Nr. 2/2012 (pdf) - Kinderärzte Schweiz
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02 / <strong>2012</strong> FoRTBILdUNg KINDERÄRZTE. SCHWEIZ<br />
10–20 Sekunden die Augen still zu halten. Danach<br />
nimmt der Druck, die Augen wieder zu bewegen, so<br />
stark zu, dass die Fixation aufgegeben werden muss.<br />
Das diktiert uns das Gehirn.<br />
Was haben wir aus diesen drei Versuchen gelernt:<br />
Die Steuerung der Blickmotorik wird vom Gehirn diktiert<br />
und läuft zumeist unbewusst ab. Willentlich können<br />
wir für kurze Zeit die Automatismen der Blicksteuerung<br />
unterbinden. Die optischen Täuschungen<br />
kommen durch die Verarbeitung von vielen kurzen<br />
Bildsequenzen, zwischen denen Sakkaden lagen, zustande.<br />
Zur Veranschaulichung hier noch eine weitere optische<br />
Täuschung: (Abbildung 4).<br />
Frage 1: Sind diese langen Diagonalen parallel oder<br />
nicht?<br />
Frage 2: Wie schaffen Sie es, die Diagonalen als parallel<br />
wahrzunehmen?<br />
Antworten: Ja, die Diagonalen sind eigentlich parallel<br />
und durch die Fixation des Punktes in der Mitte richten<br />
sich die Diagonalen von selbst innert 1–2 Sekunden<br />
parallel aus!<br />
Quintessenz: Wir sehen nicht mit den Augen, sondern<br />
mit dem Gehirn!<br />
Und was für uns <strong>Kinderärzte</strong> noch viel wichtiger ist:<br />
Alles muss gelernt sein und unterliegt einem Entwicklungsprozess!<br />
In allen Wahrnehmungsbereichen zeigen Kinder<br />
deutliche Entwicklungen über die ganze Schulzeit bis ins<br />
20. Lebensjahr. Um das genauer unter die Lupe zu<br />
nehmen, müssen wir die Blicksteuerung genauer ansehen.<br />
Basierend auf der 30-jährigen Forschungsarbeit von<br />
Prof. Dr. Burkhart Fischer an der Abteilung für Neurobiologie/Hirnforschung<br />
der Universität Freiburg im<br />
Breisgau möchte ich hier die umfangreichen neurobiologischen<br />
und neurophysiologischen Erkenntnisse zu<br />
den Sinnesverarbeitungen zusammenfassen. Alle wissenschaftlichen<br />
Daten sind auf www.optomotorik.de<br />
publiziert.<br />
Abb. 3: modifizierte<br />
Hermann-gitter-Täu -<br />
schung: Bewusstmachung<br />
der eigenen<br />
natürlichen Augenbewegungen.<br />
durch<br />
Sakkaden springen die<br />
vermeintlichen schwarzen<br />
Pünktchen in den<br />
Kreuzungsstellen wild<br />
umher. durch Fixation<br />
einer Kreuzung in der<br />
Mitte des Bildes kann<br />
das Springen für kurze<br />
Zeit unterbrochen werden,<br />
bevor das gehirn<br />
wieder spontane<br />
Sakkaden generiert.<br />
Abb. 4: Zöllner-Täuschung:<br />
die diagonalen<br />
sind eigentlich<br />
parallel. Wir schaffen<br />
es, die diagonalen als<br />
parallelle Linien zu<br />
erkennen, wenn wir<br />
den Punkt in der<br />
Mitte fixieren.<br />
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