Konstrukteure der Zukunft - DAAD-magazin
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6 SpEktrum<br />
dEutSchland<br />
Mainzer Synagoge<br />
Rheinisches Jerusalem<br />
Magenza – so die hebräische Bezeichnung<br />
für das jüdische Mainz – war lange Zeit ein<br />
bedeutendes jüdisches Zentrum am Rhein.<br />
Zwischen dem 11. und 13. Jahrhun<strong>der</strong>t blühte<br />
hier die jüdische Kultur, so dass die Stadt oft<br />
als „rheinisches Jerusalem“ galt. Diese Tradition<br />
hielt lange an, endete aber spätestens im<br />
November 1938: Nationalsozialisten zerstörten<br />
die alte Mainzer Synagoge während <strong>der</strong><br />
Reichspogromnacht.<br />
Auf den Tag genau 98 Jahre nach Einweihung<br />
<strong>der</strong> alten Synagoge wurde am 3. September<br />
an <strong>der</strong>selben Stelle eine neue eröffnet. Der<br />
Entwurf stammt von dem Kölner Architekten<br />
Manuel Herz. Das Gebäude soll den jüdisch-liturgischen<br />
Begriff Keduscha, auf Deutsch „Erhöhung“,<br />
körperlich anfassbar reflektieren.<br />
Die fünf hebräischen Buchstaben sind in den<br />
fünf Bereichen des jüdischen Zentrums für Gemeindeveranstaltungen,<br />
Erwachsenenbildung<br />
und als Hebräisch-Schule für schulpflichtige<br />
Kin<strong>der</strong> versinnbildlicht. Der 1937 von Mainz<br />
in die USA emigrierte Jude Fritz Weinschenk<br />
nannte die Synagoge bei <strong>der</strong> Eröffnungsfeier<br />
ein „Mahnmal, aber auch Zeichen <strong>der</strong> Zuversicht“.<br />
Bundespräsident Christian Wulff lobte<br />
die Anstrengungen <strong>der</strong> Mainzer Bürger, die es<br />
möglich gemacht hätten, dass das Judentum<br />
einen neuen geistlichen Mittelpunkt in <strong>der</strong><br />
Stadt erhalte.<br />
Der Bedarf für ein Zentrum ist groß: Nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg lebte in Mainz lange<br />
Zeit nur eine kleine Schar zurückgekehrter<br />
Gemeindemitglie<strong>der</strong>. Die hohe Anzahl von Zuwan<strong>der</strong>ern<br />
aus Osteuropa vergrößerte die Gemeinde<br />
in den 1990er Jahren jedoch erheblich.<br />
Inzwischen zählt sie mehr 1000 Mitglie<strong>der</strong>.<br />
Literatur-Nobelpreis<br />
Subversiv und konservativ<br />
„Literatur sollte sich von dem anstecken lassen,<br />
was draußen passiert, sonst wird sie trivial<br />
und dekadent“, sagt <strong>der</strong> peruanische Schriftsteller<br />
Mario Vargas Llosa. 2010 erhielt Mario<br />
Vargas Llosa den Nobelpreis für Literatur.<br />
Damit ist er nach dem gebürtigen Chinesen<br />
Gao Xingjian, dem Ungarn Imre Kertész und<br />
<strong>der</strong> Deutschen Herta Müller <strong>der</strong> vierte <strong>DAAD</strong>-<br />
Alumnus, <strong>der</strong> seit <strong>der</strong> Jahrtausendwende den<br />
renommiertesten Literaturpreis erhält.<br />
Mario Vargas Llosa war 1997 bis 1998 Gast<br />
des Berliner Künstlerprogramms des <strong>DAAD</strong>.<br />
Während dieser Zeit schrieb er „Das Fest des<br />
Ziegenbocks“ über die Schreckensherrschaft<br />
des dominikanischen Präsidenten Rafael Trujillo.<br />
Damals hatte er bereits ein gutes Dutzend<br />
Romane verfasst und den Friedenspreis<br />
des Deutschen Buchhandels erhalten. Bei <strong>der</strong><br />
© Isolde Ohlbaum<br />
Verleihung in Frankfurt schrieb Vargas Llosa<br />
dem Schriftsteller die Aufgabe zu, gegenüber<br />
dem herrschenden Zeitgeist subversive Ideen<br />
zu verbreiten. „Ich empfinde es als wesentlich<br />
für meine Arbeit, mich an <strong>der</strong> politischen<br />
Debatte zu beteiligen“, erklärte er in einem<br />
Interview.<br />
Laut Nobelpreis-Komitee hat Vargas Llosa<br />
eine genaue „Kartographie von Machtstrukturen“<br />
und „scharf geschnittene Bil<strong>der</strong> individuellen<br />
Wi<strong>der</strong>stands“ geschaffen. „Wenn<br />
Menschen für irgendwelche Utopien sterben<br />
müssen, ist das durch nichts zu rechtfertigen“,<br />
Literaturnobelpreisträger<br />
Mario Vargas Llosa war 1997<br />
bis 1998 Gast des Berliner<br />
Künstlerprogramms des<br />
<strong>DAAD</strong><br />
<strong>DAAD</strong> Letter 3/10