Jahresbericht 2011 Caritas Thurgau
Jahresbericht 2011 Caritas Thurgau
Jahresbericht 2011 Caritas Thurgau
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Lösungen für die Sozialfirmen<br />
Rupert Summerauer<br />
Seit 2006 bot <strong>Caritas</strong> <strong>Thurgau</strong> unter dem Dach des<br />
Vereins ESRA langzeitarbeitslosen Menschen, die<br />
von Sozialhilfe leben, eine spezifische Chance: teilwirtschaftliche<br />
Arbeitsplätze in Sozialfirmen. Diese<br />
erlaubten es ihnen, sich leistungsgemäss sozial<br />
und beruflich zu integrieren. Das Konzept fand<br />
aber leider zu wenig aktive Unterstützung durch<br />
die Gemeinden. So mussten wir die Betriebe aus<br />
finanziellen Gründen <strong>2011</strong> schliessen.<br />
Im Jahr 2005 lief die Wirtschaft wieder einmal nicht<br />
gut, die Arbeitslosen-Zahlen waren hoch und jene<br />
der Sozialhilfe-Empfänger stiegen stetig. Die Frage<br />
stand im Raum, welche Lösungen es für Menschen<br />
noch gibt, die nicht mehr «arbeitsmarktfähig» sind.<br />
Das Stichwort der «1000-Franken-Jobs» bzw. der<br />
Sozialfirmen machte die Runde. Sozialfirmen kombinieren<br />
eine sinnvolle Beschäftigung, soziale Integration<br />
und ein teilwirtschaftliches Einkommen.<br />
Auch im Kanton <strong>Thurgau</strong> forderten die Gemeinden<br />
die Schaffung solcher Projekte. Deshalb startete<br />
u. a. <strong>Caritas</strong> <strong>Thurgau</strong> 2006 das Projekt «Ding-<br />
Shop», einen Gebrauchtwarenmarkt für Möbel,<br />
Geräte und Secondhand-Mode. Die Erwartungen<br />
an diese erste Sozialfirma im <strong>Caritas</strong>-Netz der<br />
Schweiz waren sehr hoch. Insbesondere die Sozialdienste<br />
der Gemeinden erhofften sich, auf diesem<br />
Weg schnell viele der sehr schwer vermittelbaren<br />
Personen wieder in den ersten Arbeitsmarkt<br />
integrieren und die Kosten der Sozialhilfe senken<br />
zu können.<br />
Schon bald zeigte sich aber, dass zwar die Vorgabe<br />
an Sozialfirmen, aus den Produkten einen<br />
Ertrag von annähernd 50 % des Aufwandes zu erzielen,<br />
erreicht werden konnte, aber die Zuweisungen<br />
aus den Gemeinden im nötigen Umfang ausblieben.<br />
Zum einen hatte sich die wirtschaftliche<br />
Situation wieder etwas erholt. Zum anderen überschätzten<br />
viele Gemeinden die Leistungsfähigkeit<br />
der zugewiesenen Arbeitslosen und beurteilten<br />
entsprechend die Integrationsarbeit als zu teuer.<br />
Diese Entwicklung forderte erste Restrukturierungen,<br />
erste Anbieter gaben auf. Wir von <strong>Caritas</strong><br />
blieben aber vom Nutzen der Sozialfirmen überzeugt<br />
und wurden darin auch von Zuweisenden<br />
ermuntert. Deshalb übernahm der Verein ESRA<br />
zusammen mit <strong>Caritas</strong> <strong>Thurgau</strong> 2009 die Sozialfirma<br />
«Haushalts-Fee», ein Reinigungsunternehmen,<br />
von einem anderen Anbieter. Trotz der verbalen<br />
Unterstützung fehlte es aber weiterhin an den notwendigen<br />
Zuweisungen.<br />
Den eigentlichen «Todesstoss» für Sozialfirmen<br />
brachte dann die Revision des Gesetzes über die<br />
Arbeitslosenversicherung von 2010. Mit einer teilwirtschaftlichen<br />
Anstellung bei einer Sozialfirma<br />
kann man sich seither keine Anspruchsberechtigung<br />
mehr für Arbeitslosengelder erarbeiten,<br />
womit ein weiterer Anreiz für Sozialämter wegfiel,<br />
Personen zuzuweisen.<br />
In dieser Lage mussten wir <strong>2011</strong> aus finanziellen<br />
Gründen die Konsequenzen ziehen. Auf Sommer<br />
<strong>2011</strong> verselbständigten wir die «Haushalts-Fee».<br />
Sie arbeitet nun als normales Reinigungsunternehmen<br />
im freien Markt. Die Sozialfirma Ding-Shop<br />
schlossen wir auf Jahresende. Einen Teil davon<br />
konnten wir als Brocki in das ESRA Arbeitsintegrationsprogramm<br />
der Arbeitslosenversicherung integrieren<br />
(siehe nebenstehenden Bericht).<br />
Fazit: Für langzeitarbeitslose Sozialhilfeempfänger,<br />
die keinen Anspruch auf eine Invalidenrente haben<br />
und nur sehr schwer in den ersten Arbeitsmarkt<br />
integriert werden können, haben sich die Perspektiven<br />
im <strong>Thurgau</strong> weiter verengt. Ohne den<br />
entsprechenden politischen Willen und die nötigen<br />
gesetzlichen Grundlagen wird sich daran leider<br />
nichts ändern.<br />
Für langzeitarbeitslose<br />
Sozialhilfeempfänger<br />
haben sich die<br />
Perspektiven im<br />
<strong>Thurgau</strong> weiter<br />
verengt.<br />
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