PDF 41 - Deutsche Sprachwelt
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Seite 6 Hintergrund<br />
Lieferbare Ausgaben<br />
<strong>41</strong> Herbst 2010<br />
40<br />
Sommer 2010<br />
Unter anderem: Thomas Paulwitz:<br />
Zehn Jahre Spracharbeit – Die DEUT-<br />
SCHE SPRACHWELT hat Geburtstag<br />
/ Kräfte bündeln für die Muttersprache /<br />
Grußworte und Geburtstagswünsche der<br />
Sprachvereine / Straße der deutschen<br />
Sprache: Schleiz / Lienhard Hinz im Gespräch<br />
mit Winder McConell: Deutsch<br />
als Fremdsprache in den Vereinigten<br />
Staaten / Artur Stopyra: Deutschschüler<br />
aus Warschau reisen und werben für die<br />
deutsche Sprache / Lienhard Hinz: Die<br />
<strong>Deutsche</strong> Welle veröffentlicht Stellungnahmen<br />
zur deutschen Sprache / Richard<br />
Albrecht: Sprachbetrachtungen im Lichte<br />
der Gedanken Ernst Blochs / Steinfelds<br />
Standpauke in der „Süddeutschen“ bringt<br />
den Sprachschützern Zulauf / Sprachsünder-Ecke:<br />
Schweizerische Bundeskanzlei<br />
als Sprachpolizei / Diethold Tietz: 100.<br />
Geburtstag Konrad Zuses / Rolf Zick:<br />
Sprachschützer trifft Kulturredakteur /<br />
Günter Körner: Vom Quantensprung<br />
zum Tantensprung – Sprachkritik aus<br />
naturwissenschaftlicher Sicht (3) / Eine<br />
BILD-Ausgabe ohne Englisch / Wolfgang<br />
Hildebrandt: Udo Lindenberg erhält<br />
den Kulturpreis <strong>Deutsche</strong> Sprache /<br />
Wolfgang Hildebrandt: Zum Geburtstag<br />
kein Congratulation (Anglizismenmuffel)<br />
39<br />
Frühling 2010<br />
Unter anderem: Thomas Paulwitz: Wird<br />
Deutsch zur Affensprache? / Esperanto<br />
hat Nachteile / Peter Ramsauer: Meine<br />
„Deutsch-Initiative“ / Thomas Paulwitz:<br />
Das Ende des Service-Points / Thomas<br />
Paulwitz: Geht auf die Straße der deutschen<br />
Sprache / Gefunden: mehr als 1.000<br />
Gründe für die deutsche Sprache / Luc<br />
Degla: Sprache schafft Gemeinsamkeit /<br />
Ralph Mocikat: Wie das Vordringen der<br />
Unterrichtssprache Englisch der Landessprache<br />
schadet / Diethold Tietz: Besuch<br />
beim Sprachkünstler Peter Schönhoff /<br />
Werbesprüche für die deutsche Sprache /<br />
Sprachwahrer 2009: Guttenberg, Wickert,<br />
van Gaal gewinnen / Sprachsünder-Ecke:<br />
Justizminister Hamburgs und Nordrhein-<br />
Westfalens / Lienhard Hinz: „Deutsch<br />
– Sprache der Ideen“ / Rolf Zick: Paul-<br />
Josef Raue ist Ehrenmitglied der ADS /<br />
Wettbewerb: <strong>Deutsche</strong> Marken- und Produktnamen<br />
/ Wieland Kurzka: Deutsch<br />
– ein „No go“? / Günter Körner: Der<br />
kleinste gemeinsame Nenner – Sprachkritik<br />
aus naturwissenschaftlicher Sicht (2) /<br />
Wolfgang Hildebrandt: Wein predigen,<br />
Wasser trinken (Anglizismenmuffel)<br />
38<br />
Winter 2009/10<br />
Unter anderem: Thomas Paulwitz: Werben<br />
für die deutsche Sprache / Können<br />
wir die Sprachentwicklung steuern? / Alfredo<br />
Grünberg: Esperanto: Weltsprache<br />
ohne Machtanspruch / Thomas Paulwitz:<br />
Was ist eine Weltsprache? / Klemens<br />
Weilandt: Ein bewegtes Leben /<br />
Günter Körner: Ka Em Ha – Sprachkritik<br />
aus naturwissenschaftlicher Sicht (1)<br />
/ Die deutsche Sprache im Koalitionsvertrag<br />
/ Karin Pfeiffer-Stolz: Eine Irrlehre<br />
– Was „Vereinfachte Ausgangsschrift“<br />
und Rechtschreibreform gemein haben /<br />
Gespräch mit Josef Kraus: Bürgerliche<br />
Revolte gegen den Bildungsabbau / Peter<br />
Fischer: <strong>Deutsche</strong> Zwillingsformeln /<br />
Horst Stein: „Sergejs Schatten“ / Ausgewählte<br />
Beiträge aus dem Schreibwettbewerb<br />
„Schöne deutsche Sprache“ 2009 /<br />
Thomas Paulwitz: Die Kulturhauptstadt<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>41</strong>_Herbst 2010<br />
Kleid oder Haut?<br />
Was ist uns unsere deutsche Sprache?<br />
Köthener Rede zur deutschen Sprache 2010<br />
Von Hans Joachim Meyer<br />
W<br />
as ist uns unsere deutsche Sprache?<br />
Was ist jedem Menschen<br />
die Sprache, in der er aufwuchs, mit<br />
der er zu denken und zu handeln lernte,<br />
die ihm zur zweiten Natur wurde? Ist<br />
sie nur ein Kleid, das man anzieht, aber<br />
auch wieder ausziehen kann? Können<br />
Sprachen, ob Muttersprache oder<br />
Fremdsprache, Kleider sein, die wir<br />
beliebig wechseln? Oder ist uns unsere<br />
Muttersprache eine zweite Haut,<br />
die wir gar nicht ablegen können, die<br />
mit unserer Persönlichkeit untrennbar<br />
verbunden ist und welche die meisten<br />
von uns auch nicht verbergen können,<br />
soviel Mühe sie sich auch mit fremdsprachigen<br />
Kleidern machen mögen –<br />
seien dies Kleider ihrer Wahl oder vorgegebener<br />
Notwendigkeit? Gewiß: Die<br />
Gegenüberstellung von Kleid und Haut<br />
schmerzt, wenn man die beiden Bilder<br />
ernst nimmt. Manchem mag dies<br />
eine unangemessene Dramatisierung<br />
scheinen. Aber die deutsche Geschichte<br />
zeigt uns in vielen Beispielen, wie<br />
innig die Beziehung zwischen uns und<br />
unserer Sprache ist und wie schmerzlich<br />
wir es empfinden, wenn wir erleben<br />
müssen, daß diese Beziehung uns<br />
oder unserer Umwelt nicht oder nicht<br />
mehr selbstverständlich ist.<br />
Denn auch wenn uns unsere Sprache<br />
ganz zu eigen zu sein scheint, so ist sie<br />
doch ein Eigentum, das wir mit anderen<br />
teilen. Sprache ermöglicht uns ja nicht<br />
nur auszudrücken, was wir selbst mitteilen<br />
wollen. Durch Sprache erfahren<br />
wir auch, was andere empfinden, wollen<br />
und denken. So begründet Sprache<br />
einerseits Gemeinsamkeit mit anderen<br />
und signalisiert Übereinstimmung und<br />
Vertrautheit, sie ist aber andererseits<br />
auch das gemeinsam genutzte Mittel<br />
zum Austragen von Streit. Sprache<br />
vereint und trennt. In seinem Spruchgedicht<br />
„An den Dichter“ hat Friedrich<br />
Schiller beide Wirkungen im Bild der<br />
Liebe versöhnt:<br />
Laß die Sprache dir sein, was der Körper<br />
den Liebenden: Er nur /<br />
Ist’s, der die Wesen trennt und der die<br />
Wesen vereint.<br />
Was Liebe versöhnt, entzweit der Haß.<br />
Das gilt für einzelne Menschen wie<br />
für eine ganze Sprachgemeinschaft.<br />
In der Auseinandersetzung darüber,<br />
was Deutschland und die <strong>Deutsche</strong>n<br />
sind und sein sollen, stoßen wir daher<br />
K<br />
Unsere Arbeit ist abhängig von Ihrer Spende!<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Stadt- und Kreissparkasse Erlangen<br />
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leben Sie den Sprachverderbern<br />
eine! Unser Anti-SALE-<br />
Aufkleber „Schluß mit dem Ausverkauf<br />
der deutschen Sprache“<br />
ist nach wie vor heißbegehrt. Die<br />
Auflage ist mittlerweile auf 26.000<br />
Stück gestiegen. Mit Hilfe dieses<br />
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Anliegen in die Öffentlichkeit,<br />
sondern gewinnen laufend neue<br />
Leser und Mitstreiter. Bekennen<br />
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Verein für Sprachpflege e.V.<br />
Hans Joachim Meyer (rechts) kurz<br />
vor seiner „Rede zur deutschen Sprache“.<br />
Links neben ihm sitzt Köthens<br />
Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander.<br />
Bild: Hildebrandt<br />
auch immer wieder auf den Konflikt<br />
im Anspruch auf die deutsche Sprache.<br />
Wer hat Anteil an der Kultur, die in ihr<br />
Gestalt annimmt? Und wer soll ausgeschlossen<br />
werden? Zwei Tatsachen<br />
sind es, die für die Antwort auf diese<br />
Fragen bedeutsam wurden: Einerseits<br />
war es zunächst die Kultur, welche die<br />
<strong>Deutsche</strong>n zum Bewußtsein einer nationalen<br />
Zusammengehörigkeit führte,<br />
bevor sich die Möglichkeit eines deutschen<br />
Nationalstaates abzuzeichnen<br />
begann und der Wunsch danach lauter<br />
wurde. Führende Persönlichkeiten des<br />
geistigen Lebens sahen lange gerade<br />
in dieser überstaatlichen kulturellen<br />
Zusammengehörigkeit einen Vorzug<br />
der <strong>Deutsche</strong>n. Andererseits gehört es<br />
jedoch zu den Belastungen der deutschen<br />
Geschichte, daß der sich aus der<br />
kulturellen Zusammengehörigkeit entwickelnde<br />
Wunsch nach nationalstaatlicher<br />
Einheit und das Streben nach<br />
bürgerlicher Freiheit schon früh in<br />
Spannung zueinander traten. Zu denken<br />
ist hier an die Widersprüchlichkeit<br />
der Befreiungskriege gegen Napoleon.<br />
Der Gedanke einer deutschen Kulturnation<br />
war maßgeblich geprägt gewesen<br />
von den Idealen freier Persönlichkeitsbildung<br />
und völkerverbindender<br />
Humanität. Aber wenn wir auf jene<br />
politischen Kräfte blicken, welche<br />
dann zunehmend den Weg zum deutschen<br />
Nationalstaat und dessen Selbstverständnis<br />
prägten, dann müssen wir<br />
bekennen: Nicht wenige standen auf<br />
nationalistischen Positionen und verachteten<br />
die westliche Demokratie.<br />
← Bestellschein umseitig!<br />
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Republik Österreich<br />
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Faltblatt<br />
lären Sie Ihre Mitmenschen<br />
auf! Unser Faltblatt „Rettet<br />
die deutsche Sprache!“ findet weiterhin<br />
reißenden Absatz. Gemeinsam<br />
mit Ihnen, liebe Leser, haben<br />
wir Tausende Faltblätter bereits<br />
gezielt verteilt. Bestellen und verbreiten<br />
auch Sie das Faltblatt und<br />
klären Sie über die Sprachpflege<br />
und die DEUTSCHE SPRACH-<br />
WELT auf!<br />
Zugleich beanspruchten sie die deutsche<br />
Geschichte für sich. Das warf<br />
schon früh die Frage auf, wer denn zur<br />
deutschen Sprach- und Kulturgemeinschaft<br />
gehöre und Deutschland geistig<br />
repräsentiere. Für namhafte deutsche<br />
Demokraten wurde so die Frage existentiell,<br />
ob ihnen ihre deutsche Sprache<br />
Haut oder nur Kleid sei. Es gehört<br />
zu den Tragödien der deutschen Geschichte<br />
des 19. und 20. Jahrhunderts,<br />
daß nicht wenige von ihnen sich diese<br />
Frage im Exil stellen mußten. Unter<br />
diesen <strong>Deutsche</strong>n waren viele Juden.<br />
An die traurige und schmerzhafte<br />
Liebe deutscher Demokraten zu ihrer<br />
Sprache will ich heute erinnern.<br />
„Abgespalten vom lebendigen<br />
Strom der Muttersprache“<br />
An erster Stelle sei Heinrich Heine<br />
genannt als literarisch und geistig herausragendes<br />
Beispiel für jene <strong>Deutsche</strong>n,<br />
die im 19. Jahrhundert ihr Land<br />
aus Empörung und Verzweiflung oder<br />
unter Zwang und durch Verfolgung<br />
verließen. Zu Heines Erfahrungen als<br />
Student gehörte der Widerspruch zwischen<br />
der Judenemanzipation als Teil<br />
der von Stein, Hardenberg und anderen<br />
durchgesetzten Reformen und<br />
der zunehmenden Ausgrenzung von<br />
Juden als „undeutsch“, wie sie ihm<br />
bald durch seinen Ausschluß aus studentischen<br />
Verbindungen entgegentrat.<br />
So lebte er in einer ständigen Spannung<br />
zwischen seiner Verachtung für<br />
jene, die sich „nicht aus dem Sumpfe<br />
der Nationalselbstsucht hervorwinden<br />
können, und die nur Deutschland und<br />
die <strong>Deutsche</strong>n lieben“ und andererseits<br />
seiner Sehnsucht nach Deutschland und<br />
seinem Einverständnis mit jenen, die<br />
von dessen freiheitlicher Zukunft träumen;<br />
„ihr Wort wird Saat der Freiheit“,<br />
schrieb er zuversichtlich. Die meisten<br />
von Ihnen werden Heines großes Gedicht<br />
„Deutschland, ein Wintermärchen“<br />
kennen, das beides umschließt:<br />
Seine große, wenn auch oft ironisch<br />
gebrochene Liebe zu Deutschland und<br />
seine spöttischen Angriffe auf die dort<br />
herrschende politische und geistige Reaktion.<br />
Untrennbar verbunden ist dies<br />
mit seiner Liebe zur deutschen Sprache,<br />
die ihn bei seiner Einreise nach<br />
Deutschland fast überwältigt, so daß er<br />
sich dann nur durch eine schneidende<br />
Attacke auf die deutschen Zustände<br />
wieder in den Griff bekommt:<br />
Im traurigen Monat November war’s,<br />
Die Tage wurden trüber,<br />
Der Wind riß von den Bäumen das<br />
Laub,<br />
Da reist ich nach Deutschland hinüber<br />
Und als ich an die Grenze kam,<br />
Da fühlt’ ich ein stärkeres Klopfen<br />
In meiner Brust, ich glaube sogar<br />
Die Augen begannen zu tropfen.<br />
Und als ich die deutsche Sprache vernahm,<br />
Da ward mir seltsam zumute;<br />
Ich meinte nicht anders, als ob das<br />
Herz<br />
Recht angenehm verblute.<br />
Auch wenn Heine vor den deutschen<br />
Zuständen nach Paris flieht und zeitweise<br />
sogar mit dem Gedanken spielt,<br />
in die Vereinigten Staaten mit ihrer,<br />
wie er sagte, „washingtonschen Freiheit“<br />
auszuwandern, so gibt er seinen<br />
Anspruch auf die deutsche Sprache<br />
dennoch nicht auf. Und niemals werden<br />
ihm die deutschen Dinge gleichgültig.<br />
Bekannt ist sein – trotz seines<br />
Grolls auf die Burschenschaften – im<br />
Vorwort zum „Wintermärchen“ formuliertes<br />
Bekenntnis: „Pflanzt die<br />
schwarz-rot-goldne Fahne auf die<br />
Höhe des deutschen Gedankens, macht<br />
sie zur Standarte des freien Menschentums,<br />
und ich will mein bestes Herzblut<br />
für sie hingeben.“<br />
Aber die Fahne des 1871 gegründeten<br />
Kaiserreiches war nicht Schwarz-Rot-<br />
Gold. Und als nach der Revolution von<br />
1918 eine deutsche Republik mit diesen<br />
Farben entstand, wurde sie im Innern<br />
von einer wachsenden Zahl von Feinden<br />
bekämpft. Und der nationalistische<br />
Anspruch, die deutsche Kultur und damit<br />
auch die deutsche Sprache allein<br />
zu repräsentieren, wurde übermächtig,<br />
blieb jedoch nachdrücklich bestritten<br />
– vor und nach 1933. Für die sich den<br />
Idealen der Freiheit und der Demokratie<br />
verpflichtet fühlenden deutschen<br />
Denker und Künstler will ich hier nur<br />
drei nennen. Gemeinsam ist ihnen, daß<br />
sie Juden waren und daß sie im erzwungenen<br />
Exil starben: Kurt Tucholsky, Joseph<br />
Roth und Bruno Frank.<br />
Der totale Zugriff der verbrecherischen<br />
Diktatur der Nationalsozialisten erstreckte<br />
sich auch auf die Sprache. Zu<br />
erinnern ist hier an die kritische Analy-<br />
se der Lingua Tertii Imperii durch den<br />
als Juden verfolgten Philologen Viktor<br />
Klemperer. Auf die Machtergreifung<br />
folgten bald die Bücherverbrennungen,<br />
der Zugriff auf die Preußische Akademie<br />
der Künste sowie schließlich die<br />
Etablierung einer Reichskulturkammer<br />
und einer Reichsschrifttumskammer<br />
als Teile des Propagandaapparats.<br />
Für die meisten dem System widerstehenden<br />
oder sich verweigernden Dichter<br />
und Schriftsteller bedeutete dies<br />
Verstummen oder Verlust der Freiheit<br />
oder Verlust der Heimat.<br />
So zahlreich wie noch nie zuvor in<br />
der deutschen Geschichte verließen<br />
Künstler und Wissenschaftler das<br />
Land. Nicht zuletzt war es eine Emigration,<br />
welche für die Betroffenen die<br />
lebendige Verbindung mit der eigenen<br />
Sprache unterbrach oder doch stark<br />
einschränkte. Das war ein gravierender<br />
Unterschied zur Emigration des 19.<br />
Jahrhunderts. Durch die nationalsozialistische<br />
Diktatur war die Trennung<br />
vom Leben in Deutschland so radikal,<br />
daß sie die künstlerische und intellektuelle<br />
Existenz zutiefst gefährdete.<br />
Lion Feuchtwanger bekannte damals:<br />
„Da ist zunächst die bittere Erfahrung,<br />
abgespalten zu sein vom lebendigen<br />
Strom der Muttersprache.“<br />
Was der Wechsel der sprachlichen<br />
Umwelt für einen Menschen bedeutet,<br />
dessen Werk mit und durch seine Sprache<br />
lebt, hat Susanne Utsch am Beispiel<br />
der „linguistischen Metamorphose“<br />
von Klaus Mann untersucht. Er,<br />
der sich in Deutschland schon einen<br />
eigenen Namen gemacht hatte, kam in<br />
die USA zunächst nur als Sohn seines<br />
auch dort berühmten Vaters Thomas<br />
Mann. Für einen Erwachsenen ist das<br />
eine demütigende Existenz. Wie seine<br />
Schwester Erika Mann versuchte er<br />
sich zunächst mit englischen Vorträgen.<br />
Und es wird ihm wie ihr gegangen<br />
sein, die über ihre ersten Versuche<br />
auf diesem Gebiet schrieb: „Natürlich<br />
war es peinlich, wenn ich nach dem<br />
durch mein Nachahmungstalent überzeugend<br />
klingenden Vortrag mit Fragen<br />
bombardiert wurde, die ich nicht<br />
verstehen und schon gar nicht beantworten<br />
konnte.“<br />
Es gibt zwei Äußerungen von Klaus<br />
Mann, die man gleichsam als Beginn<br />
und als Ende seiner tragischen Exiler-<br />
deutscht zurück / Sprachsünder-Ecke:<br />
Technische Universität München / Lienhard<br />
Hinz: Die <strong>Deutsche</strong> Welle diskutiert<br />
über Sprachpolitik / Thomas Paulwitz:<br />
Köthener Gespräch über Deutsch<br />
als Wissenschaftssprache / Bautzener<br />
Sprachretter appellieren an die Parteien /<br />
Wettbewerb zur Jagdlyrik / Heinz Böhme:<br />
Gedanken über einen Modegruß / Ein<br />
Baum für die deutsche Sprache / Wolfgang<br />
Hildebrandt: Den Regierenden ein<br />
besseres Deutsch (Anglizismenmuffel)<br />
37<br />
Herbst 2009<br />
Unter anderem: Thomas Paulwitz:<br />
Was haben wir von der neuen Bundesregierung<br />
sprachpolitisch zu erwarten? /<br />
Stephan Elbern: Zweisprachige Erziehung:<br />
ein Erfahrungsbericht / Günther<br />
Zimmermann: Sprechen Sie „Versicherisch“?<br />
/ Wolfgang Hildebrandt:<br />
Die Masche mit den „selbsternannten“<br />
Sprachpflegern / Kurt Reinschke: Unsere<br />
Sprache ist Ausdruck unserer kulturellen<br />
Identität (Rede zur deutschen<br />
Sprache) / Thomas Paulwitz: 2011<br />
kommt die nächste Rechtschreibreform /<br />
Oliver Höher: Peter von Matt gibt Heinrich<br />
Hoffmanns „Struwwelpeter“ heraus<br />
/ Thomas Paulwitz: Deutschlehrer, denen<br />
Englisch lieber ist / Sprachsünder-<br />
Ecke: Kulturhauptstadt Europas – 2010<br />
wird die Ruhr amerikanisch / Rolf Zick:<br />
Die Verantwortung der Presse / Diethold<br />
Tietz: Sprachfest mit den Sorben / Fotowettbewerb<br />
brachte geistreiche deutsche<br />
Werbesprüche ans Licht / Tag der deutschen<br />
Sprache in Straubing / Ein Herz für<br />
die deutsche Sprache / Wolfgang Hildebrandt:<br />
Denglisch als Folge mangelnder<br />
Zivilcourage? (Anglizismenmuffel)<br />
Lieferbar sind auch noch alle früheren Ausgaben. Die Inhaltsverzeichnisse<br />
sämtlicher Ausgaben finden Sie unter<br />
www.deutsche-sprachwelt.de/archiv/papier/index.shtml.