Juni 2008 - Arbeit und Gesundheit

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Foto: BASF Die Arbeit mit Nanopartikeln ist spannend: Am Standort Ludwigshafen forschen BASF-Experten mit Partnern aus Hochschule und Industrie an Materialien für organische Elektronik. 14 ARBEIT UND GESUNDHEIT Nanotechnologie Kaum zu greifen Nanotechnologie macht aus altbekannten ganz neue Materialien. Welche gesundheitlichen Risiken diese bergen, ist so schwer zu greifen wie die ultrafeinen Partikel selbst. Ein Beitrag zum aktuellen Stand des Arbeitsschutzes beim Umgang mit Nanomaterialien. Schon lange bekannt ist, dass nanopartikel in der Lunge eine entzündliche reaktion auslösen können, in den Blutkreislauf übertreten und weitere Organe wie Leber, Herz ARBEIT UND GESUNDHEIT Wissen Arbeitsschutz beim Umgang mit Nanopartikeln Folgende Optionen können zur Verbesserung des Arbeitsschutzes überprüft werden: • Technische Maßnahmen: Verwenden Sie geschlossene Anlagen und erfassen Sie die emission gefährlicher Gase, Dämpfe und Stäube möglichst an der entstehungsstelle, begrenzen Sie die emission und führen Sie diese kontrolliert ab. • Organisatorische Maßnahmen: Sorgen Sie für geeignete Waschgelegenheiten, eine geschützte Aufbewahrung der nicht beruflich eingesetzten Kleidung sowie für eine klare zeitliche Gestaltung der Arbeitsabläufe; sorgen Sie für fachliche Ausbildung und Unterweisung sowie für klare Zugangs- und Lagerregeln. • Persönliche Schutzmaßnahmen: Halten Sie ihre Mitarbeiter an, Persönliche Schutzausrüstungen zu verwenden. Geeignete Ausrüstungen sind beispielsweise Atemschutzmaske, Schutzhandschuhe, Schutzbrille mit Seitenschutz sowie weitere Schutzbekleidung. Weitere Informationen Die TÜV SÜD Akademie bietet ein Seminar mit dem Titel „Arbeitsschutz und nanotechnologie“ an. Darüber hinaus bietet die TÜV SÜD-Fachtagung „nano.tage“ im Juni 2008 die Möglichkeit, sich mit experten aus dem Themenfeld auszutauschen. Mehr unter www.tuev-sued.de/akademie. Juni 2008 und nieren erreichen. relativ neu ist jedoch, dass der Mensch bewusst nanomaterialien in die Umwelt entlässt. neben den natürlichen Quellen für ultrafeine Partikel wie Vulkanausbrüche und Brände hat vor allem der Mensch durch industrialisierung – insbesondere der starke einsatz von Verbrennungsmotoren – für einen ungewollt hohen Ausstoß von nanomaterialien in unsere Umwelt gesorgt. Seit einigen Jahren bekommt die emission kleinster Partikel durch gezielt hergestellte und auf bestimmte Funktionen hin designte nanopartikel eine neue Qualität. Sie können bereits bei ihrer Herstellung oder im Laufe eines Produktlebenszyklus in die Umwelt gelangen. Daher sind die Menschen in den Herstellungsprozessen direkt betroffen – die nanotechnologie ist somit ein Thema des Arbeitsschutzes. Ist Nanogold überhaupt Gold? Die Möglichkeit, Materialeigenschaften durch die bloße Veränderung ihrer räumlichen Ausdehnung zu beeinflussen, macht die Herstellung kleinster Partikel von längst bekannten Materialien so spannend. So hat die nanovariante eines Stoffes mit dessen makroskopischen eigenschaften nicht mehr viel gemein. Berühmtestes Beispiel ist Gold, das in seiner „nanoform“ Farbe, Schmelzpunkt, elektrische Leitfähigkeit und chemische reaktivität nicht nur graduell, sondern radikal ändert – beispielsweise seine Farbe von Gelb zu rubinrot. Arbeitsschutzrechtlich beginnen genau hier die Probleme. Handelt es sich bei nanogold überhaupt noch um Gold? Liegt nicht ein völlig neuer Stoff vor?
Vom Standpunkt der physikalischen und chemischen eigenschaften betrachtet, handelt es sich eindeutig um eine neue Substanz. Vom Standpunkt des Stoffbegriffs unter der reACH-Verordnung ist es allerdings immer noch Gold. Das ist für die Praxis nicht sehr hilfreich. Juristen und Verantwortliche der neuen Gesetzgebung streiten sich weiterhin darüber, ob nanomaterialien einer eigenen Behandlung unter reACH bedürfen. in der Zwischenzeit geht der wirtschaftliche erfolg der Winzlinge weiter und die realität hat die Gesetzgebung längst hinter sich gelassen. Will man als Anwender oder Produzent dennoch verantwortungsvoll mit dem einsatz von nanomaterialien umgehen, stößt man schnell an die Grenzen des Bekannten. noch wenige nanosubstanzen sind auf ihre Giftwirkung bezüglich Mensch und Umwelt hin untersucht worden. noch weniger ist über deren Verbleib und Wirkung in der Umwelt bekannt, wenn das Produkt entsorgt wurde. es fehlt sowohl an Methoden, dies abschließend zu untersuchen, als auch an ressourcen, um die Vielzahl bereits kommerziell erhältlicher nanomaterialien systematisch zu analysieren. Ganz zu schweigen von Untersuchungsstandards, die einen Vergleich zwischen unterschiedlichen Stoffen oder unterschiedlichen Größendimensionen ermöglichen würden. Risiko ist nicht gleich Giftwirkung Wirklich hilfreich ist lediglich der Hinweis, dass das risiko einer Substanz nicht gleichzusetzen ist mit deren Giftwirkung. Um die gesundheitliche Auswirkung beim Umgang mit nanomaterialien zu beurteilen, müssen sowohl Toxizität als auch exposition betrachtet werden – also die Giftwirkung der Substanz und die Dauer und intensität des Kontaktes bei der Arbeit. Zur erklärung: eine Substanz kann äußerst giftig sein. Wenn wir ihr jedoch nicht ausgesetzt werden, besteht keinerlei risiko. Sie kann dagegen relativ harmlos sein, sind wir ihr jedoch in hoher Dosis und dauerhaft ausgesetzt, kann sie dennoch tödlich wirken. Foto: BASF Unter der Lupe: Diese würfelförmig organisierten Nanostrukturen bestehen aus einem dreidimensionalen metallorganischen Gerüst; im Innern befinden sich zahlreiche Poren, die nur einige Nanometer messen. Solange man also nichts Genaues über Wirkweise, expositionswege und Verbleib von nanomaterialien weiß, gilt es, die exposition grundsätzlich zu vermeiden. Dabei hilft, dass nanopartikel aufgrund ihrer großen Oberfläche bezogen auf ihre Masse bevorzugt größere Anhäufungen bilden und sich an jeglicher angebotenen Oberfläche ablagern – also gut filtern lassen. Auch die einbindung beispielsweise in Lösemittel oder an Polymere minimiert die exposition mit nanopartikeln. Wer verantwortlich mit nanomaterialien in seinem Betrieb und gegenüber seinen Kunden umgehen möchte, sollte eine expositions- und Lebenszyklusanalyse der eingesetzten Materialien durchführen, die exposition von Mensch und Umwelt mit freien nanopartikeln vermeiden und sich regelmäßig über den Stand der Technik informieren. Dr. Stephan Haubold (TVS Steinbeis Zentrum, Bonn; Referent der TÜV SÜD Akademie)/mir, redaktion@arbeit-und-gesundheit.de Juni 2008 ARBEIT UND GESUNDHEIT 15 Anzeige
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