32 Karriere Ein Schornsteinfeger im Senegal Text: Stefan Rensch
Die Fotos und Reportagen über Dürre, Bürgerkriege und hungernde Kinder in Afrika sind allgegenwärtig. Zeitschriften, Magazine und Fernsehsender berichten mal mehr und mal weniger berührend über die Zustände in der dritten Welt und appellieren mit Spendenaufrufen an das gute Gewissen derer, die in einer Wohlstandsgesellschaft von den Sorgen über das tägliche Leben noch relativ unberührt sind. Und so wichtig diese Spenden auch sind, um die Not zu lindern, so sind sie oft doch nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Franz-Josef Frye wollte mehr als nur 50 Euro auf ein Bankkonto überweisen, er wollte aktive Hilfe leisten, mit den Händen und mit dem Verstand. Und so gründete er 1990 den eingetragenen Verein „Hilfe für Senegal“. Lüdinghausen ist eine Kleinstadt im Münsterland, mit Höfen und großen Weiden, auf denen Pferde und Schafe grasen, mit kleinen Geschäften und Einfamilienhäusern, in denen es sich wohlbehütet aufwachsen lässt. Es ist die Stadt, in der Franz-Josef Frye Zuhause ist, von wo aus er aktiv wird und die Fäden seines beruflichen und sozialen Engagements zusammenlaufen. Der gelernte Schornsteinfeger leistet auch in seiner Heimatstadt aktive Hilfe, ist er doch seit 1965 in der freiwilligen Feuerwehr. 11 Jahre war er Leiter der Feuerwehr in Lüdinghausen, danach Kreisbrandmeister in Coesfeld. Sein Beruf, den er auch gleichzeitig als Berufung versteht, ist jedoch der des Schornsteinfegers. „Mein Vater war Bezirksschornsteinfeger, da lag es nahe, den gleichen Beruf zu wählen.“ Und so ist Franz-Josef Frye seit 1984 Bezirksschornsteinfeger in Münster. 6000 Wohnungen hat er dort zu betreuen und erklärt gleich mal, dass es in diesem Beruf weniger um die Reinigung als vielmehr um die Überprüfung und die Beratung geht. „Der Beratungsbedarf ist enorm gestiegen. Es geht vor allem um Energieeinsparung, Emissionsrichtlinien, Brennwerttechnologien und Gebäudeenergiebedarf.“ Für diesen Beruf, sagt Franz-Josef Frye müsse man auch eine gewisse Sensibilität im Umgang mit Menschen an den Tag legen. Doch wer sich auf diesen Beruf mit all seinen Anforderungen einlässt, dem wird sein Wirken doppelt zurückgezahlt: „Es gibt eine unglaublich positive Akzeptanz und ein großes Vertrauen in der Bevölkerung uns Schornsteinfegern gegenüber. Und das ist sehr schön. Ich kann sagen, dass ich die volle Erfüllung in meinem Beruf gefunden habe.“ Handwerk ist das A und O Für Franz-Josef Frye aber ist die berufliche Erfüllung alleine nicht genug. Er stammt aus einem christlich geprägten Haus, sagt er, und es war ihm immer wichtig, anderen Menschen zu helfen, denjenigen, die nicht im Wohlstand aufwachsen konnten und können. Und als er dann vor vielen Jahren in den Senegal reiste, da dachte er, hier können wir was tun, hier müssen wir uns engagieren. Über 40 Mal ist er seitdem im Senegal Straßenkinder bei der Koran-Ausbildung gewesen und wenn er dann über das westafrikanische Land und deren Bewohner erzählt, dann ist Franz-Josef Frye kaum zu stoppen: „Es ist wirklich ein sehr armes Land und hier ist das Leben unendlich viel schwieriger und auch schmutziger. Die Arbeitslosenquote liegt hier bei über 70 Prozent, ebenso hoch ist die Prozentzahl der Analphabeten. Der normale Bauarbeiter hat im Schnitt 4 Euro am Tag und arbeitet dafür 10 Stunden. Es gibt zwar ein Sozialversicherungssystem und auch eine Krankenversicherung, aber die funktionieren nicht richtig.“ Und dann erzählt Franz-Josef Frye, dass die technische Entwicklung im Senegal 50 Jahre zurückliegt, was aber, wie er betont, nichts mit der geistigen Entwicklung zu tun hat. „Es gibt zwar eine formelle Handwerkskammer, aber keine richtige Ausbildung und somit auch keine qualifizierten Arbeitskräfte. Hier wird sich alles selbst angeeignet. Und wenn der TÜV hier mal vorbeischauen würde, gäbe es innerhalb von drei Tagen keine Autos mehr auf den Straßen.“ Eine funktionierende Industrie gibt es in dem Land nicht, indem sich wirtschaftlich fast alles um den Export von Erdnüssen, Baumwolle, Fisch, Salz und Phosphat dreht. „Grundsätzlich“, sagt Franz-Josef Frye, „gilt in Entwicklungsländern, dass das Handwerk goldenen Boden hat. Und das gilt für den Senegal ganz besonders, denn hier ist das Handwerk das A und O.“ Jahreseinkommen von 5 Euro Das Projekt „Hilfe für Senegal“ kümmert sich um Straßenkinder und die berufliche Ausbildung Jugendlicher, um soziale Einrichtungen, um den Umwelt- und Naturschutz und insbesondere um das Handwerk. Jedes Frühjahr reisen 20 ambitionierte Helfer für 14 Tage in den Senegal. Jeder der mitfährt zahlt dabei 1000 Euro aus eigener Tasche. „Mit uns fahren nur qualifizierte Handwerker, ob das Tischler, Maurer, Elektriker oder Brunnenbauer sind.“ Diese werden aus dem Mitgliederkreis rekrutiert, aber auch interessierten Nicht-Mitgliedern wird eine Chance gegeben, sich in einem fremden Land zu bewähren. „Wenn ein junger Geselle zu uns kommt und sagt, er möchte ein halbes Jahr an einem Projekt 33