05.02.2013 Aufrufe

Ausgabe herunterladen

Ausgabe herunterladen

Ausgabe herunterladen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ST. JOHANN ZUSSDORF<br />

Nach meinen Erfahrungen als Betreuer stehen Unterstützung<br />

und Entlastung im Vordergrund. Hilfe in Krisensituationen<br />

werden weniger nachgefragt, aber auch hierfür<br />

stehen entsprechende Fachkräfte bereit. Die Nachfrage<br />

in den Ferien und an Wochenenden ist besonders hoch.<br />

Vor allem fragen bei uns viele Mütter an, denn<br />

die Hauptbetreuungsperson ist zu 88% die Mutter<br />

und nur zu 4,4% der Vater, außerdem zu 3,4%<br />

die Pflegemutter (Thimm/Wachtel: Familien mit behinderten<br />

Kindern: Wege der Unterstützung und Impulse<br />

zur Weiterentwicklung regionaler Hilfesysteme).<br />

Gerade die Mütter übergeben ihre Kinder zunächst besonders<br />

schweren Herzens in unsere Obhut. Doch wir<br />

können ihre Bedenken meist gleich zu Anfang ganz<br />

professionell mildern: „Mit dieser Behinderung kennen<br />

wir uns gut aus“, „Keine Sorge, das machen wir<br />

schon, da wird alles gut gehen“ … persönliches Einfühlungsvermögen<br />

steht hier an allererster Stelle, um die<br />

Eltern von Anfang an in ihrer Entscheidung für einen<br />

Kurzzeitaufenthalt zu bestätigen und zu bestärken.<br />

Schließlich soll er dem Wohl der ganzen Familie<br />

dienen und sich noch lange Zeit danach<br />

positiv auf sie auswirken.<br />

Ein Beispiel aus der Praxis – aus Sicht eines Betreuers:<br />

Es war diesen Sommer, die zweite Ferienwoche, ein<br />

Samstagvormittag. Die Gruppe hatte sich gefüllt, fünf<br />

Kinder verbrachten bereits ihren Urlaub bei uns. Wir<br />

Mitarbeiter erwarteten Familie H. mit ihrem siebenjährigen<br />

Dennis. Ich kannte die Familie schon vom Aufnahmegespräch,<br />

bei dem ich mir ein erstes Bild machen<br />

konnte von ihren Erwartungen, Sorgen und Ängsten.<br />

Frau H. wollte mit Dennis erst einmal eine Nacht bei<br />

uns verbringen, während der Vater schon mit Dennis<br />

Bruder weiter in den Urlaub fuhr. Frau H. wollte<br />

10<br />

dann am darauf folgenden Tag nachreisen. Dennis<br />

war das erste Mal in Kurzzeitbetreuung und sollte<br />

zwei Wochen bei uns bleiben. Für den Anfang eine<br />

ganz schön lange Zeit für ein kleines Kind, dachte ich,<br />

und auch die Mutter hatte bereits eingangs angedeutet,<br />

dass sie Dennis sofort wieder mitnehmen wolle,<br />

wenn sie das Gefühl hätte, er fühle sich nicht wohl.<br />

Wichtig für uns als Betreuer: So etwas sind keine Bedenken<br />

uns gegenüber, sondern berechtigte Ängste.<br />

Mit den Vorbereitungen für dieses besondere Wochenende<br />

hatten wir schon vor vielen Tagen angefangen.<br />

Der personelle Einsatz muss optimal abgestimmt sein.<br />

So hatte ich entsprechende Fachkräfte und Ferienhelfer<br />

eingeteilt und war überzeugt, dass es gut passt.<br />

Die Gruppe muss ein bestimmtes Flair haben. Die Einrichtung<br />

und die Dekoration – kurz gesagt, das ganze<br />

Ambiente – soll auf den ersten Blick vermitteln,<br />

dass sich hier Kinder wohlfühlen. Der Tisch für das<br />

Aufnahmegespräch ist gedeckt. Die Küche weiß Bescheid<br />

und wird das Essen entsprechend servieren.<br />

Pünktlich 10 Uhr kam die Familie. Der erste Eindruck<br />

ist der Wichtigste, so sagt man. Entsprechend stellte<br />

ich nach der Begrüßung auch gleich meine Kolleginnen<br />

und die Kinder persönlich vor. Dann zeigte<br />

ich Mutter und Kind das gemeinsame Zimmer, was<br />

bei Frau H. sehr erfreut aufgenommen wurde.<br />

Schon ist war das erste Eis gebrochen und<br />

das ausführliche Informationsgespräch verlief<br />

in herzlicher Atmosphäre.<br />

Zwar trennte sich Frau H. doch schweren Herzens am<br />

anderen Tag von Dennis, konnte aber bald mit dem<br />

gewissen Abstand einen sehr entspannten Urlaub verleben.<br />

Denn sie hatte sich ja selbst überzeugen können,<br />

dass ihr Kind bei uns gut betreut wurde. Für uns<br />

Mitarbeiter war es anstrengend, hilfreich und voller<br />

Erfahrungen. Anstrengend bedeutet hier: abwechslungsreich,<br />

mit viel Sammeln von Erfahrungen – und<br />

viel Zufriedenheit, wenn wir für einige Familien zu<br />

einem schönen, erholsamen Zeit beitragen konnten.<br />

Insgesamt ein gutes Gefühl. Auch für uns:<br />

Das Projekt „Elternhotel“ und „Schatzinsel“ ist auch für<br />

uns Mitarbeiter eine sehr spannende Herausforderung,<br />

die wir immer wieder aufs Neue angehen. Denn kein<br />

Besucher – ob groß oder klein – ist wie der bzw. die andere.<br />

Es geht um Menschen mit den unterschiedlichsten<br />

Bedürfnissen und Wünschen. Mit einem ganz individuellen<br />

Anspruch an Erholung, Betreuung und Spaß!<br />

Dazu gehört von unserer Seite viel Mut und Kreativität,<br />

ein hohes Maß an Flexibilität und besonders<br />

viel Einfühlungsvermögen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!