soll den Betroffenen zugute kommen. Wie lässt sich Ihrer Meinung nach Produktion mit Tagesstruktur verbinden? Jeder Mensch kann arbeiten. Die Geschwin- SCHRÄG STRICH digkeit ist eine andere und individuell unterschiedlich und das darf es auch sein. Zum Beispiel kann jemand anfangs nur zwei bis drei Stunden dabei sein und es ist für ihn die gleiche Leistung wie vielleicht acht Stunden bei einem Gesunden. Er hat dadurch dieselbe Wertschätzung verdient wie der Gesunde. Es gibt keinen Druck dahinter. Wichtig ist, auf ein Ziel hin zu arbeiten. Nehmen wir als Beispiel ein Theaterstück. Da ist viel Arbeit dahinter. Da gibt es das Stück, aber auch die Maske, das Bühnenbild, die Kostüme. Und wenn jemand „nur“ einen Berg für das Bühnenbild bemalt hat, so hat er trotzdem zum Ganzen beigetragen und verdient Wertschätzung dafür. Wo sehen Sie persönlich das Ziel einer Tagesstruktur mit Schwerpunkt Kunst? Unterschiedlichste Menschen können einen Platz finden, raus aus der Isolation, wo sie individuell mitgestalten können. Und sie kön- INTERVIEW
intERVIEw nen gesellschaftliche Wertschätzung über die Produktion erfahren. Abschließend noch die Frage: Welche Vision haben Sie von per arte; wo sehen Sie die Einrichtung in fünf Jahren? Ich sehe in fünf Jahren ein Kunstfestival von per arte mit Betroffenen aus mehreren europäischen Ländern. Ein Kulturprojekt, in dem sich Gesunde mit psychisch Erkrankten mischen und gemeinsame Veranstaltungen entwickeln. Veranstaltungsreihen zu einem bestimmten Thema, wie z.B. Depressionen. Eine Userakademie, in der Betroffene, Angehörige von Betroffenen und Professionelle mitarbeiten. Dazu braucht es Persönlichkeiten, denn es darf und soll auch offensiv sein, zeigend, provokant... Isabella M. Wahrbichler INFOBOX SCHRÄG STRICH Im Jahre 1989 gründete Geschäftsführerin DSA Andrea Zeitlinger das erste Arbeitstrainingszentrum für psychisch erkrankte Menschen in Graz. Ein kleines, engagiertes Team, bestehend aus acht Personen, arbeitete damals intensiv im Bereich der Rehabilitation und Reintegration psychisch Beeinträchtigter in den Arbeitsmarkt. Heute, 21 Jahre später, betreut pro mente als psychosoziales Dienstleistungsunternehmen 1.500 Menschen in der ganzen Steiermark. Insgesamt 87 Projekte mit über 130 MitarbeiterInnen bieten Maßnahmen zur beruflichen Integration, Präventionsarbeit und Beratung zu den Themen Depression, Burn-Out und psychische Gesundheit am Arbeitsplatz, tagesstrukturierende Beschäftigung, Sport- und Bewegungsangebote sowie Wohn- und Lebensformen für psychisch beeinträchtigte Menschen. Das Ziel dieser Angebote ist es, psychosozial benachteiligten und beeinträchtigten Personen zur allseitigen Beachtung der Menschenrechte, zu einer Verbesserung und Sicherung ihrer gesellschaftlichen Stellung, zu einer Verbesserung und Betreuung, Versorgung und Begleitung in medizinischer, psychologischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht zu verhelfen. INTERVIEW 7
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