Inhalt 10/2009 - Liebes Land

Im Bann der
Besen
Fotos: Steffen Rasche
Im grünen Bereich
Früher flitzten Frauen auf
Reisigfliegern durch die Lüfte.
Krachten sie in einen Baum,
wuchsen ihre Besen im Geäst
fest. Auf diese bizarren
Gebilde fliegt der Sachse Jörg
Kohout. Sogar bis nach China.
Düsen Hexen allzu flott auf ihren
Besen durch die Lande, drohen
schlimme Unfälle. So könnten sie in
einem Baum hängen bleiben. Ist das passiert,
schmiert die Zauberin spektakulär ab, ihr
Reisigflieger aber verhakt sich in den Zweigen
und wächst dort fest.
So jedenfalls erklärten sich die Leute
noch Anfang des 20. Jahrhunderts die merkwürdigen,
kleinen Gehölze oben auf den
normalen Bäumen. Hexenbesen heißen die
Sprösslinge deswegen noch heute.
Ein Hexenbesen sieht meist anders aus
als sein Mutterbaum. So zeigt er dickere oder
dünnere, kürzere, längere oder verdrehtere
Nadeln. Das ist seltsam, heißt aber nicht,
dass schlecht fliegende Zauberinnen ihre
warzigen Hände im Spiel hatten. Denn die
Gewächse sprießen offenbar per Zufall. „Sie
sind eine Laune der Natur, eine spontane
Mutation“, sagt Jörg Kohout. Der gelernte
Gärtner pflegt am Rand der Oberlausitz bei
Dresden gut 5000 Hexenbesen, die wohl
größte Sammlung Deutschlands.
Warum also plötzlich viele Knospen an
irgendeiner Stelle eines Asts sprießen, ist ein
Rätsel. Laut Kohout kann man nur beobachten,
dass daraus allmählich Zweige treiben,
die immer büscheliger werden und sich zu
einer Kugel verdichten. Doch bis ein Spaziergänger
den Baum im Baum von unten sehen
kann, dauert es Jahre.
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