Nr. 2/2012 (pdf) - Kinderärzte Schweiz

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18 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ Dr. meD. rolF temPerli, bern TABELLE 1: ÜBERSIcHT 2006–2011 FoRTBILdUNg 02 / 2012 War der letzte Winter kalt? und was meinen die Zecken dazu? Der alljährliche Zeckenalarm ist für das laufende Jahr bereits Geschichte. Dank bester Konservierung im kalten Winter könnten viel mehr Zecken als üblich die kalte Jahreszeit überlebt haben. Vor wenigen Jahren wurde von den sogenannten Experten noch die gegenteilige Meinung vertreten. oetzi (Jungsteinzeit) litt an einer Borreliose. 2011 muss gemäss Medien ein Rekordjahr gewesen sein. Wird es von 2012 noch übertroffen werden? ie Die ersten vier Monate 2012 brachten keine Epi- Ddemie aber eine leicht steigende Tendenz (14 FSME- Fälle, 2011 waren es 12, 10 in 2010). Wegen des kalten Winters? Wegen des frühen warmen Frühlings? Aus anderen Gründen? Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011 FSME-Fälle (BAG-Meldung) 243 210 123 115 95 175 FSME-Inzidenz (pro 100 000 Einwohner) 3,2 1,4 1,6 1,4 1,2 2,2 Borreliose Fälle (Sentinella-Meldungen) 281 174 128 281 Borreliose Inzidenz (pro 100 000) 156 122 91 156 Kons w. Zecke pro 100 000 (Sentinella) 278 238 210 291 Eistage (nie über 0 Grad) 36 8 17 28 36 24 Frosttage (tiefst unter 0) 95 47 77 89 78 66 Der letzte Winter wird den meisten als ein ungewöhnlich kalter in Erinnerung geblieben sein. Dazu beigetragen haben spektakuläre Bilder von verschiedensten Eisgebilden und die abgestorbene Mittelmeervegetation. Nun, der Eindruck täuscht. Natürlich kommt es dabei auf die eingenommene Sicht weise an. «Sibirische Kälte» herrschte anfangs Februar, als es tatsächlich aussergewöhnlich kalt war mit Temperaturen um – 10 ºC während knapp zwei Wochen. Die langjährige Durchschnittstemperatur beträgt im Feb ruar + 0,9 ºC (– 2 bis + 4 ºC ), im Januar – 0,5 und im Dezember + 0,6 ºC. Die letzten Februartage und der ganze März waren bereits wieder deutlich wärmer als üblich. Den seit 150 Jahren wärmsten Apriltag konnten wir im Frühling 2012 geniessen. Freute das auch die Zecken? Über die ganze Saison gesehen war der Winter 2011/2012 keineswegs ausserordentlich kalt. Dies zeigen einerseits die Temperaturmessungen und andererseits die Heizgradtage. Dezember und Januar waren deutlich zu warm und es waren nur ganz wenige Frosttage zu verzeichnen. Gemessen an den Heizgradtagen war der Dezember 2011 der wärmste seit 6 Jahren und der Januar der wärmste seit 4 Jahren. Nur der Februar war mit Abstand der kälteste seit langem. Der «sibirische Winter 2011/2012» war nicht einmal ein durchschnittlicher, sondern sogar etwas zu warm. In den Jahren 2005 und 2006 hat sich die Anzahl gemeldeter FSME-Fälle gegenüber dem langjährigen Durchschnitt auf über 200 verdoppelt. Dies führte zu den Impfempfehlungen des BAG und Impfkampagnen in den am meisten betroffenen Ostschweizer Kantonen. Januar und Februar 2005 waren kalt mit über meh - rere Tage anhaltenden Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Auch der Winter 05/06 war kälter als üb- lich, was eben dazu führte, kalte Winter als zeckenfreundlich zu bezeichnen. Aber warum vertragen die Zecken denn Höhenlagen über 1500 bis 2000 m so schlecht? Der Winter 2006/2007 war der wärmste der letzten 10 Jahre, die gemeldeten FSME-Fälle halbierten sich. Lag es am Klima? An der Impfung? 2007 war der Höhepunkt bezüglich Impfung (bis achtfacher Impfstoffverbrauch im Vergleich zu den Vorjahren). Im Kanton Zürich waren 10% der Sechzehnjährigen geimpft, im Kanton Thurgau 60%. Seither hat die Impffreudigkeit stark abgenommen, um 75% im Vergleich zum Rekordjahr 2007. Die Impfraten liegen aber immer noch um 50% höher als vor 10 Jahren. Auch 2008 blieben die FSME-Fälle mit 121 auf dem gleichen Niveau, Januar und Februar waren aussergewöhnlich warm, der Dezember allerdings kälter als üblich mit längerer Frostperiode. Schien den Zecken nicht gut bekommen zu sein. In den folgenden beiden Jahren reduzierten sich die FSME-Fälle nochmals (2009: 115; 2010: 95). Liefert das Klima eine Erklärung dafür? Der erste Winter war durchschnittlich mit einer Frostperiode im Januar, der zweite etwas kälter mit mehreren Frosttagen bis in den März. 2011 war ein Zeckenjahr, allerdings nur gerade im Vergleich zum Rekordtiefstand des Vorjahres (beinahe Verdoppelung der gemeldeten FSME-Fälle von 95 auf 175). Die Höchstwerte der Jahre 2006 und 2007 wurden bei weitem nicht erreicht. Der Winter 2009/2010 war zu Beginn sehr kalt (36 Eistage), im Januar und Februar aber deutlich zu warm mit Tagesdurchschnittstemperaturen bis 9 Grad, was die Ze-
02 / 2012 FoRTBILdUNg KINDERÄRZTE. SCHWEIZ Zeckenenzephalitis (FSME) - Schweiz Bekannte Endemiegebiete (Naturherde) Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Gesundheit BAG Direktionsbereich Öffentliche Gesundheit Zeckenzephalitis (FSme) Schweiz – bekannte endemiegebiete (Naturherde) (Quelle: internet) FSME-Regionen FSME-Regionen Die Liste ist nicht (Die vollständig! Liste ist nicht Die vollständig! aufgeführten Die orte aufgeführten umschreiben Orte nur umschreiben grob die auf nur der grob Karte die auf der Karte dargestellten Endemiegebiete. dargestellten Endemiegebiete. Neue Regionen Neue sind Regionen kursiv. sind unterstrichen.): Aargau: Aargau: Rheinfelden/Möhlin/Wallbach, Rheinfelden/Möhlin/Wallbach, Oberfrick/Bezirk Oberfrick/Bezirk Laufenburg, Koblenz/Döttingen/Zurzach, Laufenburg, Koblenz/Döttingen/Zurzach, Birr/Brugg/ Würenlingen, Birr/Brugg/Würenlingen, Baden/Wettingen, Rothrist/Zofingen/Brittnau, Baden/Wettingen, Rothrist/Zofingen/Brittnau, Gontenschwil/Schöftland/Muhen/Gränichen Gon- Baselland: Liesberg tenschwil/Schöftland/Muhen/Gränichen Bern: Baselland: Gampelen/Erlach, Liesberg Grosses Moos, Lyss/Jens/Port, Moutier, Vallon de Saint-Imier, Mühleberg/Gurbrü/ Bern: Kriechenwil/Laupen, Gampelen/Erlach, Belp/Münsingen/Steffisburg, Grosses Moos, Thun/Spiez/Frutigen, Lyss/Jens/Port, Moutier, Erlenbach/vorderes Vallon de Saint-Imier, Simmental, Mühle- Interlaken/Leissigen berg/Gurbrü/Kriechenwil/Laupen, Belp/Münsingen/Steffisburg, Thun/Spiez/Frutigen, Erlen- Fribourg: bach/vorderes Simmental, Interlaken/Leissigen Salvenach/Ulmiz/Kerzers, Portalban/Autavaux, Franex/Nuvilly/Villeneuve, Bösingen/Wünnewil Graubünden: Fribourg: Malans/Fläsch/Luziensteig, Salvenach/Ulmiz/Kerzers, Grüsch/Seewis, Portalban/Autavaux, Region Chur Franex/Nuvilly/Villeneuve, Bösingen/Wünnewil Luzern: Graubünden: Reiden/Langnau/Dagmersellen/Nebikon/Egolzwil/Kottwil/Sursee/Knutwil, Malans/Fläsch/Luziensteig, Grüsch/Seewis, Region Chur Reussbühl/Luzern/Ebikon, Luzern: Beromünster/Neudorf/Rain Reiden/Langnau/Dagmersellen/Nebikon/Egolzwil/Kottwil/Sursee/Knutwil, Reussbühl/Luzern/Ebikon, Nidwalden: Stans/Buochs/Bürgenstock, Beromünster/Neudorf/Rain Stanserhorn obwalden: Nidwalden Kerns/Stanserhorn Stans/Buochs/Bürgenstock, Stanserhorn Schaffhausen: Obwalden Hallau, Osterfingen, Kerns/Stanserhorn Neuhausen/Beringen/Schaffhausen, Stein am Rhein, Bezirk Reiat Schwyz: Solothurn: St. Gallen: Gersau, Freienbach Schaffhausen: Hallau, Osterfingen, Neuhausen/Beringen/Schaffhausen, Stein am Rhein, Bezirk Reiat Bellach/Lommiswil/Langendorf, Oensingen/Balsthal Schwyz: Gersau, Freienbach Ganzer nördlicher Kantonsteil (unteres Toggenburg bis unteres Rheintal), Jona/Wagen, Mels/Sargans/Vilters Thurgau: Solothurn: Ganzer Kanton Bellach/Lommiswil/Langendorf, Oensingen/Balsthal uri: Waadt: St. Unteres Gallen: Reusstal, Ganzer Seelisberg nördlicher Kantonsteil (unteres Toggenburg bis unteres Rheintal), Jona/Wagen, Mels/Sargans/Vilters Cudrefin/Salavaux/Chabrey, plaine de lWOrbe und Umgebung (Jurasüdfuss) Wallis: Thurgau: Sierre/Salgesch, Ganzer Raron/Turtig/Visp Kanton Zug: Uri: Steinhausen Unteres Reusstal, Seelisberg Zürich: Waadt: Ganzer Kanton Cudrefin/Salavaux/Chabrey, plaine de l'Orbe und Umgebung (Jurasüdfuss) Fürstentum Liechtenstein: Wallis: Balzers/Vaduz/Nendeln Sierre/Salgesch, Raron/Turtig/Visp Zug: Steinhausen Zürich: Ganzer Kanton BAG: Stand Dezember 2011 19
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