Juni 2008 - Arbeit und Gesundheit
Juni 2008 - Arbeit und Gesundheit
Juni 2008 - Arbeit und Gesundheit
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Vom Standpunkt der physikalischen <strong>und</strong> chemischen eigenschaften betrachtet,<br />
handelt es sich eindeutig um eine neue Substanz. Vom Standpunkt des Stoffbegriffs<br />
unter der reACH-Verordnung ist es allerdings immer noch Gold. Das ist für die<br />
Praxis nicht sehr hilfreich. Juristen <strong>und</strong> Verantwortliche der neuen Gesetzgebung<br />
streiten sich weiterhin darüber, ob nanomaterialien einer eigenen Behandlung unter<br />
reACH bedürfen. in der Zwischenzeit geht der wirtschaftliche erfolg der Winzlinge<br />
weiter <strong>und</strong> die realität hat die Gesetzgebung längst hinter sich gelassen.<br />
Will man als Anwender oder Produzent dennoch verantwortungsvoll mit dem<br />
einsatz von nanomaterialien umgehen, stößt man schnell an die Grenzen des<br />
Bekannten. noch wenige nanosubstanzen sind auf ihre Giftwirkung bezüglich<br />
Mensch <strong>und</strong> Umwelt hin untersucht worden. noch weniger ist über deren Verbleib<br />
<strong>und</strong> Wirkung in der Umwelt bekannt, wenn das Produkt entsorgt wurde. es fehlt<br />
sowohl an Methoden, dies abschließend zu untersuchen, als auch an ressourcen,<br />
um die Vielzahl bereits kommerziell erhältlicher nanomaterialien systematisch zu<br />
analysieren. Ganz zu schweigen von Untersuchungsstandards, die einen Vergleich<br />
zwischen unterschiedlichen Stoffen oder unterschiedlichen Größendimensionen<br />
ermöglichen würden.<br />
Risiko ist nicht gleich Giftwirkung<br />
Wirklich hilfreich ist lediglich der Hinweis, dass das risiko einer Substanz nicht<br />
gleichzusetzen ist mit deren Giftwirkung. Um die ges<strong>und</strong>heitliche Auswirkung<br />
beim Umgang mit nanomaterialien zu beurteilen, müssen sowohl Toxizität als auch<br />
exposition betrachtet werden – also die Giftwirkung der Substanz <strong>und</strong> die Dauer<br />
<strong>und</strong> intensität des Kontaktes bei der <strong>Arbeit</strong>. Zur erklärung: eine Substanz kann<br />
äußerst giftig sein. Wenn wir ihr jedoch nicht ausgesetzt werden, besteht keinerlei<br />
risiko. Sie kann dagegen relativ harmlos sein, sind wir ihr jedoch in hoher Dosis<br />
<strong>und</strong> dauerhaft ausgesetzt, kann sie dennoch tödlich wirken.<br />
Foto: BASF<br />
Unter der Lupe: Diese würfelförmig organisierten Nanostrukturen bestehen aus einem dreidimensionalen<br />
metallorganischen Gerüst; im Innern befinden sich zahlreiche Poren, die nur einige Nanometer messen.<br />
Solange man also nichts Genaues über Wirkweise, expositionswege <strong>und</strong> Verbleib<br />
von nanomaterialien weiß, gilt es, die exposition gr<strong>und</strong>sätzlich zu vermeiden.<br />
Dabei hilft, dass nanopartikel aufgr<strong>und</strong> ihrer großen Oberfläche bezogen auf ihre<br />
Masse bevorzugt größere Anhäufungen bilden <strong>und</strong> sich an jeglicher angebotenen<br />
Oberfläche ablagern – also gut filtern lassen. Auch die einbindung beispielsweise<br />
in Lösemittel oder an Polymere minimiert die exposition mit nanopartikeln.<br />
Wer verantwortlich mit nanomaterialien in seinem Betrieb <strong>und</strong> gegenüber seinen<br />
K<strong>und</strong>en umgehen möchte, sollte eine expositions- <strong>und</strong> Lebenszyklusanalyse der<br />
eingesetzten Materialien durchführen, die exposition von Mensch <strong>und</strong> Umwelt mit<br />
freien nanopartikeln vermeiden <strong>und</strong> sich regelmäßig über den Stand der Technik<br />
informieren.<br />
Dr. Stephan Haubold (TVS Steinbeis Zentrum, Bonn;<br />
Referent der TÜV SÜD Akademie)/mir, redaktion@arbeit-<strong>und</strong>-ges<strong>und</strong>heit.de<br />
<strong>Juni</strong> <strong>2008</strong> ARBEIT UND GESUNDHEIT 15<br />
Anzeige