02.02.2013 Aufrufe

Vortrag - Bibliothek und Schule

Vortrag - Bibliothek und Schule

Vortrag - Bibliothek und Schule

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Leseförderung am<br />

Berufskolleg<br />

Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek<br />

Universität zu Köln<br />

Übersicht<br />

• Projekt Leseförderung im Berufskolleg<br />

• Textbegriff<br />

• Sachtexte lesen<br />

• Lesestrategien vermitteln<br />

• Lesewoche <strong>und</strong> Lesemodul<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 2<br />

Projekt Leseförderung<br />

• Laufzeit: 2002 - 2005<br />

• Beteiligte: Drei Berufskollegs in Jülich <strong>und</strong> Düren,<br />

IHK Aachen, HWK Aachen, Bezirksregierung Köln,<br />

Kreis Düren, Universität zu Köln, Sponsoren<br />

• Ziel: Konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der<br />

Lesekompetenz von Berufsschüler/innen<br />

• Vorgehen: Gemeinsame Entwicklung, Erprobung <strong>und</strong><br />

Implementierung von Konzepten zur Leseförderung<br />

• Ergebnisse: Homepage mit Unterrichtsmaterialien,<br />

Implementierungskonzepte, Module für die<br />

Lehrerfortbildung, Lesetest, Publikation<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 3 © Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 4<br />

1


Diskurs - Text<br />

• Im Gespräch stehen sich Sprecher <strong>und</strong> Hörer<br />

gegenüber. Sie verständigen sich mittels<br />

gesprochener, flüchtiger Sprache:<br />

� ⇔ �(= Diskurs)<br />

• In der schriftlichen Kommunikation tritt zwischen<br />

Sprecher <strong>und</strong> Hörer ein Speichermedium, z.B. ein<br />

Bote, ein Aufzeichnungsgerät oder etwas Geschriebenes.<br />

Die Kommunikation wird zerdehnt (Ehlich):<br />

� � ⇔ � � (= Text)<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 5<br />

Texte produzieren <strong>und</strong> rezipieren<br />

• Lesen meint die Fähigkeit, geschriebene Texte zu<br />

verstehen.<br />

• Schreiben meint die Fähigkeit, geschriebene Texte<br />

zu produzieren.<br />

• Aber: Das Beherrschen der Schrift ist für die<br />

Rezeption <strong>und</strong> Produktion von Texten nicht<br />

zwingend erforderlich.<br />

• Denn: Im Mittelalter waren viele Adelige auf sog.<br />

Scribenten, ihre Schreiber angewiesen - auch heute<br />

noch gibt es die Möglichkeit, Text zu diktieren.<br />

• Schrift <strong>und</strong> Text sind theoretisch zu unterscheiden.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 7<br />

Text<br />

• Texte - als zentrales Medium der schriftlichen<br />

Kommunikation - zeichnen sich durch das Merkmal<br />

Zerdehnung aus. Sie werden insbesondere verfasst,<br />

um Wissen zu überliefern. Das ist ihr Zweck.<br />

• Diese Möglichkeit, sprachliche Äußerungen in<br />

Abwesenheit ihres Produzenten verstehbar zu<br />

machen, hat Auswirkungen auf die Textstruktur:<br />

• Explizitheit<br />

• Abstraktheit <strong>und</strong> Desymptomatisierung: symbolisch<br />

kontrollierter Ausdruck von Emotionen<br />

• De-Kotextualisierung: ohne praktisches Umfeld<br />

• Kon-Textualisierung: Text schafft seinen Kontext<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 6<br />

Texte lesen<br />

• Basale Lesekompetenz meint die Fähigkeit, in der<br />

Schrift niedergelegte grammatische <strong>und</strong> semantische<br />

Strukturen flüssig zu erkennen ⇒ flüssiges Lesen<br />

(fluency).<br />

• Flüssiges Lesen verlangt<br />

• genaues Worterkennen<br />

• automatisierte, schnelle <strong>und</strong><br />

• sinnkonstituierende Rekonstruktion von Phrasen<br />

• Übung, Übung, Übung<br />

• Flüssiges Lesen ist die zentrale Voraussetzung für<br />

das Textverstehen, ansonsten ist das Arbeitsgedächtnis<br />

überlastet (vgl. Rosebrock/Nix 2006).<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 8<br />

2


Schreiber<br />

Bedeutung<br />

Texte verstehen<br />

Container-Modell des Textverstehens<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 9<br />

Beispiel (2)<br />

Bedeutung<br />

Leser<br />

• Heute hatten wir stellenweise soviel Staub beim<br />

Abschleifen der Regale, dass wir kaum noch Sicht hatten.<br />

Morgen wollen wir deshalb ein Absauggerät einsetzen.<br />

• Tragen Sie auf ein DIN A-3 Blatt für je drei km Strecke<br />

einen 1 cm langen Strich auf der unteren Hälfte auf <strong>und</strong><br />

umfahren diesen mit einem roten Kreis.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 11<br />

Beispiel (1)<br />

• Der alte Mann ging mit seinem ebenso alten H<strong>und</strong><br />

zum Tierarzt. Er musste leider eingeschläfert werden.<br />

• Wer hat wen eingeschläfert?<br />

• Woher wissen wir, dass der Arzt den H<strong>und</strong><br />

einschläfert, obwohl „Er“ im zweiten Satz zunächst<br />

einmal auf „Tierarzt“ (als letztes Wort) verweist?<br />

• Es ist unser Weltwissen, das uns hilft, diesen Satz zu<br />

verstehen, <strong>und</strong> nicht unser Sprachwissen.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 10<br />

Beispiel (2)<br />

• Heute hatten wir stellenweise soviel Staub beim<br />

Abschleifen der Regale, dass wir kaum noch Sicht hatten.<br />

Morgen wollen wir deshalb ein Absauggerät einsetzen.<br />

• Tragen Sie auf ein DIN A-3 Blatt für je drei km Strecke<br />

einen 1 cm langen Strich auf der unteren Hälfte auf <strong>und</strong><br />

umfahren diesen mit einem roten Kreis.<br />

• Die vermeintlichen Schlüsselwörter führen dazu,<br />

dass wir eine bestimmte Textart (hier: Wetterbericht,<br />

Verkehrshinweis) erwarten <strong>und</strong> auf dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> dieser Erwartungen eine Bedeutung<br />

(re-)konstruieren.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 12<br />

3


Verstehen als Re-Konstruieren<br />

• Einen Text lesen <strong>und</strong> verstehen bedeutet, in einem<br />

ständigen Wechselprozess die eigenen Erwartungen<br />

mit der Textbedeutung abzugleichen.<br />

• Lesen ist ein aktiver Prozess der Bedeutungs-<br />

Rekonstruktion - nicht der passiven Sinnentnahme.<br />

• Dabei nutzen wir einerseits unser Wissen, um den<br />

Text zu verstehen, <strong>und</strong> andererseits den Text, um<br />

unser Wissen zu erweitern.<br />

• In der Lesetheorie spricht man auch von einer<br />

Interaktion von Top-Down <strong>und</strong> Bottom-Up-Prozessen.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 13<br />

Texte vs. nicht-lineare Formen<br />

• These: Texte unterscheiden sich systematisch von<br />

nicht-linearen Darstellungsformen, weil sie<br />

strukturell unterschiedlich sind.<br />

• Texte - als zerdehnte sprachliche Handlungen - zu<br />

lesen bedeutet, (schrift-)sprachliche Handlungen zu<br />

rekonstruieren. Lesen ruht auf dem allgemeinen<br />

Sprachverständnis auf.<br />

• Nicht-lineare Formen stellen in ihrem Kern keine<br />

(schrift-)sprachlichen Handlungen dar, sondern<br />

Darstellungen anderer Art, nämliche ikonische i.w.S.,<br />

die eigene Rezeptionsprozesse erfordern.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 15<br />

Fachtexte<br />

• Fachtexte dienen der fachlichen Kommunikation, von<br />

Fachleuten für (angehende) Fachleute verfasst.<br />

• Ihr dominanter Zweck ist - i.w.S. - die Vermittlung<br />

fachlichen Wissens für praktische Zwecke.<br />

• Daraus ergeben sich spezifische Strukturen:<br />

• Bezug auf gemeinsames Fachwissen, u.a. durch die<br />

Verwendung von Fachsprache (Terminologie <strong>und</strong> Syntax)<br />

• Empraxie, d.h. Einbettung in praktische Kontexte<br />

• Verwendung nicht-linearer Darstellungsformen:<br />

Diagramme, Tabellen, Abbildungen, Formeln<br />

• Ob es sich bei den nicht-linearen Formen um Texte handelt,<br />

ist zu klären (m.E. eher nicht).<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 14<br />

Nicht-lineare Formen<br />

• Schnotz/Dutke (2004) unterscheiden zwischen<br />

konkreten (Bilder <strong>und</strong> Abbildungen) <strong>und</strong> abstrakten<br />

Formen (Graphiken <strong>und</strong> Diagramme) der ikonischen<br />

(bildhaften) Darstellung.<br />

• Bilder besitzen eine konkrete Ikonizität, weil sie mit<br />

unseren üblichen visuellen Routinen wahrgenommen<br />

<strong>und</strong> verarbeitet werden können.<br />

• Graphiken <strong>und</strong> Diagramme besitzen eine abstrakte<br />

Ikonizität, weil sie nur eine strukturelle Ähnlichkeit<br />

mit dem Dargestellten haben.<br />

• Sie zu verstehen verlangt zusätzliche kognitive<br />

Prozesse der semantischen Verarbeitung.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 16<br />

4


Abbildungen<br />

• Abbildungen sind nicht-sprachliche, reale oder<br />

ikonische Darstellungen von optisch wahrnehmbaren<br />

Sachverhalten:<br />

• Realfotos<br />

• Schattierte Zeichnungen<br />

• Strichzeichnungen<br />

• Schematische Darstellungen<br />

• Zeichnungen <strong>und</strong> schematische Darstellungen<br />

enthalten Abstraktionen, die die Aufmerksamkeit auf<br />

bestimmte Aspekte des Sachverhalts lenken <strong>und</strong><br />

spezifische Wahrnehmungsleistungen erfordern.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 17<br />

Schemazeichnung<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 19<br />

Eisenberg (1998, 49)<br />

Abbildung<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 18<br />

Tabellen (1)<br />

• Tabellen sind listenförmige, relationale Darstellungen<br />

von Größen unterschiedlicher Art, die nach<br />

bestimmten Kriterien sortiert oder geordnet sind.<br />

• Sie verlangen andere Rezeptionsweisen.<br />

• Ein Beispiel ...<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 20<br />

Crystal (1995, 130)<br />

5


!"# M D<br />

A 1 1 6<br />

B 2 2 5<br />

C 1 3 4<br />

D 1 4 3<br />

E 2 5 2<br />

F 2 6 1<br />

Tabellen (2)<br />

!"# M D<br />

A 1 1 6<br />

C 1 3 4<br />

D 1 4 3<br />

B 2 2 5<br />

E 2 5 2<br />

F 2 6 1<br />

Legende: Sp. 1: Name; Sp. 2: Geschlecht, 1 = w, 2<br />

= m; Sp. 3: Mathenote; Sp. 4: Deutschnote<br />

!"# M D<br />

F 2 6 1<br />

E 2 5 2<br />

D 1 4 3<br />

C 1 3 4<br />

B 2 2 5<br />

A 1 1 6<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 21<br />

Tabelle (4)<br />

Anstieg der<br />

Arbeitslosenzahl<br />

Arbeitslose<br />

1975<br />

absolut<br />

Arbeitslose<br />

1976<br />

Gemeinde A 100% 10 20<br />

Gemeinde B 30% 100 130<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 23<br />

Tabellen (3)<br />

• Tabellen sind listenförmige, relationale Darstellungen<br />

von Größen unterschiedlicher Art, die nach<br />

bestimmten Kriterien sortiert oder geordnet sind.<br />

• Die Relationen werden in Tabellen nicht sprachlich,<br />

sondern ikonisch dargestellt, nämlich über ihre<br />

räumliche Anordnung.<br />

• Für ein basales Tabellenverständnis ist es<br />

erforderlich, die räumliche Anordnung in relationale<br />

Verhältnisse zu übersetzen.<br />

• Für ein vertieftes Tabellenverständnis ist spezifisches<br />

Wissen erforderlich, um den Informationswert der<br />

angegebenen Werte zu erkennen...<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 22<br />

Diagramme<br />

• Diagramme sind grafische Darstellungen zur<br />

Veranschaulichung von Zahlen, (statistischen) Daten,<br />

Größen <strong>und</strong> logischen oder temporalen Beziehungen,<br />

oft als Ergänzung von Tabellen:<br />

• Säulendiagramme stellen unterschiedliche Variablen durch<br />

waagerechte oder senkrechte Säulen dar<br />

• Kurvendiagramme stellen Veränderungen von Variablen dar<br />

• Kreisdiagramme stellen Prozentanteile am Ganzen dar<br />

• Flussdiagramme stellen den Ablauf von Prozessen <strong>und</strong><br />

Handlungen dar.<br />

• Die Veranschaulichung besteht darin, dass abstrakte<br />

Sachverhalte, etwa mathematische oder zeitliche<br />

Verhältnisse, visuell wahrnehmbar gemacht werden.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 24<br />

6


Diagramme verstehen (1)<br />

• Das Verstehen eines Diagramms verlangt nach<br />

Schnotz/Dutke (2004) im Anschluss an die visuelle<br />

Wahrnehmung die Konstruktion eines mentalen<br />

Modells (= Vorstellung im Gedächtnis) sowie eine<br />

konzeptgeleitete Analyse.<br />

• Das bedeutet, am mentalen Modell des Diagramms<br />

werden mithilfe von Vorkenntnissen Informationen<br />

abgelesen <strong>und</strong> in Propositionen überführt.<br />

• Hier liegt also ein Verstehensprozess vor, an dem<br />

gleichermaßen der Input durch das Diagramm <strong>und</strong><br />

das Vorwissen beteiligt sind (top-down <strong>und</strong> bottomup-Prozesse).<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 25<br />

Diagramme verstehen (3)<br />

• Novizen oder Nicht-Fachleute verkennen oft den<br />

Informationsgehalt von Diagrammen, weil es ihnen<br />

nicht gelingt, an den mentalen Modellen die<br />

Informationen abzulesen.<br />

• So können schwache Leser am o.a. Beispiel eher den<br />

Wasserstand zu bestimmten Zeitpunkten bestimmen<br />

als die temporalen Schwankungen, i.e. die zeitliche<br />

Entwicklung erkennen.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 27<br />

Beispielaufgabe PISA 2000<br />

Diagramme verstehen (2)<br />

• Wahrnehmen: X- <strong>und</strong> Y-<br />

Achse als Koordinaten<br />

• Wellenlinie als<br />

kontinuierliche Linie<br />

erkennen<br />

• Verstehen: Wellenlinie<br />

als strukturelle,<br />

temporale Analogie<br />

• Die strukturelle Analogie besteht im Abtragen der Zeit<br />

als Linie entlang der X-Achse: Räumliche Schwanken<br />

der Linie entsprechen temporalen Änderungen in der<br />

Wirklichkeit.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 26<br />

Funktionen nicht-linearer Formen<br />

• Funktionen von Tabellen, Diagrammen <strong>und</strong><br />

Abbildungen sind<br />

• Motivieren <strong>und</strong> Stimulieren<br />

• Veranschaulichen<br />

• Räumlich orientieren<br />

• Informationen verdichten<br />

• Ihnen kommt auch eine wichtige Funktion bei der<br />

Rezeption vor, nämlich bei der Übertragung eines<br />

linearen Textes in eine nicht-lineare Form, etwa in<br />

Form eines Flussdiagramms, durch den Leser selber:<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 28<br />

7


Diagramm: Verstehen - Verständlichkeit<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 29<br />

Leseförderung in der Berufsschule<br />

Lehrerkonferenz Fachkonferenz Deutsch Schulkonferenz<br />

Bildungsgänge in der Berufsschule<br />

Einbindung der Leseförderung<br />

in das Bildungsgangprofil<br />

Wir bieten:<br />

• Diagnose der klassenbezogenen<br />

<strong>und</strong> individuellen<br />

Lesekompetenz,<br />

• Förderung der LK im DU<br />

• Beratung der Fachlehrer<br />

• Bereitstellen von<br />

Materialien<br />

• Evaluation der<br />

Entwicklung der LK<br />

Wir erwarten:<br />

• Integrative Förderung der<br />

LK im Fachunterricht<br />

• Einbindung der LK-<br />

Förderung in die did.<br />

Profile<br />

• Unterstützung der<br />

Diagnose <strong>und</strong><br />

Evaluation der LK<br />

(Lesetest)<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 31<br />

(Christmann/Groeben)<br />

Berufskolleg<br />

Leseförderung als<br />

Ziel im Schulprogramm<br />

(Kusch 2006, S. 70)<br />

Sachtexte lesen lernen<br />

• Die Fähigkeit, Sachtexte zu lesen, zu verstehen <strong>und</strong><br />

zu nutzen, kann nicht nur im Deutschunterricht<br />

vermittelt werden,<br />

• weil hierfür die Zeit im DU nicht ausreicht<br />

• weil die fachlichen Inhalte nur im Fachunterricht<br />

sachgerecht thematisiert werden können.<br />

• Die Förderung der Lesekompetenz erweist sich daher<br />

als eine Aufgabe für die <strong>Schule</strong>ntwicklung:<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 30<br />

Lesetest<br />

• Kriteriumsorientierter Test mit dem Ziel, Schüler/<br />

innen mit Leseschwächen zu ermitteln <strong>und</strong> drei<br />

Kompetenzstufen zuzuordnen:<br />

• Ermitteln expliziter Informationen<br />

• Kombinieren zweier Informationen<br />

• Informationen des Textes mit Weltwissen kombinieren<br />

• 45 Items (Fragen) zu zwei Texten, einer Tabelle <strong>und</strong><br />

einem Diagramm<br />

• Standardisiert an ca. 1.000 Versuchspersonen<br />

• Durchführungsaufwand: ca. 45 min<br />

• Auswertungsaufwand: ca. 60 min / Klasse<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 32<br />

8


Leseförderung<br />

• Die Förderung der Lesekompetenz kann prinzipiell an<br />

folgenden Punkten ansetzen:<br />

• Lesemotivation<br />

• Verbales Selbstkonzept, das in Gr<strong>und</strong>schulzeit ausgebildet<br />

wird<br />

• Lese-Engagement<br />

• Leseflüssigkeit<br />

• Lesestrategien<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 33<br />

Lesestrategien<br />

• Die meisten Modelle zu Lesestrategien lassen sich<br />

auf das frühe SQ3R-Modell von Robinson (1946)<br />

beziehen:<br />

• Survey: Überblick verschaffen<br />

• Question: Fragen an den Text stellen<br />

• Read: Lesen als aktiver Prozess der Informationsentnahme<br />

• Recite: Mit eigenen Formulierungen den Inhalt<br />

rekapitulieren<br />

• Review: Gedankliches Wiederholen der ersten vier<br />

Schritte, um einen Gesamtüberblick zu erhalten<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 35<br />

Programme zur Leseförderung<br />

• Streblow (2004) gibt einen guten Überblick über<br />

evaluierte Programme zur Leseförderung:<br />

• Überwiegend sind es zeitlich begrenzte, kontrollierte<br />

Trainings zur Vermittlung von Lesestrategien, evaluiert in<br />

sog. Pre-Posttest-Kontrollgruppen-Designs.<br />

• Die Trainingskonzepte sind wegen ihres Aufwands oft auf<br />

den Schulalltag nicht oder nur schwer übertragbar.<br />

• Trainingskonzepte können zu einer Verschlechterung der<br />

Leseleistung führen, etwa bei Erwachsenen oder bei der<br />

Kombination von Strategie- <strong>und</strong> Motivationstrainings.<br />

• Es gibt keine Belege für den Transfer von<br />

Trainingseffekten auf trainingsferne Aufgaben.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 34<br />

Lesestrategien vermitteln (1)<br />

• Prinzip der Vielfalt<br />

• Zur Leseförderung werden Kombinationen<br />

unterschiedlicher Strategien eingesetzt, weil damit eher<br />

eine Verbesserung zu erreichen ist als mit dem Training<br />

von Einzelstrategien.<br />

• Prinzip des Isolierens <strong>und</strong> Übens<br />

• Die Strategien werden zunächst als isolierte Aufgaben<br />

vermittelt <strong>und</strong> sodann intensiv <strong>und</strong> unter variierenden<br />

Bedingungen eingeübt.<br />

• Prinzip der Bewusstheit <strong>und</strong> Transparenz<br />

• Es werden nicht nur kognitive, sondern auch metakognitive<br />

Strategien vermittelt, um den Lernprozess bewusst <strong>und</strong><br />

transparent zu machen.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 36<br />

9


Lesestrategien vermitteln (2)<br />

• Prinzip der Motivation<br />

• Die Vermittlung motivational-emotionaler Strategien ist<br />

erforderlich, um die Motivation zum <strong>und</strong> den Spaß am<br />

Lesen zu fördern.<br />

• Prinzip der Authentizität <strong>und</strong> Fächerverbindung<br />

• Um einen Transfer der erworbenen Strategien zu<br />

ermöglichen, werden immer wieder authentische<br />

Lernkontexte geschaffen.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 37<br />

Beispiel „Lesewoche“<br />

• Entwicklung eines Rahmenkonzepts für ein<br />

zweitätiges Leseprojekt zu Beginn der Berufsschulzeit<br />

• Ziele<br />

• Bedeutung des Lesens für das eigene Lernen bewusst<br />

machen - eigene Leseerfahrungen thematisieren<br />

• Vermittlung von Lesetechniken <strong>und</strong> Lesestrategien<br />

• Material: Lesemappe mit vollständiger<br />

Aufgabensammlung einschließlich der genauen<br />

Aufgabenstellungen.<br />

• Zusätzlich wurde ein Workshop für<br />

Lehrerfortbildungen zur Lesewoche entwickelt.<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 39<br />

Konkrete Förderkonzepte<br />

• Reziprokes Lehren (reciprocal teaching)<br />

• Schüler lernen unter Anleitung des Lehrers Fragen an den<br />

Text <strong>und</strong> Vermutungen über seinen Fortgang zu stellen.<br />

• Erzielt vor allem bei schwachen Lesern gute Erfolge.<br />

• Textdetektive (Informed Strategies Learning)<br />

• Zielt auf die Vermittlung von Metawissen über<br />

Lesestrategien: Welche Strategien eignen sich wozu?<br />

• Einüben der Strategien im Kontext von Textdetektiven<br />

• Lässt sich gut im Unterricht der frühen Sek I einsetzen<br />

• Transactional Strategies Instruction (TSI)<br />

• Gezielte Vermittlung von effektiven Lesestrategien<br />

(Visualisieren, Fragen stellen, Verbindungen herstellen, ...)<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 38<br />

Beispiel „Modul Lesetechniken“ (1)<br />

Text für Schüler/innen<br />

Erläuterungen für<br />

Lehrer/innen<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 40<br />

10


Beispiel „Modul Lesetechniken“ (2)<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 41<br />

„Lesekarte“ (2)<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 43<br />

„Lesekarte“ (1)<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 42<br />

Fortbildungsmodule<br />

• Workshop Basismodul Lesen: Lesen(lernen) von<br />

Fachtexten<br />

• Workshop Modul Lesewoche<br />

• Workshop Modul: Didaktisierung von (Fach-)Texten<br />

• Workshop Modul: Sprachförderung durch<br />

Fachlehrer/innen<br />

• Workshop Moderation zur bildungsgangdidaktischen<br />

Einbindung der Leseförderung<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 44<br />

11


Nachzulesen in:<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 45<br />

Literatur (1)<br />

• Becker-Mrotzek, Michael/Kusch, Erhard/Wehnert, Bernd<br />

(Hgg.) (2006) Leseförderung in der Berufsbildung. Köln:<br />

KöBeS Heft 2 (Kölner Beiträge zur Sprachdidaktik)<br />

• Ehlich, Konrad (1983) Text <strong>und</strong> sprachliches Handeln. Die<br />

Entstehung von Texten aus dem Bedürfnis nach<br />

Überlieferung. In: Assmann, A./Assmann, J./Hardmeier, Ch.<br />

(Hgg.) (1983) Schrift <strong>und</strong> Gedächtnis. München: Fink, S. 24-<br />

43<br />

• Robinson, F. P. (1948) Effective Study. New York<br />

• Rosebrock, Cornelia/Nix, Daniel (2006) Forschungsüberblick:<br />

Leseflüssigkeit (Fluency) in der amerikanischen<br />

Leseforschung <strong>und</strong> -didaktik. In: Didaktik Deutsch Heft<br />

20/2006, S. 90-111<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 47<br />

Adressen<br />

Material: www.uni-koeln.de/sprachfoerderung/<br />

(Passwort: gnuredröf)<br />

Abschlussbericht: www.gilles-francke.de/aktuelles.html<br />

(Buchbestellung)<br />

Abschlussbericht: www.koebes.uni-koeln.de/<br />

(Download als pdf)<br />

Becker.Mrotzek@uni-koeln.de<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 46<br />

Literatur (2)<br />

• Schnotz, Wolfgang/Dutke, Stephan (2004)<br />

Kognitionspsychologische Gr<strong>und</strong>lagen der Lesekompetenz:<br />

Mehrebenenverarbeitung anhand multipler<br />

Informationsquellen. In: Schiefele, U./Artelt, C./Schneider,<br />

W./ Stanat, P. (Hgg.) Struktur, Entwicklung <strong>und</strong> Förderung<br />

von Lesekompetenz. Vertiefende Analysen im Rahmen von<br />

PISA 2000. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften,<br />

S. 61-99<br />

• Streblow, Lilian (2004) Zur Förderung der Lesekompetenz.<br />

In: Schiefele, U./Artelt, C./Schneider, W./ Stanat, P. (Hgg.)<br />

Struktur, Entwicklung <strong>und</strong> Förderung von Lesekompetenz.<br />

Vertiefende Analysen im Rahmen von PISA 2000. Wiesbaden:<br />

VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 275-306<br />

© Becker-Mrotzek Düsseldorf 25. April 2006 48<br />

12

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!