"Spittelbrattig" Nr. 19, Februar 2007 - Kantonsspital Uri
"Spittelbrattig" Nr. 19, Februar 2007 - Kantonsspital Uri
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Aus dem <strong>Kantonsspital</strong> <strong>Uri</strong> verbannt!<br />
Ich bin in vieler Munde, und doch werde ich mehr und mehr aus dem öffentlichen<br />
Leben verbannt – so seit November 2006 auch aus Eurem Spital. Doch Ihr seid nicht<br />
die Ersten, die mir fortan den Zutritt verweigern. Viele Spitäler und öffentliche Gebäude<br />
verwehren meinen Eintritt mit einem eigens geschaffenen Verbotszeichen. Im Tessin<br />
haben sie mich bereits, wie übrigens schon in verschiedenen US-Staaten, in<br />
Norwegen, Schweden, Italien und Irland, aus den Gaststätten vertrieben. Und dabei<br />
geht meine Herkunft in der Geschichte weit zurück…<br />
Bereits die Mayas kannten meine Familie. Im 16.<br />
Jahrhundert berichteten spanische Missionare von meinen<br />
Vorfahren, damals noch in Maisblätter oder Papier<br />
gewickelt und „papelitos“ genannt. Mitte des 18.<br />
Jahrhunderts entstanden viele meiner Ahnen in Mexiko,<br />
wurden nach Europa geschifft, wo die Spanier als erste<br />
Europäer unseren Reizen verfielen. Bald kamen meine<br />
kleinen Geschwister, die „Cigarittos“, auch in die<br />
Alpenregion. Zur selben Zeit lernten uns einfache Soldaten<br />
im türkischen Heer geniessen; sie hatten uns von den<br />
Ägyptern, die damals auch zum Osmanischen Reich zählten, kennen gelernt. Mit dem<br />
Krimkrieg (1853 – 1856) verbreiteten wir uns weiter. Mit unseren Reizen verkürzten wir<br />
den Soldaten den Kriegsalltag. Von den einfachen Wehrmännern fanden wir unseren<br />
Weg zu den Offizieren, und diese wiederum führten uns in der eleganten Welt von St.<br />
Petersburg, Paris und London ein. Was die feine Herrschaft pflegte, erweckte auch im<br />
Grossbürgertum Gelüste: unsere Verbreitung war nicht<br />
mehr aufzuhalten. Mit unserem vermehrten Aufkommen<br />
lernten uns auch die einfachen Leute schätzen. In den<br />
Schützengräben des Ersten Weltkriegs galten wir als<br />
Verdrängungsdroge. Als Psychopharmakon liessen wir die<br />
Soldaten Hunger und Müdigkeit vergessen und spendeten<br />
ihnen Trost im Grauen des Krieges.<br />
Bis zum Ersten Weltkrieg hatten die Damen der besseren<br />
Gesellschaft nichts von uns wissen wollen. In den Villen<br />
der Reichen waren wir tabu. Wir fanden höchstens zum Herrenzimmer Eintritt. In der<br />
Unterwelt freilich galten wir als etwas aufregend Sündhaftes, Erotisches. Schöne<br />
Frauen spielten mit dem Lasziven, dem Verführerischen, wenn sie uns in der Hand<br />
hielten, und wurden mit den verschwiegenen Häusern der Lust in Verbindung gebracht.<br />
Die erotischen Postkarten jener Zeit zeigen uns<br />
dementsprechend mit jungen Schönheiten in<br />
aufreizenden Posen.<br />
Doch wir kamen mehr und mehr in Mode. Auch die<br />
Damenwelt verfiel unseren Reizen. In der Zwischenkriegszeit<br />
nahmen unser Bekanntheitsgrad und der