Saudi-Arabien: Wirtschaft, Immobilien, Kunst und Kultur - Dubai Media
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■ <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong><br />
gen unsere Religion, aber die meisten ignorierten<br />
mich einfach <strong>und</strong> sorgten sich mehr um<br />
den Zustand ihrer Seele, als um irgendeine fotografierende<br />
Frau“, ist ein Auszug aus ihrem<br />
Text zu ihrer schwarz/weiß Hadj-Fotoserie aus<br />
den Jahren 2001-2003, die inzwischen weltweit<br />
bekannt ist <strong>und</strong> fast schon Kultstatus erreicht<br />
hat. Reem Al Faisal ist eine Urenkelin<br />
von König Abdul Aziz, dem Gründer des heutigen<br />
Königreichs <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong>. Die 1968<br />
geborene Prinzessin stammt aus Jeddah, pendelt<br />
zwischen Jeddah, Paris, <strong>und</strong> anderen westlichen<br />
Hauptstädten der Welt. 1994 fand ihre<br />
erste Ausstellung in Jeddah statt – gleichzeitig<br />
war das die erste s/w-Fotoausstellung des Landes.<br />
Im Jahr 2008 war sie Teilnehmerin der<br />
britisch-saudischen <strong>Kunst</strong>initiative „Edge of<br />
Arabia“. Islamische Themen sind ihr wichtig<br />
<strong>und</strong> so bezeichnet sie ihre Fotografie als Islamische<br />
<strong>Kunst</strong>. Ihre starke Verb<strong>und</strong>enheit zum<br />
Islam schließt jedoch ausdrücklich Toleranz<br />
gegenüber anderen Religionen ein. Ihre Arbeit<br />
beschreibt sie so: „Ich bin weder traditionell<br />
noch modern, zeitgenössisch oder altmodisch.<br />
Mein Werk ist ein Zeichen der Liebe zu Gott.“<br />
Sie besitzt in <strong>Dubai</strong> ihre eigene Galerie „Empty<br />
Quarter“ im DIFC (<strong>Dubai</strong> International<br />
Financial Centre), in der laufend Fotoausstellungen<br />
internationaler <strong>Kunst</strong>fotografen<br />
stattfinden. Creative Director ist Elie Domit,<br />
ebenfalls ein bekannter Fotograf. (The Empty<br />
Quarter, Gate Village, Bldg 02, DIFC, Tel.<br />
3231210, Internet: www.theemptyquarter.<br />
com)<br />
DUBAI Magazin: Warum fotografieren Sie in<br />
schwarz/weiß?<br />
Reem Al Faisal: Mit meinen Fotos beabsichtige<br />
ich, in unserer farbigen Welt den Blick auf<br />
das Wesentliche zu lenken. Allerdings sehe ich<br />
meine Arbeit nicht so, dass ich s/w-Fotos mache,<br />
sondern ich fotografiere in Schattierungen<br />
von grau, weil es mir um subtile Schatten<br />
<strong>und</strong> Töne geht in einer Welt voller Helligkeit,<br />
die blendet <strong>und</strong> Schatten, die mehr scharf abgrenzen<br />
als verbergen. Wir leben in einer <strong>Kultur</strong>,<br />
in der wir immer schneller den Sinn des<br />
Subtilen verlieren <strong>und</strong> wir behandeln die Menschen<br />
wie Maschinen mit gewissen Bestandteilen<br />
<strong>und</strong> immer gleichen Ergebnissen <strong>und</strong><br />
alles was wir tun müssen, ist, die Bedienungsanleitung<br />
zu lesen, um bei allen Individuen die<br />
gleichen Resultate zu erzielen. Diese <strong>Kultur</strong><br />
verneint emotionale Gefühle <strong>und</strong> intellektuelle<br />
Besonderheiten, die uns zu den faszinierendsten<br />
Kreaturen des Universums machen. Mich<br />
fasziniert die Fähigkeit der Menschheit, uns<br />
überraschenderweise gegen alle Berechnungen<br />
18 DUBAI MAGAZIN<br />
zu stellen, wenn auch nicht immer mit den<br />
besten Ergebnissen, aber das macht uns so interessant.<br />
Ich hoffe, durch die s/w Fotografie<br />
die Seele des Subjekts zu erfassen <strong>und</strong> deshalb<br />
versuche ich, jedes Foto zu einem einzigartigen<br />
Experiment zu machen. Deshalb sollte der<br />
Betrachter, der mein Werk wirklich schätzen<br />
will, es langsam <strong>und</strong> sorgfältig ansehen. Es ist<br />
nicht sofort ersichtlich, aber ich bin sehr beeinflusst<br />
von der arabischen Sprache, die einen<br />
in die Lage versetzt, einen Satz zu sagen <strong>und</strong><br />
damit so viele Dinge auf vielen verschiedenen<br />
Niveaus auszudrücken. Ich hoffe, dass meine<br />
Fotos auf ähnliche Weise betrachtet werden: Bei<br />
jeder neuen Betrachtung ergibt sich ein anderes<br />
Bild. Ich möchte gar nicht, dass alles schon<br />
mit einem Blick erfasst wird.<br />
DM: Gab es bei der Fotoserie der Pilgerfahrt<br />
Probleme <strong>und</strong> wie sahen die aus?<br />
Al Faisal: Ja, es gab viele Schwierigkeiten, eine<br />
hing damit zusammen, dass ich die erste Frau<br />
war, die jemals die Hadj ausführlich fotografiert<br />
hat. Ich war täglich mehr als 10 St<strong>und</strong>en<br />
in glühender Hitze <strong>und</strong> bei sengender Sonne<br />
zu Fuß mit der schweren Fotoausrüstung<br />
unterwegs. Schlimm waren die auf Ignoranz<br />
<strong>und</strong> traditionellen Missverständnissen basierenden<br />
Reaktionen gewisser Männer, die mich<br />
sogar tätlich angriffen. Als das Schlimmste<br />
empfand ich aber, dass ich nicht wusste, wie<br />
der Einzelne reagieren würde, <strong>und</strong> wenn man<br />
in engem Kontakt ist mit über drei Millionen<br />
Menschen aus der ganzen Welt mit verschiedenen<br />
Bildungsniveaus, dann wird die eigene<br />
Position sehr angreifbar. Aber mit meiner Kamera<br />
fühlte ich mich stark <strong>und</strong> ich habe nie<br />
etwas bereut.<br />
DM: Erinnern Sie Sich an besondere Begebenheiten<br />
beim Fotografieren von Frauen in<br />
der arabischen Welt?<br />
Al Faisal: Nein, weil ich die Menschen nicht<br />
nach Geschlechtern trenne. Es geht mir um die<br />
Gesamtsicht, wenn ich das Leben mit meiner<br />
Kamera beobachte. Mich interessiert das Wesen<br />
einer Nation <strong>und</strong> das beinhaltet Männer<br />
<strong>und</strong> Frauen jeden Alters.<br />
DM: Erinnern Sie sich an eine bestimmte<br />
schwierige oder lustige oder unvergessliche Situation<br />
beim Fotografieren?<br />
Al Faisal: Ja, es gab einen Moment, der für mich<br />
lustig <strong>und</strong> sehr traurig zugleich war. Als ich in<br />
Chicago beim „Nation of Islam“- Kongress fotografierte,<br />
traf ich eine Frau, die begeistert auf<br />
mich zukam, mich begrüßte <strong>und</strong> umarmte <strong>und</strong><br />
sagte, das sei das erste mal, dass sie eine Weiße<br />
umarmt habe <strong>und</strong> dann erzählte sie mir ihre<br />
Lebensgeschichte. Das lustige daran ist, dass<br />
ich mich selbst immer als Araberin gesehen<br />
haben <strong>und</strong> damit als alles andere als weiß. Seit<br />
meiner Kindheit in <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> war ich<br />
schon in meiner Schulklasse zusammen mit<br />
saudischen Mädchen aus allen möglichen Teilen<br />
der Gesellschaft <strong>und</strong> das war eine bunte<br />
Mischung von Hautfarben. Meine saudischen<br />
Klassenkameradinnen waren seit Generationen<br />
<strong>Saudi</strong>s – freilich mit Hintergründen von Afrika<br />
bis China <strong>und</strong> für uns war die Hautfarbe<br />
nie ein Thema. Ich war total „Farben-blind“<br />
<strong>und</strong> stand dieser Frau gegenüber, der meine<br />
Hautfarbe wichtig war <strong>und</strong> der traurige Teil der<br />
Geschichte ist, dass sie nie einen Menschen<br />
ansehen konnte, ohne auf die Hautfarbe zu<br />
schauen <strong>und</strong> das musste eine schwere Bürde<br />
sein, die sie in ihrer Seele mit sich herumschleppte.<br />
Ich stand da <strong>und</strong> sie tat mir so leid –<br />
in nur wenigen Minuten hatte sich ein Abgr<strong>und</strong><br />
aufgetan. Ich wurde in die Welt des Rassismus<br />
geschleudert <strong>und</strong> konnte nichts tun, um dieser<br />
Frau zu helfen.<br />
DM: Welche Ihrer eigenen Fotografien lieben<br />
Sie am meisten <strong>und</strong> warum?<br />
Al Faisal: Mein Lieblingsfoto stammt aus der<br />
Hadj-Serie. Es zeigt einen Menschen – man<br />
kann nicht sagen, ob es ein Mann oder eine<br />
Frau ist – <strong>und</strong> gerade deshalb mag ich es. Es<br />
drückt die Einsamkeit aus angesichts der Ewigkeit.<br />
Wie bescheiden <strong>und</strong> allein sind wir doch<br />
<strong>und</strong> trotz aller menschlichen Fähigkeiten reduziert<br />
sich alles auf das Niedrigste <strong>und</strong> so erreichen<br />
wir wahre Größe. In diesem Foto sehe<br />
ich unsere Schwäche <strong>und</strong> unsere Stärke, denn<br />
obwohl die Person augenscheinlich von den<br />
Sorgen <strong>und</strong> Nöten des Lebens gepeinigt ist, ist<br />
ihre Präsenz sehr stark. Wenn ein Mensch ohne<br />
Reichtum <strong>und</strong> Macht ist, bleibt nichts übrig,<br />
sogar das Geschlecht ist vielleicht nicht mehr<br />
ersichtlich, aber das Menschsein kann nie ausgelöscht<br />
werden.<br />
DM: Welche fotografischen Zukunftspläne<br />
haben Sie?<br />
Al Faisal: Wenn ein Araber in der Vergangenheit<br />
reiste, dann geschah das zu dem Zweck,<br />
Wissen zu erlangen. Tatsächlich bedeutet das<br />
arabische Wort für Tourist „Sucher nach Wissen“<br />
<strong>und</strong> es bezieht sich nicht auf jemanden,<br />
der andere Orte nur zum Vergnügen besucht.<br />
Ich betrachte meine Fotografie auch im Sinne<br />
des Suchens nach Wissen - genauer gesagt dem<br />
Wissen über mich selbst <strong>und</strong> die Welt in der<br />
wir leben. Folgerichtig werden meine zukünftigen<br />
Projekte sich auch so orientieren. Ich will<br />
die Welt bereisen - so, wie meine Vorfahren<br />
die Wüste bereist haben <strong>und</strong> eines Tages werde<br />
ich vielleicht das finden, was ich suche.