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Programmheft herunterladen - Münchner Philharmoniker

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Orchestergeschichte<br />

13. November 1930:<br />

Igor Strawinsky dirigiert zum erstenmal in München<br />

„Im Herbst begannen wieder meine Konzertreisen“,<br />

notierte Igor Strawinsky in seinen Erinnerungen,<br />

„die sich bis in den Dezember hinzogen“. Auf dieser<br />

„Rundfahrt durch ganz Mitteleuropa“ machte<br />

er auch in München Station. Die „ganze für sein<br />

bedeutendes Schaffen irgendwie interessierte<br />

Gesellschaft“ der Stadt kam in den Odeonssaal,<br />

um das „erstmalige persönliche Erscheinen“ des<br />

berühmten russischen Komponisten zu erleben.<br />

Dass Strawinsky einen Abend lang ausschließlich<br />

eigene Werke auf das Programm gesetzt hatte,<br />

erhöhte die Spannung noch zusätzlich. Bislang<br />

war seine Musik in München eher selten zu hören<br />

gewesen. Bei den <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong>n erklang<br />

am 7. Februar 1924 in einem Konzert mit<br />

russischer Musik neben Borodin und Glasunow als<br />

wohl erstes Beispiel „Pétrouchka“, wobei der Dirigent<br />

Walther Beck einen „glänzenden Erfolg“ verzeichnen<br />

konnte. Am 4. April 1929 brillierte Eugen<br />

Papst mit dem nur vierminütige Feuerwerk „Feu<br />

d’artifi ce“. Als letzte Begegnung mit Strawinskys<br />

Musik vor dem großen Ereignis dirigierte Adolf<br />

Mennerich, der zweite Dirigent der <strong>Philharmoniker</strong>,<br />

im Rahmen der „II. Festwoche für Neue Musik“<br />

der „Vereinigung für zeitgenössische Musik“<br />

die beiden geistreich-witzigen Orchestersuiten. –<br />

Strawinsky stellte sich dem <strong>Münchner</strong> Publikum<br />

mit einem für sein Schaffen durchaus repräsentativen<br />

Programm vor: den beiden Orchestersuiten,<br />

dem „Ragtime“, dem „Oktett“ und der „Pulcinella“-<br />

Suite. Erstaunlich offen selbst auf die ungewohn-<br />

Gabriele E. Meyer<br />

Philharmonische<br />

Blätter<br />

29<br />

ten Klangstrukturen des Oktetts reagierend meinten<br />

die Kritiker schon einen Tag später, dass es in<br />

der „sogenannten modernen Musik“ auch andere<br />

Wege geben müsse. „Es kann ja nicht nur Beethovens,<br />

es muß ja auch Strawinskys geben! Und dass<br />

er ein Könner ersten Ranges ist und ein Schöpfer,<br />

dem schon kolossal viel und Eigenartiges einfällt,<br />

werden wohl auch die Mißvergnügten dieses<br />

Abends nicht leugnen können. Er ist vor allem und<br />

immer amüsant, ein überkultivierter Barbar, man<br />

weiß musikalisch nie recht: kommt er aus der unendlich<br />

weiten, großartigen russischen Steppe oder<br />

geht er auf dem grell erleuchteten Pariser Boulevard<br />

fl anieren.“ Der Dirigent Strawinsky überzeugte<br />

allerdings schon damals weniger, auch wenn das<br />

genuin Musikantische in seiner Person sehr wohl<br />

empfunden wurde. So beschrieb Oskar von Pander<br />

Strawinskys Dirigierstil als „äußerst sachlich, nicht<br />

übermäßig geschickt und gar nicht routiniert, so<br />

dass er zuweilen sogar in ganz gefährliche Situationen<br />

geriet.“ Dennoch hielten sich die <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Philharmoniker</strong> „bis auf eine schwere Entgleisung<br />

ganz wacker“. Igor Strawinsky, der berühmte Russe,<br />

wurde sehr gefeiert. – Nur wenige Jahre nach<br />

diesem bejubelten Konzertereignis durfte er „weniger<br />

aus künstlerischen Gründen als vielmehr aus<br />

weltanschaulichen und politischen Gründen“ nicht<br />

mehr gespielt werden. – Heute gehört Strawinskys<br />

Werk zum Standardrepertoire. Der damalige<br />

Auftritt bei den <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong>n ist,<br />

warum auch immer, der einzige geblieben.

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