auf der Spur DUBAI MAGAZIN 9
■ <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> Trotz Finanz- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>skrise verzeichnet <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> eine erfreuliche <strong>Wirtschaft</strong>sstabilität <strong>und</strong> Wachstum in zahlreichen Sektoren. Im Rahmen des ersten Outlook <strong>Saudi</strong> Arabia Summit (10.-12. April 2010 in Riyadh in Partnerschaft mit <strong>Saudi</strong> Arabian General Investment Authority - SAGIA) wurde für die nächsten 12 Monate ein Wachstum an ausländischen Direktinvestitionen von 20 Prozent vorausgesagt. „Wegen der anhaltenden globalen Krise sucht das internationale Kapital nach alternativen Märkten, um die Gewinne einzustreichen, an die man vor der Krise gewohnt war“, ist die Meinung von saudischen Experten. Tatsache ist, dass das Königreich in den letzten vier Jahren beim Geschäftsindex der Weltbank von Platz 67 auf Platz 13 vorgerückt ist. Lt. SAGIA ist <strong>Saudi</strong> <strong>Arabien</strong> der größte Empfänger ausländischer Direktinvestitionen im Mittleren Osten. Die boomende <strong>Wirtschaft</strong> zieht andere Bereiche mit. WIRTSCHAFT Wachstum in vielen Branchen Zu den stark wachsenden Bereichen gehören neben der Telekommunikation (größte der Golfregion) die <strong>Immobilien</strong>branche wegen des steigenden nationalen Bedarfs, das Gaststättengewerbe, die petrochemische Industrie (mit 6 Prozent Wachstum) <strong>und</strong> das Ges<strong>und</strong>heitswesen mit Rekordwachstumserwartungen von 12 Prozent. Das Umfeld ist allerdings mühsam: für jede lang erwartete Ankündigung von Erneuerung <strong>und</strong> Wandel, die das Land dringend braucht, gibt es dutzende von Angelegenheiten, deren Modernisierung sowohl <strong>Saudi</strong>s als auch die im Land lebenden „expatriats“ anmahnen. Meistens betrifft es die Frauen, denn die haben es – trotz ausgezeichneter Ausbildung - schwer, Stellen in der <strong>Wirtschaft</strong> zu finden. Hauptursache ist die Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit mit dem Ergebnis, dass die Hälfte der erwerbsfähigen Bevölkerung oft keine Anstellung findet – da ist die Selbstständigkeit der einzige Ausweg. Und während viele dies mit kulturellen Gründen rechtfertigen, gibt es darüber hinaus hohe Hindernisse durch Bürokratie <strong>und</strong> fehlende Transparenz, die die Effektivität sowohl der saudischen Unternehmen als auch der Regierungsbehörden lähmt. Ohne Zweifel gibt es also viele Dinge <strong>und</strong> Prozesse im größten Land auf der Arabischen Halbinsel, die im Zustand von Stillstand oder sogar 10 DUBAI MAGAZIN Rückschritt sind, aber es gibt auch positive Signale, die hoffen lassen. Trotz der positiven Anzeichen für tatsächlichen Fortschritt stellt sich dennoch die Frage, ob die getätigten <strong>und</strong> geplanten Maßnahmen <strong>Wirtschaft</strong> <strong>und</strong> Gesellschaft wirklich entscheidend voranbringen <strong>und</strong> ob die unternommenen Schritte in einem ausreichenden Tempo erfolgen, das schnell genug ist, um mit dem sich rasant entwickelnden globalen Markt mitzuhalten. Dabei gibt es durchaus als spektakulär zu bezeichnende Entwicklungen – <strong>und</strong> bei allen Themen sind die nationalen Medien mit viel Engagement <strong>und</strong> Aufklärungsarbeit dabei. <strong>Wirtschaft</strong>sorientierte Hochschulbildung - KAUST Da ist zum Beispiel die Eröffnung der King Abdullah University of Science and Technology (KAUST), die im September 2009 erfolgte. Kein geringeres als das weltberühmte Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston stand dafür Modell <strong>und</strong> so gehen die Ziele von KAUST weit über den reinen Bildungsauftrag für die ständig wachsende saudische Jugend hinaus, denn es geht zusätzlich um Forschung, Technologie, Patente <strong>und</strong> Beiträge zur <strong>Wirtschaft</strong>. Zwanzig Milliarden Dollar dafür auszugeben <strong>und</strong> sich der Zusammenarbeit mit einer der Welt renommiertesten Institute zu versichern, ist selbst für einen hoch entwickelten westlichen Staat kein „Pappenstiel“ <strong>und</strong> <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> hat dieses bemerkenswerte Projekt realisiert – etwa 80 km nördlich von Jeddah in der neuen Stadt King Abdullah City. Von dem neuen „Haus der Weisheit“ wird erwartet, dass es eine führende Rolle übernimmt, um Partnerschaften zwischen Unternehmen aus aller Welt <strong>und</strong> der saudischen Geschäftswelt herzustellen. Für die meisten kleineren Unternehmen gibt es zwei größere Hürden: Zugang zu Forschung <strong>und</strong> zu Kapital. KAUST <strong>und</strong> Investoren in <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> bieten beides. Die Innovations-Cluster von KAUST entsprechen den neuesten technischen Standards <strong>und</strong> die Kosten sind überschaubar. Der „Business Incubator“ konvertiert Hochtechnologie-Forschungsprojekte in kommerzielle Einheiten, die mit ihren praktischen Anwendungsmöglichkeiten dem Wohle der Gesellschaft dienen. Dieser „Incubator“ hilft bei allem: von Geschäftsplänen über die Beschaffung lokaler Dienstleister bis zur Beschaffung von Wohnraum. Darüber hinaus sorgt das KAUST Industrial Collaboration Programme (KICP) dafür, dass innovative Jungunterneh- men mit viel versprechenden Pilotprojekten den Kontakt bekommen zu Weltfirmen wie Boeing, IBM, etc. Solche Kontakte sind wichtig, aber ein weiteres Element ist die finanzielle Unterstützung. Die gibt es für Erfolg versprechende Unternehmungen vom Seed F<strong>und</strong>, der Beträge bis zu 250.000 US Dollar investiert. Dies ist durchaus bemerkenswert, verblasst aber vor den Beträgen, die durch den Privatsektor in <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> möglich wären. Wenn ausländische Handelskammern sich mit saudischen Kammern verbünden, zukünftige innovative Unternehmen ihrer Länder identifizieren <strong>und</strong> sie als Kandidaten für Forschung <strong>und</strong> Entwicklung bei KAUST vorschlagen, könnte dadurch mehr Geld bereit gestellt werden für aussichtsreiche <strong>und</strong> marktfähige Zukunftsprojekte – ein Weg, der vor dem Hintergr<strong>und</strong> der immer noch weltweit zögerlichen Bereitschaft der Banken bei der Bereitstellung von Kapital für kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen interessant ist. Ermöglicht wird das alles durch ARAMCO, den staatlichen saudischen Ölkonzern, eine der wertvollsten Firmen der Welt, der anstelle des Bildungsministeriums bei KAUST das Sagen hat. Deshalb ist an dieser Universität eigentlich Unmögliches möglich, z. B. Koedukation, westliche Lehrpläne <strong>und</strong> auf dem Campus Auto fahrende Frauen. KAUST reiht sich ein in die seit einiger Zeit zu beobachtenden ähnlichen Entwicklungen in anderen Golfstaaten, wie Masdar Institute in Abu Dhabi <strong>und</strong> Knowledge Village in <strong>Dubai</strong>, etc., die jedoch alle unterschiedliche Konzepte <strong>und</strong> Ziele verfolgen – in jedem Fall handelt es sich aber um neue Formen wirtschaftlicher Investitionen. Durch den mit 10 Milliarden US Dollar von König Abdullah gesponserten Stiftungsfonds (gleich ausgestattet wie die Mohammed bin Rashid Al Maktoum Stifung in <strong>Dubai</strong>) ist KAUST eine der reichsten Hochschulen der Welt. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass auf dem diesjährigen Jeddah Economic Forum (s. u.) am letzten Tag die Themen Ges<strong>und</strong>heit, Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Technologie behandelt wurden, wobei bei letzterem der Präsident von KAUST als Starredner auftrat <strong>und</strong> tosenden Beifall einheimsen konnte – aus dem bis auf den letzten Platz besetzten Saal. Aufsehen erregende Projekte haben bereits begonnen. Wasser spielt im Königreich eine wichtige Rolle <strong>und</strong> da setzt man auf ein neues Konzept: bisher war der Einsatz erneuerbarer Energien bei der Meerwasserentsalzung kein The-