28 Karriere Alles so schön bunt hier Text: Stefan Rensch | Fotos: Katja Früh Jessica Schaller - mit 26 Meister und Saloninhaberin
Mit 15 ist sie von Zuhause ausgezogen, so früh, dass sie schnell lernen musste, was Selbstständigkeit bedeutet. Weg durfte sie nur, weil sie versprach, in Heidelberg eine Friseur-Ausbildung zu machen. Sie stammt aus einer Friseur-Familie, die Eltern sind selbst meisterliche Handwerker und auch die Großeltern konnten mehr als Waschen, Schneiden, Föhnen. „Eigentlich“, sagt Jessica Schaller, „eigentlich wollte ich gar nicht in diesem Beruf arbeiten. Man will ja nie das machen, was die Eltern machen.“ Aber das hat sich dann schnell geändert. Nur wollte sie nicht stehenbleiben, mehr lernen, weiterkommen. Also machte sie auf einer Privatschule für Kosmetik eine Visagistenausbildung und ging dann erstmal für zwei Jahre nach Spanien, wo sie auf einer Schönheitsfarm arbeitete. Die eine Hälfte des Tages als Friseurin, die andere als Visagistin. Nur hat sie dann irgendwann gemerkt, dass sie sich dort nicht mehr weiterentwickeln kann. Also wieder zurück nach Deutschland, in München die Meisterschule gemacht und dann aus privaten Gründen nach Düsseldorf gezogen. Dort hat sie dann erst mal ein halbes Jahr in einem Salon gearbeitet, und als die Inhaberin ihr anbot, den Laden zu übernehmen, da hat Jessica Schaller kurz überlegt und zugegriffen. Sie erstellte ein Konzept, sprach bei der Hochfinanz vor, doch die ersten vier Banken stellten sich stur und ließen sie abblitzen. Die fünfte allerdings zeigte sich aufgeschlossen und fortan hieß die Zukunft: Unternehmerin. Disco Nights Anders sollte der Laden werden, eine Dauerwellen-freie-Zone, mit eigenem Café und Gemütlichkeit. Und die neue Lieblingsfarbe sollte bunt sein. „Ich hatte bisher immer nur in klassischen, hochpreisigen Läden gearbeitet, alles sehr kühl, schwarz und elegant. Aber das wollte ich nicht mehr. Zuerst hatte ich Angst, dass mir das alles zu bunt ist, dass ich die Farben bald satt haben würde, aber diese Befürchtung ist nicht eingetreten.“ Satte, warme und zugleich knallige Farben prägen insbesondere das Café, das im 70er-Jahre Retrolook mit allerhand Krimskrams und Liebe zum Detail dekoriert ist. Das ganze Team hat bei der Inneneinrichtung mitgeholfen, gesammelt und schön gemalt. Viel pink und orange gibt es, dreißig Jahre alte Tapetenkunst, Discokugeln und eine Vitrine mit 70er- Kaffeeservice und alten Vinyl-Schätzen. Bunte Häkeldeckchen zum Untersetzen oder eine alte Maggi-Würz-Flasche, die als Blumenvase dient, sind natürlich selbstverständlich. Wie auch Jimi Hendrix der Dancing Queen John Travolta, der plakativ im Saturday Night Fever posiert. Milchkaffee 16 Euro – Waschen, schneiden inklusive Dass die erste Zeit nicht einfach werden würde, war Jessica Schaller bewusst. Sie wusste es schon durch die Erfahrungen der Eltern, bei denen sie immer Rat einholen konnte. Wasserschaden und Einbruch hat sie schon hinter sich und manchmal, sagt sie, sei es schwierig, nach Hause zu gehen und abzuschalten. Vier Friseurinnen und eine Auszubildende beschäftigt Jessica Schaller und dazu noch drei Halbtagskräfte für den Gastronomiebereich. Und das bedeutet Verantwortung. „Das ist ein super Team und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, jemandem sagen zu müssen, es „Ich habe die beste Chefin, die man sich nur wünschen kann. Das erzähle ich auch in der Berufsschule und mache alle neidisch.“ Julia Wagner, Auszubildende 29