14. Elektronenmikroskopische Fraktographie - Möser, Martin
14. Elektronenmikroskopische Fraktographie - Möser, Martin
14. Elektronenmikroskopische Fraktographie - Möser, Martin
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strukturierten Bruchflächen artefaktfreie Abdrücke herzustellen; bei Schadensfällen werden<br />
außerdem Präparation und Auswertung durch Beläge, Verquetschungen und Korrosionsabtrag<br />
zusätzlich erschwert. Den allgemeinen Durchbruch für die (Mikro-)<strong>Fraktographie</strong> brachte erst die<br />
Einführung des Rasterelektronenmikroskops (REM) Mitte der sechziger Jahre, vor allem, weil<br />
mit ihm die Möglichkeit geschaffen wurde, Bruchflächen direkt zu betrachten [2-4]. Zusätzlich<br />
bietet das REM folgende Vorteile: Es lassen sich relativ große Proben untersuchen. Außer einer<br />
eventuellen Reinigung ist bei Metallen keine besondere Präparation erforderlich. Die Aufnahmen<br />
vermitteln einen stark räumlichen Eindruck, was die Interpretation vereinfacht. Große Bereiche<br />
können schnell durchmustert und bei einer Bruchflächenbeschädigung die noch erhaltenen<br />
Details leicht aufgefunden werden. Mit den erreichbaren niedrigsten Vergrößerungen (6- bis 30fach)<br />
lässt sich der Anschluss an das makroskopische Erscheinungsbild herstellen. Bei einem<br />
Auflösungsvermögen von 7 … 20 nm werden mit dem REM die bei fraktographischen<br />
Untersuchungen benötigten Abbildungsmaßstäbe, die selten über 10000-fach hinausgehen,<br />
problemlos beherrscht. Die günstigere Auflösungsgrenze des TEM, die bei Bruchflächenabdrücken<br />
ca. 3 … 5 nm beträgt, sichert diesem allerdings bei Ermüdungsbrüchen einen<br />
begrenzten Anwendungsbereich. Sofern das REM mit einem Spektrometer zur<br />
energiedispersiven Mikroanalyse (EDS; s. Kap. 9.) ausgerüstet ist, ergibt sich außerdem die<br />
Möglichkeit, die chemische Zusammensetzung interessierender Bruchflächendetails<br />
(Einschlüsse, Ausscheidungen, Beläge) mit Ausdehnungen von über 0,5 µm zu bestimmen.<br />
Je nachdem, ob eine Schadensprobe oder eine Laborprobe fraktographisch untersucht werden<br />
soll, ergeben sich unterschiedliche Fragestellungen. Bei Schäden wird gewöhnlich nach dem<br />
wirksamen Bruchmechanismus bzw. nach der schadensauslösenden Beanspruchungskomponente<br />
gefragt. Die REM-Untersuchung war dann erfolgreich, wenn anhand spezifischer<br />
Ausbildungsformen des Bruchgefüges der Bruch- bzw. Schädigungsmechanismus eindeutig<br />
festgelegt werden konnte, also eine genaue Diagnose vorliegt, denn die einzuleitenden<br />
Abhilfemaßnahmen können jeweils sehr unterschiedlicher Art sein. In der zerstörenden<br />
Werkstoffprüfung wird der Schädigungsmechanismus bewusst gewählt. Hier wird bei gegebener<br />
Werkstoffstruktur die jeweilige Beanspruchbarkeit eines Werkstoffes getestet, oder es wird nach<br />
der günstigsten Strukturvariante für einen bestimmten Einsatzzweck gesucht. Demzufolge<br />
interessieren mehr die Besonderheiten in der Rissausbreitung innerhalb einer Bruchart, die dann<br />
zur Deutung der jeweiligen Testergebnisse heran gezogen werden. Da unter definierten<br />
Bedingungen gearbeitet wird, stellt das hier erhaltene Bruchbild die entscheidende Vergleichsmöglichkeit<br />
für entsprechende Schadensfälle dar, das heißt, die <strong>Fraktographie</strong> hat die Bindungen<br />
zwischen Werkstoffforschung und der ehemals mit starkem trial-and-error-Charakter behafteten<br />
Schadensforschung wesentlich enger werden lassen. Unter Umständen wird dadurch ein Schaden<br />
zum aufschlussreichen Langzeittest aufgewertet, zumal es kaum möglich ist, alle im Einsatz<br />
möglichen Schädigungseinflüsse und deren Überlagerungen vorher ausreichend zu erfassen und<br />
zu simulieren.