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Konstrukteure der Zukunft - DAAD-magazin

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nr. 3 dezember 2010, 30.Jg.<br />

<strong>Konstrukteure</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

Deutsche Ingenieurskunst weltweit gefragt<br />

<strong>DAAD</strong>-Präsidentin<br />

Sabine Kunst im Interview<br />

Guten Appetit<br />

Essen in <strong>der</strong> Mensa<br />

Sprache <strong>der</strong> Ideen<br />

Prämierte Essays


© iStock<br />

© Sven Paustian<br />

2<br />

Inhalt<br />

titel:<br />

Praxisnah: Ingenieurausbildung<br />

an deutschen Hochschulen<br />

S.10<br />

Vielseitig: Laserstrahlen sind präzise<br />

Alleskönner<br />

S.20<br />

Vereint: Seit 20 Jahren gibt es keine<br />

Grenze mehr durch Deutschland<br />

S.22<br />

Einfühlsam: Schriftsteller Aris<br />

Fioretos erinnert an eine jüdische<br />

Literaturnobelpreisträgerin<br />

S.40<br />

© A. Eckert & A. Hed<strong>der</strong>gott/TU München<br />

© dpa<br />

<strong>DAAD</strong> Letter – Das Magazin für <strong>DAAD</strong>-Alumni<br />

Dialog Seite 4<br />

Hochschulerfahrungen für die neue Arbeit nutzen<br />

Interview mit <strong>DAAD</strong>-Präsidentin Sabine Kunst<br />

Spektrum Deutschland Seite 8<br />

Titel Seite 9<br />

Ingenieure made in Germany<br />

Technik aus Deutschland ist ein Markenzeichen<br />

und weltweit im Einsatz S. 9<br />

Monster jagen<br />

Interview mit Sabina Jeschke,<br />

RWTH Aachen S. 13<br />

Hochschule Seite 14<br />

Neues vom Campus S. 14<br />

Studieren geht durch den Magen<br />

Mensaköche versorgen ein anspruchsvolles Publikum S. 16<br />

Ortstermin Seite 18<br />

Erfurt, Weimar, Jena: Dichter und Denker<br />

Wissenschaft Seite 20<br />

Siegeszug des Lichts<br />

Laserforschung in Deutschland<br />

Trends Seite 22<br />

Ohne Mauer<br />

Wie einig sind die Deutschen<br />

Europa Seite 24<br />

Nachbarschaftshilfe<br />

Seit 20 Jahren för<strong>der</strong>t Tempus<br />

die mo<strong>der</strong>ne Hochschulbildung<br />

Arbeiten weltweit Seite 26<br />

Mittendrin: persönlich und professionell<br />

Als Managerin und Buchhändler in <strong>der</strong> Türkei<br />

Rätsel/Sprachecke Seite 28<br />

<strong>DAAD</strong> Report Seite 30<br />

Deutsch – Sprache <strong>der</strong> Ideen<br />

Auszüge aus prämierten Essays<br />

von <strong>DAAD</strong>-Stipendiaten S. 30<br />

Filmfestival <strong>der</strong> Begegnungen<br />

Vietnamesisch-deutsches<br />

Dokumentarfilmfest in Potsdam S. 32<br />

In ständigem Kontakt<br />

50 <strong>DAAD</strong>-Informationszentren agieren<br />

auf dem globalisierten Bildungsmarkt S. 33<br />

Stipendiaten forschen S. 34<br />

Nachrichten S. 36<br />

Gestern Stipendiat – und heute ...<br />

Aris Fioretos S. 40<br />

Köpfe S. 41<br />

Bücher von unseren Lesern / Impressum S. 42<br />

Deutsche Chronik Seite 43<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


Der Deutsche <strong>Zukunft</strong>spreis ist die wichtigste<br />

nationale Auszeichnung für Innovation.<br />

Als <strong>der</strong> damalige Bundespräsident Roman<br />

Herzog die Auszeichnung 1997 ins Leben<br />

rief, wollte er den Erfin<strong>der</strong>geist in Deutschland<br />

beflügeln. Der Preis wirkte. 2010 hatten drei<br />

Ingenieure die Nase vorn: Peter Post und Markus<br />

Fischer vom Esslinger Maschinenbau-Unternehmen<br />

Festo und Andrzej Grzesiak vom<br />

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik<br />

und Automatisierung in Stuttgart. Sie entwickelten<br />

mit ihren Teams einen flexiblen Greifarm,<br />

<strong>der</strong> an einen Elefantenrüssel erinnert<br />

und behutsam weiche Tomaten o<strong>der</strong> ein Glas<br />

Wasser weiterreichen kann. Deshalb ist sein<br />

Einsatz nicht nur in <strong>der</strong> Industrie, son<strong>der</strong>n<br />

auch durchaus in <strong>der</strong> Kranken- und Altenpflege<br />

denkbar.<br />

Der mit 250 000 Euro dotierte <strong>Zukunft</strong>spreis<br />

macht deutlich: Ingenieure entwickeln innovative<br />

Produkte und Dienstleistungen „made in<br />

Germany“, die weltweit begehrt sind. Ebenso<br />

gefragt wie die deutsche Ingenieurskunst ist<br />

das hiesige Ingenieurstudium; es zählt zu den<br />

besten <strong>der</strong> Welt (Titelgeschichte Seite 9).<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

Laserstrahlen haben seit ihrer Entdeckung<br />

vor 50 Jahren die Forschung revolutioniert<br />

und sind vielfältig im Einsatz: Laser entfernen<br />

entzündetes Gewebe im Mund, tasten CDs ab,<br />

schneiden Stahl und schweißen ihn zusammen.<br />

Doch das ist wohl erst <strong>der</strong> Anfang. Wohin<br />

die Lasertechnik geht und welchen Anteil<br />

deutsche Forscher daran haben, stellen wir Ihnen<br />

in <strong>der</strong> Rubrik Wissenschaft vor (Seite 20).<br />

Die <strong>Zukunft</strong> in die Hand genommen haben<br />

die drei Städte Erfurt, Weimar und Jena<br />

mit ihren Hochschulen und Forschungseinrichtungen.<br />

Sie verstehen sich als Motor für<br />

Wachstum in Thüringen. Über ihre Beson<strong>der</strong>heiten<br />

erfahren Sie mehr im Ortstermin<br />

(Seite 18). Dass es in <strong>der</strong> Mitte Deutschlands<br />

heute ganz an<strong>der</strong>s aussieht, als es sich die<br />

Menschen vor <strong>der</strong> deutschen Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />

1990 hätten träumen lassen, steht außer<br />

Frage. Wie geht es den Deutschen heute ohne<br />

Mauer? (Seite 22)<br />

Titelfoto:<br />

Gemessen an ihrer Spannweite ist die 1998 fertiggestellte Brücke über den<br />

Großen Belt (Dänemark) eine <strong>der</strong> größten <strong>der</strong> Welt und die größte Europas.<br />

An Konstruktion und Bau waren Ingenieure aus Deutschland beteiligt.<br />

Drei Ingenieure gewinnen den Deutschen<br />

<strong>Zukunft</strong>spreis mit einem gelenkigen Greifarm<br />

EdItorIal 3<br />

Die neue <strong>DAAD</strong>-Präsidentin Sabine Kunst<br />

erwartet in den nächsten Jahren finanzielle<br />

Ressourcen in <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Sie hält es deshalb für wichtig, das<br />

Interesse <strong>der</strong> Hochschulen für diesen Bereich<br />

stärker zu wecken, zumal sie Bildung als „die<br />

intelligenteste Hilfe für eine Zusammenarbeit<br />

auf Augenhöhe“ betrachtet. Welche weiteren<br />

Schwerpunkte die <strong>DAAD</strong>-Präsidentin künftig<br />

setzen will, lesen Sie im Letter-Interview auf<br />

Seite 4.<br />

Wir freuen uns über Ihre Anregungen,<br />

Kommentare und Kritik. Sie erreichen<br />

uns per E-Mail unter: spross@trio-medien.de<br />

Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir<br />

ein friedliches und gesundes neues Jahr.<br />

Der <strong>DAAD</strong> und die Letter-Redaktion<br />

© DZP/Ansgar Pudenz


4 dIalog<br />

Frau Professorin Kunst, internationales<br />

Denken und Handeln gehören für Sie zum<br />

Alltagsgeschäft – als Wissenschaftlerin,<br />

als Präsidentin einer Hochschule und nun<br />

als Präsidentin des <strong>DAAD</strong>, <strong>der</strong> weltweit<br />

größten Organisation für internationalen<br />

Austausch. Welche Chancen sehen Sie<br />

in <strong>der</strong> internationalen wissenschaftlichen<br />

Zusammenarbeit?<br />

Für die Profilierung <strong>der</strong> deutschen Wissenschaftslandschaft<br />

in die <strong>Zukunft</strong> hat die<br />

internationale Zusammenarbeit einen sehr<br />

großen Stellenwert. Diese Zusammenarbeit<br />

ist entscheidend, um – neben guter Grundversorgung<br />

für Forschung und Lehre – Wissenschaft<br />

auf internationalem Niveau von<br />

Grund auf und über Personen zu entwickeln.<br />

Gerade hier macht <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong> mit seinem<br />

Programm und seiner Regionalkompetenz ein<br />

beson<strong>der</strong>es, einzigartiges Angebot. Ich finde<br />

es äußerst wichtig, dass die Studierenden<br />

dies möglichst früh als natürliches Element<br />

ihrer wissenschaftlichen Ausbildung mitbekommen.<br />

Dafür ist <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong> die ideale<br />

Institution.<br />

Zu Ihren Plänen gehört es, dass<br />

mindestens je<strong>der</strong> zweite deutsche<br />

Studierende Auslandserfahrung sammeln<br />

soll. Wie wollen Sie das erreichen?<br />

Unter dem Ziel „50 Prozent Mobilität“ verstehe<br />

ich ein breites Spektrum an Auslandsaufenthalten:<br />

etwa um Sprachkenntnisse zu<br />

vertiefen o<strong>der</strong> um in speziellen, beispielsweise<br />

industrienahen Praktika das Wissen im<br />

eigenen Fach zu erweitern o<strong>der</strong> um etwa als<br />

Geisteswissenschaftler an<strong>der</strong>e wissenschaftliche<br />

Methoden kennenzulernen. Beim Sprung<br />

ins Ausland helfen zum einen Stipendien,<br />

zum an<strong>der</strong>en strukturierte Programme, die<br />

sicherstellen, dass die im Ausland erbrachten<br />

Leistungen anerkannt werden – ein wichtiger<br />

Aspekt für Studierende. Dazu ist ein Umdenken<br />

in den Hochschulen nötig, denn <strong>der</strong><br />

hochschulerfahrungen für die<br />

neue arbeit nutzen<br />

Interview mit <strong>DAAD</strong>-Präsidentin Sabine Kunst<br />

Bologna-Prozess meint: gleiche Kompetenzen<br />

anerkennen und nicht gleiche Inhalte. Das<br />

gilt auch für meine eigene Hochschule, die<br />

Universität Potsdam. Es freut mich, dass ich<br />

diese praktischen Erfahrungen in meine neue<br />

Arbeit für den <strong>DAAD</strong> einbringen kann.<br />

Mobilität ist ein Teil <strong>der</strong><br />

Internationalisierung. Wie werden Sie<br />

die Internationalisierung an deutschen<br />

Hochschulen vorantreiben?<br />

Der <strong>DAAD</strong> sieht hier nach wie vor eine grundlegende<br />

Aufgabe. Es reicht nicht, Stipendien<br />

zu finanzieren, son<strong>der</strong>n die Hochschulen<br />

müssen in dem Prozess unterstützt werden,<br />

strukturierte Herangehensweisen für die<br />

Internationalisierung zu entwickeln. Mit<br />

welchen Fächern, mit welchen Programmen,<br />

welchen Kooperationspartnern und in welchem<br />

Zeitrahmen? Zu klären ist auch, wie die<br />

Maßnahmen systematisch in <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Infrastruktur <strong>der</strong> Hochschule verankert werden<br />

können. Gibt es beispielsweise Graduate<br />

Schools, in denen sich junge internationale<br />

Wissenschaftler begegnen können? Wie kann<br />

<strong>der</strong> Austausch mit ausländischen Kollegen<br />

genutzt werden, um das Forschungsspektrum<br />

<strong>der</strong> eigenen Hochschule zu erweitern?<br />

Internationalisierungsstrategien umfassen<br />

strukturierte und gezielte Aktivitäten in drei<br />

Fel<strong>der</strong>n: Studium, Nachwuchsför<strong>der</strong>ung,<br />

Netzwerkbildung. Hier wird <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong> in <strong>der</strong><br />

<strong>Zukunft</strong> weiter för<strong>der</strong>n.<br />

Die Zahl ausländischer Studieren<strong>der</strong> in<br />

Deutschland ist in den letzten zehn Jahren<br />

um 40 Prozent gestiegen. Inwieweit<br />

wird ihr Potenzial für den deutschen<br />

Arbeitsmarkt erkannt?<br />

Mit <strong>der</strong> Lockerung <strong>der</strong> Aufenthaltsregelungen<br />

hat sich vieles zum Positiven gewendet.<br />

Ausländische Absolventen deutscher<br />

Hochschulen können beispielsweise ein<br />

Jahr in Deutschland bleiben, um eine Stelle<br />

zu finden. Dies scheint jedoch noch nicht<br />

genug bekannt zu sein und muss stärker<br />

beworben werden. Außerdem müssen diese<br />

Absolventen, die neben den Fachkenntnissen<br />

interkulturelle Kompetenz besitzen, für<br />

mögliche Arbeitgeber sichtbarer werden. Mit<br />

einem Mentoring-Programm könnte man<br />

Absolventen dabei unterstützen, das eigene<br />

spezifische Profil auf bestimmte Berufsfel<strong>der</strong><br />

auszurichten. Zugleich könnten die Stärken,<br />

die diese internationalen Absolventen für den<br />

deutschen Arbeitsmarkt haben, deutlicher<br />

hervorgehoben werden.<br />

Armut, freier Zugang zu Trinkwasser<br />

und Energie, Bildung, Bekämpfung<br />

von Krankheiten – diese globalen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen drängen nach<br />

Lösungen, zu denen <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong> noch<br />

stärker beitragen will, wie Sie bei Ihrem<br />

Amtsantritt angekündigt haben. Wird<br />

<strong>der</strong> <strong>DAAD</strong> künftig themenspezifisch statt<br />

individuell för<strong>der</strong>n?<br />

Die individuelle För<strong>der</strong>ung nach Qualität<br />

<strong>der</strong> Stipendiaten hat sich bewährt und muss<br />

erhalten bleiben, unabhängig davon, was<br />

an Programmför<strong>der</strong>ung hinzukommt. Ich<br />

sehe im großen Netzwerk <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong>-Alumni<br />

eine Möglichkeit, für die Millenniumsziele<br />

zu arbeiten. Alumni äußern auf den Treffen<br />

immer wie<strong>der</strong> den Wunsch, an bestimmten<br />

Themen gemeinsam zu arbeiten. Wenn etwa<br />

auf diese Weise eine Gruppe zum Thema<br />

Wasser zusammenkommt, dann können über<br />

diese Gruppe Verbindungen beispielsweise<br />

zu Wasserprojekten für Afrika, geför<strong>der</strong>t vom<br />

Bundesforschungsministerium, entstehen.<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


Es geht also darum, Qualifikationsprofile <strong>der</strong><br />

Alumni mit relevanten Themen zu verschränken<br />

und so die weltweite Zusammenarbeit<br />

<strong>der</strong> Experten untereinan<strong>der</strong> zu intensivieren.<br />

Werden Sie regionale Schwerpunkte<br />

setzen?<br />

Wenn man schaut, wo in den nächsten Jahren<br />

weitere finanzielle Ressourcen zu erwarten<br />

sind, so ist das in <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Ich halte es für eine wichtige<br />

Scout-Funktion des <strong>DAAD</strong>, sich dorthin zu<br />

wenden, wo das Interesse <strong>der</strong> deutschen Kollegen<br />

mit dem Blickwinkel Wissenschaft zurzeit<br />

noch nicht unbedingt liegt. Dabei ist ein<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

Angebot für Bildung, wie es <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong> macht,<br />

die intelligenteste Hilfe für eine Zusammenarbeit<br />

auf Augenhöhe. Der <strong>DAAD</strong> engagiert<br />

sich dabei in vielen Regionen etwa in Afrika<br />

und Lateinamerika.<br />

Zum ersten Mal leiten zwei Frauen den<br />

<strong>DAAD</strong>. Inwiefern wird dies den <strong>DAAD</strong> und<br />

seine Arbeit verän<strong>der</strong>n?<br />

Es macht schon einen Unterschied, ob ein<br />

Mann o<strong>der</strong> eine Frau an <strong>der</strong> Spitze steht,<br />

weil die Form und die Methode des Führens<br />

an<strong>der</strong>s sind. Was macht den Unterschied<br />

nun aus? Ich bemühe mich darum, dass ich<br />

vor einer Entscheidung sorgfältig zuhöre.<br />

dIalog<br />

Das meint nicht nur zu hören, was einzelne<br />

Wortführer zu sagen haben, son<strong>der</strong>n auch,<br />

verschiedene Gruppen zu Wort kommen zu<br />

lassen und so die Stimmungen eines ganzen<br />

Hauses zu einem Thema zu erfassen. Hier<br />

führen Frauen meist an<strong>der</strong>s als Männer.<br />

Kaum Unterschiede gibt es dagegen in <strong>der</strong><br />

Bereitschaft zur Entscheidung und in <strong>der</strong><br />

klaren Umsetzung. Was in einer Führungsposition<br />

an <strong>der</strong> Spitze aber auch notwendig<br />

ist, ist das uneitle, unaufgeregte Nachbessern<br />

von Entscheidungen. Da handeln Frauen oft<br />

pragmatischer als Männer.<br />

Das Gespräch führte Uschi Heidel<br />

© Daniela Schmitter<br />

5


6 SpEktrum<br />

dEutSchland<br />

Mainzer Synagoge<br />

Rheinisches Jerusalem<br />

Magenza – so die hebräische Bezeichnung<br />

für das jüdische Mainz – war lange Zeit ein<br />

bedeutendes jüdisches Zentrum am Rhein.<br />

Zwischen dem 11. und 13. Jahrhun<strong>der</strong>t blühte<br />

hier die jüdische Kultur, so dass die Stadt oft<br />

als „rheinisches Jerusalem“ galt. Diese Tradition<br />

hielt lange an, endete aber spätestens im<br />

November 1938: Nationalsozialisten zerstörten<br />

die alte Mainzer Synagoge während <strong>der</strong><br />

Reichspogromnacht.<br />

Auf den Tag genau 98 Jahre nach Einweihung<br />

<strong>der</strong> alten Synagoge wurde am 3. September<br />

an <strong>der</strong>selben Stelle eine neue eröffnet. Der<br />

Entwurf stammt von dem Kölner Architekten<br />

Manuel Herz. Das Gebäude soll den jüdisch-liturgischen<br />

Begriff Keduscha, auf Deutsch „Erhöhung“,<br />

körperlich anfassbar reflektieren.<br />

Die fünf hebräischen Buchstaben sind in den<br />

fünf Bereichen des jüdischen Zentrums für Gemeindeveranstaltungen,<br />

Erwachsenenbildung<br />

und als Hebräisch-Schule für schulpflichtige<br />

Kin<strong>der</strong> versinnbildlicht. Der 1937 von Mainz<br />

in die USA emigrierte Jude Fritz Weinschenk<br />

nannte die Synagoge bei <strong>der</strong> Eröffnungsfeier<br />

ein „Mahnmal, aber auch Zeichen <strong>der</strong> Zuversicht“.<br />

Bundespräsident Christian Wulff lobte<br />

die Anstrengungen <strong>der</strong> Mainzer Bürger, die es<br />

möglich gemacht hätten, dass das Judentum<br />

einen neuen geistlichen Mittelpunkt in <strong>der</strong><br />

Stadt erhalte.<br />

Der Bedarf für ein Zentrum ist groß: Nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg lebte in Mainz lange<br />

Zeit nur eine kleine Schar zurückgekehrter<br />

Gemeindemitglie<strong>der</strong>. Die hohe Anzahl von Zuwan<strong>der</strong>ern<br />

aus Osteuropa vergrößerte die Gemeinde<br />

in den 1990er Jahren jedoch erheblich.<br />

Inzwischen zählt sie mehr 1000 Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Literatur-Nobelpreis<br />

Subversiv und konservativ<br />

„Literatur sollte sich von dem anstecken lassen,<br />

was draußen passiert, sonst wird sie trivial<br />

und dekadent“, sagt <strong>der</strong> peruanische Schriftsteller<br />

Mario Vargas Llosa. 2010 erhielt Mario<br />

Vargas Llosa den Nobelpreis für Literatur.<br />

Damit ist er nach dem gebürtigen Chinesen<br />

Gao Xingjian, dem Ungarn Imre Kertész und<br />

<strong>der</strong> Deutschen Herta Müller <strong>der</strong> vierte <strong>DAAD</strong>-<br />

Alumnus, <strong>der</strong> seit <strong>der</strong> Jahrtausendwende den<br />

renommiertesten Literaturpreis erhält.<br />

Mario Vargas Llosa war 1997 bis 1998 Gast<br />

des Berliner Künstlerprogramms des <strong>DAAD</strong>.<br />

Während dieser Zeit schrieb er „Das Fest des<br />

Ziegenbocks“ über die Schreckensherrschaft<br />

des dominikanischen Präsidenten Rafael Trujillo.<br />

Damals hatte er bereits ein gutes Dutzend<br />

Romane verfasst und den Friedenspreis<br />

des Deutschen Buchhandels erhalten. Bei <strong>der</strong><br />

© Isolde Ohlbaum<br />

Verleihung in Frankfurt schrieb Vargas Llosa<br />

dem Schriftsteller die Aufgabe zu, gegenüber<br />

dem herrschenden Zeitgeist subversive Ideen<br />

zu verbreiten. „Ich empfinde es als wesentlich<br />

für meine Arbeit, mich an <strong>der</strong> politischen<br />

Debatte zu beteiligen“, erklärte er in einem<br />

Interview.<br />

Laut Nobelpreis-Komitee hat Vargas Llosa<br />

eine genaue „Kartographie von Machtstrukturen“<br />

und „scharf geschnittene Bil<strong>der</strong> individuellen<br />

Wi<strong>der</strong>stands“ geschaffen. „Wenn<br />

Menschen für irgendwelche Utopien sterben<br />

müssen, ist das durch nichts zu rechtfertigen“,<br />

Literaturnobelpreisträger<br />

Mario Vargas Llosa war 1997<br />

bis 1998 Gast des Berliner<br />

Künstlerprogramms des<br />

<strong>DAAD</strong><br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

© dpa<br />

sagt <strong>der</strong> Laureat. Mit dieser Überzeugung erscheint<br />

er als ein Konservativer in <strong>der</strong> lateinamerikanischen<br />

Geisteswelt, im Unterschied<br />

etwa zu Gabriel García Márquez.<br />

In Berlin ist Vargas Llosa mehrfach präsent:<br />

Die Bibliothek des spanischen Kulturinstituts<br />

trägt seinen Namen. Seit 2005 ist er zudem<br />

Ehrendoktor <strong>der</strong> Humboldt-Universität.<br />

„Berlin ist eine inspirierende Erfahrung“,<br />

sagt er. „Die Stadt ist ständig im Zustand <strong>der</strong><br />

Transformation.“<br />

Ausstellung WeltWissen Berlin<br />

Staub, Zettel und Planeten<br />

Christian Gottfried Ehrenberg, einer <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Mikropaläontologie und Mikrobiologie,<br />

interessierte sich naturgemäß für<br />

alles Winzige. Er sammelte für seine Studien<br />

im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t den Staub <strong>der</strong> Stadt Berlin<br />

ein, um ihn unter die Lupe zu nehmen. Die<br />

Gläser, die er dafür verwendete, können Besucher<br />

<strong>der</strong>zeit in <strong>der</strong> Ausstellung „WeltWissen:<br />

300 Jahre Wissenschaften in Berlin“ im Martin-Gropius-Bau<br />

bewun<strong>der</strong>n – ein fächer- und<br />

epochenübergreifen<strong>der</strong> Blick auf die spannende<br />

Wissenschaftsgeschichte <strong>der</strong> Hauptstadt.<br />

Die Schau ist ein gemeinsames Projekt von<br />

vier Berliner Wissenschaftseinrichtungen, die<br />

in diesem Jahr Jubiläum feiern: die Humboldt-<br />

Universität (200 Jahre), die Universitätsmedizin<br />

Charité (300), die Berlin-Brandenburgische<br />

Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften (300) und<br />

die Max-Planck-Gesellschaft (100). Bis Januar<br />

2011 präsentieren sie auf mehr als 3200<br />

Quadratmetern 500 Exponate – historische<br />

Mahnmal und Zeichen <strong>der</strong> Zuversicht: Neue Mainzer Synagoge<br />

ist auch architektonischer Anziehungspunkt<br />

Originaldokumente, technische Apparate,<br />

Expeditionsausrüstungen und visuelle Umsetzungen<br />

neuer Entdeckungen und Ideen.<br />

Dazu zählen auch Notizzettel <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong><br />

Grimm, die in <strong>der</strong> preußischen Metropole<br />

akribisch an ihrer „Geschichte <strong>der</strong> deutschen<br />

Sprache“ arbeiteten, o<strong>der</strong> Skizzen von Albert<br />

Einstein, die in Berlin während <strong>der</strong> Vollendung<br />

seiner Relativitätstheorie entstanden. Außerdem:<br />

Ein Tisch mit Arbeitsgeräten, auf dem<br />

1938 dem deutschen Chemiker und Nobelpreisträger<br />

Otto Hahn die erste Spaltung eines<br />

Atomkerns gelang, o<strong>der</strong> die anatomisch-pathologischen<br />

Präparate aus <strong>der</strong> weltberühmten<br />

Sammlung des Mediziners Rudolf Virchow, einem<br />

<strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Pathologie. Studien zu<br />

künstlicher Intelligenz o<strong>der</strong> faszinierende 3D-<br />

Bil<strong>der</strong> aus einem Kartierungsprojekt für den<br />

Planeten Mars veranschaulichen, dass Berlin<br />

nach wie vor ein wichtiger Forschungsstandort<br />

ist. Info: www.weltwissen-berlin.de<br />

Passend zur Ausstellung erschien im Herbst<br />

2010 ein Buch, das seine Leser in die Labors<br />

und Büros von Berliner Wissenschaftlern<br />

<strong>der</strong> Gegenwart führt: Die Autoren Kristina<br />

Vaillant und Ernst Fesseler berichten in „Ideen<br />

täglich. Wissenschaft in Berlin“ (Nicolai-<br />

Verlag) vom Forschungsalltag, von Erfolgen<br />

und Rückschlägen bei <strong>der</strong> Arbeit mit alten<br />

SpEktrum dEutSchland<br />

Handschriften, winzigen Kristallen o<strong>der</strong> vermeintlich<br />

unscheinbaren Pflanzen.<br />

Kristina Vaillant, Ernst Fesseler: Ideen<br />

täglich. Wissenschaft in Berlin, Nicolai<br />

Verlag, Berlin 2010. ISBN: 978-3894795177,<br />

24,90 Euro.<br />

München bis Berlin<br />

Elektroauto schafft Rekordstrecke<br />

Weltrekord: Ohne aufzuladen, ist ein zum<br />

Elektroauto umgebauter Audi A2 in sieben<br />

Stunden von München nach Berlin gefahren.<br />

Auf <strong>der</strong> 605 Kilometer langen Strecke kam<br />

das Gefährt auf durchschnittlich 90 Kilometer<br />

pro Stunde. Ähnliche Langstrecken-Versuche<br />

gab es bereits mit eigens für das Experiment<br />

konstruierten Autos. So meldeten japanische<br />

Ingenieure erst kürzlich einen Erfolg: Ihr<br />

Elektroauto legte 1000 Kilometer ohne Aufladung<br />

zurück. Allerdings ist das Fahrzeug im<br />

Gegensatz zum deutschen Rekordauto nicht<br />

alltagstauglich.<br />

Der umgebaute Audi ist wie ein herkömmlicher<br />

Benziner mit vier Sitzen ausgestattet und<br />

hat einen vollständig nutzbaren Kofferraum.<br />

Bislang musste das Gepäck den großen Batterien<br />

Platz machen. Die neue, weitaus kleinere<br />

Batterie auf Lithium-Metall-Polymer-Basis<br />

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7


8 SpEktrum<br />

© DBMEnergy<br />

dEutSchland<br />

Am Ziel: Elektro-Rekordauto vor dem<br />

Brandenburger Tor<br />

hat einen weiteren Vorteil: Sie kann bis zu<br />

500 000 Kilometer schaffen, ehe man sie austauschen<br />

muss.<br />

Entwickelt haben die Batterie das junge Berliner<br />

Technologieunternehmen DBM Energy<br />

und <strong>der</strong> Energieanbieter „lekker Energie“, das<br />

Bundeswirtschaftsministerium unterstützte<br />

die Kooperation. Die Bundesregierung hatte<br />

in ihrem Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität<br />

erst für das Jahr 2015 Fahrten<br />

mit alltagstauglichen E-Autos angepeilt. DBM<br />

Energy will die Batterie nun für eine Serienproduktion<br />

optimieren.<br />

Diplomaten im Dritten Reich<br />

Späte Aufarbeitung<br />

Das Auswärtige Amt, das Außenministerium<br />

Deutschlands, hat sich an Gewaltverbrechen<br />

während <strong>der</strong> nationalsozialistischen Diktatur<br />

1933 bis 1945 beteiligt – stärker als bislang<br />

angenommen. Das hat eine Historikerkommission<br />

festgestellt, die <strong>der</strong> damalige Außenminister<br />

Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen)<br />

2005 beauftragt hatte. Im Oktober erschien<br />

<strong>der</strong>en mittlerweile viel beachtete Studie „Das<br />

Amt und die Vergangenheit“. Sie belegt zum<br />

Beispiel die Mitwirkung von Diplomaten an<br />

<strong>der</strong> Verfolgung und Ermordung von Juden<br />

und zeigt, wie sehr die nationalkonservative<br />

Oberschicht mit <strong>der</strong> NS-Diktatur kooperierte<br />

und kollaborierte. „Dass auch <strong>der</strong> angeblich<br />

‚anständige’ Mensch die Grenzen des Anstandes<br />

leicht überschreiten kann, wenn sich<br />

die Grundregeln än<strong>der</strong>n“, sei eines <strong>der</strong> Kernergebnisse<br />

gewesen, sagte <strong>der</strong> israelische<br />

Historiker und Mitautor <strong>der</strong> Studie, <strong>DAAD</strong>-<br />

Alumnus Moshe Zimmermann, gegenüber<br />

<strong>der</strong> Berliner Tageszeitung „Der Tagesspiegel“.<br />

„Erstaunlich“, nannte es die Kommission,<br />

dass viele Mittäter später in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

wie<strong>der</strong> Karriere machten und lange kaum<br />

Diskussion um Datenschutz<br />

angestoßen: Google Street<br />

View in Deutschland<br />

jemand dagegen protestierte. Nach Aussage<br />

<strong>der</strong> Historiker versuchten die Beteiligten nach<br />

dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945, die<br />

eigene Rolle zu vertuschen. Aus alter Verbundenheit<br />

hätten sie sich gegenseitig unterstützt.<br />

So sei <strong>der</strong> Mythos entstanden, das Auswärtige<br />

Amt habe sich weitgehend aus den Verbrechen<br />

<strong>der</strong> Nationalsozialisten herausgehalten.<br />

Der amtierende Außenminister Guido Westerwelle<br />

(FDP) kündigte an, die fast 900 Seiten<br />

starke Studie zu einem festen Bestandteil <strong>der</strong><br />

Diplomatenausbildung zu machen.<br />

cho<br />

Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes,<br />

Moshe Zimmermann: Das Amt und die<br />

Vergangenheit: Deutsche Diplomaten im<br />

Dritten Reich und in <strong>der</strong> Bundesrepublik,<br />

Karl Blessing Verlag, München 2010.<br />

ISBN: 978-3-89667-430-2., 34,95 Euro.<br />

Google Street View<br />

Verschwommene Häuser<br />

Die Privatsphäre hat in Deutschland eine<br />

hohe Priorität. Deshalb protestierten viele<br />

Deutsche, als die Firma Google im Juli 2008<br />

erstmals ihre Kamera-Autos durch deutsche<br />

Straßen schickte, um alle Häuser, Gärten und<br />

Kreuzungen für den Online-Dienst Street View<br />

detailliert abzufotografieren. Google musste<br />

versprechen, zufällig eingefangene Gesichter<br />

zu verpixeln. Fast 250 000 Menschen beantragten<br />

zudem, dass ihre Häuser unkenntlich<br />

gemacht werden. Wer nun virtuell durch deutsche<br />

Straßen spaziert, sieht verschwommene<br />

Flecken, wo eigentlich Häuser stehen sollten.<br />

Inzwischen sind die ersten 20 Städte online,<br />

darunter Berlin, Köln und München. Paradox:<br />

Trotz aller Bedenken meldet Google aus<br />

Deutschland so viele Seitenaufrufe wie aus<br />

keinem an<strong>der</strong>en Land.<br />

Deutsch-türkischer Übersetzerpreis<br />

Herausragende Vermittler<br />

Die ersten Preisträger des Deutsch-Türkischen<br />

und Türkisch-Deutschen Übersetzerpreises<br />

„Tarabya“ sind Ingrid Iren und Ahmet Cemal.<br />

Ausgezeichnet werden sie für ihre herausragenden<br />

Leistungen und ihre Vermittlungsarbeit<br />

zwischen beiden Län<strong>der</strong>n.<br />

Der Preis ist ein Gemeinschaftsprojekt des<br />

Auswärtigen Amtes, des türkischen Ministeriums<br />

für Kultur und Tourismus, des Goethe-<br />

Instituts Istanbul, <strong>der</strong> S. Fischer Stiftung und<br />

Robert Bosch Stiftung im Rahmen <strong>der</strong> Ernst-<br />

Reuter-Initiative für Dialog und Verständigung.<br />

„Tarabya“ ist nach einem Istanbuler<br />

Stadtteil benannt, in dem sich die historische<br />

Sommerresidenz <strong>der</strong> deutschen Botschaft befindet<br />

– heute ein Ort des deutsch-türkischen<br />

Dialogs.<br />

Den Preis gibt es jeweils für die besten Übersetzungen<br />

deutscher Literatur ins Türkische<br />

und türkischer Literatur ins Deutsche. Die<br />

1930 in Berlin geborene Ingrid Iren hat unter<br />

an<strong>der</strong>em vier Romane des Nobelpreisträgers<br />

Orhan Pamuk ins Deutsche übertragen. Ahmet<br />

Cemal übersetzte Werke wie Ingeborg<br />

Bachmanns Roman „Malina“ und das philosophische<br />

Werk „Also sprach Zarathustra“ von<br />

Friedrich Nietzsche ins Türkische.<br />

Boris Hänßler<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

tItEl<br />

Ingenieure made in germany<br />

Technik aus Deutschland ist ein Markenzeichen und weltweit im Einsatz<br />

Präsidenten polieren:<br />

Deutsche Hochleistungsreiniger<br />

geben <strong>der</strong> nationalen Gedenkstätte<br />

am Mount Rushmore in den USA neuen<br />

Glanz<br />

Wer an Deutschland denkt, denkt häufig<br />

an Dichter, Denker und Komponisten.<br />

Und an „made in Germany“, an Hightech-<br />

Produkte allerhöchster Qualität.<br />

Sie sind weltweit gefragt und rücken<br />

selbst den aus Stein gehauenen US-Präsidenten<br />

zu Leibe. Die technischen Erfolge<br />

verdankt das Land vor allem seinen<br />

Ingenieuren, denn sie sind ausgestattet<br />

mit breitem Fachwissen und <strong>der</strong> Fähigkeit,<br />

dies praktisch anzuwenden. Damit<br />

Deutschland Technologieprimus und<br />

Exportweltmeister bleibt, braucht es genügend<br />

Ingenieurnachwuchs – auch aus<br />

dem Ausland.<br />

9<br />

© Kärcher


10 tItEl<br />

Engineers made in germany<br />

Engineers play a major part in the stream of innovation<br />

that ensures the popularity of German<br />

products and services in the global market.<br />

And no won<strong>der</strong>: the education that engineers<br />

receive in German universities is the best in<br />

the world. A study by the Boston Consulting<br />

Group gave German engineering schools the<br />

top grade of 1.7 (using the German scholastic<br />

grading scale from 1 to 6). A broad foundation<br />

in mathematical and theoretical knowledge<br />

combined with expertise in realization is the<br />

German formula for training successful engineers.<br />

But Germany urgently needs new engineering<br />

students: some 75,000 new students<br />

start a course of study in engineering every<br />

year, but that is not enough to fill the demand.<br />

There is already a deficit of 34,000 engineers.<br />

One hope is to attract students or graduates<br />

from other countries. A special advantage<br />

of engineers from other cultures is that they<br />

help to develop new markets, thus reinforcing<br />

Germany’s position as a leading exporter.<br />

Universities also hope to increase the proportion<br />

of women engineering students, to make<br />

courses more compatible with social aspects of<br />

students’ lives, and to lower the drop-out rate.<br />

Leonardo da Vinci war wohl <strong>der</strong> erste Ingenieur<br />

<strong>der</strong> Geschichte. Der geniale Erfin<strong>der</strong><br />

und Künstler bezeichnete sich als<br />

„ingegnier“, was damals ein Zeugmeister für<br />

militärische Ausrüstung war. Auch wenn <strong>der</strong><br />

Ingenieurberuf seine Wurzeln in Italien und<br />

Frankreich hat, hat kein Land das Berufsbild<br />

und das Image so geprägt wie Deutschland.<br />

Der König von Preußen führte 1899 „auf allerhöchsten<br />

Erlass“ die Titel Diplom-Ingenieur<br />

Säge mit Benzinmotor: Andreas Stihl stellte 1929 die Motorsäge vor –<br />

seit 1971 ist das Stuttgarter Unternehmen Weltmarktführer<br />

© Ullstein<br />

und Doktor-Ingenieur ein. 111 Jahre Diplom-<br />

Ingenieur – ein schöner Anlass, den Erfolg<br />

dieser „Marke“ zu feiern und zurückzublicken<br />

auf die Erfolge von Carl Benz, Robert Bosch<br />

und vielen weiteren Ingenieuren, ohne die das<br />

20. Jahrhun<strong>der</strong>t nicht so ein Zeitalter des Fortschritts<br />

gewesen wäre.<br />

Auch heute haben Ingenieure großen Anteil<br />

am Innovationsstrom, <strong>der</strong> Produkten<br />

und Dienstleistungen made in Germany zu<br />

Erfolgen auf dem Weltmarkt verhilft. Jüngste<br />

Beispiele sind die Erfindungen, die 2010 für<br />

den Deutschen <strong>Zukunft</strong>spreis nominiert sind,<br />

den <strong>der</strong> Bundespräsident jedes Jahr verleiht:<br />

das Laserauge <strong>der</strong> Karlsruher Firma Unisensor,<br />

das Kunststoffgranulat sortiert, o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Greifroboter <strong>der</strong> Firma Festo in Esslingen, <strong>der</strong><br />

wie ein Elefantenrüssel aussieht und sogar<br />

rohe Eier bewegen kann.<br />

Breites Fundament<br />

Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Die Ausbildung<br />

an deutschen Hochschulen ist Weltspitze,<br />

auch wenn internationale Rankings<br />

häufig die einschlägig bekannten Eliteunis<br />

© Andreas Stihl AG & Co. KG<br />

aus den USA und Großbritannien auf die<br />

ersten Plätze setzen. Bei den Ingenieuren ist<br />

das Bild eindeutig: Mit <strong>der</strong> Note 1,7 (auf einer<br />

Schulnotenskala von eins bis sechs) rangiert<br />

die deutsche Ingenieurausbildung in einer<br />

Studie <strong>der</strong> Boston Consulting Group an oberster<br />

Stelle.<br />

Die Kombination aus einem breiten Fundament<br />

mathematisch-theoretischen Wissens<br />

und Know-how in <strong>der</strong> Umsetzung ist<br />

das Erfolgsrezept <strong>der</strong> deutschen Ingenieurausbildung.<br />

„An<strong>der</strong>s als im Ausland ist das<br />

Studium hierzulande sehr praxis- und industrieorientiert“,<br />

sagt Sabina Jeschke, Professorin<br />

für Informationsmanagement im Maschinenwesen<br />

an <strong>der</strong> RWTH Aachen. Hinzu<br />

kommt die Möglichkeit, je nach Neigung eher<br />

theoretisch an Universitäten zu studieren o<strong>der</strong><br />

praxisorientiert mit frühem Kontakt zu Unternehmen<br />

an Fachhochschulen. Auch wählen<br />

etliche junge Menschen den Weg über eine<br />

Berufsausbildung in einem Betrieb, bevor sie<br />

studieren.<br />

Dieses breite Spektrum, die Fähigkeit, ein<br />

Problem gleichzeitig theoretisch und praktisch<br />

zu durchdringen und über den eigenen<br />

Tellerrand hinauszublicken, ist wohl eines <strong>der</strong><br />

Erfolgsrezepte. Das bestätigt Theodor Strobl,<br />

ehemaliger Professor für Wasserbau an <strong>der</strong><br />

Technischen Universität München: „Bei Bauingenieuren,<br />

die nach dem angelsächsischen<br />

System ausgebildet wurden, habe ich vor allem<br />

im Ausland die Erfahrung gemacht, dass<br />

sie zwar hervorragende Spezialisten sind, aber<br />

oft die Zusammenhänge nicht erkennen.“<br />

Kein Wun<strong>der</strong>, dass Ingenieure von deutschen<br />

Hochschulen weltweit gefragt sind,<br />

häufig stechen sie Absolventen von Eliteunis<br />

wie MIT o<strong>der</strong> Stanford aus. Nicht verschweigen<br />

sollte man aber die Defizite: Die kompromisslose<br />

Ausrichtung auf Hightech führt<br />

mitunter dazu, dass einfachere Lösungen, die<br />

vielleicht praktischer für die Nutzer wären<br />

und vielleicht sogar kostengünstiger, nicht<br />

gesehen werden. Im Deutschen gibt es dafür<br />

ein Sprichwort: Warum einfach, wenn es auch<br />

kompliziert geht?<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


© Porshce<br />

Doch die Ingenieure haben dazugelernt, sie<br />

gehen heute mehr auf das ein, was <strong>der</strong> Kunde<br />

wirklich braucht. Die Anfor<strong>der</strong>ungen an die<br />

Absolventen dieser Studiengänge haben sich<br />

dementsprechend verän<strong>der</strong>t. „Soft Skills“ sind<br />

zunehmend gefragt, also die Fähigkeit, mit<br />

Menschen umzugehen, zu kommunizieren, zu<br />

überzeugen und das in perfektem Englisch –<br />

vor allem wenn Ingenieure in Führungspositionen<br />

arbeiten und viel Kundenkontakt haben.<br />

Internationale Erfahrung zählt<br />

„Internationalität und interkulturelle Kompetenz<br />

gehören zu den gefragtesten Persönlichkeitsmerkmalen<br />

von Ingenieuren, die bei<br />

internationalen Unternehmen anheuern wollen“,<br />

sagt Personalberater Heiko Mell, <strong>der</strong> regelmäßig<br />

im Branchenblatt des Vereins Deutscher<br />

Ingenieure „VDI-Nachrichten“ Karrieretipps<br />

gibt. Auslandsaufenthalte sind während<br />

des Studiums fast schon obligatorisch, und<br />

auch Studierende und Absolventen aus dem<br />

Ausland haben zunehmend gute Chancen auf<br />

dem deutschen Arbeitsmarkt.<br />

Der Branchenverband Elektrotechnik, Elektronik,<br />

Informationstechnik VDE warnt jedoch<br />

davor, diese Fähigkeiten überzubewerten. Vor<br />

lauter Soft Skills dürfe <strong>der</strong> Markenkern <strong>der</strong> Ingenieurstätigkeit,<br />

nämlich das profunde technische<br />

Wissen, nicht vernachlässigt werden.<br />

Das wird in immer mehr spezialisierten Studienprogrammen<br />

gelehrt. Zwar gibt es auch heute<br />

noch klassische Fächer wie Elektrotechnik<br />

o<strong>der</strong> Maschinenbau, doch <strong>der</strong> technische Fortschritt<br />

ist so rasant, dass eine Diversifizierung<br />

in neue Studiengänge wie Mechatronik o<strong>der</strong><br />

Erneuerbare Energien nötig ist. Ein beson<strong>der</strong>es<br />

Erfolgsmodell ist <strong>der</strong> Wirtschaftsingenieur,<br />

ein Abschluss, mit dem Absolventen alle Türen<br />

und Aufstiegsmöglichkeiten offenstehen.<br />

Er verbindet technisches mit betriebswirtschaftlichem<br />

Wissen und stößt damit genau in<br />

die Lücke, in <strong>der</strong> es im Berufsleben häufig zu<br />

Missverständnissen kommt.<br />

Der Universalingenieur, wie es ihn zu Zeiten<br />

von Automobilpionier Carl Benz und Robert<br />

Bosch, dem Grün<strong>der</strong> des gleichnamigen<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

Elektrotechnikkonzerns, noch<br />

gab, existiert heute nicht mehr.<br />

Kein Mensch kann alles technologische<br />

Wissen überblicken.<br />

Deshalb müssen Ingenieure<br />

immer häufiger in Teams<br />

arbeiten, die für Entwicklungsprojekte<br />

zusammengestellt<br />

werden. Das bietet gute Chancen<br />

für Selbstständige. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

in <strong>der</strong> Konstruktion<br />

und Software-Entwicklung gibt<br />

es viele Freiberufler, die Unternehmen<br />

zeitlich begrenzt zuarbeiten.<br />

Zu den rund 50 000<br />

selbstständigen Ingenieuren<br />

in Deutschland kommen etwa<br />

15 000 beratende Ingenieure<br />

hinzu, mit steigen<strong>der</strong> Tendenz,<br />

wie das Auftragsvermittlungsportal<br />

Gulp bestätigt. „In wirtschaftlich<br />

schwierigen Zeiten<br />

steigt die Zahl <strong>der</strong>jenigen<br />

deutlich an, die mit <strong>der</strong> Selbstständigkeit<br />

einer drohenden<br />

Arbeitslosigkeit entgehen wollen“,<br />

weiß Willi Oberlan<strong>der</strong>,<br />

Geschäftsführer am Institut<br />

für freie Berufe an <strong>der</strong> Friedrich-Alexan<strong>der</strong>-Universität<br />

in<br />

Erlangen-Nürnberg. Bei guter<br />

Konjunktur gehen manche<br />

dann wie<strong>der</strong> feste Arbeitsverhältnisse<br />

ein.<br />

Nachwuchs gesucht<br />

Die Weltwirtschaftskrise infolge <strong>der</strong> Bankenkrise<br />

hat auch auf dem Arbeitsmarkt für<br />

Ingenieure Spuren hinterlassen. Nicht alle<br />

Absolventen fanden 2009 sofort eine Stelle.<br />

Dennoch herrscht unter den Ingenieuren nahezu<br />

Vollbeschäftigung: Nur 2,4 Prozent von<br />

ihnen waren 2009 arbeitslos. Jetzt nach <strong>der</strong><br />

Krise im Wirtschaftsaufschwung wird umso<br />

deutlicher sichtbar, was Experten schon vorher<br />

prophezeit hatten: Es fehlen, so schätzt<br />

<strong>der</strong> VDI, über 30 000 Ingenieure. Der Mangel<br />

Von <strong>der</strong> Motorkutsche zum Hybridfahrzeug:<br />

Die Automobilbranche ist nach wie vor<br />

Deutschlands Zugpferd<br />

Know-how in <strong>der</strong> Umsetzung:<br />

Erfolgsrezept <strong>der</strong> Ingenieurausbildung<br />

tItEl<br />

an Fachkräften hat einen Wertschöpfungsverlust<br />

<strong>der</strong> deutschen Volkswirtschaft von schätzungsweise<br />

3,4 Milliarden Euro zur Folge.<br />

Deutschland braucht also dringend Nachwuchs.<br />

Doch die rund 75 000 Abiturienten,<br />

die jedes Jahr ein Ingenieurstudium beginnen,<br />

können die Lücke nicht schließen. Drei<br />

Maßnahmen sollen helfen, die Zahl <strong>der</strong> Studierenden<br />

zu steigern: Erstens sollen mehr junge<br />

Frauen für das Studium von MINT-Fächern<br />

11<br />

© Andreas Hed<strong>der</strong>gott/TU München


12 tItEl<br />

Frachter lernen segeln: Hamburger Technik<br />

hilft den Treibstoffverbrauch zu senken<br />

(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften,<br />

Technik) begeistert werden. Zwar steigt<br />

<strong>der</strong> Frauenanteil seit einigen Jahren kontinuierlich<br />

an, dennoch ist erst etwa je<strong>der</strong> siebte<br />

Ingenieur weiblich. Zweitens sollen mehr Studierende<br />

o<strong>der</strong> Fachkräfte aus dem Ausland angeworben<br />

werden. Heute hat nur je<strong>der</strong> zehnte<br />

Ingenieur im Erwerbsalter bis 65 Jahre eine<br />

ausländische Staatsbürgerschaft, auch <strong>der</strong><br />

Anteil dieser Gruppe steigt langsam an. 2009<br />

studierten 27240 angehende Ingenieure aus<br />

an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n an deutschen Universitäten.<br />

Diese Ingenieure aus an<strong>der</strong>en Kulturkreisen<br />

sind auch deshalb wertvoll, weil sie helfen,<br />

neue Märkte zu erschließen und die Position<br />

Deutschlands als Exportweltmeister zu festigen.<br />

Und drittens sollen die Studiengänge<br />

studierbarer und die hohen Abbrecherquoten<br />

gesenkt werden.<br />

Damit sich auch in <strong>Zukunft</strong> begabte Studierende<br />

für eine Ingenieurausbildung an deutschen<br />

Hochschulen entscheiden, muss <strong>der</strong><br />

gute Ruf <strong>der</strong> Studiengänge verteidigt werden.<br />

Doch <strong>der</strong> könnte bedroht sein, fürchten die<br />

Rektoren <strong>der</strong> neun großen Technischen Universitäten<br />

(TU9). Im Zuge <strong>der</strong> sogenannten<br />

Bologna-Reform haben die Nationen <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union beschlossen, Bachelor- und<br />

Master-Abschlüsse zur Regel zu machen. Das<br />

trifft insbeson<strong>der</strong>e den Diplom-Ingenieur, <strong>der</strong><br />

nicht allein ein Abschlussgrad ist, son<strong>der</strong>n<br />

auch für hohe Qualität in <strong>der</strong> Ausbildung<br />

steht. „Das ist so, als würde Mercedes mit <strong>der</strong><br />

Einführung des Laserschweißens den Stern<br />

auf <strong>der</strong> Motorhaube abschaffen“, findet Professor<br />

Ernst Schmachtenberg, Rektor <strong>der</strong> Exzellenzuniversität<br />

RWTH Aachen. Dieter Zetsche,<br />

Vorstand <strong>der</strong> Daimler AG, pflichtet bei: „Ein<br />

Dipl.-Ing. vor dem Namen ist wie ein Mercedes-Stern<br />

auf <strong>der</strong> Haube.“ Deshalb plädieren<br />

© SkySails<br />

© KA-RaceIng e.V.<br />

die Rektoren <strong>der</strong> TU9 für eine Gleichstellung<br />

des Diplom-Ingenieurs mit dem Mastergrad,<br />

wie es etwa in Österreich geregelt ist, um auch<br />

weiterhin das Diplom verleihen zu können.<br />

Trotz aller Erfolge und seiner Bedeutung für<br />

die Volkswirtschaft hat <strong>der</strong> Ingenieurberuf ein<br />

Imageproblem. Viele Vorabend-TV-Serien für<br />

das junge Publikum zeichnen das Bild von<br />

Tüftler willkommen: Studierende des<br />

Karlsruher Instituts für Technologie bauen<br />

ihr eigenes Rennauto<br />

coolen jungen Leuten, die in <strong>der</strong> Werbebranche<br />

o<strong>der</strong> als Rechtsanwälte arbeiten. Ingenieure,<br />

wenn sie überhaupt in solchen Sendungen<br />

auftauchen, tragen dicke Hornbrillen und<br />

verwaschene Pullis. Dass sich solche Bil<strong>der</strong><br />

hartnäckig halten, beweist eine Straßenumfrage<br />

des VDI-Nachrichten-Verlags, wo nach<br />

typischen Eigenschaften, zum Beispiel <strong>der</strong><br />

Kleidung von Ingenieuren, gefragt wurde. Danach<br />

ist <strong>der</strong> typische Ingenieur eher trocken<br />

und spießig, trägt einen grauen Anzug und<br />

einen Aktenkoffer, in dem sich Lineal und<br />

Taschenrechner befinden. Doch es gab auch<br />

Lichtblicke bei <strong>der</strong> Umfrage, die über positive<br />

Attribute wie zielstrebig und präzise hinausgingen.<br />

Eine Passantin: „Ingenieure sind<br />

charmant und sexy – und ein guter Kontrast<br />

zu mir.“ Bernd Müller<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


monster jagen<br />

Interview mit Sabina Jeschke, Professorin für<br />

Informationsmanagement im Maschinenwesen an<br />

<strong>der</strong> RWTH Aachen<br />

Globalisierung, Interdisziplinarität, geän<strong>der</strong>tes<br />

Lernverhalten – die Ingenieurstudiengänge<br />

stehen vor großen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

in <strong>der</strong> Ausbildung ihrer Studierenden.<br />

Die RWTH Aachen, die Technische<br />

Universität Dortmund und die Ruhr-Universität<br />

Bochum bauen deshalb ein Zentrum<br />

für neue Lehr- und Lernformen in den<br />

Ingenieurwissenschaften auf. Sabina Jeschke<br />

hat das Konzept „TeachING-Learn-<br />

ING“ mitentwickelt. Die VolkswagenStiftung<br />

und die Stiftung Mercator för<strong>der</strong>n das<br />

Projekt mit 1,5 Millionen Euro.<br />

Es gibt bereits viele Ansätze an<br />

Hochschulen, die akademische Ausbildung<br />

zu verbessern. Was macht TeachING-<br />

LearnING an<strong>der</strong>s?<br />

Die meisten Initiativen verlaufen im Sande,<br />

wenn sie abgeschlossen sind, weil es keine<br />

Netzwerke gibt, die die Erkenntnisse nutzen<br />

und verbreiten. Das wollen wir in <strong>der</strong> Dreierkonstellation<br />

än<strong>der</strong>n. TeachING-LearnING<br />

beschäftigt sich zudem nicht allein mit E-<br />

Learning, son<strong>der</strong>n will auch herausfinden,<br />

welche Inhalte künftig in den Ingenieurwissenschaften<br />

wichtig sind und wie man sie<br />

vermittelt.<br />

Warum gerade die<br />

Ingenieurwissenschaften?<br />

Weil sich dort die Ausbildung in Deutschland<br />

stark von <strong>der</strong> im Ausland unterscheidet.<br />

Sie ist praxis- und industrienäher, was den<br />

Diplom-Ingenieur zu einer so weltbekannten<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

Marke gemacht hat. Mathematik dagegen<br />

wird – mit gewissen kulturellen Nuancen –<br />

weltweit ähnlich gelehrt.<br />

Was ist an Praxis- und Industrienähe<br />

schlecht?<br />

Daran ist überhaupt nichts schlecht. Aber es<br />

wird deutlich, dass sich die Studieninhalte in<br />

<strong>der</strong> Ingenieurausbildung än<strong>der</strong>n müssen. Innovationen<br />

finden nicht mehr innerhalb <strong>der</strong><br />

Disziplinen statt, son<strong>der</strong>n an den Grenzen zu<br />

an<strong>der</strong>en Disziplinen. Beispiel Auto: Innovativ<br />

sind dort zum Beispiel Fahrerassistenzsysteme,<br />

die aber mit klassischem Fahrzeugbau<br />

nichts mehr zu tun haben. Das ist Informatik,<br />

auch die Psychologie spielt da hinein. Wir<br />

müssen damit rechnen, dass rein klassisch<br />

ausgebildete Ingenieure die Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

nicht mehr bewältigen werden.<br />

Sind sich die Hochschulen dieser<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung bewusst? Momentan<br />

scheinen eher die Bologna-Reform und die<br />

neuen Bachelor- und Master-Abschlüsse<br />

Priorität zu haben.<br />

Die Diskussion um Bachelor und Master wird<br />

unter den Ingenieuren heftig geführt, weil<br />

<strong>der</strong> Diplom-Ingenieur eine so wertvolle Marke<br />

ist. Dabei wird die Bologna-Reform allein<br />

auf die Titel-Debatte verkürzt, obwohl sie vor<br />

allem inhaltliche Ziele hat. Ich habe den Eindruck,<br />

dass <strong>der</strong>zeit bei allen Akteuren eine<br />

Reflexion eingesetzt hat, bei <strong>der</strong> es wie<strong>der</strong><br />

mehr um Inhalte geht. Eine wichtige Frage<br />

ist, wie man die Lehre effizienter machen<br />

tItEl<br />

kann. Das ist notwendig, wenn man an<strong>der</strong>e<br />

Inhalte stärker gewichten will.<br />

Welche Inhalte sind das?<br />

Ingenieure müssen zum Beispiel künftig bei<br />

ihrer Arbeit Diversity-Aspekte stärker berücksichtigen,<br />

also etwa Herkunft o<strong>der</strong> Alter<br />

von Partnern o<strong>der</strong> Kunden. Und sie müssen<br />

interdisziplinär denken, etwa Kenntnisse in<br />

Psychologie o<strong>der</strong> Biologie haben.<br />

Wie kann sich das in neuen, effizienteren<br />

Lernformen nie<strong>der</strong>schlagen?<br />

Wir beobachten, dass sich junge Leute heute<br />

kaum noch 90 Minuten lang konzentrieren<br />

können o<strong>der</strong> wollen – so lange dauert eine<br />

Vorlesung. Dafür sind sie reaktionsschneller,<br />

bildorientierter, hoch-kommunikativ, selbstbewusster<br />

und spielerischer veranlagt. Diese<br />

Fähigkeiten müssen wir nutzen, zum Beispiel<br />

mit Lernformen, die in dreidimensionalen virtuellen<br />

Räumen stattfinden, die Elemente von<br />

Wikis o<strong>der</strong> Computerspielen aufgreifen. Eine<br />

Idee wäre, gemeinsam online mathematische<br />

Probleme zu lösen, zum Beispiel in einer Art<br />

Skype mit Formel-Editor o<strong>der</strong> in einer Spiele-<br />

Umgebung. Letztlich wäre das nichts an<strong>der</strong>es<br />

als ein Online-Multiplayerspiel, bei dem man<br />

Monster jagen muss – auch da handelt es<br />

sich um eine Aufgabe, die in einem Team<br />

gelöst werden muss, und bei <strong>der</strong> bestimmte<br />

Problemlösungsstrategien entwickelt, erprobt<br />

und schließlich vollzogen werden.<br />

Das Gespräch führte Bernd Müller<br />

13<br />

© RWTH Aachen


14<br />

HocHscHule<br />

Neues vom campus<br />

Thüringen<br />

Ost-Hochschulen sind spitze<br />

Bei <strong>der</strong> Ausstattung von Bibliotheken, Räumen,<br />

Laboren o<strong>der</strong> <strong>der</strong> IT-Infrastruktur haben<br />

ostdeutsche Hochschulen die Nase vorn.<br />

Das ergab eine Befragung des Centrums für<br />

Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh<br />

unter 150 000 deutschen Studierenden. Ausschlaggebend<br />

für die Platzierung war, wie oft<br />

die Fachbereiche an staatlichen Hochschulen<br />

eines Bundeslandes überdurchschnittlich<br />

gute Bewertungen erhielten. Spitzenreiter ist<br />

demnach Thüringen mit 55 Prozent solcher<br />

Top-Noten, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern<br />

mit 50 Prozent. Laut CHE sind vor allem<br />

Investitionen, die nach <strong>der</strong> Wende in die<br />

Ausstattung <strong>der</strong> Ost-Unis geflossen sind, ein<br />

Grund für die guten Plätze. Die Hochschulen<br />

westdeutscher Bundeslän<strong>der</strong> sind weit abgeschlagen.<br />

Am besten schnitt das Land Baden-<br />

Württemberg mit 38 Prozent ab, Nordrhein-<br />

Westfalen liegt mit 20 Prozent im unteren<br />

Mittelfeld.<br />

Augsburg<br />

Lebenshilfe im Ohr<br />

Ob Wohnungssuche, Behördengänge, Lerntechniken<br />

o<strong>der</strong> zwischenmenschliche Kontakte:<br />

Studium und Alltag in Deutschland stellen<br />

ausländische Studierende vor viele Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Doch ein neues Kooperationsprojekt<br />

von Studentenwerk und dem Institut für<br />

Medien und Bildungstechnologie <strong>der</strong> Universität<br />

Augsburg verspricht Hilfe. Studierende des<br />

Studiengangs Medien und Kommunikation<br />

entwickeln <strong>der</strong>zeit ein Audio-Angebot, das ab<br />

kommendem Jahr unterhaltsam durchs Hochschulleben<br />

führt. „Wir nutzen Interviews, Dialoge,<br />

Reportagen und Erfahrungsberichte und<br />

© N. Mohadjer/Bauhaus-Universität Weimar<br />

berücksichtigen, dass die Deutschkenntnisse<br />

<strong>der</strong> Studierenden sehr unterschiedlich sind“,<br />

sagt Michael Noghero vom Studentenwerk. Einige<br />

Beiträge greifen spezifische Augsburger<br />

Themen auf, etwa den örtlichen Dialekt, an<strong>der</strong>e,<br />

wie „Heimweh“ o<strong>der</strong> „Wissenschaftliches<br />

Arbeiten“, treffen auf breiteres Interesse.<br />

Wo genau Informationsbedarf besteht, haben<br />

die Entwickler unter an<strong>der</strong>em von internationalen<br />

Studierenden und Hochschulangehörigen<br />

erfahren. Aktuell entsteht ein Audio-<br />

Guide über den Augsburger Uni-Campus mit<br />

einzelnen Stationen wie „Bibliothek“ o<strong>der</strong><br />

„Rechen zentrum“. Zu Beginn des Sommersemesters<br />

2011 stehen erste Inhalte kostenfrei<br />

als Podcasts zum Herunterladen o<strong>der</strong> Anhören<br />

unter www.studentstories.de bereit. Auch auf<br />

den gängigen sozialen Internet-Plattformen,<br />

allen bekannten Podcast-Verzeichnissen und<br />

bei Apple-iTunes sollen die Dateien verfügbar<br />

sein. Michael Noghero: „Zuerst auf Deutsch,<br />

aber bald auch in den Heimatsprachen <strong>der</strong> internationalen<br />

Studierenden.“<br />

© Hagenguth/<strong>DAAD</strong><br />

Studieren leicht<br />

gemacht:<br />

Audio-Guides für<br />

den Augsburger<br />

Campus<br />

Osnabrück<br />

Weiterbildung für Imame gestartet<br />

Die Universität Osnabrück hat als erste Hochschule<br />

in Deutschland eine Weiterbildung<br />

für Imame gestartet. Von 80 Interessenten<br />

Schritt zur Integration: Imame lernen<br />

an deutschen Unis<br />

© dpa<br />

nahmen im Wintersemester 30 ihr zweisemestriges<br />

Studium auf. Unterrichtet wird<br />

auf Deutsch. So sollen aus <strong>der</strong> Türkei stammende<br />

Imame ihre Deutschkenntnisse verbessern,<br />

um sich zu verständigen und ihre<br />

theologischen Lehren auf Deutsch weitergeben<br />

zu können. Außerdem behandelt das<br />

Studium Themen wie deutsche Geschichte,<br />

Politik, Recht und Gesellschaft. Auch die für<br />

die Jugend- und Gemeindearbeit wichtigen<br />

pädagogischen Kenntnisse werden den Studierenden<br />

vermittelt. Für 2012 ist zudem ein<br />

Bachelorstudiengang für die Ausbildung von<br />

Imamen geplant.<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


Beste Bedingungen: Architekturstudierende arbeiten<br />

an <strong>der</strong> Bauhaus-Universität Weimar in großzügigen Ateliers<br />

Die Hochschule ist damit eines von drei Zentren<br />

für Islamische Studien in Deutschland.<br />

Zwei weitere entstehen an den Universitäten<br />

Tübingen und Münster. Bereits seit 2004<br />

werden in Münster und Osnabrück Lehrer<br />

in islamischer Religionspädagogik ausgebildet.<br />

In Tübingen soll das neue Zentrum zum<br />

Wintersemester 2011/2012 starten. Bis zu 40<br />

Studierende pro Jahr können sich dann zu<br />

Imamen, Religionslehrern und Sozialarbeitern<br />

ausbilden. Die Hochschule will sich dabei an<br />

Lehrplänen renommierter islamischer Hochschulen<br />

orientieren. Auch Module an<strong>der</strong>er<br />

Studiengänge <strong>der</strong> Universität Tübingen sollen<br />

einbezogen werden. Dazu gehören die säkulare<br />

Islamwissenschaft, Religionspädagogik, Politikwissenschaft,<br />

Soziologie und Ethnologie.<br />

In Münster ist <strong>der</strong> Studienbeginn <strong>der</strong> Islamischen<br />

Theologie ebenfalls ab dem Wintersemester<br />

2011/2012 geplant. Schwerpunkte<br />

sollen neben Islamischer Geschichte und<br />

Religionspädagogik auch die Einführung in<br />

christliche und jüdische Theologie sowie die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit europäischer Kulturgeschichte<br />

sein. Auch die Ausbildung von<br />

Imamen ist dabei geplant. Alle drei Zentren<br />

sollen einen Beirat erhalten, in dem islamische<br />

Verbände und unabhängige Muslime<br />

über Lehrinhalte und Personal ein Mitspracherecht<br />

haben.<br />

Göttingen/Adelaide<br />

Kröten als Schutz für Kakaopflanzen<br />

Kakaopflanzen in Indonesien haben einen<br />

kleinen, aber aggressiven Feind: die gelbe<br />

Spinnerameise, die in den 1970er Jahren dort<br />

eingeschleppt wurde. Im Gegensatz zu einheimischen<br />

Arten ist sie Hauptüberträgerin<br />

<strong>der</strong> Kakao-Schwarzfäule, eine <strong>der</strong> wichtigsten<br />

Ursachen für Ernteausfälle bei <strong>der</strong> Kakao-Produktion.<br />

Zudem min<strong>der</strong>n die deutlich größeren<br />

und dominanten Insekten<br />

die natürliche Ameisenvielfalt.<br />

Forscher <strong>der</strong> Universität<br />

Göttingen und <strong>der</strong><br />

University of Adelaide, Australien,<br />

haben jetzt herausgefunden,<br />

dass eine Tropen-<br />

Krötenart Abhilfe schaffen<br />

kann. „Kommt die Sulawesi-<br />

Kröte zur Nahrungssuche<br />

auf die Kakaofel<strong>der</strong>, ernährt<br />

sie sich vor allem von <strong>der</strong><br />

Übertragen gefährliche<br />

Pilzkrankheit:<br />

gelbe Spinnerameisen<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

gelben Spinnerameise“ erklärt Professor Teja<br />

Tscharntke von <strong>der</strong> Agrarwissenschaftlichen<br />

Fakultät <strong>der</strong> Uni Göttingen.<br />

Die Kröte ist somit eine natürliche und effektive<br />

Alternative zu den Pestiziden, die<br />

auch harmlose Ameisenarten töten. Allerdings<br />

brauchen die Kröten einen beson<strong>der</strong>en<br />

Schutz, so die Forscher: Neben den Kakaoflächen<br />

zur Nahrungsaufnahme sind das Naturwaldreste<br />

als Rückzugsgebiet und Reisfel<strong>der</strong><br />

zur Ei-Ablage. Teja Tscharntke hofft: „Ein enges<br />

Nebeneinan<strong>der</strong> dieser drei Lebensräume<br />

sollte die Krötenpopulation erhöhen.“ Welche<br />

genauen Folgen das für den Kakaoertrag hat,<br />

wollen die Wissenschaftler in den kommenden<br />

Jahren weiter erforschen.<br />

Berlin<br />

Nah am Patienten<br />

Die Berliner Charité hat ihre Medizinerausbildung<br />

reformiert. Das Studium ist ab sofort<br />

beson<strong>der</strong>s patientennah und praxisorientiert.<br />

Soziale und kommunikative Kompetenzen stehen<br />

vom ersten bis letzten Semester auf dem<br />

Lehrplan. So lernen die Studierenden von Anfang<br />

an Krankheiten im Kontakt mit Patienten<br />

kennen o<strong>der</strong> trainieren verschiedene Techniken<br />

ärztlicher Gesprächsführung. Auch auf<br />

Wissenschaftlichkeit wird nach wie vor viel<br />

Wert gelegt. Daher beginnt <strong>der</strong> Einstieg in die<br />

Forschung bereits im zweiten Semester. Über<br />

ihr neu gegründetes „Fachzentrum für medizinische<br />

Hochschullehre und evidenzbasierte<br />

Ausbildungsforschung“ wird die Charité den<br />

neuen Modellstudiengang wissenschaftlich<br />

begleiten und ständig verbessern. Das Zentrum<br />

ist benannt nach dem ehemaligen Dekan,<br />

Professor Dieter Scheffler. Der Mediziner<br />

ist geistiger Vater <strong>der</strong> Studienreform. Immer<br />

wie<strong>der</strong> kritisierte er die Theorielastigkeit des<br />

Medizinstudiums.<br />

© Thomas C. Wanger<br />

In kürze<br />

hochSchulE 15<br />

Das kleine ovale Gebäude mit <strong>der</strong> Holzverkleidung<br />

fällt auf. Gleich neben den Studentenwohnheimen,<br />

im Herzen des Campus<br />

Westend <strong>der</strong> Goethe-Universität in Frankfurt<br />

Main, steht das „Haus <strong>der</strong> Stille“. In diesem<br />

Interreligiösen Begegnungszentrum können<br />

Studierende und Lehrkräfte aller Religionen<br />

meditieren, innehalten, abschalten und sich<br />

zurückziehen. Es ist ein leiser Beitrag zur Integration<br />

von Menschen aus 130 Nationen, die<br />

den Campus täglich mit Leben füllen.<br />

Nur zwölf Prozent aller Führungspositionen<br />

in <strong>der</strong> deutschen Forschung sind mit Frauen<br />

besetzt. Das neue Internetportal „Academia<br />

Net“, initiiert von <strong>der</strong> Robert Bosch Stiftung<br />

und „Spektrum <strong>der</strong> Wissenschaft“, soll das<br />

än<strong>der</strong>n. In dem Portal präsentieren sich die<br />

Forscherinnen mit ihren Qualifikationen –<br />

Forschungseinrichtungen können gezielt<br />

nach weiblichen Führungskräften suchen.<br />

Bisher sind rund 500 Profile exzellenter Wissenschaftlerinnen<br />

aller Disziplinen bei Academia<br />

Net verzeichnet. Wer in das hochkarätige<br />

Netzwerk aufgenommen wird, entscheidet ein<br />

wissenschaftlicher Ausschuss. www.academia-net.de<br />

Platznot macht erfin<strong>der</strong>isch. Das beweist die<br />

Universität Kassel, die mit <strong>der</strong>zeit 20 616 Studierenden,<br />

<strong>der</strong> höchsten Zahl ihrer Geschichte,<br />

aus allen Nähten platzt. Die Hochschule<br />

veranstaltet daher kurzerhand zusätzliche<br />

Vorlesungen in zwei Kasseler Kirchen und hat<br />

unter an<strong>der</strong>em den Hörsaal des Klinikums<br />

und Klassenräume an Schulen angemietet.<br />

Außerdem startete die Universität einen<br />

„Rundumbetrieb“ von Montag acht Uhr morgens<br />

bis Freitag 21 Uhr mit einem erweiterten<br />

Angebot an Lehrveranstaltungen.<br />

Das Zentrum für Entwicklungsforschung<br />

(ZEF) <strong>der</strong> Universität Bonn wird neuer Campus<br />

des „Alternativen Nobelpreises“ (Right<br />

Livelihood Award). Weltweit gibt es noch drei<br />

weitere Standorte in Malaysia, Schweden und<br />

Äthiopien. Alle vier Universitäten wollen gemeinsam<br />

die Arbeit <strong>der</strong> Preisträger international<br />

stärken. Zudem soll <strong>der</strong> Austausch zwischen<br />

den Inhabern des Preises und jungen<br />

Wissenschaftlern auf praktische Weise durch<br />

Sommerschulen o<strong>der</strong> Forschungsaufenthalte<br />

im Ausland geför<strong>der</strong>t werden. Der „Alternative<br />

Nobelpreis“ wird seit 1980 jedes Jahr<br />

für herausragendes Engagement im Bereich<br />

Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsarbeit<br />

verliehen. Der neue Campus in Bonn wird vom<br />

<strong>DAAD</strong> geför<strong>der</strong>t. Sabine Wygas


16<br />

© Dawin Meckel/OSTKREUZ<br />

hochSchulE<br />

Studieren geht durch den magen<br />

Mensaköche versorgen ein anspruchsvolles Publikum<br />

Die Mensen an deutschen Hochschulen arbeiten<br />

für Millionen von Kunden: 85 Prozent<br />

aller Studierenden gehen mindestens<br />

einmal wöchentlich in die Mensa. Und wer<br />

heute dort isst, will nicht nur zum günstigen<br />

Preis seinen hungrigen Magen füllen –<br />

Frische, Qualität und guter Service werden<br />

den Studierenden immer wichtiger.<br />

Unsere Gäste sind in den letzten Jahren<br />

anspruchsvoller geworden, aber nicht<br />

unbedingt gesundheitsbewusster“, schmunzelt<br />

Franz-Josef Wehmöller, stellvertreten<strong>der</strong><br />

Küchenleiter <strong>der</strong> Mensa am Aasee in Münster.<br />

Das interne Ranking beweist es: Hähnchenschnitzel<br />

mit Pommes frites ist nach wie vor<br />

das beliebteste Gericht. Doch Auswahl und<br />

Service machen den Unterschied: So gibt es<br />

in <strong>der</strong> Münsteraner Mensa auch eine große<br />

Salatbar, für die Franz-Josef Wehmöller am<br />

Morgen noch selbst Antipasti einlegt. Und Studierende,<br />

die eine Diät einhalten müssen, versorgt<br />

die Mensa auf Wunsch mit einem speziellen<br />

Menü. „Obwohl das Essen natürlich ganz<br />

an<strong>der</strong>s als zu Hause schmeckt, finde ich es sehr<br />

lecker“, sagt <strong>DAAD</strong>-Alumna Yijing Wang aus<br />

China. Die Studentin <strong>der</strong> Betriebswirtschaftslehre<br />

isst auch bei ihrem zweiten Studienaufenthalt<br />

in Münster regelmäßig in <strong>der</strong> Mensa.<br />

Heute steht regionale Küche auf dem Speiseplan:<br />

Den westfälischen Pfefferpotthast, ein<br />

scharfes Schweinegulasch, gibt es für 1,95<br />

Euro – drei Beilagen inklusive. Das Fleisch<br />

für das Traditionsgericht bestellt Franz-Josef<br />

Wehmöller bei Großlieferanten aus <strong>der</strong> Gegend.<br />

„Wir versuchen, auf Nachhaltigkeit zu<br />

achten“, sagt <strong>der</strong> Fachmann, <strong>der</strong> schon seit<br />

14 Jahren in Münster am Kochtopf steht. In<br />

<strong>der</strong> Mensa am Aasee kommt zum Beispiel nur<br />

Reis aus biologischem Anbau auf den Teller.<br />

Persönliche Note<br />

Dass sich ein individuelles Mensa-Konzept<br />

auszahlt, beweist in Heidelberg die Zeughaus-<br />

Mensa im Marstall. Die Einrichtung des Studentenwerks<br />

Heidelberg hat 2010 den Preis<br />

für die beste Mensa im Wettbewerb <strong>der</strong> Studierendenzeitschrift<br />

UNICUM gewonnen. Im<br />

Dreimal gut:<br />

Geschmack, Service, Auswahl<br />

Ranking überzeugte die Zeughaus-Mensa in<br />

den Kategorien Geschmack, Service und Auswahl.<br />

Das 24-köpfige Team um Küchenchef<br />

Dieter Maluschke bekocht seine Gäste mit<br />

einem ständig wechselnden Angebot – einen<br />

festen Speiseplan, <strong>der</strong> sich nach einigen Wochen<br />

wie<strong>der</strong>holt, gibt es nicht. Wichtigster Anhaltspunkt<br />

für das Angebot ist das Feedback<br />

<strong>der</strong> Studierenden. „Wir haben eine Lob-und-<br />

Tadel-Funktion auf <strong>der</strong> Homepage des Studentenwerks“,<br />

erklärt Achim Track, Gastronomie-<br />

Chef des Studentenwerks Heidelberg. „Dort<br />

bekommen wir täglich Rückmeldungen von<br />

unseren Kunden.“<br />

Die persönliche Note versteht sich nicht von<br />

selbst: In <strong>der</strong> Münsteraner Mensa am Aasee<br />

gehen täglich knapp 5000 Essen über die Theke,<br />

bei den Heidelberger Kollegen sind es fast<br />

halb so viele. Nach Umfragen des Deutschen<br />

Studentenwerks (siehe Kasten) sind niedrige<br />

Preise für die Studierenden an deutschen<br />

Hochschulen das zweitwichtigste Kriterium<br />

für den Mensabesuch, gleich nach <strong>der</strong> Nähe<br />

<strong>der</strong> Mensa zum Hörsaal, Seminarraum o<strong>der</strong><br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


© Rolf Schultes<br />

Rundum versorgt durch das Studentenwerk<br />

Sie wollen nicht nur satt, son<strong>der</strong>n auch zufrieden machen: 58 Studentenwerke<br />

sorgen an den deutschen Hochschulstandorten dafür, dass<br />

die Rahmenbedingungen für das Studium stimmen. Sie betreiben neben<br />

790 Mensen und Cafeterien unter an<strong>der</strong>em 1000 Studentenwohnheime<br />

und 205 Kin<strong>der</strong>tagesstätten und sind Ansprechpartner für Fragen<br />

zur Studienfinanzierung. Viele Studentenwerke bieten kostenlose<br />

Beratung in allen Lebenslagen – bei Rechtsstreitigkeiten, finanziellen<br />

Engpässen o<strong>der</strong> psychischer Belastung. Die Studentenwerke erhalten<br />

ihre Mittel zum Teil aus den Sozialbeiträgen, die die Studierenden pro<br />

Semester entrichten, sowie aus den Töpfen <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong>; 2009<br />

erwirtschafteten sie aber zwei Drittel ihrer Gesamteinnahmen selbst.<br />

Obwohl alle Studentenwerke im Dachverband Deutsches Studentenwerk<br />

zusammengeschlossen sind, hat je<strong>der</strong> Hochschulstandort sozial<br />

und kulturell sein eigenes Gesicht.<br />

Labor. Doch während die Ansprüche <strong>der</strong> Gäste<br />

an Qualität und Atmosphäre steigen, ist die<br />

Bezuschussung <strong>der</strong> Mensen durch die Bundeslän<strong>der</strong><br />

seit 1992 von durchschnittlich 24<br />

Prozent auf elf Prozent gesunken. Die Folge<br />

an vielen Standorten: Die Preise steigen. Der<br />

Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Qualität<br />

ist für viele Mensen nicht einfach. „Wir<br />

hatten zum Beispiel kurzzeitig ein komplettes<br />

Bio-Gericht im Angebot“, sagt Franz-Josef<br />

Wehmöller. „Das hat sich aber nicht rentiert.“<br />

Meine Mensa<br />

Bei schmackhaftem Essen hört eine gute Mensa<br />

nicht auf – dort fängt sie an. Mit mehreren<br />

Räumen auf verschiedenen Etagen, hellem<br />

Holz und viel Licht punktet die Mensa am<br />

Aasee beim UNICUM-Ranking regelmäßig<br />

durch ihre angenehme Atmosphäre. „In keiner<br />

an<strong>der</strong>en Münsteraner Mensa sitzen die<br />

Gäste durchschnittlich so lange wie hier“, sagt<br />

Franz-Josef Wehmöller.<br />

An <strong>der</strong> Heidelberger Zeughaus-Mensa schätzen<br />

die Studierenden vor allem, dass fast<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

rund um die Uhr für ihr Wohl<br />

gesorgt ist. Bis ein Uhr nachts<br />

ist die Mensa geöffnet, bis 22<br />

Uhr steht warmes Essen bereit.<br />

Im Sommer werfen Dieter<br />

Maluschke und seine Kollegen<br />

den Grill auf <strong>der</strong> Terrasse an.<br />

hochSchulE 17<br />

Viele Angebote für internationale Studierende<br />

Für ausländische Studierende sollte das lokale Studentenwerk einer<br />

<strong>der</strong> ersten Ansprechpartner sein, denn dort gibt es bereits vor <strong>der</strong><br />

Ankunft in Deutschland umfangreiche Unterstützung. Zum Beispiel<br />

durch das Servicepaket: Darin ist immer ein Zimmer im Wohnheim<br />

enthalten, die an<strong>der</strong>en Leistungen variieren je nach Standort. So können<br />

beispielsweise Verpflegung, ein Semesterticket für öffentliche<br />

Verkehrsmittel, Exkursionen und die Vermittlung von Versicherungen<br />

inbegriffen sein. Die Kosten für ein Servicepaket liegen zwischen 158<br />

und 358 Euro pro Monat; es wird meist für ein o<strong>der</strong> zwei Semester zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

Mit Kontakt- und Patenprogrammen helfen außerdem viele Studentenwerke<br />

bei <strong>der</strong> Integration im Gastland. Wohnheime haben oft spezielle<br />

Tutoren, die unter an<strong>der</strong>em Begrüßungsveranstaltungen für<br />

internatio nale Studierende organisieren.<br />

Weitere Informationen unter: www.internationale-studierende.de<br />

www.studentenwerke.de<br />

© Robert Kneschke/Zoonar.com<br />

Zum Ausklang des Uni-Tages werden im angeschlossenen<br />

Marstall-Café aktuelle Filme<br />

gezeigt – immer in <strong>der</strong> Originalversion mit<br />

deutschen Untertiteln, damit internationale<br />

Gäste besser folgen können. Darüber hinaus<br />

gibt es oft internationale Abende, an denen<br />

ausländische Studierende ihr Heimatland präsentieren.<br />

Achim Track ist sicher: Die Zeughaus-Mensa<br />

im Marstall funktioniert als Gesamtpaket:<br />

„Das größte Lob ist für mich, wenn<br />

die Studierenden von ‚meinem Zeughaus‘<br />

sprechen und damit die Mensa, das Café und<br />

den begrünten Innenhof meinen.“ Julia Walter<br />

Sustaining Students’ Stomachs<br />

Abstract: The 58 Studentenwerke — student services<br />

organizations — in Germany’s university<br />

towns keep students supplied with the basic<br />

necessities. They operate 1000 residence halls<br />

and 205 nurseries, and provide information on<br />

financial aid for students. Many of the Studentenwerke<br />

also offer free counselling in all kinds<br />

of situations, including legal disputes, financial<br />

difficulties and psychological stress. And they<br />

provide affordable hot meals and snacks: Studentenwerk<br />

cooks in 790 cafeterias feed millions<br />

of meals, and 85 percent of all students eat at<br />

a Studentenwerk cafeteria at least once a week.<br />

Today’s university cafeterias not only offer affordable<br />

meals for hungry students, but also address<br />

students’ growing interest in quality, fresh foods,<br />

and good service. “Our guests have become more<br />

demanding in recent years — but not necessarily<br />

more health-conscious,” says Franz-Josef<br />

Wehmöller, Sous-Chef of the Aasee cafeteria in<br />

Münster. Internal statistics back him up: fried<br />

chicken and chips remains the most popular dish.<br />

www.international-students.de


18<br />

© Maik Schuck/weimar GmbH<br />

ortStErmIn<br />

Drei Städte verstehen sich als Wachstumsmotor<br />

Thüringens und als wissenschaftliche<br />

Impulsgeber in <strong>der</strong> Mitte Deutschlands:<br />

Jena hat sich als herausragen<strong>der</strong><br />

Standort <strong>der</strong> Spitzenforschung etabliert,<br />

Weimars Bauhaus-Universität ist eine <strong>der</strong><br />

ersten Adressen für kreative Berufe und<br />

die Universität Erfurt profiliert sich mit ihrer<br />

geisteswissenschaftlichen Ausrichtung.<br />

Keine 50 Kilometer liegen sie auseinan<strong>der</strong>,<br />

die thüringische Landeshauptstadt Erfurt<br />

im Westen, die Technologiestadt Jena im Osten<br />

und die Kulturstadt Weimar dazwischen. Wer<br />

hier studiert o<strong>der</strong> forscht, findet touristische<br />

Höhepunkte eingebettet in eine alte deutsche<br />

Kulturlandschaft aufs Engste verbunden mit<br />

großen Namen: Die Dichter Johann Wolfgang<br />

von Goethe und Friedrich Schiller, <strong>der</strong> Komponist<br />

Franz Liszt und <strong>der</strong> Reformator Martin<br />

Luther lebten und arbeiteten in <strong>der</strong> Region. So<br />

empfing Luther an <strong>der</strong> Universität Erfurt 1505<br />

seine Magisterwürde, im Erfurter Augustinerkloster<br />

verbrachte er sechs Jahre als Mönch,<br />

im Dom wurde er zum Priester geweiht. All<br />

diese Orte sind heute Teil <strong>der</strong> denkmalgeschützten<br />

Erfurter Altstadt, einer <strong>der</strong> größten<br />

in Deutschland.<br />

Goethe und Schiller<br />

Der stärkste Besuchermagnet ist jedoch Weimar,<br />

wo Goethe und Schiller ihre Spuren hinterließen.<br />

Rund 3,5 Millionen Gäste kommen<br />

jedes Jahr, um die Bauhaus-Architektur sowie<br />

die Orte <strong>der</strong> Weimarer Klassik, inzwischen<br />

UNESCO-Weltkulturerbe, zu sehen: Goethes<br />

Gartenhaus im romantischen Park an <strong>der</strong> Ilm,<br />

seine Privatbibliothek in seinem Stadthaus,<br />

geordnet wie zu seinen Lebzeiten. Nur 150<br />

Meter weiter schrieb Friedrich Schiller in einem<br />

Dachzimmer an dem Drama „Wilhelm<br />

Tell“, Tintenfass und Fe<strong>der</strong> finden sich noch<br />

Dichterfürsten in Weimar: Johann Wolfgang<br />

von Goethe (links) und Friedrich Schiller<br />

Erfurt, Weimar, Jena<br />

dichter und denker<br />

auf dem Schreibtisch. Arm in Arm sind die<br />

Dichter auf dem Weimarer Theaterplatz in<br />

Bronze verewigt. Nur wenige Kilometer weiter<br />

steht ein erschütterndes Zeugnis <strong>der</strong> jüngeren<br />

deutschen Geschichte: Im Konzentrationslager<br />

Buchenwald wird <strong>der</strong> Wahnsinn des deutschen<br />

Nationalsozialismus greifbar.<br />

Erfurt, Weimar und Jena haben sich in den<br />

letzten Jahren zu einer einmaligen Wissenschaftslandschaft<br />

entwickelt: Mehr als 40.000<br />

junge Leute studieren an <strong>der</strong> Friedrich-Schiller-Universität<br />

Jena, <strong>der</strong> Universität Erfurt<br />

und <strong>der</strong> Bauhaus-Universität Weimar sowie<br />

an zwei Fachhochschulen und <strong>der</strong> Musikhochschule<br />

Franz Liszt in Weimar. Auf zwölf<br />

Einwohner kommt ein Studieren<strong>der</strong> – deutlich<br />

mehr als im Schnitt an an<strong>der</strong>en Uni-Orten.<br />

In <strong>der</strong> alten Kunstschule Weimars, wo Walter<br />

Gropius 1919 das Staatliche Bauhaus gründete,<br />

befindet sich heute die Fakultät für Architektur<br />

<strong>der</strong> Bauhaus-Universität. Die Architektenausbildung<br />

steht in dem Ruf, eine <strong>der</strong> besten<br />

und innovativsten in Deutschland zu sein.<br />

Darüber hinaus hat sich die Universität ein<br />

einmaliges Profil mit ingenieurwissenschaftlichen<br />

und kreativen Fächern geschaffen, das<br />

viele Studierende aus dem In- und Ausland<br />

nach Weimar zieht.<br />

Die Universität Erfurt konzentriert sich auf<br />

geisteswissenschaftliche Forschung und Ausbildung.<br />

Erfurt ist einer <strong>der</strong> ältesten Universitätsstandorte<br />

Deutschlands, die erste Universität<br />

wurde 1392 gegründet und 1816 geschlossen.<br />

Die Neugründung 1994 nutzte man, um<br />

die Kräfte zu bündeln: Für die Schwerpunkte<br />

Erziehungswissenschaften und Religion ist<br />

die Universität weit über die thüringischen<br />

Landesgrenzen hinaus bekannt, die Interdisziplinarität<br />

<strong>der</strong> Religionsforschung ist<br />

deutschlandweit einmalig – an <strong>der</strong> vom thüringischen<br />

Exzellenz-Programm geför<strong>der</strong>ten<br />

Graduiertenschule „Religion in Mo<strong>der</strong>nisierungsprozessen“<br />

promovieren Studierende<br />

aller Fakultäten.<br />

Wie stark die Region auf Wissenschaft setzt,<br />

wird eindrucksvoll in Jena sichtbar. Seit <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>vereinigung und dem Ende <strong>der</strong> DDR-<br />

Industrie entwickelt sich die Stadt zu einem<br />

Zentrum <strong>der</strong> Spitzenforschung. Über 3000<br />

Wissenschaftler sind auf dem Beutenberg-<br />

Campus tätig, einem Musterbeispiel für die<br />

Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft,<br />

© dpa<br />

vor allem in <strong>der</strong> Biologie, Chemie und Physik.<br />

Zehn hochkarätige Forschungsinstitute haben<br />

sich hier angesiedelt, darunter zwei Max-<br />

Planck-Institute, ein Fraunhofer-Institut und<br />

zwei Leibniz-Institute. In zwei Grün<strong>der</strong>zentren<br />

sind mehr als 50 Firmen entstanden.<br />

Optik und Photonik<br />

Der Beutenberg-Campus wird gerne als<br />

Herzstück des „Optical Valley“ an <strong>der</strong> Saale<br />

bezeichnet, weil sich gleich mehrere Forschungsinstitute<br />

mit Optik und Photonik beschäftigen,<br />

etwa das Fraunhofer-Institut für<br />

angewandte Optik und Feinmechanik o<strong>der</strong><br />

das Institut für Photonische Technologien.<br />

Jena ist als Traditionsstandort für die optische<br />

Industrie bekannt. Im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t gründete<br />

Carl Zeiss hier eine Firma von Weltruf.<br />

Heute sind die Konzerne Zeiss, Jenoptik und<br />

Schott wichtige Arbeitgeber sowie rund 100<br />

weitere Unternehmen <strong>der</strong> optischen Industrie.<br />

Knapp ein Viertel <strong>der</strong> Unternehmen gab 2009<br />

in einer Umfrage an, mit ihrem Hauptprodukt<br />

Technologieführer zu sein. Das liegt auch an<br />

<strong>der</strong> engen Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Wissenschaft,<br />

die bereits Carl Zeiss betrieb. Sogar<br />

Jenas touristische Seite ist von <strong>der</strong> Industrietradition<br />

geprägt: Das Optische Museum zeigt<br />

Instrumente vom Mittelalter bis heute, und<br />

das 1926 eröffnete Zeiss-Planetarium ist das<br />

älteste betriebene Planetarium <strong>der</strong> Welt.<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


Auch die Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

(FSU) hat einen von fünf Forschungsschwerpunkten<br />

auf Optik und Photonik gelegt. 2008<br />

wurde an <strong>der</strong> FSU die „Abbe School of Photonics“<br />

gegründet, um die Graduiertenausbildung<br />

weiter zu professionalisieren und zu<br />

internationalisieren. Mit <strong>der</strong> Abbe School will<br />

sich die Universität zum „führenden Optik-<br />

Zentrum in Europa entwickeln“, sagt Koordinator<br />

Falk Le<strong>der</strong>er. Die Masterausbildung wird<br />

auch auf Englisch angeboten. Ausländische<br />

Studierende können sich auf attraktive Stipendien<br />

bewerben – im ersten Jahrgang waren 26<br />

Nationen vertreten.<br />

In <strong>der</strong> neuen Runde <strong>der</strong> bundesweiten Exzellenzinitiative,<br />

eines von <strong>der</strong> Regierung und<br />

den Bundeslän<strong>der</strong>n getragenen Wettbewerbs<br />

<strong>der</strong> Hochschulen, bewirbt sich die FSU Jena<br />

um den Titel Elite-Universität. An <strong>der</strong> Universität<br />

Erfurt hofft man in demselben Wettbewerb<br />

mit einer Graduiertenschule zum Thema<br />

„Religion and the Individual“ überzeugen<br />

zu können, um den Religionsschwerpunkt<br />

auszubauen und international sichtbarer zu<br />

machen.<br />

Für ausländische Studierende wird die Region<br />

immer interessanter. Ihre Zahl an thüringischen<br />

Hochschulen hat sich in <strong>der</strong> letzten<br />

Dekade mit 3749 jungen Menschen aus 127<br />

Län<strong>der</strong>n mehr als verdoppelt. Das thüringische<br />

Bildungsministerium will diesen Trend<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

Staunen und lernen: Das Optische Museum<br />

in Jena präsentiert Miniatur-Himmelskuppel<br />

und zeigt optische Instrumente aus fünf<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />

för<strong>der</strong>n. Thomas Deufel, Staatssekretär für<br />

Bildung, Wissenschaft und Kultur, betont, wie<br />

wichtig die ausländischen Master-Studierenden,<br />

Doktoranden und Forscher für das Wissenschaftsland<br />

Thüringen seien. Die landeseigenen<br />

Hochschulen lobt er als „Motor und<br />

Impulsgeber <strong>der</strong> Internationalisierung“.<br />

Mirco Lomoth<br />

Adressen online<br />

Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

www.uni-jena.de<br />

Universität Erfurt<br />

www.uni-erfurt.de<br />

Bauhaus-Universität Weimar<br />

www.uni-weimar.de<br />

Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar<br />

www.hfm-weimar.de<br />

Beutenberg-Campus<br />

www.beutenberg.de<br />

Fraunhofer-Institut für angewandte<br />

Optik und Feinmechanik<br />

www.iof.fraunhofer.de<br />

Abbe School of Photonics<br />

www.asp.uni-jena.de<br />

Institut für Photonische Technologien<br />

www.ipht-jena.de<br />

Jena School of Microbial Communication<br />

www.jsmc.uni-jena.de<br />

Klassik Stiftung Weimar<br />

www.klassik-stiftung.de<br />

Optisches Museum<br />

www.optischesmuseum.de<br />

2011 ist Liszt-Jahr in Thüringen:<br />

www.liszt-2011.de<br />

Ein Gefühl von zu Hause<br />

ortStErmIn<br />

Steinernes Wahrzeichen aus dem<br />

14. Jahrhun<strong>der</strong>t: Krämerbrücke in Erfurt<br />

In Erfurt werden Bürgerinnen und Bürger<br />

Paten von ausländischen Studierenden. Für<br />

diese Initiative zeichnete das Auswärtige<br />

Amt die Universität, die Fachhochschule<br />

und die Stadt Erfurt 2010 mit dem „Preis<br />

für exzellente Betreuung ausländischer Studieren<strong>der</strong><br />

an deutschen Hochschulen“ aus.<br />

Die Paten vermitteln Alltag und Kultur in<br />

Deutschland, ob bei Ausflügen, Museumsbesuchen<br />

o<strong>der</strong> Konzerten, beim gemeinsamen<br />

Essen o<strong>der</strong> Kochen. 2002 startete die<br />

Initiative, inzwischen sind über 900 Verbindungen<br />

entstanden. Die gute Idee geht auf:<br />

Aus Fremden werden Freunde.<br />

land of poets and philosophers<br />

Abstact: The state capital Erfurt in the Western<br />

part of Thuringia is less than fifty kilometres<br />

from the tech town of Jena in the East. Weimar,<br />

the centre of German Classicism, lies between<br />

them. Students and scientists who come here<br />

discover a landscape of German cultural history<br />

studded with points of interest. These three cities<br />

are consi<strong>der</strong>ed the driving force of Thuringia’s<br />

economic growth, and as stimulating scientific<br />

centres in the heart of Germany. Jena has<br />

become established as an outstanding centre<br />

of cutting-edge research. The Beutenberg Campus,<br />

where 3000 scientists in several research<br />

institutes explore new directions in optics and<br />

photonics, is the centrepiece of Jena’s “Optical<br />

Valley.” Weimar’s Bauhaus University is among<br />

the top addresses for creative professions,<br />

while the University of Erfurt claims distinction<br />

through its emphasis on the humanities.<br />

© TerraVista/LOOK-foto<br />

19


20 WISSEnSchaft<br />

Siegeszug<br />

des lichts<br />

Laserforschung in Deutschland<br />

Vor 50 Jahren leuchtete zum ersten Mal<br />

ein Laser in einem US-Laboratorium.<br />

Seither hat diese Form des Lichts einen<br />

unvergleichlichen Siegeszug erlebt: Laser<br />

schweißen Autos zusammen, verbessern<br />

die Sehschärfe und tasten CDs ebenso wie<br />

den Himmel ab. Doch das scheint erst <strong>der</strong><br />

Anfang zu sein.<br />

In <strong>der</strong> Nacht vom 13. auf den 14. April 2010<br />

maßen Seismologen ein Erdbeben <strong>der</strong> Stärke<br />

2,5 am südisländischen Gletscher Eyjafjallajökull.<br />

Am folgenden Morgen brach in dem Vulkan<br />

unter dem Gletscher eine zwei Kilometer<br />

lange Spalte auf. Dunkle Aschewolken stiegen<br />

mehrere Tausend Meter hoch und bewegten<br />

sich nach Osten auf das europäische Festland<br />

zu. Dort legten sie in den folgenden Wochen<br />

mehrmals den kompletten Flugverkehr lahm.<br />

Für die Wissenschaft war <strong>der</strong> Vulkanausbruch<br />

eine einmalige Chance: EARLINET, das<br />

europäische LIDAR-Netzwerk, konnte die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Wolke an 22 permanenten und<br />

drei temporären Stationen in zwölf Län<strong>der</strong>n<br />

detailliert verfolgen. LIDAR steht für „Light<br />

detection and ranging“ und ist eine Methode<br />

zur optischen Fernmessung atmosphärischer<br />

Parameter. Statt Funkwellen wie bei einem<br />

Radar verwenden die Forscher Laserstrahlen,<br />

um die Konzentration von Aerosolpartikeln –<br />

Schwebeteilchen wie Asche, Staub o<strong>der</strong> Pollen<br />

– in <strong>der</strong> Troposphäre zu messen.<br />

Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung<br />

(IfT) in Leipzig ist so ein LIDAR-Standort.<br />

Die dortigen Wissenschaftler richteten<br />

ihre Laser auf den Himmel über ihrer Stadt<br />

und machten eine Woche lang Aschepartikel<br />

in einer Höhe von bis zu zehn Kilometern aus.<br />

„Da wir über die weltbesten Fernerkundungsgeräte<br />

verfügen, haben wir einen exzellenten<br />

Überblick über das Verhalten <strong>der</strong> Aschewolke<br />

erhalten“, sagt Albert Ansmann, Leiter <strong>der</strong> IfT-<br />

Gruppe „Optische Fernmessungen“.<br />

Die IfT-Forscher wollten auch herausfinden,<br />

ob Vulkanpartikel die Wolkenbildung beeinflussen.<br />

Mit ihrem LIDAR-System schickten<br />

sie Laserpulse in die Troposphäre und maßen<br />

ihre Rückstrahlung. Eine Software analysierte<br />

das Farbspektrum und weitere Streueigenschaften.<br />

Die Instrumente erfassten nach dem<br />

Vulkanausbruch eine für den Frühling völlig<br />

untypische Wolkenentwicklung: Eisbildung<br />

setzte schon bei -8 bis -13°C ein, und nicht<br />

erst bei unter -20°C. Damit sei bewiesen, dass<br />

Vulkanasche Auswirkung auf die Atmosphäre<br />

habe, so Ansmann.<br />

Ausgezeichnete Präzision<br />

Solche Messungen wären ohne Laser in dieser<br />

Präzision nicht möglich. Laserstrahlen<br />

haben in den vergangenen Jahrzehnten die<br />

Forschung revolutioniert – und Deutschland<br />

gehörte schon immer zu den Vorreitern. 2005<br />

ging <strong>der</strong> Physiknobelpreis an den deutschen<br />

Laserforscher Theodor W. Hänsch, Direktor<br />

des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik in<br />

Garching bei München. Der <strong>DAAD</strong>-Alumnus,<br />

<strong>der</strong> seit den 1960er Jahren zur Laserspektroskopie<br />

forscht, teilte sich den Preis mit zwei<br />

amerikanischen Kollegen. Gemeinsam entwickelten<br />

sie eine Technik, mit <strong>der</strong> sich Frequenzen<br />

von Licht mit bisher unerreichter Genauigkeit<br />

messen lassen. Je nach Farbe schwingt<br />

Licht mehrere Milliarden Mal pro Sekunde -<br />

viel zu schnell, um dies mit herkömmlichen<br />

Methoden zu zählen. Selbst Atomuhren arbeiten<br />

mit nur zehn Milliarden Schwingungen<br />

pro Sekunde. Hänschs Technik ist eine Art<br />

optisches Getriebe, das die zu messende Frequenz<br />

in eine niedrigere übersetzt. Die kann<br />

dann gemessen werden, und Physiker leiten<br />

daraus die ursprüngliche Frequenz ab.<br />

Mit <strong>der</strong> Frequenzkammtechnik kann man<br />

hochpräzise „Stoppuhren“ entwickeln. Damit<br />

lässt sich beispielsweise prüfen, ob sich<br />

Naturkonstanten mit <strong>der</strong> Zeit än<strong>der</strong>n können.<br />

Die Frequenztechnik erleichtert sogar<br />

die Suche nach Planeten außerhalb unseres<br />

Sonnensystems. Astronomen entdecken sie<br />

meist indirekt durch Schwankungen, die ihre<br />

Gravitation bei ihrem Zentralstern verursacht.<br />

Präzisere Instrumente auf <strong>der</strong> Grundlage von<br />

Lasertechnik können solche Schwankungen<br />

besser erfassen.<br />

Hänsch und seine Kollegen haben eine Technologie<br />

weiterentwickelt, <strong>der</strong>en Grundlagen<br />

auf einen an<strong>der</strong>en deutschen Physiker zurückgehen:<br />

Albert Einstein. Der weltberühmte Wissenschaftler<br />

vermutete früh, dass Licht aus<br />

einzelnen „Energiepaketen“ besteht – heute<br />

nennt man sie Photonen. Einstein hatte eine<br />

Theorie: Beschießt man Atome mit solchen<br />

Lichtteilchen, werden die Atome „angeregt“.<br />

Beschießt man sie in diesem Zustand erneut,<br />

gibt das Atom zwei Photonen in gleicher Richtung<br />

ab. Auf diese Weise lässt sich Licht verstärken.<br />

Damit hatte <strong>der</strong> Physiker das Grundprinzip<br />

eines Lasers entdeckt: die sogenannte<br />

stimulierte Emission.<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


1960 gelang es dem US-Physiker Theodore<br />

Maiman, Einsteins Theorie erstmals umzusetzen.<br />

Er nutzte das Mineral Rubin in Kombination<br />

mit einer Blitzlampe. Mit Hilfe von Spiegeln<br />

lenkte Maimann den Lichtstrahl immer<br />

wie<strong>der</strong> durch den Rubinkristall. Damit regte<br />

er immer mehr Atome an, die helle rote Lichtteilchen<br />

aussendeten. Die Lichtteilchen animierten<br />

an<strong>der</strong>e Atome, weitere Lichtteilchen<br />

auszusenden. Das Ergebnis war ein intensiver,<br />

bisher nie gesehener Lichtstrahl. Der Name<br />

dieser Technik: „Light Amplification by Stimulated<br />

Emission of Radiation“, o<strong>der</strong> kurz: Laser.<br />

Laserlicht im Auto<br />

Bis heute arbeiten deutsche Wissenschaftler<br />

intensiv an <strong>der</strong> Verfeinerung <strong>der</strong> Lasertechnik.<br />

Ihren Innovationen ist es zu verdanken, dass<br />

die deutsche Laserindustrie einen Anteil von<br />

30 Prozent am Weltmarkt hat. In Deutschland<br />

gilt <strong>der</strong> Laser als eine Schlüsseltechnologie,<br />

die die Bundesregierung beson<strong>der</strong>s för<strong>der</strong>t.<br />

Größter Anwen<strong>der</strong> ist die Automobilindustrie,<br />

gefolgt von <strong>der</strong> Medizin. Um auf dem Weltmarkt<br />

auch künftig zu bestehen, müssen Laser<br />

noch schneller, kräftiger und präziser sein.<br />

An <strong>der</strong> Universität Hamburg ist man deshalb<br />

auf Rekordjagd. Professor Günter Huber,<br />

Leiter <strong>der</strong> Gruppe „Festkörperlaser“ am Institut<br />

für Laserphysik, entwickelt <strong>der</strong>zeit Laser,<br />

die auf Kristallen des chemischen Elements<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

© Thorsten Naeser/MPQ<br />

Leistungsstark: Lasertechnologie am<br />

Max-Planck-Institut für Quantenoptik<br />

Ytterbium basieren. Die bei 2500 Grad hergestellten<br />

Kristalle ermöglichen Leistungen und<br />

Effizienzen, die bisher nirgendwo erreicht<br />

wurden. „Unsere Ytterbium-Scheibenlaser<br />

halten den Weltrekord“, sagt Huber. „Mit ihnen<br />

lässt sich so gut wie alles wirkungsvoll<br />

bearbeiten.“<br />

Hubers Team arbeitet auch an <strong>der</strong> Verbesserung<br />

von sichtbaren Lasern: Hierzu werden an<br />

seinem Institut Laser auf <strong>der</strong> Grundlage des<br />

chemischen Elements Praseodym getestet. Bei<br />

Beamern können die neuen Laser ein breiteres<br />

Farbspektrum abbilden als bisherige Techniken<br />

wie LED o<strong>der</strong> LCD. Durch Frequenzverdopplung<br />

lassen sich damit ultraviolette Strahlen<br />

erzeugen. Der Vorteil: Diese Laser sind nur<br />

zehn bis 20 Zentimeter groß und ermöglichen<br />

viel kleinere UV-Geräte, als bisher auf dem<br />

Markt erhältlich.<br />

Die Lasertechnik, die in den Hamburger<br />

Laboren entwickelt wird, ist für Head-Up-Displays<br />

interessant – ein Anzeigesystem, das in<br />

die Windschutzscheibe von Autos Informationen<br />

projiziert. In Kampfflugzeugen existieren<br />

solche Systeme schon lange, die Automobilhersteller<br />

haben sie seit einigen Jahren für sich<br />

entdeckt. Autofahrer sehen dann die Fahrzeuggeschwindigkeit,<br />

Motordrehzahl o<strong>der</strong><br />

Abbiegehinweise des Navigationssystems direkt<br />

vor sich auf <strong>der</strong> Scheibe und müssen den<br />

Kopf nicht von <strong>der</strong> Fahrtrichtung abwenden.<br />

WISSEnSchaft<br />

Bisherige Head-Up-Displays nutzen LED-Licht.<br />

Würde künftig Laserlicht zum Einsatz kommen,<br />

wäre es <strong>der</strong> Technologienation Deutschland<br />

gelungen, zwei ihrer führenden Technologien<br />

zu verschmelzen: Deutschland, das<br />

Auto-Laser-Land. Boris Hänßler<br />

laser research in germany<br />

Abstract: When the cloud of ash from the<br />

Icelandic volcano passed over Europe in<br />

April, 2010, scientists at the Leibniz Institute<br />

for Tropospheric Research (IfT) in Leipzig<br />

studied it using state-of-the-art LIDAR instruments.<br />

Top-flight research in laser technology<br />

is performed at other institutions in Germany,<br />

too. In 2005, Theodor W. Hänsch shared the<br />

Nobel Prize in physics with two Americans.<br />

Hänsch is a pioneer in laser spectroscopy<br />

and Director of the Max Planck Institute for<br />

Quantum Optics in Garching near Munich.<br />

At the University of Hamburg’s Institute for<br />

Laser Physics, a new type of visible-light laser<br />

is currently being developed which is of particular<br />

interest to the automotive industry.<br />

21<br />

Wegweisend: Laserlicht<br />

auf <strong>der</strong> Windschutzscheibe<br />

© BMW AG


22 trEndS<br />

© dpa<br />

20 Jahre nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung sind<br />

die Konturen <strong>der</strong> beiden deutschen Staaten<br />

verblasst. Trotzdem sind Ost und West<br />

noch immer ein Thema. Im Jubiläumsjahr<br />

stellte sich den Deutschen vor allem die<br />

Frage nach <strong>der</strong> inneren Einigung.<br />

Die Wende habe ich als Befreiung erlebt“,<br />

erzählt Anett Quint. Die heute 40 Jahre<br />

alte Pädagogin aus Bad Muskau an <strong>der</strong><br />

Grenze zu Polen hat ihr halbes Leben in <strong>der</strong><br />

Deutschen Demokratischen Republik (DDR)<br />

und die an<strong>der</strong>e Hälfte in <strong>der</strong> vereinigten Bundesrepublik<br />

(BRD) verbracht. „Ich hatte ein<br />

DDR-typisches Leben, stand mit 19 Jahren<br />

kurz vor meiner Hochzeit und wäre mit einem<br />

sogenannten Ehekredit in einer zugewiesenen<br />

Wohnung gelandet.“ Das Hochzeitskleid war<br />

schon gekauft, als die Mauer fiel. Den Freund<br />

zog es sofort in den Westen. Anett Quint aber<br />

wollte an <strong>der</strong> Lausitzer Neiße bleiben. „Damit<br />

flogen alle Hochzeits- und Wohnungspläne<br />

auseinan<strong>der</strong>. Die Zeit stellte sich auf null, und<br />

ich fing neu an.“<br />

Biografien im westlichen Teil Deutschlands<br />

än<strong>der</strong>ten sich selten. Die Vereinigung <strong>der</strong><br />

ohne mauer<br />

Wie einig sind die Deutschen?<br />

Berliner Markgrafenstraße: Wo einst die Mauer stand, pulsiert heute das Leben<br />

beiden Staaten bedeutete in erster Linie die<br />

Umstellung für ehemalige DDR-Bürger und<br />

ein strukturelles Aufholen von Ost gegenüber<br />

West. Was zur Zeit <strong>der</strong> Wende noch augenfällig<br />

war – in den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n zerfielen<br />

die Häuser, die Straßen hatten Schlaglöcher,<br />

die Luft war durch die Verbrennung von<br />

Braunkohle belastet, viele Leute fuhren Autos<br />

<strong>der</strong> Marke Trabant –, ist 20 Jahre später<br />

nicht mehr erkennbar. Die einstigen Umrisse<br />

<strong>der</strong> DDR sind verblasst. Eine seit 25 Jahren<br />

regelmäßig erhobene Milieustudie, die in ganz<br />

Deutschland Lebensräume auch für das Konsumverhalten<br />

untersucht, hat die Ost-West-<br />

Einteilung aufgegeben. Aktuelle Bestandsaufnahmen<br />

stellen fest, dass die Wirtschaftskraft<br />

in den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n enorm zugelegt<br />

hat, auch wenn sie im Vergleich noch 30 Prozent<br />

unter <strong>der</strong> liegt, die in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

erreicht wird.<br />

„Die Konturen <strong>der</strong> DDR tauchen aber in<br />

Landkarten über Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> durchschnittliche<br />

Löhne wie<strong>der</strong> auf“, sagt Elmar<br />

Brähler. Der Leiter <strong>der</strong> Abteilung für Medizinische<br />

Psychologie und Medizinische Soziologie<br />

an <strong>der</strong> Universität Leipzig stellte gemeinsam<br />

mit <strong>der</strong> Berliner Politologin Irina Mohr eine<br />

Forschergruppe zusammen, die stärker nach<br />

<strong>der</strong> „inneren“ Vereinigung fragte. Gibt es noch<br />

Unterschiede in Gewohnheiten, in den Werten<br />

o<strong>der</strong> im Befinden?<br />

Händeschütteln versus Wangenkuss<br />

Unter dem Titel „Facetten einer geteilten Wirklichkeit“<br />

erschienen jüngst die Ergebnisse. So<br />

ist zum Beispiel das Händeschütteln zur Begrüßung<br />

im Osten weiter verbreitet als im Westen,<br />

wo sich die Menschen eher das Küssen auf die<br />

Wangen angewöhnt haben. Unterschiedliche<br />

Gewohnheiten lassen sich auch im Fernsehkonsum<br />

feststellen. Im Westen bevorzugt man<br />

an<strong>der</strong>e Kanäle als im Osten. Auf an<strong>der</strong>e Werte<br />

weist hin, dass im Osten mehr uneheliche Kin<strong>der</strong><br />

geboren werden. „Tiefliegend unterschiedlich<br />

ist die Bewertung <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Frauen“,<br />

sagt <strong>der</strong> medizinische Psychologe. Während<br />

sich arbeitende Frauen in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

oft dem Vorwurf <strong>der</strong> „Rabenmutter“<br />

ausgesetzt sehen, das heißt als Mütter gelten,<br />

die sich angeblich nicht ausreichend um ihre<br />

Kin<strong>der</strong> kümmern, ist das Bild <strong>der</strong> berufstätigen<br />

Frau in den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n für<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


Männer und Frauen selbstverständlich. Für<br />

Unruhe sorgt die Tatsache, dass die Menschen<br />

im Osten des Landes durchschnittlich immer<br />

noch weniger verdienen als westdeutsche Kolleginnen<br />

und Kollegen. „Das wird zunehmend<br />

als entwertend erlebt“, meint Elmar Brähler.<br />

Wenn die wirtschaftlichen Differenzen zu<br />

groß blieben und die Einkommensschere weiter<br />

auseinan<strong>der</strong>gehe, könne das langfristig<br />

die Unterscheidungen zwischen Ost und West<br />

zementieren.<br />

„Ostdeutsch“ als eine eigene Identität ist erst<br />

nach <strong>der</strong> Wende entstanden. Nur 24 Prozent<br />

<strong>der</strong> Menschen in den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

fühlen sich nach neuesten Umfragen als „richtige“<br />

Bundesbürger. „Die Sehnsucht nach verflossener<br />

Jugendzeit, nach einer Lebenszeit,<br />

in <strong>der</strong> man ganz an<strong>der</strong>e Erfahrungen gemacht<br />

hat, führt in eine Erinnerungsgemeinschaft“,<br />

sagt Brähler. Das gilt vor allem für Menschen,<br />

die heute 60 Jahre alt sind und älter. „Meine<br />

Mutter hatte nach <strong>der</strong> Wende das Gefühl, ihr<br />

ganzes Leben sei unter den falschen Vorzeichen<br />

gelaufen“, erzählt Anett Quint. Der Großvater<br />

habe bis zu seinem Tod damit zu tun<br />

gehabt, sein Leben in <strong>der</strong> DDR immer wie<strong>der</strong><br />

Im Osten noch üblich:<br />

Begrüßung mit Händedruck<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

© iStock<br />

© iStock<br />

zu hinterfragen und zu durchdenken. „Solche<br />

Erfahrungen werden weitergegeben und gehen<br />

auf die nächste Generation über“, betont<br />

<strong>der</strong> medizinische Psychologe Brähler. Das<br />

könnte erklären, warum sich auch unter den<br />

18- bis 24-jährigen Ostdeutschen, die bereits<br />

im vereinten Deutschland aufwuchsen, nur 40<br />

Prozent als Bundesbürger betrachten.<br />

Ein Land mit vielen Regionen<br />

„Ich habe in Polen gelernt zu sagen, dass ich<br />

Deutsche bin“, sagt Anett Quint und meinte<br />

damit das vereinte Deutschland. Seit Ende<br />

1990 engagiert sie sich für den deutsch-polnischen<br />

Jugendaustausch. Der Umweg über<br />

den unmittelbaren Nachbarn habe ihr Selbstvertrauen<br />

im Umgang mit <strong>der</strong> eigenen nationalen<br />

Herkunft geschenkt. Heute fühlt sie<br />

sich in erster Linie in ihrer Region zu Hause,<br />

<strong>der</strong> Oberlausitz. Diese Einstellung teilt sie<br />

mit 59 Prozent <strong>der</strong> Menschen in den neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n, die sich we<strong>der</strong> als „ost-“ noch<br />

als „gesamtdeutsch“ betrachten. „Aus polnischer<br />

Sicht nimmt man Deutschland ohnehin<br />

als Land mit vielen Regionen und Sprachen<br />

wahr“, erzählt die Pädagogin aus Gesprächen<br />

mit polnischen Kollegen. „Man betrachtet die<br />

Leute eher als Bayern o<strong>der</strong> Sachsen.“<br />

Auch aus nie<strong>der</strong>ländischer Perspektive ist<br />

die innere Vereinigung Deutschlands kein<br />

vorrangiges Thema. „Vor 20 Jahren war das<br />

noch an<strong>der</strong>s“, sagt Friso Wielenga, Direktor<br />

des Zentrums für Nie<strong>der</strong>lande-Studien<br />

an <strong>der</strong> Westfälischen Wilhelms-Universität<br />

Münster und <strong>DAAD</strong>-Alumnus. „Die Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong><br />

hatten viel Sympathie für den kleineren<br />

Staat und waren <strong>der</strong> Meinung, die große<br />

trEndS<br />

Ausgemustert: das DDR Auto „Trabant“<br />

alte Bundesrepublik habe die kleine DDR im<br />

Osten zu sehr geschluckt.“ Bei manchen rief<br />

die Wie<strong>der</strong>vereinigung Skepsis hervor, und in<br />

den frühen 1990er Jahren reagierten viele Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong><br />

empfindlich auf politische Entwicklungen<br />

in <strong>der</strong> nun größeren Bundesrepublik.<br />

Das legte sich Mitte <strong>der</strong> 1990er Jahre, meint<br />

Wielenga, als politisch dagegengesteuert und<br />

die Begegnung zwischen den Län<strong>der</strong>n intensiviert<br />

wurde. „Es hat eine starke Versachlichung<br />

stattgefunden, und die deutsch-nie<strong>der</strong>ländischen<br />

Beziehungen sind heute ganz<br />

unproblematisch.“<br />

Anett Quint wünscht sich noch mehr innerdeutsche<br />

Begegnung: „Es ist schade, wenn die<br />

Generationen wenig voneinan<strong>der</strong> wissen.“<br />

Noch immer gibt es Missverständnisse und<br />

Vorurteile zwischen „Wessis“ und „Ossis“, die<br />

sich gerne gegenseitig eine „Mauer im Kopf“<br />

vorwerfen. Es würde viel helfen, meint die<br />

Pädagogin, wenn man sich häufiger seine unterschiedlichen<br />

Lebensgeschichten erzählen<br />

würde. Denn seit sie selbst Kin<strong>der</strong> hat, fällt ihr<br />

doch auf, dass sie in einem ganz an<strong>der</strong>en Staat<br />

groß geworden und davon geprägt ist. Elektrisches<br />

Licht zu sparen hat sie ihnen von klein<br />

auf automatisch beigebracht. „In <strong>der</strong> DDR wurde<br />

uns wegen <strong>der</strong> Ressourcenknappheit eingetrichtert,<br />

das Licht zu löschen, wenn wir den<br />

Raum verlassen“, erklärt sie. Ihre Prägung<br />

ist heute ein Vorteil, wenn argumentiert wird:<br />

Energie sparen, um das Klima zu schonen. „In<br />

an<strong>der</strong>en Facetten ist diese Prägung so unterschiedlich,<br />

dass sie einfach Irritation auslöst.“<br />

Wer sich dann nicht darüber verständige, renne<br />

auseinan<strong>der</strong> und verschleppe einmal mehr<br />

die alten Geschichten. Bettina Mittelstraß<br />

23


24 Europa<br />

Die Ingenieurausbildung in Sibirien kann<br />

sich sehen lassen: Hochspezialisierte<br />

Fachkräfte verlassen die Hochschulen, wie<br />

zum Beispiel Absolventen des Studiengangs<br />

Öl- und Gasbohrung in Irkutsk. Ihre potenziellen<br />

Arbeitgeber, internationale Firmen, erwarten<br />

jedoch etwas mehr, zum Beispiel gute englische<br />

o<strong>der</strong> deutsche Sprachkenntnisse. Doch<br />

da hapert es an den Universitäten. „Sibirische<br />

Fachdozenten lesen traditionell im Seminar<br />

ein Skript ab, ohne Blickkontakt zu ihren Studenten;<br />

im Sprachunterricht wird oft von <strong>der</strong><br />

Fremdsprache ins Russische übersetzt, ohne<br />

kommunikative Praxis“, sagt Klaus Schwienhorst<br />

vom Fachsprachenzentrum <strong>der</strong> Leibniz<br />

Universität Hannover. Keine Spur von mo<strong>der</strong>nem<br />

Fach- o<strong>der</strong> Fremdsprachenunterricht und<br />

höchste Zeit für einen Wandel.<br />

Der kam im Jahr 2008 mit dem Tempus-<br />

Projekt „Updating the language policy of Siberian<br />

technical universities“. Seit 20 Jahren<br />

verfolgt die Europäische Kommission mit dem<br />

Tempus-Programm das Ziel, die Hochschulbildung<br />

in Nachbar- und Partnerlän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union zu mo<strong>der</strong>nisieren. Tempus<br />

steht für „Trans-European Mobility Scheme for<br />

University Studies“, denn ursprünglich startete<br />

das Programm als Mobilitätsför<strong>der</strong>ung.<br />

Heute steht die Hochschulentwicklung im<br />

Vor<strong>der</strong>grund. Finanzielle Unterstützung gibt<br />

es einerseits für Kooperationen, in denen die<br />

Lehrpläne für neue Studiengänge entwickelt<br />

werden. Außerdem fließt Geld an Hochschulen,<br />

die ihre Strukturen verän<strong>der</strong>n wollen,<br />

zum Beispiel das Uni-Management voranbringen<br />

o<strong>der</strong> die Qualität <strong>der</strong> Lehre sichern.<br />

Bessere Berufsaussichten<br />

Im sibirischen Beispiel taten sich die Universitäten<br />

Omsk, Tjumen und Irkutsk mit<br />

dem Fachsprachenzentrum in Hannover<br />

zusammen. Als weitere Partner kamen die<br />

Universität im polnischen Poznan und die<br />

Warwick University in Großbritannien dazu.<br />

Ziel des Verbundes war, dass sibirische Universitätslehrer<br />

sich in <strong>der</strong> Praxis ansehen<br />

konnten, wie die Ausbildung an europäischen<br />

Universitäten funktioniert. Außerdem reisten<br />

europäische Dozenten nach Sibirien, um die<br />

Entwicklung des neuen Curriculums, Studierende<br />

und Lehrkräfte zu begleiten. Brüssel<br />

stellte zu diesem Zweck knapp 300 000 Euro<br />

zur Verfügung.<br />

Das Ergebnis war eine Verbesserung <strong>der</strong><br />

Lehre und <strong>der</strong> Berufsaussichten <strong>der</strong> jungen<br />

Ingenieure. Vorher hatten nur zwei Prozent<br />

ein höheres Niveau in den Fremdsprachen<br />

Deutsch und Englisch erreicht. Am Ende des<br />

Projekts waren es 30 Prozent. „Wir haben<br />

dann auch noch während <strong>der</strong> Laufzeit von ersten<br />

Festanstellungen gehört“, freut sich Klaus<br />

Schwienhorst.<br />

„Tempus passt gut zu uns“<br />

In den 20 Jahren seines Bestehens hat das<br />

Tempus-Programm viele solcher Reformen<br />

© Tobias Bohm/<strong>DAAD</strong><br />

© Tobias Bohm/<strong>DAAD</strong><br />

nachbarschaftshilfe<br />

Seit 20 Jahren för<strong>der</strong>t Tempus die mo<strong>der</strong>ne Hochschulbildung<br />

27 Nachbarstaaten <strong>der</strong> Europäischen Union sind heute<br />

Partner im Tempus-Programm – vom westlichen Balkan<br />

über Zentralasien bis nach Nordafrika. In internationalen<br />

Konsortien mo<strong>der</strong>nisieren die Hochschulen ihr Management<br />

und die Lehre.<br />

Tempus-Steckbrief<br />

Was wird geför<strong>der</strong>t?<br />

Mit Tempus unterstützt die Europäische<br />

Union die Mo<strong>der</strong>nisierung des Hochschulwesens<br />

in 27 Nachbarstaaten.<br />

Wer wird geför<strong>der</strong>t?<br />

Das Geld geht an internationale Konsortien,<br />

in denen Partner aus EU- und Nachbarlän<strong>der</strong>n<br />

zusammenarbeiten. Neben den Hochschulen<br />

können auch Organisationen, Sozialpartner,<br />

Forschungseinrichtungen o<strong>der</strong><br />

Unternehmen an Projekten teilnehmen.<br />

Wie viel Geld ist im Spiel?<br />

Das Gesamtbudget beträgt jährlich rund<br />

50 Millionen Euro. Die einzelnen Projektbudgets<br />

liegen zwischen 500 000 Euro und<br />

1,5 Millionen Euro.<br />

Wer ist zuständig?<br />

Die Gel<strong>der</strong> verteilt die Exekutivagentur<br />

für Bildung, Audiovisuelles und Kultur<br />

(EACEA) in Brüssel. Ansprechpartner in<br />

Deutschland ist <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong>.<br />

Es geht bergauf: Studierende erreichen durch Tempus höheres Niveau<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


angestoßen. Während das Geld<br />

zu Anfang nur an wenige osteuropäische<br />

Län<strong>der</strong> floss, sind<br />

inzwischen 27 Nachbarstaaten<br />

<strong>der</strong> Europäischen Union Tempus-<br />

Partner – vom westlichen Balkan<br />

über Osteuropa und Zentralasien<br />

bis nach Nordafrika. Der <strong>DAAD</strong><br />

ist Nationale Kontaktstelle für<br />

das Programm in Deutschland.<br />

Er informiert und berät deutsche<br />

Hochschulen bei <strong>der</strong> Antragstellung<br />

und beim Management von<br />

Tempus-Projekten. „Tempus passt<br />

gut zu uns“, sagt Nina Salden, die<br />

zuständige Referatsleiterin, „denn<br />

Tempus unterstützt die internationale<br />

Zusammenarbeit <strong>der</strong> Hochschulen.<br />

Dies liegt dem <strong>DAAD</strong> am<br />

Herzen.“<br />

nachrichten<br />

Europäisches Sprachensiegel<br />

Erfolgreich mit Shakespeare<br />

Wer auf dem globalisierten<br />

Arbeitsmarkt erfolgreich sein<br />

will, <strong>der</strong> braucht hervorragende<br />

Fremdsprachenkenntnisse. Der<br />

Wettbewerb „Europäisches Sprachensiegel“<br />

belohnt Projekte, die<br />

vorbildhaft Fremdsprachen für<br />

das Berufsleben vermitteln. Mitte<br />

November zeichneten in Berlin<br />

<strong>der</strong> <strong>DAAD</strong>, die Europäische Kommission<br />

und das Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung die<br />

Preisträger für das Jahr 2010 aus.<br />

Gewinner sind die Fachhochschule<br />

Nordhausen, die Hochschule<br />

Reutlingen, die Ruhr-Universität<br />

Bochum, Alwis e.V. ArbeitsLeben<br />

Wirtschaft Schule in Saarbrücken<br />

und die startHaus GmbH aus<br />

Offenbach. Ihre Projekte sollen<br />

europaweit zum Nachahmen animieren.<br />

Neben einem Preisgeld in<br />

Höhe von 500 Euro erhalten die<br />

Einrichtungen das Recht, das „Europäische<br />

Sprachensiegel 2010“<br />

als Logo zu führen und damit zu<br />

werben.<br />

Der Hochschule Reutlingen verschaffte<br />

Shakespeare das Gütesiegel.<br />

Studierende aus verschiedenen<br />

Län<strong>der</strong>n probten ein Semester<br />

lang zusammen das Theaterstück<br />

„Macbiz“ – die Geschichte<br />

vom schottischen Königsmör<strong>der</strong>,<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

Die EU-För<strong>der</strong>ung stellt dabei<br />

eine Anschubfinanzierung dar.<br />

„Um die Nachhaltigkeit <strong>der</strong> Tempus-Projekte<br />

zu sichern, sind die<br />

Hochschulen angehalten, die Projekte<br />

fest in den Partnerhochschulen<br />

zu verankern und sich gegebenenfalls<br />

auch um alternative Geldquellen<br />

zu bemühen“, sagt Nina<br />

Salden. Hier liegt ein Problem des<br />

Tempus-Programms. Niemand<br />

weiß, ob die finanziellen Ressourcen<br />

und die Motivation an den<br />

Hochschulen nach Abschluss <strong>der</strong><br />

Projekte ausreichen. „Wir hätten<br />

uns eine Kontrolle in ein bis zwei<br />

Jahren gewünscht“, sagt Klaus<br />

Schwienhorst über sein Sibirien-<br />

Projekt. Alexandra Straush<br />

versetzt ins Wirtschaftsleben des<br />

21. Jahrhun<strong>der</strong>ts – und lernten<br />

dabei spielerisch Wirtschaftsenglisch.<br />

Mit ihrem Konzept einer<br />

„Internationalen Projektwoche“<br />

setzte sich die Fachhochschule<br />

Nordhausen durch. Die Projektwoche<br />

ist fester Bestandteil <strong>der</strong><br />

Fremdsprachenausbildung. Die<br />

Universität Bochum bekam die<br />

Auszeichnung für ihre Kurse am<br />

Zentrum für Fremdsprachenausbildung<br />

(ZFA). Dort lernen jedes<br />

Semester rund 3 000 Studierende<br />

Fremdsprachen. Die startHAUS<br />

GmbH überzeugte die Jury durch<br />

ihren berufsbezogenen Sprachunterricht<br />

für Analphabeten mit Migrationshintergrund,<br />

<strong>der</strong> Verein<br />

Alwis durch seine Unterrichtsmodule<br />

„Interkulturelle Kompetenz<br />

in Englisch“ und „Interkulturelle<br />

Kompetenz in Französisch“.<br />

Das Siegel prämiert seit 1997<br />

Projekte und Initiativen aus dem<br />

Bereich des Lehrens und Lernens<br />

von Fremdsprachen. Die Europäische<br />

Kommission koordiniert den<br />

Wettbewerb, die Durchführung<br />

liegt in den Händen <strong>der</strong> Mitgliedstaaten.<br />

2010 vergab erstmalig<br />

die Nationale Agentur für EU-<br />

Hochschulzusammenarbeit beim<br />

<strong>DAAD</strong> das Siegel. cho<br />

Europa<br />

ANZEIGE<br />

25


26<br />

arbEItEn WEltWEIt<br />

mittendrin: persönlich und<br />

professionell<br />

Als Managerin und<br />

Buchhändler in Istanbul<br />

© Serkan Balci<br />

Der Weg zwischen dem europäischen und<br />

dem asiatischen Teil von Istanbul kann<br />

trotz <strong>der</strong> Brücke über den Bosporus und des<br />

regelmäßigen Bootsverkehrs sehr lang sein.<br />

Monika Tug˘utlu war früher jeden Tag mindestens<br />

vier Stunden unterwegs, um zwischen<br />

ihrer Wohnung auf <strong>der</strong> asiatischen Seite und<br />

ihrem Büro im Bezirk Beyog˘lu auf <strong>der</strong> europäischen<br />

Seite hin und her zu pendeln. Doch<br />

vor gut einem halben Jahr hat ihr Arbeitgeber<br />

aus Deutschland das Büro <strong>der</strong> türkischen Nie<strong>der</strong>lassung<br />

auf die asiatische Seite, ganz in die<br />

Nähe ihres Zuhauses, verlegt.<br />

Monika Tug˘utlu leitet die türkische Tochtergesellschaft<br />

des Familienunternehmens Hohenstein<br />

Institute mit Sitz im Schwäbischen<br />

seit fünfeinhalb Jahren. Als Geschäftsführerin<br />

organisiert sie gemeinsam mit zwölf Mitarbeitern<br />

von Istanbul aus die Prüfung von Textilien<br />

und Zubehör wie etwa Knöpfen, die in <strong>der</strong><br />

Türkei hergestellt werden und für den Export<br />

Istanbul ist die einzige Metropole, die auf zwei Kontinenten liegt. Die 2600 Jahre alte<br />

Stadt mit ihren knapp 13 Millionen Einwohnern steht für die Verbindung von Europa<br />

und Asien, für religiöse und ethnische Vielfalt. Monika Tug˘ utlu lebt und arbeitet zwischen<br />

türkischer und deutscher Kultur. Auch Thomas Mühlbauer ist mittendrin: Seine<br />

deutsche Buchhandlung ist die einzige in <strong>der</strong> ganzen Türkei und als Kontaktbörse für<br />

Deutsche und Türken eine Institution.<br />

bestimmt sind. „Ich kümmere mich darum,<br />

dass die Textilproben unserer über 1000 Kunden<br />

in <strong>der</strong> ganzen Türkei in den deutschen<br />

Laboren geprüft werden. Darüber bekommen<br />

die Hersteller dann einen Bericht“, sagt die gelernte<br />

Juristin. Wenn alles gut geht, dürfen die<br />

Kleidungsstücke mit dem Zertifikat Öko-Tex-<br />

Standard 100 ausgezeichnet und exportiert<br />

werden.<br />

Chefin ganz persönlich<br />

Als Managerin fühlt sich Monika Tug˘utlu aber<br />

nicht nur für den reibungslosen Ablauf <strong>der</strong><br />

Geschäfte verantwortlich. „Ich bin gleichzeitig<br />

auch die ‚Mutter’ für mein deutsch-türkisches<br />

Team“, so beschreibt sie ihre Rolle. „Ich sorge<br />

für das Wohl meiner Mitarbeiter, auch wenn<br />

es um den Weg zwischen Arbeitsplatz und Zuhause<br />

o<strong>der</strong> das Mittagessen geht.“ Auch bei<br />

persönlichen Problemen könnten ihre Mitarbeiter<br />

je<strong>der</strong>zeit zu ihr kommen. Eine solche<br />

enge persönliche Beziehung zu den Mitarbeitern<br />

zu pflegen, das sei in <strong>der</strong> Türkei üblich.<br />

Monika Tug˘utlu hatte gerade ihr Jurastudium<br />

in Berlin abgeschlossen, als sie vor 15 Jahren<br />

mit ihrem deutsch-türkischen Ehemann<br />

nach Istanbul zog. „Damals bin ich so richtig<br />

in die Familie meines Mannes und die türkische<br />

Kultur eingetaucht“, erinnert sie sich. Sie<br />

sei von Anfang an integriert gewesen, aber<br />

das sei keineswegs selbstverständlich für Auslän<strong>der</strong>,<br />

die es aus beruflichen Gründen nach<br />

Istanbul verschlägt. Viele verkehrten nur untereinan<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> innerhalb <strong>der</strong> Oberschicht<br />

<strong>der</strong> türkischen Weltstadt.<br />

Dennoch, es gibt Momente, in denen sie über<br />

eine Rückkehr nach Deutschland nachdenkt.<br />

Zum Beispiel dann, wenn sie mal wie<strong>der</strong> in einem<br />

endlos scheinenden Verkehrsstau steckt,<br />

wenn sie erlebt, wie unbedacht manchmal mit<br />

<strong>der</strong> Natur umgegangen wird, o<strong>der</strong> wenn sie<br />

sich über die Haltung <strong>der</strong> Behörden gegenüber<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

© Christian Lohse<br />

© Erol Gülsen/Wikipedia


Kultureller Mix prägt Istanbul:<br />

Monika Tug˘utlu und Thomas Mühlbauer<br />

fühlen sich als Weltbürger<br />

den Bürgern ärgert. „Aber ich glaube ich könnte<br />

gar nicht mehr in Deutschland leben“, sagt<br />

die 49-Jährige. Die deutschen Alltagssorgen<br />

erscheinen ihr unbedeutend verglichen mit<br />

den Gedanken über Umwelt und Menschenrechte<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Angst vor dem nächsten Erdbeben,<br />

die sie und ihre Nachbarn und Freunde<br />

umtreiben.<br />

Lesung mit Kemal und Grass<br />

Neben ihrem Beruf engagiert sich Monika<br />

Tug˘utlu für die Kulturstiftung <strong>der</strong> deutschtürkischen<br />

Wirtschaft, die 2005 auf Initiative<br />

<strong>der</strong> Deutschen Botschaft gegründet wurde.<br />

„Im Moment kämpfen wir noch immer darum,<br />

vom türkischen Staat als Stiftung anerkannt<br />

zu werden“, berichtet Monika Tug˘utlu, die<br />

im Verwaltungsrat <strong>der</strong> Stiftung sitzt. Solange<br />

dieser Status und damit die Gemeinnützigkeit<br />

<strong>der</strong> Organisation nicht gewährt werde, seien<br />

Unternehmen mit Spenden zögerlich. Mit einem<br />

wichtigen Ereignis konnte die Kulturstiftung<br />

dennoch zu den Feiern zur Kulturhauptstadt<br />

Europas beitragen, die in diesem Jahr<br />

in Istanbul begangen wurden: Sie lud Yas˛ar<br />

Kemal, einen <strong>der</strong> bedeutendsten türkischen<br />

Schriftsteller, und Literaturnobelpreisträger<br />

Günter Grass zu gemeinsamen öffentlichen<br />

Lesungen und Diskussionen ein. Die beiden<br />

Schriftsteller kennen sich gut. Günter Grass<br />

hielt 1997 die Laudatio, als Yas˛ar Kemal mit<br />

dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels<br />

ausgezeichnet wurde.<br />

In ihrer Freizeit liest Monika Tug˘utlu gerne<br />

deutsche Literatur. „Früher habe ich kofferweise<br />

Bücher aus Deutschland mitgebracht“, erzählt<br />

sie. Und als sie noch jeden Tag zu ihrem<br />

Büro am Taksim-Platz auf <strong>der</strong> europäischen<br />

Seite fuhr, besuchte sie häufig die türkischdeutsche<br />

Buchhandlung. Sie liegt am an<strong>der</strong>en<br />

Ende einer Flaniermeile mit Cafés, Kinos und<br />

Kaufhäusern, die den Taksim-Platz und den<br />

Galata-Turm miteinan<strong>der</strong> verbindet.<br />

Hier, auf <strong>der</strong> Istiklal Caddesi (Straße <strong>der</strong> Unabhängigkeit),<br />

im Herzen des alten Stadtteils<br />

Beyog˘lu, führt Thomas Mühlbauer die Buchhandlung<br />

in zweiter Generation. Die „Türk<br />

Alman Kitabevi“, so <strong>der</strong> türkische Name <strong>der</strong><br />

Buchhandlung, liegt unweit <strong>der</strong> Deutschen<br />

Guter Standort: Die deutsche<br />

Buchhandlung liegt an <strong>der</strong> quirligen Istiklal Caddesi<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

Schule Istanbul. An dieser Privatschule, die<br />

zur Deutschen Botschaft in Ankara gehört,<br />

werden hauptsächlich türkische Schüler unterrichtet.<br />

„Unser Hauptgeschäft sind Schulbücher“,<br />

sagt Thomas Mühlbauer, „aber wir<br />

haben das gesamte Spektrum deutscher Bücher<br />

auf Lager.“ Beson<strong>der</strong>s groß ist die Auswahl<br />

an Sprach- und Lehrwerken, an Reiseführern<br />

und Büchern, die sich mit <strong>der</strong> Türkei und<br />

dem Islam befassen. Außerdem gibt es eine<br />

Abteilung für Kin<strong>der</strong>- und Jugendbücher und<br />

in <strong>der</strong> zweiten Etage eine Spezialabteilung<br />

für naturwissenschaftliche und medizinische<br />

Fachliteratur. „Meine Kunden“, so Mühlbauer,<br />

„sind Deutsche, die in <strong>der</strong> Türkei leben, ebenso<br />

wie Türken, die in <strong>der</strong> Türkei Deutsch gelernt<br />

o<strong>der</strong> längere Zeit in Deutschland gelebt<br />

haben.“ Seine Kunden interessieren sich für<br />

die gesamte Bandbreite: von Trivialliteratur<br />

bis hin zu anspruchsvolleren Werken o<strong>der</strong><br />

Fachliteratur. Die „Türk Alman Kitabevi“ ist<br />

die einzige deutschsprachige Buchhandlung<br />

in <strong>der</strong> Türkei – und in Istanbul ist sie eine<br />

Institution.<br />

Treffpunkt für Deutsche<br />

Thomas Mühlbauers Kunden kommen nicht<br />

nur wegen <strong>der</strong> deutschen Bücher, „für Deutsche<br />

ist die Buchhandlung häufig erste Anlaufstelle,<br />

wenn sie in Istanbul ankommen“,<br />

berichtet er. Sie kommen wegen des Schwarzen<br />

Bretts, an dem Gesuche und Angebote für<br />

Wohnungen, für Sprachunterricht o<strong>der</strong> auch<br />

Jobs aushängen. In einem Reiseführer wird<br />

die Buchhandlung deshalb direkt unter dem<br />

Goethe-Institut als wichtige „Kontaktbörse“<br />

aufgeführt.<br />

© José Fuste Raga/AGE/F1online<br />

arbEItEn WEltWEIt<br />

Die Buchhandlung versorgt die Stadt am Bosporus<br />

seit 1955 mit deutschen Büchern. Gegründet<br />

hat sie Thomas Mühlbauers Vater, ein<br />

Österreicher aus Graz, <strong>der</strong> nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg in Istanbul Zwischenstation machte.<br />

Eigentlich sei er auf dem Weg nach Persien<br />

gewesen, dorthin wollte er auswan<strong>der</strong>n. „Er ist<br />

aber in Istanbul hängengeblieben“, so drückt<br />

es sein Sohn aus, die Stadt habe ihm sehr gut<br />

gefallen. Im Alter von zwölf Jahren zieht <strong>der</strong><br />

1967 geborene Thomas Mühlbauer gemeinsam<br />

mit Mutter und Bru<strong>der</strong> von Istanbul nach<br />

Deutschland um. Als 25-Jähriger kommt er<br />

nach Istanbul zurück, um nach dem Tod des<br />

Vaters die Geschäfte weiterzuführen. Die Entscheidung,<br />

nach Istanbul zurückzukehren,<br />

sei ihm nicht schwergefallen, erinnert sich<br />

Thomas Mühlbauer. Auch nach 13 Jahren in<br />

Deutschland seien ihm türkische Kultur und<br />

Sprache noch vertraut gewesen. Er spricht perfekt<br />

Türkisch, nur mit dem Schreiben und Lesen<br />

habe er Schwierigkeiten, weil er nie eine<br />

türkische Schule besucht habe.<br />

„Ich fühle mich zwar als Deutscher, aber ich<br />

denke teilweise auf Türkisch“, sagt Thomas<br />

Mühlbauer, <strong>der</strong> an seiner Heimatstadt vor allem<br />

„die Vielfalt und das bunte Leben“ schätzt.<br />

Damit meint er die vielen Nationalitäten, die<br />

hier zusammenleben, und seinen Freundeskreis,<br />

zu dem neben Türken und Deutschen<br />

Menschen aus allen Ecken <strong>der</strong> Welt gehören.<br />

Nur selten bereitet es ihm Unannehmlichkeiten,<br />

als Deutscher in <strong>der</strong> Türkei zu leben. „Lediglich<br />

wenn ich meine Aufenthaltsgenehmigung<br />

verlängern muss, dann werde ich daran<br />

erinnert, dass ich Deutscher bin, obwohl ich<br />

mich doch eigentlich als Weltbürger fühle.“<br />

Kristina Vaillant<br />

27


28 rÄtSEl<br />

W<br />

eit mehr als hun<strong>der</strong>t Vogelarten sind in<br />

Deutschland und Mitteleuropa heimisch:<br />

von A wie Adler bis Z wie Zaunkönig. In diesem Rätsel<br />

wird <strong>der</strong> richtige Vogelname gesucht. Die gefundenen Anfangsbuchstaben<br />

ergeben hintereinan<strong>der</strong> gelesen das Lösungswort:<br />

Es handelt sich um einen Vogeltyp, <strong>der</strong> extrem<br />

schnell zu fliegen vermag.<br />

eise<br />

msel<br />

hu<br />

lster<br />

abe<br />

pecht<br />

isvogel<br />

ans<br />

erche<br />

ule<br />

eiher<br />

Wer war’s? Professor Grübler fragt<br />

Schreiben Sie das Lösungswort an ▼<br />

Unter den richtigen Lösungen werden zehn Hauptgewinne und fünf Trostpreise vergeben. Bei<br />

diesem Rätsel nehmen an <strong>der</strong> Auslosung nur Einsendungen von Leserinnen und Lesern teil,<br />

<strong>der</strong>en Muttersprache nicht Deutsch ist. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Bitte die vollständige<br />

Adresse des Absen<strong>der</strong>s angeben!<br />

DIE GEWINNER KÖNNEN ZWISCHEN FOLGENDEN PREISEN WÄHLEN:<br />

1. Duden – Die deutsche Rechtschreibung. Dudenverlag<br />

2. Thomas Steinfeld: Der Sprachverführer. Die deutsche Sprache – was sie ist und was sie kann.<br />

Carl Hanser Verlag<br />

3. Grimms Märchen. Vollständige Ausgabe. Mit Illustrationen von Otto Ubbelohde.<br />

Anaconda Verlag<br />

4. Günter Grass: Grimms Wörter. Eine Liebeserklärung. Steidl Verlag<br />

5. Lied – gut! Die schönsten deutschen Volkslie<strong>der</strong>. Calmus Ensemble Leipzig.<br />

Edition chrismon<br />

Ein strenges Internat für Offizierskin<strong>der</strong> muss er durchlaufen: Wecken<br />

um fünf Uhr in <strong>der</strong> Frühe, ab sieben Uhr bereits steht Latein-Unterricht auf<br />

dem Lehrplan. Fremdsprachen-Unterricht bekommt er außerdem in Griechisch,<br />

Französisch, Englisch und Italienisch. Als Erwachsener denkt er voller Groll an<br />

diese Schule zurück – mit ihren zahllosen Schikanen wie Postzensur, Prügelstrafe,<br />

Uniformzwang und Ausgehverbot.<br />

Immerhin: Die guten Fremdsprachen-Kenntnisse legen den Grundstein zu einer umfassenden<br />

Bildung. Mit 29 Jahren avanciert er zum Professor für Geschichte an <strong>der</strong><br />

Universität Jena. Doch eine winzige Klippe gibt es noch vor <strong>der</strong> endgültigen Berufung:<br />

Er steht ohne Doktor-Titel da. Also schreibt <strong>der</strong> designierte Professor in formvollendetem<br />

Latein einen Brief an den Dekan <strong>der</strong> Philosophischen Fakultät und bittet darum, ab sofort<br />

einen Doktor-Titel führen zu dürfen. Schon zwei Tage später bekommt er eine Promotionsurkunde<br />

zugeschickt. Nun steht seiner Antrittsvorlesung nichts mehr im Wege,<br />

und er spricht vor rund 500 Studenten über die Bedeutung <strong>der</strong> „Universalgeschichte“.<br />

Nach einem Jahr Dozenten-Tätigkeit notiert er voller Selbstzweifel: „Zu einem musterhaften<br />

Professor werde ich mich nie qualifizieren.“ Ein halbes Jahr später klingt<br />

das schon ganz an<strong>der</strong>s: „Ich sehe nicht ein, warum ich nicht, wenn ich ernsthaft<br />

will, <strong>der</strong> erste Geschichtsschreiber in Deutschland werden kann.“ Nur wenig<br />

später endet seine akademische Laufbahn wegen seiner angegriffenen<br />

Gesundheit. Eines seiner wichtigsten Werke aus jener Zeit ist eine<br />

umfassende Darstellung zur Geschichte des Dreißigjährigen<br />

Krieges. Viel bekannter ist er allerdings heutzutage als<br />

Dramatiker und Balladen-Dichter.<br />

Professor Grübler fragt: Wer war’s?<br />

Unter den richtigen Lösungen werden<br />

fünf Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg<br />

ist ausgeschlossen. Bitte wählen<br />

Sie unter den links unten genannten<br />

Preisen. Senden Sie die Lösung an ▼<br />

Bitte geben Sie mit <strong>der</strong> Lösung auch den von Ihnen gewünschten Preis an.<br />

Redaktion <strong>DAAD</strong> Letter<br />

Trio MedienService GbR<br />

Chausseestraße 103<br />

10115 Berlin, Germany<br />

Fax: +49 30/85 07 54 52<br />

E-Mail: raetsel@trio-medien.de<br />

Einsendeschluss ist <strong>der</strong> 10. März 2011<br />

Die Lösung und die Gewinner<br />

<strong>der</strong> vorigen Letter-Rätsel<br />

finden Sie auf Seite 42<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


© Ullstein<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

SprachWErkStatt<br />

Mit Satire gegen die Staatsmacht<br />

Die so genannten lokalen Präpositionen<br />

geben jeweils einen Ort (im<br />

Haus) o<strong>der</strong> eine Richtung (ins Haus;<br />

aus dem Haus) an. Sie können aber<br />

auch im übertragenen Sinn gebraucht<br />

werden (auf einer Meinung beharren).<br />

Bitte wählen Sie das jeweils passende<br />

Wort aus: an, auf, aus, bei, bis, gegen,<br />

gen, hinter, in, nach, nahe, neben, über,<br />

unter, vor, zu.<br />

Peter Panter, Theobald Tiger, Ignaz Wrobel und Kaspar Hauser – _____ all diesen<br />

Pseudonymen steckt einer <strong>der</strong> bedeutendsten deutschen Schriftsteller und Journalisten<br />

_____ <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Weimarer Republik: Kurt Tucholsky, <strong>der</strong> im Dezember vor 75<br />

Jahren starb (09.01.1890 – 21.12.1935).<br />

Der vielseitige Autor verstand sich nicht nur _____ das Schreiben von Leitartikeln, Gerichtsreportagen,<br />

Glossen, Literatur- und Theaterkritiken, son<strong>der</strong>n auch _____ das Verfassen<br />

von Chansons, Gedichten und Romanen, darunter die Erzählung „Rheinsberg“<br />

(1912) und <strong>der</strong> Kurzroman „Schloß Gripsholm“ (1931). Zusammen mit John Heartfield<br />

veröffentlichte er 1929 das satirische Bil<strong>der</strong>buch „Deutschland, Deutschland _____<br />

alles“. Bekannt geworden ist <strong>der</strong> politisch links stehende Demokrat, Kriegsgegner<br />

und Gesellschaftskritiker vor allem durch Texte, _____ denen er sich geistreich und<br />

spöttisch mit den politischen Machtverhältnissen, <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung und dem<br />

Militär auseinan<strong>der</strong>setzte.<br />

Als Sohn eines Bankkaufmanns jüdischer Abstammung wurde Tucholsky _____ Berlin<br />

geboren. Schon als er noch _____ Schule ging, erschien sein erster Text _____ <strong>der</strong><br />

satirischen Zeitschrift „Ulk“, <strong>der</strong>en Chefredaktion er später (1919) übernehmen sollte.<br />

Noch _____ <strong>der</strong> Uni, wo er ab 1909 Jura studierte, entschied er sich dafür, _____<br />

Zeitung zu gehen: 1913 begann er seine langjährige Arbeit für die Zeitschrift „Schaubühne“,<br />

später „Weltbühne“.<br />

Trotz <strong>der</strong> journalistischen Arbeit schloss Tucholsky sein Jurastudium 1915 mit <strong>der</strong> Promotion<br />

ab. Kurz darauf wurde er _____ Wehrdienst einberufen und _____ die Ostfront<br />

geschickt. _____ Militär gab er 1916 eine Feldzeitung heraus und wurde nach Kriegsende<br />

als überzeugter Pazifist _____ seiner publizistischen Tätigkeit auch politisch<br />

aktiv, ab 1920 _____ <strong>der</strong> Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands<br />

(USPD). Dabei schreckte er auch _____ beißen<strong>der</strong> Kritik an politischen Gegnern nicht<br />

zurück, was _____ hin _____ Gerichtsprozessen führte.<br />

Ab 1924 lebte Tucholsky als Korrespondent <strong>der</strong> „Weltbühne“ und <strong>der</strong> „Vossischen Zeitung“<br />

überwiegend _____ Paris. 1930 zog es ihn endgültig weg _____ Deutschland,<br />

und zwar _____ Norden, _____ Schweden. Von da an lebte er in Hindås, _____Göteborg.<br />

Sein Vertrauen _____ die aufklärerische Macht des Schreibens aber war enttäuscht:<br />

Ab 1931 stellte er das Schreiben ein. Schon früh hatte sich Tucholsky _____<br />

Hitler und dessen Kriegsvorbereitungen gewandt. Bei <strong>der</strong> Bücherverbrennung durch<br />

die Nationalsozialisten waren 1933 auch seine Bücher dabei; gleichzeitig wurde ihm<br />

die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.<br />

Tucholsky, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> jüdischen Ärztin Else Weil und bis 1933 mit <strong>der</strong> _____ Riga<br />

stammenden Mary Gerold verheiratet war, blieb kin<strong>der</strong>los. Er starb, schwer erkrankt,<br />

an einer Überdosis Schlaftabletten und wurde _____ schwedischen Mariefred _____<br />

einer Eiche begraben.<br />

Christine Hardt<br />

LÖSUNG: hinter; aus; auf; auf; über; in; in; zur; in; an; zur; zum; an; beim; neben; in; vor; bis; zu; in; aus; gen;<br />

nach; nahe; in; gegen; aus; im; unter.<br />

aufgESpIESSt<br />

SprachEckE<br />

Ganz tief drin<br />

Gibt es die einst weltberühmte deutsche Innerlichkeit<br />

noch? Ja, jedenfalls in <strong>der</strong> Sprache! Zum<br />

Beispiel «Im tiefsten Grunde meines Herzens …»,<br />

eine Redewendung, die heute noch recht gebräuchlich<br />

ist, im Alltag wie auch in <strong>der</strong> Literatur.<br />

Man lese nur einmal die Bücher von Christa<br />

Wolf. Das Innerste, <strong>der</strong> tiefste Grund, ganz tief<br />

drinnen: Wenn ein Satz so beginnt, ist Vorsicht<br />

geboten. Denn dann kommt es oft zu womöglich<br />

peinlichen Geständnissen, die eigentlich keiner<br />

hören will.<br />

Unverfänglicher als <strong>der</strong> «Grund» und deshalb<br />

sprachlich auf dem Vormarsch ist <strong>der</strong> «Kern»,<br />

laut Wörterbuch <strong>der</strong> «innere, mittlere Teil» von<br />

irgendetwas o<strong>der</strong> irgendjemandem. Der kerngesunde<br />

Deutsche kommt auch im Ausland gern<br />

schnell zum Kern <strong>der</strong> Sache. Nachdem er sich<br />

auf seine Kernkompetenzen besonnen hat, natürlich.<br />

Seine Firma mag nach etlichen Ausflügen<br />

in an<strong>der</strong>e Branchen nun wie<strong>der</strong> zum Kerngeschäft<br />

zurückgekehrt sein. Die Kernenergie hat<br />

in Deutschland gerade eine Renaissance, wozu<br />

manches kernige Managergesicht begeistert<br />

strahlt. Ob Kernkraftwerke dem Kernobst schaden<br />

o<strong>der</strong> dem Kernbeißer im deutschen Wald, ist<br />

im Kern noch nicht geklärt.<br />

Relativ neu ist <strong>der</strong> «Glutkern», das Innerste einer<br />

glühenden Masse also. Im Ofen sucht man ihn<br />

selten, in <strong>der</strong> Sonne kaum. Eher vielleicht bei<br />

einer glutäugigen Schönen? Nein, die modische<br />

Rede vom «Glutkern» verzichtet von vornherein<br />

auf jede konkrete Bedeutung. Heiß sollte er<br />

schon sein, <strong>der</strong> Kern, aber bitte nur metaphorisch<br />

gesprochen. Ein Journalist, <strong>der</strong> wissen<br />

möchte, was einen Zeitgenossen leidenschaftlich<br />

begeistert und was ihn eigentlich antreibt, fragt<br />

heute nach dem «Glutkern», ob beim Fußballtrainer,<br />

Politiker o<strong>der</strong> Popstar. Der «Glutkern»<br />

verspricht Elementares, Authentizität, Magma<br />

des Lebens – Leben pur sozusagen.<br />

«Wir sind immer auf <strong>der</strong> Suche nach den Glutkernen<br />

<strong>der</strong> gesellschaftlichen Entwicklungen»,<br />

skizziert ein Verleger die Kernaufgabe seines<br />

Hauses. «Verbrennt euch bloß nicht die Finger<br />

dabei!», möchte man da rufen. Geht es auch eine<br />

Nummer kühler? Sachlicher, konkreter, weniger<br />

innerlich? Der harte Kern <strong>der</strong> unverbesserlichen<br />

Raucher wusste auf die Frage nach dem Zustand<br />

seiner innersten Organe schon immer die rechte<br />

Antwort: «Wie es drinnen aussieht, geht keinen<br />

etwas an»! Ob da vielleicht doch was dran ist,<br />

fragt sich<br />

29


30 daad<br />

Jahr <strong>der</strong> deutschen Sprache<br />

D as Jahr 2010 hat das Auswärtige Amt<br />

unter das Motto „Deutsch – Sprache <strong>der</strong><br />

Ideen“ gestellt. Weltweit sprechen über 100<br />

Millionen Menschen Deutsch als Muttersprache;<br />

als Fremdsprache wird Deutsch aktuell<br />

von fast 15 Millionen Menschen gelernt. Allerdings<br />

ist die Zahl <strong>der</strong> Deutschlerner in den<br />

letzten Jahren zurückgegangen. Diesem Trend<br />

will die Bundesregierung entgegentreten.<br />

Der <strong>DAAD</strong> hat die Kampagne in Deutschland<br />

und – mit Hilfe seiner Außenstellen und des<br />

Lektoren-Netzwerks – weltweit unterstützt. Zu<br />

den Veranstaltungen zählten etwa eine Reihe<br />

von Vorträgen und Gesprächen unter dem<br />

Motto „Die deutsche Sprache und ich“, bei <strong>der</strong><br />

<strong>DAAD</strong>-Alumni in vielen Län<strong>der</strong>n über ihre<br />

persönlichen Erfahrungen mit <strong>der</strong> Sprache<br />

Deutsch berichteten, Podiumsdiskussionen<br />

zur Lage <strong>der</strong> Fächer Germanistik und Deutsch<br />

als Fremdsprache beim Weltkongress <strong>der</strong> Germanisten<br />

in Warschau und beim Deutschen<br />

Germanistentag, ein Kreativwettbewerb zu<br />

deutschen Lehnwörtern im Englischen o<strong>der</strong><br />

ein deutscher Vorlesewettbewerb in Taiwan.<br />

Ein Höhepunkt: Der Essaywettbewerb unter<br />

Absolventen Deutscher Schulen im Ausland,<br />

die nun mit einem <strong>DAAD</strong>-Stipendium in<br />

Deutschland studieren. Etwa 90 Stipendiaten<br />

aus 33 Län<strong>der</strong>n schrieben über „Deutschland<br />

– wie ich es sehe“ und „Deutschland 2025 –<br />

Perspektiven für das Land meines Studiums“.<br />

Das Auswärtige Amt zeichnete 23 junge Autoren<br />

aus. Wir veröffentlichen hier Auszüge aus<br />

einigen prämierten Essays.<br />

deutsch – Sprache <strong>der</strong> Ideen<br />

Auszüge aus prämierten Essays von <strong>DAAD</strong>-Stipendiaten<br />

freies denken<br />

Ich weiß die deutsche Lebensfreude und Freundlichkeit zu schätzen.<br />

Ich mag das Lächeln und die netten Worte, die so viele Deutsche sogar<br />

völlig fremden Leuten auf <strong>der</strong> Straße, beim Einkaufen o<strong>der</strong> im<br />

Verkehr schenken. Es macht mich froh, in einem Laden den Gruß:<br />

„Schönes Wochenende!“ zu hören. Meiner Meinung nach findet das<br />

auch in dem hohen Lebensstandard eine Erklärung. In einem finanziell<br />

gesicherten Leben ist es selbstverständlich, Zufriedenheit, positive<br />

Auffassung und Freude nach außen zu zeigen. Hier müssen die<br />

meisten Leute nicht deprimiert und hoffnungslos sein, weil sie sich<br />

keine Sorgen darum machen müssen, ob sie am nächsten Tag genug<br />

Geld haben werden. Sie müssen auch nicht den Blick nach unten<br />

lenken, wenn sie durch die Stadt gehen, um die Blicke <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en zu<br />

vermeiden, weil sie sich nicht schämen o<strong>der</strong> wertlos fühlen müssen.<br />

Da ich aus einer Gesellschaft komme, in <strong>der</strong> oftmals noch die von <strong>der</strong><br />

Sowjetunion aufgezwungene Denkweise zu finden ist, fühle ich mich<br />

in Deutschland frei und entspannt. Hier hat niemand das Gefühl, von<br />

den an<strong>der</strong>en beurteilt zu werden, und man muss sich auch nicht die<br />

Frage stellen, was die an<strong>der</strong>en von einem denken.<br />

Die Lettin Anete Ziraka studiert Politikwissenschaft<br />

und Anglistik/Amerikanistik an <strong>der</strong> Universität Greifswald<br />

nicht einwandfrei, aber liebenswert<br />

Als das erste Semester begann, wurde ich kommunikativer, fand neue Freunde, mit denen<br />

ich lernen, ausgehen, lachen konnte. Ich telefonierte nicht mehr so oft mit meinen<br />

Eltern und fühlte mich immer wohler in meiner neuen Umgebung, bis mir irgendwann<br />

bewusst wurde, dass ich hier und jetzt in Deutschland zu Hause bin.<br />

Ich habe mich damit abgefunden, dass Deutschland nicht einwandfrei ist, aber trotzdem<br />

liebenswert. Und jetzt freue ich mich noch mehr, wenn ich vom Flugzeug die breiten<br />

Straßen und die bunten Fel<strong>der</strong> meines Deutschlands sehe. Ich liebe es, wie es hier im<br />

Frühling riecht, wie prächtig rosa die Bäume in <strong>der</strong> Nachbarstraße blühen, wie lecker die<br />

Süßigkeiten sind. Ich liebe es auch, dass die Leute in Bussen und Straßenbahnen lesen,<br />

man in riesigen Einkaufszentren einkaufen und jede Menge Spaß haben kann. Ich liebe<br />

es vor allem, dass mir Deutschland so viel bietet. Hier kann ich jede Sprache lernen, die<br />

ich möchte, jedes Buch finden, das ich gesucht habe, jede Kultur entdecken.<br />

Der Bulgare Kolyo Marinov studiert Nano-Engineering an <strong>der</strong> Universität Duisburg-Essen<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

daad<br />

Sprache meiner gedanken<br />

Deutschland und ich, unsere gemeinsame Geschichte ist nicht so lang.<br />

Zuerst war es für mich nur ein Schulfach mit einer strengen Lehrerin.<br />

Deutsch waren damals Räuchermännchen, Weihnachtsmarkt, Glühwein,<br />

Knödel, Currywurst und noch ein paar an<strong>der</strong>e Begriffe. Nichts<br />

weiter als Zungenbrecher für mich und doch gehörten sie angeblich<br />

zur deutschen Kultur. Wie <strong>der</strong> dicke gelbe Duden.<br />

Die deutsche Sprache erlebe ich heute an<strong>der</strong>s. Nun erlaubt sie mir,<br />

mich auszudrücken und über Sachen zu reflektieren, so wie ich es<br />

selbst in meiner Muttersprache nicht immer kann. Sie eröffnet mir<br />

wun<strong>der</strong>volle Bücher, die mich faszinieren. Sie ist längst kein Schulfach<br />

mehr. Sie ist die Sprache meiner Gedanken, meiner Träume, meines<br />

Alltags, und inzwischen sind wir beide gute Freunde geworden.<br />

Von <strong>der</strong> Zuschauerin zur teilnehmerin<br />

Vor kurzem hörte ich auf dem Weg von <strong>der</strong> Uni nach Hause Tauben gurren und<br />

dachte für ein paar Sekunden, ‚Ach, das hört sich doch genauso an wie in Deutschland!‘.<br />

Während ich die Tiere beim Balancieren im Gerüst des Bahnhofsdaches<br />

<strong>der</strong> S-Bahn beobachtete, fiel mir ein, dass ich doch tatsächlich in Deutschland bin.<br />

Obwohl ich schon seit Oktober in Berlin studiere, muss ich zugeben, dass mir so<br />

etwas öfter passiert: Fast täglich vergesse ich, dass ich jetzt in Deutschland wohne.<br />

Natürlich gibt es in chilenischen Städten auch Tauben; die gurren aber an<strong>der</strong>s.<br />

Inzwischen sind auch in Chile die wun<strong>der</strong>baren Fußgängerampeln verbreitet, es<br />

wurden ein paar Fahrradwege auf die Straßen gemalt, die zwar nicht so richtig benutzt<br />

und respektiert werden, aber die dazu einladen, mal sportlicher zu sein. Es<br />

gibt sogar eine deutsche Supermarktkette, die den etwas misstrauischen Chilenen<br />

Haribo-Bärchen, Pumpernickel, Salzstangen und Lakritz verkauft. Bei Lakritz haben<br />

sie lei<strong>der</strong> nicht viel Erfolg, vielleicht weil die Angestellten die Lakritzkätzchen<br />

nicht so richtig einordnen können und sie, wegen des Bildes auf <strong>der</strong> Packung, in<br />

die Katzenfutterabteilung stellen.<br />

Allmählich werden die Beson<strong>der</strong>heiten Deutschlands zum Alltag. Trotzdem bin<br />

ich immer wie<strong>der</strong> von den unendlichen Möglichkeiten in Deutschland begeistert;<br />

noch nie habe ich gleichzeitig solch ein großes kulturelles Angebot und wissenschaftliche<br />

Forschungsmöglichkeiten erlebt, die von <strong>der</strong> internationalen Vielfalt<br />

enorm bereichert werden. Obwohl ich eng verbunden mit <strong>der</strong> deutschen Kultur<br />

aufgewachsen bin, fühle ich zum ersten Mal, dass ich vollständig dazugehöre. Endlich<br />

bin ich von <strong>der</strong> Zuschauerin zur Teilnehmerin geworden.<br />

Die Bulgarin Yoanna Zhecheva studiert Psychologie an <strong>der</strong> Albert-Ludwigs-Universität Freiburg<br />

Die Chilenin Christina Heroven studiert Biochemie an <strong>der</strong> Freien Universität Berlin<br />

© Michael Jordan/<strong>DAAD</strong> (4)<br />

31


32 daad<br />

filmfestival <strong>der</strong> begegnungen<br />

Vietnamesisch-deutsches Dokumentarfilmfest in Potsdam<br />

Vietnam und Deutschland feiern 35 Jahre<br />

diplomatische Beziehungen. In beiden<br />

Län<strong>der</strong>n beteiligt sich <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong> mit einem<br />

umfangreichen Veranstaltungsprogramm.<br />

Das Dokumentarfilmfest in Potsdam für<br />

128 vietnamesische Stipendiaten verwies<br />

auf viele Lebensgeschichten, die beide<br />

Län<strong>der</strong> eng verbinden.<br />

Der Blick, den die Dokumentarfilme auf<br />

mein Land richten, ist ganz neu für<br />

mich“, staunt Pham Thanh Tam. Die vietnamesische<br />

<strong>DAAD</strong>-Stipendiatin, die in Jena an ihrem<br />

Doktor in Materialwissenschaft arbeitet,<br />

ist <strong>der</strong> Einladung des <strong>DAAD</strong> zum Filmfest nach<br />

Potsdam/Babelsberg gefolgt. Im Kinosaal <strong>der</strong><br />

Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad<br />

Wolf“ (HFF) hat sie unter an<strong>der</strong>em die Dokumentation<br />

„Reise durch das Champa-Land“<br />

gesehen. Die 1992 gedrehte Prüfungsarbeit an<br />

<strong>der</strong> Babelsberger Hochschule erzählt von einer<br />

<strong>der</strong> 53 in Vietnam offiziell gezählten Min<strong>der</strong>heiten.<br />

Die Physikerin Tam war begeistert:<br />

„Wir haben so unterschiedliche Kulturen im<br />

eigenen Land und verstehen sie selbst kaum.<br />

Die Deutschen müssen eine große Liebe zu Vietnam<br />

haben.“<br />

Die jungen Doktoranden aus Vietnam sahen<br />

außerdem Geschichten über Künstler in<br />

Hanoi o<strong>der</strong> Kutscher in Potsdam, über den<br />

schmerzvollen und tragischen Lebensweg<br />

eines im Vietnamkrieg verletzten Kindes o<strong>der</strong><br />

über das Wie<strong>der</strong>sehen ehemaliger vietnamesischer<br />

Schüler eines Internats bei Dresden<br />

mit ihrer deutschen Lehrerin nach 50 Jahren.<br />

Alle unterschiedlichen Dokumentationen beeindruckten<br />

tief. „Wir erleben die Perspektiven<br />

von Deutschland auf Vietnam und umgekehrt“,<br />

sagt <strong>DAAD</strong>-Stipendiat Truong Nguyen<br />

Quang, <strong>der</strong> in Bonn an seiner Doktorarbeit<br />

über die Diversität von Reptilien und Amphibien<br />

arbeitet. „Den deutschen Stil im Blick eines<br />

vietnamesischen Kameramanns zu erkennen<br />

war für mich beson<strong>der</strong>s interessant.“<br />

Beteiligt an Regie und Kamera einiger Filme<br />

war etwa Tran Dung Tien, <strong>der</strong> seit 1984<br />

an <strong>der</strong> damaligen Hochschule für Filmkunst<br />

in Babelsberg den deutschen Blick durch die<br />

Filmkamera lernte und sein anschließendes<br />

Regiestudium nach <strong>der</strong> politischen Wende in<br />

Deutschland an <strong>der</strong> HFF abschloss. „Junge Filmemacher<br />

brauchen viel kulturelles Wissen“,<br />

sagt Hans Hattop, <strong>der</strong> seit über 30 Jahren an<br />

<strong>der</strong> HFF und seit 1997 auch in Hanoi lehrt und<br />

das Festival für den <strong>DAAD</strong> konzipierte. „Wenn<br />

sie etwas über das Leben erzählen wollen,<br />

müssen sie das Leben und die Gefühle <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

kennen.“ In Tien vereinigen sich zwei<br />

Wahrnehmungswelten: „Die Filmhochschule<br />

hat meine Denkweise und meinen Charakter<br />

geprägt. Ich bin eine Mischung aus Deutschem<br />

und Vietnamesen geworden.“<br />

Dokumentarfilm: Vietnamesen<br />

reisen an den Ort ihrer Kindheit –<br />

Moritzburg bei Dresden<br />

Zwei Kulturen im Herzen und im suchenden<br />

Blick – durch alle neun gezeigten Filme zog<br />

sich dieses Thema. „Die Filme dokumentieren<br />

in hohem Maß die Begegnung <strong>der</strong> Kulturen“,<br />

sagt Hans Hattop. Nur in Dokumentarfilmen<br />

sei man berechtigt, Fragen zu stellen, mit denen<br />

man Menschen auch zu nahe treten kann.<br />

„Da sind dann Irritationen zu spüren, die aber<br />

nicht kränkend sind. Der Wechsel <strong>der</strong> Perspektiven<br />

ist wichtig.“<br />

Bettina Mittelstraß<br />

Deutschlandjahr in Vietnam<br />

Am Deutschlandjahr unter dem Motto<br />

„Stadt <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong> – <strong>Zukunft</strong> <strong>der</strong> Stadt“ beteiligte<br />

sich die <strong>DAAD</strong>-Außenstelle in Hanoi<br />

mit vielen Veranstaltungen.<br />

Zum Essaywettbewerb in deutscher Sprache<br />

reichten vietnamesische Studierende 33<br />

Aufsätze über ihre Visionen einer lebenswerten<br />

„Traumstadt“ ein. Zu gewinnen gab<br />

es Hochschulsommerkurse in Deutschland.<br />

Zehnjähriges Jubiläum feierte das Vietnamesisch-Deutsche<br />

Zentrum an <strong>der</strong> Technischen<br />

Universität Hanoi mit einem Tag<br />

<strong>der</strong> offenen Tür und 400 Ehrengästen. Seit<br />

Bestehen des Begegnungszentrums für wissenschaftliche<br />

Zusammenarbeit wurden<br />

hier mehr als 500 Veranstaltungen mit über<br />

10 000 Teilnehmern organisiert.<br />

14 Workshops mit 265 <strong>DAAD</strong>-Alumni und<br />

insgesamt 870 Teilnehmern zeigten über<br />

das Jahr hinweg die Bandbreite des wissenschaftlichen<br />

Austausches im Maschinenbau,<br />

Transport, Ingenieurswesen, Didaktik,<br />

Wasserwirtschaft, Agrarwissenschaft, Verkehrstechnik,<br />

Elektronik, Mathematik und<br />

Recht.<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


In ständigem kontakt<br />

50 <strong>DAAD</strong>-Informationszentren agieren auf dem<br />

globalisierten Bildungsmarkt<br />

Die Leiter <strong>der</strong> Informationszentren sind Botschafter des Studien- und Forschungsstandorts<br />

Deutschland und wichtiger Teil des weltumspannenden <strong>DAAD</strong>-Netzwerks. Die Zentren<br />

sind in 46 Län<strong>der</strong>n vertreten, im Oktober startete das 50. in Kamerun.<br />

Für Hongkonger Studierende ist die Sache<br />

relativ klar: Auslandssemester streben sie<br />

in den USA, Großbritannien o<strong>der</strong> Australien<br />

an. Für ihr Interesse an einem Studien- o<strong>der</strong><br />

Forschungsaufenthalt in Deutschland sorgt<br />

Sylvia Brandt, seit drei Jahren Leiterin des<br />

<strong>DAAD</strong>-Informationszentrums (IC) in Hongkong.<br />

„Da wir nicht auf einen vorhandenen<br />

Pool an Interessierten zurückgreifen können,<br />

setzen wir mit unserer Marketingarbeit weit<br />

unten an“, sagt Sylvia Brandt. „Wir punkten<br />

mit Argumenten – mit <strong>der</strong> Konkurrenzfähigkeit<br />

des deutschen Hochschulsystems gegenüber<br />

den englischsprachigen Län<strong>der</strong>n.“<br />

Hongkong sei ein spannen<strong>der</strong>, aber gleichzeitig<br />

schwieriger Markt, sagt sie. Es gibt eine<br />

lange Tradition des Auslandsstudiums, aber<br />

das Angebot ist groß und die Studierenden<br />

wollen umworben werden. Sylvia Brandt besucht<br />

deshalb Schulen und Hochschulen in<br />

Hongkong, lädt zu Präsentationen über Studien-<br />

und Lebensbedingungen in Deutschland<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

© <strong>DAAD</strong><br />

Traumhafter Ausblick:<br />

Hochschulmarketing<br />

in Hongkong<br />

ein, produziert Werbe- und Informationsmaterial<br />

und berät in ihrem Büro Abiturienten und<br />

Universitätsabsolventen. Gleichzeitig ist sie<br />

Ansprechpartnerin für Universitäten bei<strong>der</strong><br />

Län<strong>der</strong>, die an einer Zusammenarbeit interessiert<br />

sind. „Beson<strong>der</strong>s wichtig ist in Hongkong<br />

<strong>der</strong> persönliche Kontakt. Ich muss genau<br />

wissen, wen ich wo anspreche, muss präsent<br />

sein und wichtige Partner immer wie<strong>der</strong> persönlich<br />

treffen“, so die IC-Leiterin.<br />

Das weltumspannende Netzwerk <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong>-<br />

Informationszentren wird seit Ende <strong>der</strong> 1990er<br />

Jahre geknüpft. „Dabei haben das bestehende<br />

Netzwerk von über 400 <strong>DAAD</strong>-Lektoren weltweit<br />

genutzt“, berichtet Alexandra Gerstner,<br />

Referatsleiterin beim <strong>DAAD</strong> in Bonn. Auch die<br />

IC-Leiter unterrichten als <strong>DAAD</strong>-Lektoren an<br />

Universitäten in ihren Gastlän<strong>der</strong>n. Mit <strong>der</strong><br />

IC-Leitung ist die Unterrichtstätigkeit aber<br />

nur noch eine unter vielen Aufgaben. „Unsere<br />

IC-Leiter spüren hochschulpolitische Trends<br />

und Entwicklungen in ihren Gastlän<strong>der</strong>n auf<br />

daad<br />

Yaoundé: Rektor (Mitte), Hochschulminister und<br />

<strong>DAAD</strong>-Lektorin eröffnen das Informationszentrum<br />

und sind im ständigen Kontakt mit unserer<br />

wichtigsten Zielgruppe: Studierende und Wissenschaftler,<br />

die wir für einen Aufenthalt in<br />

unserem Land gewinnen wollen“, fasst <strong>DAAD</strong>-<br />

Präsidentin Sabine Kunst die Aufgaben und<br />

das Profil <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong>-Repräsentanten im Ausland<br />

zusammen.<br />

Starke Expansion<br />

Beginnend mit Standorten in Argentinien,<br />

Thailand, Malaysia und Chile hat sich das<br />

Netzwerk in den vergangenen zehn Jahren<br />

rasant ausgedehnt. Ende 2003 gehörten 34<br />

Informationszentren dazu, Ende Oktober 2010<br />

wurde das 50. Informationszentrum in Kameruns<br />

Hauptstadt Yaoundé eröffnet.<br />

Dort hat IC-Leiterin Katja Buchecker an<strong>der</strong>e<br />

Sorgen als ihre Kollegin in Hongkong.<br />

Deutschland ist für Kameruner bereits eines<br />

<strong>der</strong> beliebtesten Studienziele im Ausland,<br />

die deutsche Sprache genießt in dem zentralafrikanischen<br />

Land hohes Ansehen, viele<br />

Kameruner lernen in <strong>der</strong> Schule Deutsch. Ein<br />

weiteres Plus: <strong>der</strong> Schulabschluss in Kamerun<br />

ist dem deutschen Abitur gleichgestellt.<br />

Dagegen steht die Zusammenarbeit zwischen<br />

kamerunischen und deutschen Hochschulen<br />

erst am Anfang. „Aktuell för<strong>der</strong>t <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong><br />

nur ein Kooperationsprojekt zwischen den<br />

Universitäten Ngaoundéré und Bremen“, berichtet<br />

Buchecker. Deshalb will sie künftig<br />

auch Hochschulmitarbeiter beraten, die sich<br />

um eine Zusammenarbeit mit Deutschland<br />

bemühen.<br />

„Der Vorschlag für die Eröffnung neuer Informationszentren<br />

kommt in <strong>der</strong> Regel aus<br />

den Regionalreferaten des <strong>DAAD</strong>, die einzelne<br />

Län<strong>der</strong> o<strong>der</strong> ganze Regionen betreuen“,<br />

sagt Alexandra Gerstner. Zusätzlich werde<br />

das Potenzial vor Ort mit Hilfe von Bildungsmarktanalysen<br />

abgeschätzt. Allerdings ist ein<br />

weiterer Ausbau vorerst nicht geplant. „Nach<br />

<strong>der</strong> Expansionsphase kommt jetzt die Konsolidierungsphase.“<br />

Kristina Vaillant<br />

© <strong>DAAD</strong><br />

33


34 daad<br />

Stipendiaten forschen<br />

© York University<br />

Umweltwissenschaften<br />

Oasen in <strong>der</strong> Kältewüste<br />

Im harschen Klima des kanadischen<br />

Polar Bear Pass haben es<br />

Flora und Fauna schwer: Geringe<br />

Nie<strong>der</strong>schläge und Dauerfrostboden<br />

machen die hohe Arktis zu<br />

einer unwirtlichen Gegend. Nur<br />

eine ausgedehnte Teichlandschaft<br />

spendet hier Leben. „Die Teiche<br />

sind wie eine Oase in <strong>der</strong> Wüste“,<br />

erklärt <strong>DAAD</strong>-Stipendiatin Anna<br />

Abnizova. „Am Wasser leben unter<br />

an<strong>der</strong>em seltene Vogelarten und<br />

das Karibu, eine nordamerikanische<br />

Rentierart.“<br />

Die Umweltwissenschaftlerin<br />

von <strong>der</strong> York University in Toronto<br />

untersuchte über drei Jahre<br />

den natürlichen Kohlenstoffgehalt<br />

in arktischen Teichen Kanadas<br />

und Sibiriens, um auf den Stoffaustausch<br />

in diesen Gewässern<br />

schließen zu können. Für ihre Forschungen<br />

zur sibirischen Arktis arbeitete<br />

Anna Abnizova im Frühjahr<br />

und Sommer 2010 sieben Monate<br />

am Alfred-Wegener-Institut (AWI)<br />

in Potsdam. „Das <strong>DAAD</strong>-Stipendium<br />

hat mir ermöglich, vor Ort bei<br />

meinen deutschen Kollegen zu sein“, sagt<br />

die gebürtige Kasachin. „Man vergisst heute<br />

oft, dass Internet und Telefonkonferenzen<br />

den persönlichen Kontakt nicht ersetzen.“<br />

Das hatte Anna Abnizova bereits im Sommer<br />

2007 bei einem Praktikum im AWI schätzen<br />

gelernt. Bei ihrem Forschungsaufenthalt 2008<br />

begleitete sie die Wissenschaftler vom AWI auf<br />

einer Expedition nach Sibirien und nutzte das<br />

internationale Netzwerk des renommierten<br />

deutschen Instituts.<br />

Für ihre Dissertation verglich die 30-Jährige<br />

den Kohlenstoffgehalt <strong>der</strong> arktischen Teiche<br />

in Kanada und Sibirien über drei Jahre. Die<br />

Schwankungen des Werts geben Aufschluss<br />

darüber, wie es um die Ökosysteme <strong>der</strong> Teichlandschaft<br />

steht und welche Umweltfaktoren<br />

für den Zustand entscheidend sind. Die Umweltwissenschaftlerin<br />

warnt: „Die Teiche reagieren<br />

schon auf kleine Temperaturschwankungen,<br />

da sie sehr flach sind. Ein besseres<br />

Verständnis <strong>der</strong> Wasser- und Kohlenstoffbalance<br />

dieses empfindlichen Ökosystems zeigt<br />

uns, wie es auf Klimaän<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Arktis<br />

reagiert.“<br />

Artenreiche Teichlandschaft in <strong>der</strong> Arktis: Der kanadische Polar Bear Pass<br />

Journalistik<br />

Keine Story ohne Stringer<br />

Kaum jemand kennt den Beruf des Stringers –<br />

doch ohne ihn wüssten wir wenig davon, was<br />

am an<strong>der</strong>en Ende <strong>der</strong> Welt geschieht. Stringer<br />

sind Einheimische in Entwicklungslän<strong>der</strong>n,<br />

die ausländische Reporter bei <strong>der</strong> Berichterstattung<br />

unterstützen. Die meisten Stringer<br />

arbeiten als Journalisten, manche aber auch<br />

als Taxifahrer o<strong>der</strong> Barchef. Ihre wichtigste<br />

Kompetenz: Sie haben gute Kontakte in ihrem<br />

Land. „Gebuchter Pauschalreiseanbieter für<br />

Journalisten“ beschrieb ein deutscher Reporter<br />

im Interview mit <strong>DAAD</strong>-Stipendiatin Annika<br />

Zeitler den Job. Die Journalistikstudentin<br />

von <strong>der</strong> Technischen Universität Dortmund<br />

beschäftigt sich in ihrer Diplomarbeit mit dem<br />

Alltag von Stringern in Sambia. Dafür recherchierte<br />

sie im Sommer 2010 zwei Monate vor<br />

Ort im südlichen Afrika.<br />

Zuerst traf sie deutsche Auslandskorrespondenten<br />

deutscher Fernsehsen<strong>der</strong> in Johannesburg<br />

und sprach mit ihnen über ihre Erfahrungen<br />

mit den einheimischen Freiberuflern.<br />

„Obwohl die deutschen Berichterstatter die<br />

Stringer für ihre wichtigste Informationsquelle<br />

halten, ist die Zusammenarbeit oft lose und<br />

schwierig“, erklärt Annika Zeitler. Die einheimischen<br />

Journalisten übersetzen, verschaffen<br />

Kontakte zu hochkarätigen Interviewpartnern,<br />

regeln Anreise und Unterkunft – und verschwinden<br />

nach getaner Arbeit wie<strong>der</strong>. Diese<br />

Flüchtigkeit beklagten auch die Stringer, mit<br />

denen sich Annika Zeitler in Sambia<br />

traf. „Viele von ihnen bemängeln außerdem,<br />

dass sie thematisch nicht eingebunden<br />

werden und die deutschen<br />

Journalisten ihre eigenen, oft stereotypen<br />

Geschichten im Kopf haben“, sagt<br />

die Diplomandin. Mit ihrer Arbeit will<br />

sie Anregungen für ein besseres Verhältnis<br />

zwischen Stringern und Auslandskorrespondenten<br />

geben.<br />

Afrika soll auch nach ihrem Abschluss<br />

ein wichtiges Thema für die<br />

Unersetzlich:<br />

Einheimische Journalisten<br />

unterstützen deutsche Kollegen<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


junge Journalistin bleiben. „Afrika-Korrespondentin<br />

zu werden ist mein großer Traum“,<br />

sagt die freie Mitarbeiterin des Westdeutschen<br />

Rundfunks.<br />

Logistik<br />

Autos für die Stadt <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

Statt Lampen wird über Spiegel gelenktes Sonnenlicht<br />

benutzt, Solarpanels versorgen eine<br />

ganze Stadt mit Strom, geschickt kanalisierter<br />

Wind ersetzt Klimaanlagen: Was wie eine Vision<br />

aus einem Science-Fiction-Roman klingt,<br />

wollen die Vereinigten Arabischen Emirate<br />

mit <strong>der</strong> Konzeptstadt Masdar City Wirklichkeit<br />

werden lassen – mitten in <strong>der</strong> Wüste.<br />

<strong>DAAD</strong>-Stipendiatin Katharina Müller reichte<br />

einen Entwurf für das Transportsystem <strong>der</strong><br />

CO2-neutralen Stadt ein und schloss damit<br />

ihr Masterstudium ab. Für ihre Masterarbeit<br />

forschte sie ein halbes Jahr am Masdar Institute,<br />

in dem Mitarbeiter des renommierten<br />

Massachusetts Institute of Technology (MIT)<br />

arbeiten.<br />

Katharina Müller begann zuerst ein Mathematikstudium<br />

an <strong>der</strong> Universität Ulm, was<br />

sie bald zu praxisfern fand. Als an <strong>der</strong> Fachhochschule<br />

Ulm <strong>der</strong> Studiengang Logistik<br />

eingeführt wurde, wechselte sie. „Die ersten<br />

Semester waren aufgrund des vorangegangenen<br />

Mathematikstudiums nicht schwer“, erinnert<br />

sich die 28-Jährige. „Deshalb lernte ich<br />

nebenher noch Arabisch.“ Durch einen Professor<br />

ihrer Fachhochschule kam sie bereits<br />

im Bachelorstudium für ein Praktikum in die<br />

Vereinigten Arabischen Emirate.<br />

Als Katharina Müller im März 2009 mit ihrer<br />

Masterarbeit begann, gab es noch kein ausgereiftes<br />

Konzept für den öffentlichen Transport<br />

in Masdar City. Nur eins war klar: In <strong>der</strong><br />

Stadt sollte es keinen Privatverkehr geben und<br />

Personen und Güter sollten in kleinen Elektrofahrzeugen<br />

beför<strong>der</strong>t werden, die an Stationen<br />

bereitstehen. Katharina Müller versucht in<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

© privat<br />

© picture-alliance/Godong<br />

CO2-frei fortbewegen: Elektromobil für die Ökostadt Masdar City<br />

ihrer Arbeit das Service-Zeit-Verhältnis sowie<br />

den Energieverbrauch zu optimieren. Anhand<br />

von Tabellen musste sie bestimmen, mit wie<br />

vielen Nutzern an welchen Orten zu rechnen<br />

ist. Sie schrieb ein neues Programm, das die<br />

Fortbewegung <strong>der</strong> intelligenten fahrerlosen<br />

Elektromobile und verschiedene Nachfrage-<br />

und Störungsszenarien simulierte. Die erste<br />

Testschleife des Transportsystems wird <strong>der</strong>zeit<br />

in Betrieb genommen, und die Simulation<br />

<strong>der</strong> Ulmer Absolventin kann nun um die<br />

exakten Betriebsdaten ergänzt werden. In <strong>der</strong><br />

Heimat wurde ihre Mühe belohnt: Katharina<br />

Müller erhielt den mit 2 000 Euro dotierten<br />

Wieland-Preis für Nachhaltigkeit 2010.<br />

Musikwissenschaft<br />

Symbiose von Musik und Macht<br />

„Das Gewandhausorchester war das musikalische<br />

Aushängeschild <strong>der</strong> DDR“, sagt <strong>der</strong> amerikanische<br />

Musikwissenschaftler Jonathan<br />

Yaeger über die Vergangenheit des noch heute<br />

weltberühmten Leipziger Orchesters. Der<br />

<strong>DAAD</strong>-Stipendiat von <strong>der</strong> Indiana University<br />

forschte 13 Monate in Leipzig zur Geschichte<br />

des Gewandhausorchesters in <strong>der</strong> DDR. In<br />

sechs Archiven durchforstete er hauptsächlich<br />

Akten aus den Jahren 1970 bis 1990 – darunter<br />

auch Dokumente des DDR-Geheimdienstes<br />

– und führte rund zwanzig Interviews mit ehemaligen<br />

Orchestermitglie<strong>der</strong>n, Kulturfunktionären<br />

und Komponisten. Das Verhältnis von<br />

Orchester und Partei beschreibt <strong>der</strong> US-Amerikaner<br />

als symbiotisch. Die Sozialistische Einheitspartei<br />

Deutschlands (SED) habe das Prestige<br />

des Gewandhausorchesters gebraucht, um<br />

im Ausland den Eindruck eines kultivierten,<br />

humanistischen Staates zu vermitteln. „Die<br />

Musiker erhielten im Gegenzug Privilegien“,<br />

erläutert <strong>der</strong> Musikwissenschaftler. „Deshalb<br />

hat auch nur eine verschwindend geringe Zahl<br />

von ihnen die internationalen Tourneen zur<br />

Flucht genutzt.“<br />

daad<br />

Trotzdem waren die Musiker in <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

nicht etwa als Opportunisten verschrien<br />

– die Leipziger liebten ihr Orchester. Grund<br />

dafür war nicht zuletzt <strong>der</strong> hoch geschätzte<br />

Star-Dirigent Kurt Masur, <strong>der</strong> das Gewandhausorchester<br />

ab 1970 leitete. Während <strong>der</strong><br />

Protestmärsche 1989 setzte er seine moralische<br />

Autorität ein, um die Leipziger Demonstranten<br />

und die SED-Führung von einem<br />

friedlichen Vorgehen zu überzeugen. „Heute,<br />

20 Jahre nach dem Mauerfall, sind mir die immer<br />

noch bestehenden ökonomischen Unterschiede<br />

zwischen Ost- und Westdeutschland<br />

aufgefallen“, sagt Jonathan Yaeger. „Aber gerade<br />

unter jungen Leuten hatte ich das Gefühl,<br />

dass sie keine Grenze mehr sehen.“<br />

Auch mit <strong>der</strong> heutigen Leipziger Musikszene<br />

kam Jonathan Yaeger in Kontakt: Er sang<br />

während seines Aufenthalts selbst im Gewandhauschor.<br />

Dort habe er Freundschaften<br />

geschlossen und viel über die deutsche Kultur<br />

und Mentalität gelernt. „Die Deutschen sind<br />

nicht sehr aufgeschlossen, aber wenn man<br />

sie einmal ‚geknackt‘ hat, schließen sie einen<br />

wirklich fest ins Herz“, sagt <strong>der</strong> 35-Jährige.<br />

Julia Walter<br />

Kurt Masur 1990:<br />

künstlerisch und politisch eine Autorität<br />

© dpa<br />

35


36<br />

© <strong>DAAD</strong>/Lichtenscheidt<br />

© Bundespresseamt<br />

daad<br />

nachrichten<br />

<strong>DAAD</strong>-Generalsekretärin<br />

Seit Oktober im Einsatz<br />

Nur wenige Tage nachdem Dorothea<br />

Rüland am 1. Oktober ihr<br />

Amt als <strong>DAAD</strong>-Generalsekretärin<br />

übernommen hatte, reiste sie an<br />

die German University in Cairo,<br />

um dort die frischgebackenen<br />

Graduierten zu beglückwünschen.<br />

Weitere Auslandsbesuche<br />

folgten Schlag auf Schlag: Spanien,<br />

Türkei, Jordanien, Thailand,<br />

Irak. Auch in Deutschland reißen<br />

die Termine nicht ab. In Berlin<br />

begrüßte sie 500 neu geför<strong>der</strong>te<br />

<strong>DAAD</strong>-Stipendiaten, die in <strong>der</strong><br />

Hauptstadtregion studieren und<br />

forschen, in Bonn diskutierte sie<br />

mit chinesischen Akademikern,<br />

Dorothea Rüland:<br />

Internationalisierung<br />

aktiv mitgestalten<br />

wie stärkere Verbindungen zu<br />

Deutschland geknüpft werden<br />

können.<br />

Die promovierte Germanistin<br />

kennt den <strong>DAAD</strong> in all seinen Facetten:<br />

Zu Beginn ihrer Karriere<br />

arbeitete sie als Lektorin in Thailand,<br />

von 1994 bis 1999 leitete sie<br />

die Außenstelle in Jakarta, Indonesien.<br />

Bevor sie 2008 an die Freie<br />

Universität Berlin wechselte, um<br />

dort das Center for International<br />

Cooperation zu führen, war sie<br />

vier Jahre lang stellvertretende<br />

Generalsekretärin des <strong>DAAD</strong>.<br />

Was ausländische Studierende<br />

angeht, stehen die Zeichen auf<br />

Expansion: Trotz des harten internationalen<br />

Wettbewerbs um hochqualifizierten<br />

Nachwuchs ist ihre<br />

Zahl in Deutschland im vergangenen<br />

Jahrzehnt um 40 Prozent<br />

auf 245 000 gestiegen. „Hochschulmarketing,<br />

internationale<br />

Studienangebote und vereinfachte<br />

Aufenthaltsregelungen machen<br />

sich bemerkbar“, sagt Dorothea<br />

Rüland. Auf diesem Erfolg will<br />

sie sich aber nicht ausruhen. „Ich<br />

werde mit meinen Erfahrungen<br />

dazu beitragen, dass <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong><br />

diesen Prozess weiterhin aktiv<br />

mitge staltet.“ KS<br />

Herzlicher Dank: Neben vielen Weggefährten verabschiedete auch<br />

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (l.) den scheidenden<br />

<strong>DAAD</strong>-Generalsekretär Christian Bode. Bei <strong>der</strong> Feier am 28. September<br />

im Französischen Dom in Berlin würdigte <strong>der</strong> FDP-Politiker<br />

Bodes „nachhaltiges Engagement“ – sowohl für die innere Einheit<br />

Deutschlands als auch für die Verwurzelung in <strong>der</strong> internationalen<br />

Gemeinschaft.<br />

Deutsch-Türkische Universität<br />

Grundstein gelegt<br />

Die Deutsch-Türkische Universität<br />

(DTU) hat einen weiteren Meilenstein<br />

erreicht. Bundespräsident<br />

Christian Wulff und sein türkischer<br />

Amtskollege Abdullah Gül<br />

legten Mitte Oktober in Istanbul<br />

den Grundstein für die Hochschule.<br />

Die DTU soll zu einer international<br />

führenden Forschungsuniversität<br />

mit Schwerpunkt in den<br />

Ingenieurwissenschaften und zu<br />

einer Plattform für den kulturellen<br />

Austausch heranwachsen. Die<br />

Grundsteinlegung ist auch ein großer<br />

Erfolg für den <strong>DAAD</strong>: Die Bundesregierung<br />

hatte ihn beauftragt,<br />

das Universitätsprojekt zu entwickeln<br />

und zu koordinieren. Im<br />

Wintersemester 2011/12 soll die<br />

DTU ihre Arbeit aufnehmen. Zum<br />

Gründungsrektor ernannte <strong>der</strong><br />

türkische Präsident den Bauingenieur-Professor<br />

Ziya Sanal von <strong>der</strong><br />

Hochschule München. boh<br />

Indien/Göttingen<br />

Besser verstehen<br />

Der Vielvölkerstaat Indien ist<br />

unter den Entwicklungs- und<br />

Schwellenlän<strong>der</strong>n <strong>der</strong>zeit einer<br />

<strong>der</strong> interessantesten Partner für<br />

die Industrielän<strong>der</strong>. Das am 26.<br />

November offiziell eröffnete Centre<br />

for Mo<strong>der</strong>n Indian Studies<br />

(CeMIS) an <strong>der</strong> Universität Göttingen<br />

will einen Beitrag zu einem<br />

besseren Verständnis <strong>der</strong> indischen<br />

Gesellschaft leisten.<br />

In Lehre und Forschung geht es<br />

dort um das mo<strong>der</strong>ne Indien, als<br />

Ergänzung zur Indologie. Wichtig<br />

sind dabei aktive Partnerschaften<br />

mit indischen Universitäten. Das<br />

vom Land Nie<strong>der</strong>sachsen ko-finanzierte<br />

Zentrum ist ausdrücklich<br />

Start für Prestigeprojekt: Präsidenten Abdullah Gül<br />

(links) und Christian Wulff legen den Grundstein <strong>der</strong><br />

Deutsch-Türkischen Universität<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

© Reiner Zensen


interdisziplinär ausgerichtet. „Wir <strong>DAAD</strong>/OSI-Programm<br />

sind Anlaufstelle für Indologen,<br />

Wirtschafts- und Sozialwissen- Wegbereiter des Wandels<br />

schaftler o<strong>der</strong> auch Historiker Ihr Ziel ist eine starke Zivilge-<br />

und Philosophen“, erläutert Holk sellschaft, ihr Weg die Wissen-<br />

Stobbe, Geschäftsführer des Zentschaft. Seit zehn Jahren vergeben<br />

rums. Das CeMIS bietet Bachelor- <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong> und das Open Society<br />

und Masterstudiengänge an. Institute (OSI) gemeinsam Sti-<br />

Daneben för<strong>der</strong>t <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong> zwei pendien an Geistes-, Sozial- und<br />

weitere Einrichtungen an den Uni- Wirtschaftswissenschaftler aus<br />

versitäten Köln und Würzburg, als Ost- und Südosteuropa sowie aus<br />

„Zentrum für Mo<strong>der</strong>ne Indienstu- Zentralasien. Die kritischen jundien“<br />

im Rahmen seiner Initiative gen Denker sollen sich in ihren<br />

„A New Passage to India“. mk Heimatlän<strong>der</strong>n für mehr Frieden<br />

www.uni-goettingen.de/de/131257.html und Demokratie einsetzen. An-<br />

www.uni-goettingen.de/de/131257.html fang September feierten die Partner<br />

zusammen mit 40 aktiven<br />

Lücke schließen<br />

Der <strong>DAAD</strong> hat Anfang Oktober das deutsch-kolumbianische Exzellenzzentrum<br />

für Meereswissenschaften (CEMarin) in Santa Marta<br />

eröffnet. Das neue Zentrum hilft bei <strong>der</strong> Erforschung <strong>der</strong> extrem<br />

artenreichen Gewässer. „Bislang ist die marine Forschung jedoch<br />

unterrepräsentiert“, erklärt Thomas Wilke, Programmdirektor des<br />

CEMarin und Professor für Spezielle Zoologie und Biodiversitätsforschung<br />

an <strong>der</strong> am Zentrum beteiligten Universität Gießen. Das<br />

CEMarin will diese Lücke schließen. Dafür bietet es Nachwuchswissenschaftlern<br />

bei<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> ein forschungsintensives und interdisziplinäres<br />

Ausbildungsprogramm.<br />

CEMarin erhält in den kommenden fünf Jahren 1,5 Millionen Euro<br />

För<strong>der</strong>mittel. Auf kolumbianischer Seite sind neben dem Meeresforschungsinstitut<br />

INVEMAR sieben Universitäten beteiligt, auf deutscher<br />

Seite sind es neben Gießen drei weitere Universitäten.<br />

www.cemarin.org<br />

Starkes Fundament<br />

Auf eine bereits bestehende Einrichtung kann das deutsch-chilenische<br />

Exzellenzzentrum für Forschung und Lehre in Santiago de Chile<br />

aufbauen, das Mitte Oktober eröffnet wurde. Es erweitert das 2002<br />

gegründete Heidelberg Center Lateinamerika – eine Art auswärtiges<br />

Graduiertenkolleg <strong>der</strong> Universität Heidelberg – um vier Fachrichtungen:<br />

Astronomie, Geowissenschaften, Medizinische Physik sowie<br />

Medizinische Informatik.<br />

Bislang lag <strong>der</strong> Fokus auf den Rechtswissenschaften und <strong>der</strong><br />

Psychotherapie. In Kooperation mit den beiden renommiertesten<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

Stipendiaten sowie 40 Alumni das<br />

Jubiläum in Berlin.<br />

„Viele sagen, dass sie heute die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen in ihren<br />

Heimatregionen von einer Außenperspektive<br />

betrachten – das heißt<br />

wissenschaftlich-distanzierter<br />

und damit auch friedlicher“, erzählt<br />

Manja Hussner, Leiterin des<br />

<strong>DAAD</strong>-Referats für den Kaukasus<br />

und Zentralasien. Das Programm<br />

wurde schnell so beliebt, dass es<br />

sich von acht auf 18 Län<strong>der</strong> ausdehnte.<br />

Insgesamt 700 Talente<br />

unterstützten die Partner bislang.<br />

www.daad.de/osi-bilanzbroschuere<br />

JW<br />

Exzellenzzentren – gemeinsame Spitzenforschung<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Außenwissenschaftsinitiative des Auswärtigen Amtes för<strong>der</strong>t <strong>der</strong> <strong>DAAD</strong><br />

weltweit vier Exzellenzzentren über die nächsten fünf Jahre. Diese sollen exzellente Spitzenforschung<br />

aus dem Ausland mit <strong>der</strong> deutschen Forschung vernetzen. Nach <strong>der</strong> Gründung<br />

des German-Russian Interdisciplinary Science Centers in Sankt Petersburg im März<br />

(siehe Letter Nr. 1/2010) folgte im Lauf des Jahres die Eröffnung <strong>der</strong> drei an<strong>der</strong>en.<br />

Universitäten Chiles – <strong>der</strong> Universidad de Chile und <strong>der</strong> Pontificia<br />

Universidad Católica de Chile – entwickelt das Center Studien- und<br />

Weiterbildungsprogramme für den lateinamerikanischen Bildungsmarkt<br />

und bietet diese auch an. „Wir haben uns in Lateinamerika<br />

positioniert, als viele ihren Blick noch ausschließlich auf Asien und<br />

Osteuropa richteten“, sagt Walter Eckel, Leiter des Heidelberg Center.<br />

In den kommenden fünf Jahren fließen 2,1 Millionen Euro in das<br />

Exzellenzzentrum.<br />

www.heidelberg-center.uni-hd.de<br />

Gute Regierungsführung<br />

Einen an<strong>der</strong>en Ansatz verfolgt das Exzellenzzentrum für Public Policy<br />

und gute Regierungsführung (German-Southeast Asian Center für Public<br />

Policy and Good Governance, CPG) in Thailand, das im November<br />

offiziell eingeweiht wurde. Im CPG, das an <strong>der</strong> Thammasat University<br />

in Bangkok angesiedelt ist, vergleichen und erforschen Wissenschaftler<br />

deutsches und südostasiatisches Recht. Ein zweiter Schwerpunkt<br />

ist die Lehre: Deutsches Recht, fachspezifisches Deutsch und Fortbildungen<br />

für Juristen stehen auf dem Programm. Zentrales Anliegen<br />

des CPG sei ein Rechtsstaatsdialog, so Jura-Professor Dirk Ehlers,<br />

Direktor des Instituts für öffentliches Wirtschaftsrecht <strong>der</strong> Universität<br />

Münster. „Wir sind fest davon überzeugt, dass ein solcher Dialog<br />

positive politische Auswirkungen haben wird.“<br />

Das Zentrum wird vom <strong>DAAD</strong> über fünf Jahre mit insgesamt 1,2<br />

Millionen Euro geför<strong>der</strong>t. Die Universitäten Münster, Frankfurt und<br />

Passau sind als gleichberechtigte Partner beteiligt.<br />

www.cpg-online.de dvr<br />

daad 37<br />

Große Sprünge wagen Daring to take a leap<br />

Zehn Jahre <strong>DAAD</strong>/OSI-Programm 10 years of the <strong>DAAD</strong>/OSI Programme<br />

Stipendien für Studierende und Wissenschaftler aus dem Kaukasus,<br />

aus Zentralasien, Weißrussland, Moldau, <strong>der</strong> Ukraine und Südosteuropa<br />

Scholarships for students and academics from the Caucasus,<br />

Central Asia, Belarus, Moldova, Ukraine and South Eastern Europe<br />

GEFÖRDERT DURCH<br />

20131 OSI-Bilanzbroschüre.indd 1 24.08.10 16:23


38<br />

daad<br />

10 Jahre IC Prag<br />

Wachsendes Interesse<br />

Auch 20 Jahre nach den politischen<br />

Umbrüchen in Europa<br />

wächst die gute Zusammenarbeit<br />

zwischen Tschechien und<br />

Deutschland weiter. Das zeigte<br />

deutlich das Symposium „Jenseits<br />

<strong>der</strong> Grenzen“, das das <strong>DAAD</strong>-<br />

Informationszentrum (IC) in<br />

Prag anlässlich seines zehnten<br />

Geburtstags zusammen mit <strong>der</strong><br />

Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften <strong>der</strong><br />

Tschechischen Republik und <strong>der</strong><br />

Deutschen Botschaft im Oktober<br />

organisierte.<br />

Schwerpunkt des Symposiums<br />

waren die Neurowissenschaften<br />

– kein Zufall, denn das Fach<br />

steht beispielhaft für eine neue<br />

Entwicklung. „Immer häufiger<br />

interessieren sich in Tschechien<br />

die naturwissenschaftlichen Disziplinen<br />

für die Arbeit des <strong>DAAD</strong><br />

– auch Architekten und Ingenieurwissenschaftler“,<br />

sagt IC-Leiterin<br />

Astrid Winter.<br />

Darüber hinaus würde sich<br />

die tschechische Forschungslandschaft<br />

stark verän<strong>der</strong>n. Weil<br />

es etwa Graduiertenschulen in<br />

Tschechien noch nicht gibt, boten<br />

das Beispiel <strong>der</strong> Göttinger<br />

Graduiertenschule für Neurowissenschaften<br />

und <strong>der</strong> Beitrag des<br />

Medizin-Nobelpreisträgers Erwin<br />

Neher auf dem Symposium viele<br />

Anregungen für die <strong>Zukunft</strong>. bcm<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong><br />

Lebensgrundlage sichern<br />

Abgeholzte Regenwäl<strong>der</strong>, verschmutztes<br />

Wasser, ineffizienter<br />

Umgang mit Energie – insbeson<strong>der</strong>e<br />

in Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

kämpfen Menschen, Tiere und<br />

Pflanzen mit den Auswirkungen<br />

dieser Probleme. Weltweit „Ökologische<br />

Nachhaltigkeit“ for<strong>der</strong>t daher<br />

das siebte Millenniumsziel <strong>der</strong><br />

Vereinten Nationen. Dazu beitragen<br />

will das vom <strong>DAAD</strong> geför<strong>der</strong>te<br />

„Center for Natural Resources and<br />

Development“ (CNRD), das Mitte<br />

September an <strong>der</strong> Fachhochschule<br />

Köln eröffnet wurde.<br />

„Umdenken ist angesagt: Zur<br />

Sicherung unserer Lebensgrundlage<br />

muss das Gleichgewicht des<br />

Slums in Saigon: Menschen in Entwicklungslän<strong>der</strong>n leiden beson<strong>der</strong>s<br />

unter verschmutzten Gewässern<br />

Ökosystems und die Interaktion<br />

von Mensch und Umwelt in den<br />

Mittelpunkt rücken“, erklärt Antonio<br />

Reyes, <strong>der</strong> am CNRD die neu<br />

geschaffene Professur für „Management<br />

natürlicher Ressourcen“<br />

übernimmt. Im Verbund mit<br />

Partnerhochschulen in Mexiko,<br />

Brasilien, Vietnam, Ägypten, Jordanien,<br />

Mosambik, Chile, Nepal<br />

und Indonesien bauen die Kölner<br />

Wissenschaftler Masterstudiengänge<br />

sowie einen Doktoranden-<br />

und Dozentenaustausch auf. Den<br />

Studierenden soll die Fähigkeit<br />

vermittelt werden, Ressourcen<br />

im regionalen Kontext nachhaltig<br />

zu managen. Der Fokus liegt auf<br />

Wasser, Land und Energie. bcm<br />

www.tt.fh-koeln.de/e/itt/index.htm<br />

Germanisten-Weltkongress<br />

Krise und Aufschwung<br />

In immer mehr Län<strong>der</strong>n werden<br />

Germanistik-Institute geschlossen<br />

o<strong>der</strong> in allgemeine Fremdsprachenabteilungen<br />

integriert. Die<br />

Konsequenz: Die Auslandsgermanistik<br />

muss neue Wege gehen.<br />

Über künftige Alternativen diskutierten<br />

Experten beim zwölften<br />

Weltkongress <strong>der</strong> Internationalen<br />

Vereinigung für Germanistik<br />

im Sommer in Warschau.<br />

„Eine Möglichkeit ist die stärkere<br />

Anbindung an Nachbarfächer<br />

o<strong>der</strong> die Kooperation mit eher<br />

anwendungsbezogenen Fächern<br />

wie Betriebswirtschaft o<strong>der</strong> Tourismus“,<br />

sagte Florian Gräfe, Lektor<br />

des <strong>DAAD</strong> an <strong>der</strong> Universidad<br />

de Guadalajara in Mexiko, bei einer<br />

vom <strong>DAAD</strong> organisierten Podiumsdiskussion.<br />

An dem Kongress<br />

nahmen mehr als 1500 Fachleute<br />

aus <strong>der</strong> ganzen Welt teil, etwa<br />

ein Drittel <strong>der</strong> Referenten waren<br />

<strong>DAAD</strong>-Alumni.<br />

Eine Untersuchung des Auswärtigen<br />

Amtes zur „Deutschen Sprache<br />

in <strong>der</strong> Welt“ hat allerdings<br />

ergeben, dass Deutsch in vielen<br />

Län<strong>der</strong>n noch immer die wichtigste<br />

Zweitsprache an Schulen<br />

ist. Teilweise habe die Zahl <strong>der</strong><br />

Deutsch-Lernenden sogar wie<strong>der</strong><br />

zugenommen. MCM<br />

www.ivg.uw.edu.pl<br />

Mexiko<br />

Talente vernetzen<br />

Netzwerke spielen für den Austausch<br />

in Wissenschaft und Wirtschaft<br />

eine wichtige Rolle. Wie<br />

man beide Bereiche geschickt<br />

verbindet, erlebten die rund 500<br />

Teilnehmer <strong>der</strong> Konferenz <strong>der</strong><br />

Deutschland-Alumni Ende Oktober<br />

in Mexiko-Stadt. Der <strong>DAAD</strong><br />

hatte sie fe<strong>der</strong>führend organisiert.<br />

Thema war die Bedeutung von<br />

Netzwerken zwischen Deutschland<br />

und Mexiko auf den Gebieten<br />

„Neue Medien“, „Energie<br />

und Klima“ sowie „Gesundheit“.<br />

Die Netzwerke können als mediale<br />

Plattform das Alumniportal<br />

Deutschland nutzen, dessen<br />

Launch in Mexiko den Rahmen<br />

<strong>der</strong> Konferenz bildete. Das Internetportal<br />

genießt dort hohes<br />

Ansehen: „Das Alumniportal<br />

Deutschland baut eine internationale<br />

Gemeinschaft qualifizierter<br />

Talente auf, die sich in Mexiko<br />

und Deutschland als exzellente<br />

Botschafter ihres Gast- und Heimatlandes<br />

hervorheben“, sagte<br />

Celia Toro, Generaldirektorin des<br />

Instituts Matías Romero im mexikanischen<br />

Außenministerium. Die<br />

parallel stattfindende Messe, auf<br />

<strong>der</strong> sich deutsche Unternehmen,<br />

wie Volkswagen, BMW, Bosch und<br />

Siemens, präsentierten, nutzten<br />

die Alumni als Kontakt- und Jobbörse.<br />

CW<br />

www.alumniportal-deutschland.org<br />

Alumni-Treffen<br />

Umwelt-Themen im Fokus<br />

Den Elementen Erde, Feuer, Wasser<br />

und Wind widmete sich Ende<br />

Oktober ein Alumni-Treffen des<br />

<strong>DAAD</strong> und <strong>der</strong> Alexan<strong>der</strong> von<br />

Humboldt-Stiftung in New York.<br />

Unter dem Motto „Facing the four<br />

Elements: Developing a Transatlantic<br />

Approach to Sustainability“<br />

begrüßten <strong>der</strong> stellvertretende Generalsekretär<br />

des <strong>DAAD</strong>, Ulrich<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

© ITT/FH Köln


Grothus, und <strong>der</strong> Generalsekretär<br />

<strong>der</strong> AvH-Stiftung, Enno Auf<strong>der</strong>heide,<br />

120 ehemalige Stipendiaten<br />

aus den USA und Kanada. Die<br />

Alumni beschäftigten sich mit<br />

Landwirtschaft, Kernenergie und<br />

Versteppung sowie mit Nachhaltigkeit<br />

in Kunst und Wissenschaft.<br />

Die Ergebnisse sollen in einem<br />

Son<strong>der</strong>band <strong>der</strong> Zeitschrift „The<br />

Environmentalist“ veröffentlicht<br />

werden. Der kanadische Alumniverein<br />

des <strong>DAAD</strong> feierte seine<br />

Wie<strong>der</strong>gründung.<br />

Umwelt-Themen standen auch<br />

beim zeitgleich stattfindenden<br />

Alumni-Treffen „Pakistani and<br />

German Universities – Joining<br />

Forces for a Better Future“ in Islamabad<br />

im Mittelpunkt. Mehr als<br />

120 pakistanische Absolventen<br />

deutscher Universitäten und zehn<br />

deutsche Wissenschaftler diskutierten<br />

über Biowissenschaften,<br />

Anthropologie, Wasser-Ressource-<br />

Management und Konflikt-Studien.<br />

Neben aktuellen Forschungsergebnissen<br />

ging es um die Stärkung<br />

<strong>der</strong> Zusammenarbeit: „Unser Ziel<br />

ist ein lebendiges Netzwerk <strong>der</strong><br />

Kooperation zwischen deutschen<br />

und pakistanischen Hochschulen“,<br />

sagte Dr. Helmut Blumbach, Abteilungsleiter<br />

Süd im <strong>DAAD</strong>. CW<br />

Alumni-Verband Nigeria<br />

<strong>Zukunft</strong> Deutsch<br />

Deutschland hat sie geprägt. Darüber<br />

sind sich viele Nigerianer,<br />

die in <strong>der</strong> Bundesrepublik studieren,<br />

forschen und Deutsch lernen<br />

konnten, einig. Damit diese Zeit<br />

nicht in Vergessenheit gerät und<br />

Kontakte nicht verloren gehen,<br />

hat sich im Juli die <strong>DAAD</strong> Alumni<br />

Association of Nigeria gegründet.<br />

Die Idee entstand im November<br />

2009 während einer Veranstaltung,<br />

die das Institut für<br />

Medizinische Mikrobiologie <strong>der</strong><br />

Otto-von-Guericke-Universität<br />

in Magdeburg organisiert hatte.<br />

„Das Institut hatte seine einstigen<br />

Studierenden aus Afrika zu einem<br />

Alumni-Treffen eingeladen“,<br />

berichtet Adesola Ajayi, <strong>der</strong> Vorsitzende<br />

des frisch gegründeten<br />

Verbands. Unter den Teilnehmern<br />

waren viele Nigerianer, die von<br />

<strong>der</strong> Idee eines eigenen Verbandes<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

begeistert waren. Beim Auftakt<br />

hatte die Alumni-Vereinigung<br />

bereits 50 Mitglie<strong>der</strong>. „Zukünftig<br />

möchten wir qualifizierte Studierende<br />

ermuntern, sich um ein<br />

<strong>DAAD</strong>-Stipendium zu bewerben“,<br />

so Adesola Ajayi.<br />

Vorangetrieben hat die Gründung<br />

Shaban Mayanja aus Uganda,<br />

<strong>der</strong> bis Juli als <strong>DAAD</strong>-Dozent<br />

im nigerianischen Ile Ife gearbeitet<br />

hat. Seine Begeisterung für<br />

das Deutsche hat er an seine Studierenden<br />

weitergegeben und ist<br />

überzeugt: „Deutsch hat <strong>Zukunft</strong><br />

in Nigeria.“ KG<br />

10 Jahre CSP<br />

Verantwortung übernehmen<br />

In Berlin feierten Anfang November<br />

120 Alumni mit ihren För<strong>der</strong>ern<br />

das zehnjährige Bestehen des<br />

Carlo-Schmid-Programms (CSP).<br />

Der <strong>DAAD</strong> bietet darin gemeinsam<br />

mit <strong>der</strong> Studienstiftung des deutschen<br />

Volkes Praktikumsplätze in<br />

© Anne-Kathrin Herrmann<br />

Begeistert von<br />

<strong>der</strong> deutschen Sprache:<br />

Shaban Mayanja<br />

internationalen Organisationen.<br />

Viele Alumni arbeiten heute in<br />

verantwortungsvollen Positionen.<br />

Zu den Gästen zählte auch die<br />

Betriebswirtin Theresia Redigolo,<br />

2001 eine <strong>der</strong> ersten Stipendiatinnen.<br />

Mit 26 Jahren arbeitete<br />

sie bereits in New York bei <strong>der</strong><br />

UNO im Department of Peacekeeping<br />

Operations und stellte ziviles<br />

internationales Personal für<br />

UNO-Friedensmissionen ein. „Ich<br />

wollte meinen Beitrag zum Frieden<br />

leisten, indem ich kompetente<br />

Menschen suche und zusammenbringe.“<br />

Seit sechs Jahren ist sie<br />

Licht und Schatten in Jerusalem:<br />

Fotowettbewerb zum CSP-Jubiläum zeichnet Anne-Kathrin Herrmann aus<br />

© <strong>DAAD</strong><br />

daad 39<br />

beim Office of the United Nations<br />

High Commissioner for Human<br />

Rights in Genf und betreut nun<br />

selbst CSP-Praktikanten.<br />

Auch die an<strong>der</strong>en Alumni verstreut<br />

es in alle Welt. Dennoch<br />

pflegen sie untereinan<strong>der</strong> eine<br />

enge Verbindung - ein Teil <strong>der</strong><br />

Erfolgsgeschichte. Jährlich organisiert<br />

das 2003 gegründete<br />

CSP-Netzwerk für internationale<br />

Politik und Zusammenarbeit Tagungen<br />

für seine Mitglie<strong>der</strong>. Zum<br />

Jubiläum ging es um das Thema<br />

„Engagement für eine bessere<br />

Welt“. bcm


40 daad<br />

Als Aris Fioretos von 2003 bis 2007 Botschaftsrat<br />

für Kultur an <strong>der</strong> schwedischen<br />

Botschaft in Berlin war, machte er die Erfahrung:<br />

„Als Schwede kann man hier wenig<br />

falsch machen. Die Vorstellungen <strong>der</strong> Deutschen<br />

über Schweden sind von vornherein<br />

und fast übertrieben positiv.“ Jetzt haben es<br />

die Deutschen auch noch einem Schweden zu<br />

verdanken, dass die erste deutschsprachige Literaturnobelpreisträgerin<br />

aus ihrem Schattendasein<br />

befreit wurde: Im Berliner Jüdischen<br />

Museum erinnerte Fioretos im Frühjahr dieses<br />

Jahres mit einer von ihm zusammengestellten<br />

eindrucksvollen Ausstellung an die<br />

Dichterin Nelly Sachs (1891–1970).<br />

Die Berliner Jüdin war im Mai 1940 aus dem<br />

nationalsozialistischen Deutschland nach<br />

Stockholm entkommen. Dort schrieb sie in 30<br />

Jahren Exil ihr großes lyrisches Werk, das als<br />

literarisches Zeugnis für die ermordeten Juden<br />

gilt. Die Dichterin, die 1966 den Literaturnobelpreis<br />

erhielt, lebte sehr zurückgezogen,<br />

wollte als Person „anonym bleiben“. Dennoch<br />

gelang es Fioretos – ganz ohne indiskret zu<br />

sein – anhand von zahlreichen Objekten aus<br />

ihrem Leben und weitgehend unbekannten<br />

Fotos, Ton- und Bilddokumenten, die fast vergessene<br />

Dichterin einem großen Berliner Publikum<br />

nahezubringen.<br />

Begleitend zu <strong>der</strong> Ausstellung legte Fioretos<br />

die exquisite Bildbiografie „Flucht und Verwandlung“<br />

sowie eine vierbändige kommentierte<br />

Nelly-Sachs-Werkausgabe (beides im<br />

Suhrkamp Verlag) vor. Das alles verdankt sich<br />

spürbar nicht nur dem Engagement eines Literaturwissenschaftlers.<br />

„Das bin ich schon lange<br />

nicht mehr“, sagt Fioretos von sich selbst.<br />

Es ist vielmehr das einfühlsame Werk eines<br />

Autors über eine Autorin, die ihn seit<br />

seiner Studienzeit nie ganz losgelassen<br />

hat – vielleicht auch, weil es sich hier<br />

um ein Leben und Werk im Exil handelt.<br />

Emigrant war auch Aris Fioretos’ Vater.<br />

Der verließ Anfang <strong>der</strong> 1950er Jahre seine<br />

Heimat Griechenland, heiratete im Wiener<br />

Exil eine Österreicherin und ging mit ihr nach<br />

Schweden. In Göteborg wurde Aris Fioretos<br />

1960 geboren. Bis zu seinem fünften Lebensjahr<br />

war die Familiensprache Deutsch. Doch<br />

dann befand das Einwan<strong>der</strong>erkind, dass es<br />

sich durch sein Aussehen und<br />

© Sven Paustian<br />

© dpa<br />

den fremden Namen schon zu sehr von den<br />

Spielkameraden unterschied, und bestand<br />

darauf, zu Hause Schwedisch zu sprechen.<br />

Lachend erzählt Fioretos, dass sein Vater, Medizinprofessor<br />

in Lund, ihn schon als Zehnjährigen<br />

dazu heranzog, das Schwedisch seiner<br />

Vorlesungen zu korrigieren.<br />

Fioretos, <strong>der</strong> heute mit seiner schwedischen<br />

Frau und <strong>der</strong> sechsjährigen Tochter in Berlin<br />

und Stockholm lebt, kam als 18-Jähriger<br />

zum ersten Mal nach Berlin. Damals war es<br />

aus Liebe zur deutschsprachigen Literatur,<br />

wie er sagt. Er studierte Literaturwissenschaft<br />

in Stockholm und Yale (USA) und forschte<br />

1989/90 als Stipendiat des <strong>DAAD</strong> an <strong>der</strong> Freien<br />

Universität Berlin für seine Doktorarbeit<br />

über Höl<strong>der</strong>lin, Benjamin und Celan, die er<br />

1991 abschloss. Danach unterrichtete er<br />

Gestern Stipendiat – und heute...<br />

aris fioretos<br />

Schwedischer Schriftsteller<br />

Vergleichende Literaturwissenschaft an verschiedenen<br />

Universitäten <strong>der</strong> Welt, habilitierte<br />

sich 2001 – und wusste doch bereits, dass<br />

die akademische Laufbahn für ihn ein Irrweg<br />

war.<br />

„Ich wollte mich nur in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Literatur<br />

aufhalten“, sagt <strong>der</strong> heute hoch angesehene<br />

Autor. „Erst nachträglich wurde mir klar,<br />

dass <strong>der</strong> akademische Umgang mit Literatur<br />

ein an<strong>der</strong>er ist als <strong>der</strong> des Schreibenden.“ Fioretos<br />

hat Autoren wie Höl<strong>der</strong>lin, Nabokov und<br />

Paul Auster ins Schwedische übersetzt und<br />

veröffentlichte seit 1991 selbst Prosa. Im Jahr<br />

2000 legte er seinen ersten, sehr erfolgreichen<br />

Roman „Stockholm noir“ (deutsch „Die<br />

Seelensucherin“) vor. Als Gast des Berliner<br />

Künstlerprogramms des <strong>DAAD</strong> recherchierte<br />

er 1997/98 bereits für seinen zweiten, 2002<br />

erschienenen Roman „Die Wahrheit über Sascha<br />

Knisch“.<br />

Das Buch spielt im Berlin <strong>der</strong> 20er Jahre,<br />

changiert zwischen Kriminalgeschichte und<br />

historischem Roman vor dem Hintergrund<br />

<strong>der</strong> damals aktuellen Sexualforschung. Es<br />

geht vor<strong>der</strong>gründig um Verkleidungen des<br />

Sexuellen, in Wahrheit um die Suche nach<br />

einem neuen Menschen in <strong>der</strong> Zeit kurz<br />

vor <strong>der</strong> politischen Katastrophe durch<br />

den Faschismus.<br />

Aris Fioretos begibt sich als Autor auf<br />

Wahrheitssuche, betreibt „Seelenarchäologie“,<br />

wie er es in seinem vom Berliner Künstlerprogramm<br />

herausgegebenen Essay „Mein<br />

schwarzer Schädel“ (2003) formuliert. Dazu<br />

gehört auch, dass er den Schreibprozess im<br />

Roman reflektiert, den Leser daran teilhaben<br />

lässt. In seinem jüngsten, 2009 erschienenen<br />

Roman „Der letzte Grieche“ bildet ein Kasten<br />

mit Karteikarten den erzählerischen Rahmen.<br />

Daraus entfaltet sich das vielschichtige Porträt<br />

<strong>der</strong> Hauptfigur, des Griechen Jannis Georgiadis,<br />

<strong>der</strong> in den 1960er Jahren nach Schweden<br />

emigrierte. Das Buch erscheint im Frühjahr<br />

2011 in deutscher Sprache.<br />

Die Wan<strong>der</strong>-Ausstellung „Flucht und Verwandlung“<br />

über Nelly Sachs wird nach Stationen<br />

in Berlin und Stockholm in Zürich<br />

(Dezember 2010 bis Februar 2011) und Dortmund<br />

(Oktober bis Dezember 2011) gezeigt.<br />

(www.nellysachs.com) Leonie Loreck<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10


© Privat<br />

köpfe<br />

Fasziniert und begeistert“ war<br />

die griechische Archäologin<br />

Maria Trumpf-Lyritzaki, als sie<br />

1956 von Athen nach Bonn kam,<br />

um hier ihren Doktor zu machen.<br />

„Deutschland war damals für<br />

Archäologie die erste Adresse“,<br />

erinnert sie sich. „In Griechenland<br />

war sie zu <strong>der</strong> Zeit noch kein<br />

eigenständiges Hauptfach, wir<br />

hatten nicht einmal Lehrbücher.“<br />

Sie selbst kam damals ohne Stipendium<br />

nach Deutschland, und<br />

auch heute, so bedauert sie, sind<br />

die Aussichten auf För<strong>der</strong>ung in<br />

dem Fach nicht gut. Deshalb finanziert<br />

sie in den nächsten fünf<br />

Jahren ein Stipendium für einen<br />

ein- bis zweijährigen Forschungsaufenthalt<br />

für junge griechische<br />

Nachwuchswissenschaftler und<br />

-wissenschaftlerinnen in Deutschland.<br />

Erste Stipendiatin ist die<br />

Athenerin Anastasia Meintani, die<br />

nun in München forscht.<br />

Maria Trumpf-Lyritzaki hat die<br />

Verwaltung ihrer Stiftung dem<br />

<strong>DAAD</strong> anvertraut, entscheidet<br />

aber – nach <strong>der</strong> Vorauswahl durch<br />

ein Professorengremium – über<br />

die Vergabe des Stipendiums<br />

selbst. Denn fachkundig ist sie<br />

bis heute geblieben – auch wenn<br />

sie selbst die Archäologie nie zu<br />

ihrem Beruf machen konnte. Mit<br />

ihrem Ehemann, dem deutschen<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

Diplomaten Jürgen Trumpf, führte<br />

sie ein „Wan<strong>der</strong>leben“, zog von<br />

Kairo über London nach Brüssel.<br />

Kennengelernt hatten sich die beiden<br />

als Studenten 1956 in Athen.<br />

„Er hatte damals das Glück, ein<br />

<strong>DAAD</strong>-Stipendium zu bekommen.“<br />

Llo<br />

Südkorea hat seit dem 1. Oktober<br />

einen Premierminister,<br />

<strong>der</strong> Deutschland eng verbunden<br />

ist. Der Jurist Kim Hwang-Sik war<br />

1978/79 <strong>DAAD</strong>-Stipendiat an <strong>der</strong><br />

Universität Marburg, wo er sich<br />

beson<strong>der</strong>s mit dem deutschen<br />

Zivilrecht beschäftigte. Nach Abschluss<br />

seines Studiums an <strong>der</strong><br />

Seoul National University war Kim<br />

als Richter tätig, zuletzt am Obersten<br />

Gerichtshof seines Landes.<br />

Bevor <strong>der</strong> 62-Jährige in das hohe<br />

Staatsamt berufen wurde, war er<br />

zwei Jahre lang Präsident des südkoreanischen<br />

Rechnungshofes.<br />

Gerade eine Woche als Premierminister<br />

im Amt, nahm er in<br />

Seoul an einem Symposium des<br />

„Alumninetzwerks Deutschland<br />

Korea“ (ADeKo) teil, dessen Vorstandsmitglied<br />

er ist. Das will er<br />

auch als Premierminister bleiben,<br />

versicherte er. Die Alumniarbeit<br />

bilde eine „stabile Brücke“ in den<br />

deutsch-koreanischen Beziehungen.<br />

Kim möchte sie in seinem<br />

neuen Amt „vollends unterstützen“.<br />

Gute politische und akademische<br />

Kontakte bedeuten ihm<br />

viel. Als Student in Marburg bewun<strong>der</strong>te<br />

er Deutschland als „ein<br />

Land, das sich mit seinen Nachbarlän<strong>der</strong>n<br />

versöhnt hat“. Llo<br />

© dpa<br />

Bereits im Alter von 14 Jahren<br />

wusste sie, dass sie<br />

einmal Forscherin werden wollte.<br />

So kaufte sich Ulla Bonas bereits<br />

während ihrer Schulzeit Bücher<br />

über Biochemie – und entschied<br />

sich schließlich für die Lebenswissenschaften.<br />

Schon früh hat<br />

die Genetik sie fasziniert, deshalb<br />

studierte die gebürtige Kölnerin<br />

Biologie und Botanik in ihrer Heimatstadt<br />

und spezialisierte sich<br />

schnell. Von Köln ging sie 1985<br />

mit einem Post-Doc-Stipendium<br />

des <strong>DAAD</strong> an die University of California<br />

in Berkeley (USA). In den<br />

USA begann sie die Forschungen,<br />

für die sie jetzt als eine von zehn<br />

Preisträgern mit dem wichtigsten<br />

und höchstdotierten deutschen<br />

För<strong>der</strong>preis für Grundlagenforschung,<br />

dem Gottfried Wilhelm<br />

Leibniz-Preis <strong>der</strong> Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft, ausgezeichnet<br />

wird.<br />

„Während <strong>der</strong> Auslandsaufenthalte<br />

in den USA und Frankreich<br />

konnte ich den Grundstein für<br />

meine Karriere legen“, ist sich die<br />

Professorin vom Institut für Biologie<br />

an <strong>der</strong> Martin-Luther-Universität<br />

Halle-Wittenberg sicher. Nun<br />

kann sie sich – wenige Tage vor ihrem<br />

55. Geburtstag – über 2,5 Millionen<br />

Euro Preisgeld freuen. Den<br />

Preis, <strong>der</strong> ihr im März 2011 überreicht<br />

wird, erhält die Genetikerin<br />

als weltweit führende Forscherin<br />

zu Wechselwirkungen zwischen<br />

krankheitsauslösenden Bakterien<br />

und Pflanzen. Ihr Schwerpunkt ist<br />

<strong>der</strong> Krankheitserreger Xanthomona,<br />

<strong>der</strong> die Fleckenkrankheit auf<br />

Paprika und Tomate verursacht,<br />

indem er <strong>der</strong>en Gene manipuliert.<br />

bw<br />

© Maike Glöckner<br />

daad 41<br />

Die „Villa“ galt in <strong>der</strong> DDR als<br />

Haus eines Partei-Bonzen,<br />

in Westdeutschland lediglich als<br />

schönes Wohnhaus für wohlhabende<br />

Bürger. Es gibt eine ganze<br />

Reihe solcher Wörter, die in <strong>der</strong><br />

DDR mit sehr stark positiven o<strong>der</strong><br />

negativen Assoziationen belegt<br />

waren und sich vom Sprachgebrauch<br />

in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

deutlich unterschieden. Diese<br />

Wörter lassen sich schwer in an<strong>der</strong>e<br />

Sprachen übersetzen, ohne<br />

an Bedeutung zu verlieren. Die<br />

italienische Germanistin Marcella<br />

Costa hat sich mit diesem Problem<br />

beschäftigt, als sie Anfang <strong>der</strong><br />

1990er Jahre in Leipzig studierte.<br />

Heute ist Costa Professorin für<br />

germanistische Linguistik an<br />

<strong>der</strong> Universität Turin und hat<br />

sich in Forscherkreisen mit ihren<br />

innovativen Arbeiten einen<br />

Namen gemacht. Sie hat erheblich<br />

dazu beigetragen, dass sich<br />

die germanistische Linguistik in<br />

Italien etablieren konnte. Noch<br />

vor zehn Jahren gab es an italienischen<br />

Hochschulen kaum Stellen<br />

für das Fach, das inzwischen<br />

obligatorisch ist. Costa erhielt im<br />

September während <strong>der</strong> Deutsch-<br />

Italienischen Hochschultage in<br />

Trient den Ladislao Mittner-Preis.<br />

Der unter dem Dach des Deutsch-<br />

Italienischen Hochschulzentrums<br />

vergebene <strong>DAAD</strong>-Preis zeichnet<br />

italienische Wissenschaftler aus,<br />

die sich für die deutsch-italienische<br />

Verständigung engagieren.<br />

Er ist mit 5 000 Euro und einem<br />

einmonatigen Forschungsstipendium<br />

dotiert. boh<br />

© Privat


42<br />

daad<br />

bücher von unseren lesern<br />

Unterwegs in Venedig<br />

Venedig, Traumziel für Touristen<br />

aus aller Welt, fasziniert mit seiner<br />

kunsthistorischen Schönheit<br />

stets aufs Neue. Das museale<br />

sowie mo<strong>der</strong>ne Flair <strong>der</strong> italienischen<br />

Lagunenstadt beschreibt<br />

die ehemalige <strong>DAAD</strong>-Stipendiatin<br />

Birgit Weichmann einfühlsam in<br />

ihrem Reiseführer „Venedig und<br />

die Lagune“, <strong>der</strong> mehrfach neu<br />

aufgelegt und mit einem Buchpreis<br />

ausgezeichnet worden ist.<br />

Nun hat die gelernte Romanistin<br />

erneut ihr Expertenwissen<br />

zu Venedig ausgebreitet: „City-<br />

Trip Venedig“ heißt ihr neuestes<br />

Taschenbuch über die Stadt im<br />

Wasser – bestens geeignet auch<br />

für Jüngere, die ohne pralle Geldbörse<br />

auf Entdeckungsreise gehen<br />

möchten. Weichmann, die über<br />

den venezianischen Dichter Carlo<br />

Goldoni promovierte, lebt heute<br />

als Journalistin und Buchautorin<br />

in Berlin.<br />

Birgit Weichmann: Venedig und<br />

die Lagune. Verlag Peter Rump<br />

(6., neu bearbeitete Auflage) 2010<br />

Birgit Weichmann: City-Trip<br />

Venedig. Verlag Peter Rump 2010<br />

Sorge um Israel<br />

Erneut verhandeln Israelis und<br />

Palästinenser über eine Friedenslösung<br />

im Nahen Osten. Doch die<br />

Traumziel für Touristen: Venedig<br />

Chancen auf einen Kompromiss<br />

sind nach Ansicht des israelischen<br />

Historikers Moshe Zimmermann<br />

denkbar schlecht. Der Professor<br />

an <strong>der</strong> Hebräischen Universität Jerusalem,<br />

<strong>der</strong> vom <strong>DAAD</strong> bei mehreren<br />

Forschungsaufenthalten in<br />

Deutschland geför<strong>der</strong>t und mit<br />

dem Jacob- und Wilhelm-Grimm-<br />

Preis des <strong>DAAD</strong> ausgezeichnet<br />

wurde, geht in seinem neuen<br />

Buch mit <strong>der</strong> eigenen Regierung<br />

hart ins Gericht.<br />

Israels Kabinett, schreibt Zimmermann,<br />

mache sich zunehmend<br />

abhängig von nationalistischen<br />

Zionisten, Religiös-Orthodoxen,<br />

fanatischen Araber-Hassern,<br />

radikalen Siedlern und einer<br />

übermäßig einflussreichen „Militärkaste“.<br />

Die wirklich friedenswillige<br />

Min<strong>der</strong>heit gelte indessen<br />

weithin als Ansammmlung von<br />

Schwächlingen. Zimmermanns<br />

Buch hat in Israel heftige Kontroversen<br />

ausgelöst.<br />

Moshe Zimmermann: Die Angst<br />

vor dem Frieden. Aufbau Verlag<br />

2010<br />

Theorie des Übersetzens<br />

Texte zu übersetzen, ist für die Rumänin<br />

Larisa Cercel zwar durchaus<br />

eine praktische Tätigkeit, aber<br />

© Weichmann<br />

vielmehr noch ein Prozess, <strong>der</strong> theoretisch<br />

hinterfragt werden muss.<br />

Von Haus aus Romanistin und<br />

Germanistin und als Übersetzerin<br />

erfahren, forschte sie nach dem<br />

Masterstudium an <strong>der</strong> Universität<br />

Bukarest als <strong>DAAD</strong>-Stipendiatin<br />

in Darmstadt und Freiburg für<br />

ihre Doktorarbeit über hermeneutische<br />

Übersetzungstheorien von<br />

Schleiermacher bis heute.<br />

Als Herausgeberin des Bandes<br />

„Übersetzung und Hermeneutik“<br />

(in deutscher und französischer<br />

Sprache) gibt Cercel einen Überblick<br />

über die neueren Entwicklungen<br />

eines interdisziplinären<br />

Übersetzungskonzepts: Dieses<br />

bezieht Einsichten aus <strong>der</strong> sprachphilosophischen<br />

Hermeneutik<br />

ebenso ein wie Aspekte <strong>der</strong> Literatur-<br />

und Übersetzungswissenschaft.<br />

International renommierte<br />

Autoren befassen sich in<br />

dem Band unter an<strong>der</strong>em mit <strong>der</strong><br />

Rolle <strong>der</strong> übersetzenden Person<br />

im Übertragungsprozess und ihrem<br />

Umgang mit Texten in Bezug<br />

auf Verstehen, Interpretation und<br />

Kreativität.<br />

Larisa Cercel (Hrsg.): Übersetzung<br />

und Hermeneutik/Traduction et<br />

herméneutique. Zeta Books 2009<br />

Llo<br />

Rätsel-Lösungen<br />

Die LöSUNG des vorigen Letter-Rätsels lautet:<br />

APFELKUCHEN<br />

Die LÖSUNG ergibt sich aus folgenden Wörtern: Salat,<br />

pfeffer, Senf, Tee, leberwurst, kraut, Butter, Hechtsuppe,<br />

honig, Wein, Braten<br />

Einen Hauptpreis haben gewonnen:<br />

Hossein Sagheby, Berlin/Deutschland; Khrystyna<br />

Dyakiv, Lwiw/Ukraine; Shadi Amiri (Iran), Giessen/<br />

Deutschland; Olena Katny, Myslowice/Polen; Donald<br />

Mwathi, Maylands/Australien; Chryssowergis Nikolaos,<br />

Athen/Griechenland; Frédéric Cavallier, Brüssel/Belgien;<br />

Asel Mamytbaeva (Kirgistan), Berlin/Deutschland;<br />

Auri Rantakari, Kokkola/Finnland; Volodymyr Vladimir<br />

Goncharov (Ukraine), Freiburg/Deutschland<br />

Einen Trostpreis erhalten:<br />

Jan Čanda, Lhenice/Tschechien; Karolina Lulic, Sisak/<br />

Kroatien; Sanjar Islomov, Termiz/Usbekistan; Tetiana<br />

Chepurko, Simferopol/Ukraine; Sergio Navarro (Chile),<br />

Soest/Deutschland; Tünde Beatrix Karnitscher (Ungarn),<br />

München/Deutschland; Núria Picallo i Soler (Spanien),<br />

Bamberg/Deutschland; Mateo Ureña de Vivanco,<br />

München/Deutschland; Bernadetta Krkošková, Bratislava/<br />

Slowakei; Maria Popova, Sankt Petersburg/Russland<br />

Wer ist’s?<br />

CHRISTIANE NÜSSLEIN-VOLHARD<br />

Einen Preis erhalten:<br />

Natalia Iukhtina, Bischkek/Kirgistan; Lorina Coseac,<br />

Chisinau/Moldawien; Boglárka Török, Baja/Ungarn; Kyllikki<br />

Männikkö, Turku/Finnland; Davood Farshi, Zürich/Schweiz<br />

<strong>DAAD</strong> Letter<br />

Das Magazin für <strong>DAAD</strong>-Alumni<br />

Herausgeber:<br />

Deutscher Akademischer Austauschdienst e.V., Bonn<br />

Kennedyallee 50, 53175 Bonn, Germany<br />

Tel.: +49-228-882-0, Fax: +49-228-882-444<br />

E-Mail: postmaster@daad.de<br />

Redaktion: Katja Sproß (verantwortlich),<br />

Uschi Heidel, Dr. Isabell Lisberg-Haag, Dr. Leonie Loreck<br />

Weitere Autoren: Katrin Gänsler (KG), Boris Hänßler (boh),<br />

Christine Hardt, Christian Hohlfeld (cho), Dr. Klaus Hübner<br />

(Michel), Christoph Kessler (CK), Mareike Knoke (mk), Mirko<br />

Lomoth (lom), Bettina Mittelstraß (bcm), Bernd Müller (BM)<br />

Dietrich von Richthofen (dvr), Horst Willi Schors (ors), Kristina<br />

Vaillant (kv), Claudia Wallendorf (CW), Julia Walter (JW),<br />

Dr. Birgit Weichmann (bw), Sabine Wygas<br />

Übersetzungen Abstracts: Tony Crawford<br />

Koordination: Sabine Pauly<br />

Redaktionsbeirat: Dr. Klaus Birk, Dr. Ursula Egyptien,<br />

Claudius Habbich, Francis Hugenroth (Vorsitz), Birgit Klüsener,<br />

Ruth Krahe, Dr. Anette Pieper, Christiane Schmeken, Nina<br />

Scholtes, Frie<strong>der</strong>ike Schomaker, Julia Vitz<br />

Gestaltung/Titel: axeptDESIGN, Berlin<br />

Titelfoto: dpa<br />

Herstellung: Bonifatius GmbH Pa<strong>der</strong>born<br />

Redaktion Bonn:<br />

Trio Service GmbH – www.trio-medien.de<br />

Kaiserstr. 139-141<br />

53113 Bonn, Germany<br />

Tel.: +49-228-1801662, Fax: +49-228-1801663<br />

E-Mail: spross@trio-medien.de<br />

Redaktion Berlin:<br />

Chausseestr.103<br />

10115 Berlin, Germany<br />

Tel.: +49-30-48810128, Fax: +49-30-85075452<br />

E-Mail: loreck@trio-medien.de<br />

Auch nicht ausgezeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall<br />

die Meinung des Herausgebers wie<strong>der</strong>.<br />

<strong>DAAD</strong> Letter erscheint dreimal im Jahr.<br />

Einzelpreis 6,– Euro, Jahresabonnement 15,– Euro<br />

inklusive Porto und MwSt.<br />

Printed in Germany – Imprimé en Allemagne PVST 20357<br />

Dieser Ausgabe liegt das Magazin Letter Literatur bei.<br />

Einem Teil dieser Ausgabe liegt ein Faltblatt des <strong>DAAD</strong>-<br />

Freundeskreises bei.


<strong>DAAD</strong> Letter 3/10<br />

Deutsche chronik<br />

Eine Auswahl von Ereignissen, die in <strong>der</strong> Bundesrepublik Schlagzeilen machten (1. August bis 30. November 2010)<br />

21. August<br />

Abschied vom Ausnahmetalent<br />

Der Regisseur, Autor und Aktionskünstler<br />

Christoph Schlingensief<br />

stirbt im Alter von 49 Jahren an<br />

den Folgen von Lungenkrebs. Kreativ<br />

und vielseitig, charmant und<br />

provokant – Schlingensief gilt als<br />

einer <strong>der</strong> wichtigsten deutschen<br />

Künstler <strong>der</strong> letzten Jahrzehnte.<br />

23. August<br />

Ende <strong>der</strong> Wehrpflicht<br />

Reform: Bundeswehr soll<br />

kleiner werden<br />

Verteidigungsminister Karl-Theodor<br />

zu Guttenberg (38) will die<br />

Wehrpflicht junger Männer aussetzen<br />

und die Bundeswehr um<br />

ein Drittel auf 163 500 Soldaten<br />

verkleinern. Das sieht das Konzept<br />

zur Bundeswehrreform vor,<br />

das <strong>der</strong> CSU-Politiker den Koalitionspartnern<br />

CDU und FDP vorstellt.<br />

Bislang galt die Wehrpflicht<br />

als unantastbar.<br />

30. September<br />

Protest gegen Bahnhofsbau<br />

Bei Protesten gegen den seit Februar<br />

2010 laufenden Umbau des<br />

Stuttgarter Hauptbahnhofs in einen<br />

unterirdischen Durchgangsbahnhof<br />

kommt es zu gewalttätigen<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen. Das<br />

Bauprojekt „Stuttgart 21“ gilt als<br />

umstritten, die Zahl <strong>der</strong> Demonstranten<br />

steigt auf mehrere Zehntausende.<br />

Ab dem 22. Oktober<br />

vermittelt <strong>der</strong> CDU-Politiker Heiner<br />

Geißler (80) zwischen Projektbefürwortern<br />

und -gegnern.<br />

3. Oktober<br />

Keine Schulden mehr<br />

Zum 20. Jahrestag <strong>der</strong> deutschen<br />

Wie<strong>der</strong>vereinigung erlischt die<br />

Reparationsschuld, die Deutschland<br />

nach dem Ersten Weltkrieg<br />

(1914–1918) zu leisten hatte. Bis<br />

dahin musste das Land noch<br />

für Zinsen und Tilgung auf alte<br />

Staatsanleihen zahlen, die zur<br />

Finanzierung <strong>der</strong> Reparationszahlungen<br />

an die Siegermächte aufgenommen<br />

wurden.<br />

© dpa<br />

4. Oktober<br />

Bester Roman<br />

Die ungarisch-schweizerische<br />

Schriftstellerin Melinda Nadj<br />

Abonji (42) erhält den Deutschen<br />

Buchpreis für ihr Werk „Tauben<br />

fliegen auf“. Der beste Roman in<br />

deutscher Sprache wird jährlich<br />

gekürt. Der Preis ist mit 25 000<br />

Euro dotiert.<br />

14. Oktober<br />

Visionär gestorben<br />

Im Alter von 66 Jahren stirbt <strong>der</strong><br />

Umweltexperte und SPD-Politker<br />

Hermann Scheer. Weltweit bekannt<br />

wurde er durch seinen<br />

Einsatz für eine globale Energiewende.<br />

1999 erhielt er den Alternativen<br />

Nobelpreis in Anerkennung<br />

seines Engagements für die<br />

Solartechnik.<br />

27. Oktober<br />

Job-Wun<strong>der</strong>land<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Arbeitslosen in<br />

Deutschland sinkt unter die Drei-<br />

Millionen-Marke. Das ist <strong>der</strong> niedrigste<br />

Stand seit 1992. Ursache ist<br />

<strong>der</strong> rasche wirtschaftliche Aufschwung<br />

nach <strong>der</strong> Krise.<br />

28. Oktober<br />

Umstrittenes Energiekonzept<br />

Mit den Stimmen <strong>der</strong> Koalition<br />

von CDU und FDP beschließt <strong>der</strong><br />

Bundestag ein umstrittenes Energiekonzept:<br />

Atomkraftwerke dürfen<br />

nun im Schnitt zwölf Jahre länger<br />

am Netz bleiben. Die Entscheidung<br />

mobilisiert die Anti-Atomkraft-Bewegung:<br />

Zehntausende<br />

demonstrieren am 6. November<br />

im norddeutschen Wendland gegen<br />

den Atommüll-Transport von<br />

<strong>der</strong> französischen Wie<strong>der</strong>aufarbeitungsanlage<br />

La Hague in das<br />

deutsche Zwischenlager Gorleben<br />

und die Energiepolitik <strong>der</strong> Regierung.<br />

30. Oktober<br />

Versöhnung durch Musik<br />

Der Preis des Westfälischen Friedens<br />

2010 geht an den Dirigenten<br />

Daniel Barenboim sowie die<br />

jungen Musiker des West-Eastern<br />

Divan Orchestra. Die mit 50 000<br />

Euro dotierte Auszeichnung belohnt<br />

<strong>der</strong>en Bemühungen um Annäherung<br />

und Versöhnung zwischen<br />

Israelis und Palästinensern.<br />

3. November<br />

Integration überprüfen<br />

Rund 120 Teilnehmer treffen sich<br />

im Bundeskanzleramt in Berlin<br />

zum vierten Integrationsgipfel,<br />

darunter Vertreter von Migranten-<br />

organisationen, aus Politik, Wirt-<br />

schaft und öffentlichem Leben.<br />

Im Mittelpunkt stehen Integrationskurse<br />

und die Anwerbung von<br />

Migranten für den öffentlichen<br />

Dienst. Die Bundesregierung kündigt<br />

einen nationalen Aktionsplan<br />

an. Er soll die Umsetzung von<br />

Integrationszielen verbindlicher<br />

und besser nachprüfbar machen.<br />

13. November<br />

Ausgezeichnetes Engagement<br />

Literaturwissenschaftler Jan Philipp<br />

Reemtsma und Wirtschaftsmanager<br />

Hubertus Erlen erhalten<br />

den „Preis für Verständigung und<br />

Toleranz“ des Jüdischen Museums<br />

Berlin. Die Auszeichnung<br />

würdigt das Engagement für die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Verbrechen<br />

des Nationalsozialismus<br />

sowie gegen Antisemitismus und<br />

Rassismus.<br />

14. November<br />

Jung, jünger, Vettel<br />

Formel-1-Pilot Sebastian Vettel sichert<br />

sich durch den Sieg im letzten<br />

Rennen in Abu Dhabi, Vereinigte<br />

Arabische Emirate, erstmals<br />

den Weltmeister-Titel. Mit 23 Jah-<br />

© WEDO/Luis Castilla<br />

© dpa<br />

Jüngster Formel-1-Champion:<br />

Sebastian Vettel<br />

ren ist er <strong>der</strong> jüngste Titelträger<br />

in <strong>der</strong> Königsklasse des Autorennsports.<br />

15. November<br />

Merkel bestätigt<br />

Die CDU wählt Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel (56) erneut zur<br />

Parteivorsitzenden. Sie erhält<br />

beim Parteitag in Karlsruhe 90,4<br />

Prozent <strong>der</strong> Stimmen – rund vier<br />

Prozentpunkte weniger als 2008.<br />

24. November<br />

Gentechnik-Gesetz rechtens<br />

Landwirte, die auf Gentechnik<br />

setzen, müssen zahlen, wenn verän<strong>der</strong>te<br />

Pollen ein Nachbarfeld<br />

verunreinigen. Mit dieser Entscheidung<br />

bestätigt das Bundesverfassungsgericht<br />

in Karlsruhe<br />

das geltende Gentechnik-Gesetz.<br />

28. November<br />

Vorzeitiges Aus in Hamburg<br />

Die Grün-Alternative Liste verkündet<br />

den Ausstieg aus dem<br />

Regierungsbündnis mit <strong>der</strong> CDU<br />

in Hamburg. Damit steht die erste<br />

schwarz-grüne Koalition in einem<br />

Bundesland nach nur zwei Jahren<br />

vor dem Aus. Das Verhältnis <strong>der</strong><br />

beiden Koalitionsparteien hatte<br />

sich nach dem Wechsel des Ersten<br />

Bürgermeisters – auf Ole von<br />

Beust (55) folgte im August 2010<br />

Christoph Ahlhaus (40), beide<br />

CDU – verschlechtert.<br />

Grenzen überwinden: Daniel Barenboim<br />

und das West-Eastern Divan Orchestra<br />

43

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