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Altenpflege - ein ernster Beruf?<br />
Es gibt die Ansicht, das alte Menschen<br />
durch ihr Erlebtes das Lachen verloren haben,<br />
das sie rigide und emotionslos geworden<br />
sind. Überhaupt hat es den Anschein,<br />
als hänge vor vielen geriatrischen Stationen<br />
eine unsichtbare Tafel mit der Aufschrift<br />
“Lachen verboten“. Woran liegt das? Ich<br />
vermute das Problem liegt vielmehr bei<br />
uns, als bei den geriatrischen Patienten.<br />
Natürlich sind die Schwierigkeiten, die im<br />
Pflegealltag auftreten sehr vielfältig; Zeitdruck,<br />
Personalmangel, geringe und/oder<br />
leider nur geheuchelte Anerkennung von<br />
Seiten der Verantwortlichen und gewaltige<br />
Arbeitsbelastung kennzeichnen oft den<br />
Arbeitsalltag. Allerdings könnte der Wechsel<br />
der Sichtweise einen entspannten Zugang<br />
zur Pflege bringen.<br />
Es muss die Qualität des Humors im Zusammenhang<br />
mit der Qualität der Pflegebeziehung<br />
gesehen beziehungsweise diskutiert<br />
werden, um die Anwendung von Humor<br />
und seine Grenzen zu definieren. Wird<br />
ein!e PatientIn von der Pflegeperson ausgelacht,<br />
so hat dies nichts mit therapeutischem<br />
Humor zu tun und wird sich dadurch<br />
nicht förderlich auf die Pfleger-<br />
Patientenbeziehung auswirken.<br />
Die Diagnose eines Pflegeempfängers hat<br />
nicht unmittelbar mit der Eingrenzung von<br />
Humoraktionen zu tun.<br />
„Vielmehr spielt eine gesunde, wertschätzende<br />
Pflegebeziehung dabei eine entscheidende<br />
Rolle. Man sollte auch nicht<br />
dem Irrglauben verfallen, dass man mit<br />
dementen und verwirrten Patienten keinen<br />
Humor leben darf und erleben kann.“<br />
(LOTZE 2003, zit. in: HEREGGER 2004)<br />
15<br />
Alte Menschen leben uns manchmal eine<br />
Komik vor, die kaum ein Clown erfinden<br />
kann - einige Beispiele hierzu aus meinem<br />
persönlichen Erleben:<br />
☺ Herr G., ein hochbetagter Herr, dem<br />
man auf Grund seiner Demenz nicht<br />
mehr zutraute seine Zahnprothese zu<br />
putzen wurde von einer Pflegekraft gefragt:<br />
“Könnt ich bitte ihre Zähne haben?“<br />
Darauf Herr G. mit einem verschmitzten<br />
Lächeln: “Ja, freilich, die<br />
werden die aber nicht passen.“<br />
☺ Eine Pflegeperson war bemüht, die<br />
Darmtätigkeit einer 90jährigen Patientin<br />
mit chronischer Obstipation in Schwung<br />
zu bringen. Trotz mehrmaliger oraler<br />
Laxantiengabe und einem kleinem Einlauf<br />
war kein Erfolg in Sicht. Die<br />
Schwester war schon der Verzweiflung<br />
nahe, da sagte Frau S.: “Der Morgenschiss<br />
kommt ganz gewiss, auch wenn<br />
es erst am Abend ist.“<br />
(Ob dieser Spruch aus ihrer Feder<br />
stammt oder sie ihn irgendwo gehört<br />
hat, entzieht sich meiner Kenntnis, aber<br />
die Patientin hat der gestressten Kollegin<br />
damit den Wind aus den Segeln genommen<br />
und die Situation entspannt.)<br />
Die erwähnten Situationen habe ich meinem<br />
persönlichen Humortagebuch entnommen.<br />
(siehe dazu Punkt 5.2)<br />
Der uns allen bekannte, sprichwörtliche<br />
„Galgenhumor“ ist oft eine heilsame Art,<br />
mit dem schwierigen Thema Tod und<br />
Krankheit umzugehen. Er hat seinen festen<br />
Platz in unserem Leben und darf zum<br />
“Dampf ablassen“ nicht fehlen. In den „geschützten“<br />
Räumen eines Dienstzimmers ist<br />
dafür der geeignete Platz.<br />
� Niemals aber darf dieser Galgenhumor<br />
auf Kosten einer einzelnen Person gehen,<br />
und schon gar nicht eine Person<br />
persönlich angreifen. Ebenso haben Zynismus<br />
und Sarkasmus nichts mit dem<br />
von mir beschriebenen, therapeutischen<br />
Humor zu tun.<br />
Ganz im Gegenteil! Verletzungen, Kränkungen<br />
und der daraus folgenden Vertrauensverlust<br />
durch den Patienten und<br />
den Kollegen sind die Folgen von dieser<br />
Art, falsch verstandenen Humors.