Pfarreiblatt - Pfarrei Hochdorf
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Nachdem 1787 ein Unwetter die<br />
Zwiebelkuppe zerstört hatte, bekam<br />
die Pfarrkirche den heutigen<br />
Spitzhelm. (Foto: Doris Spörri)<br />
Eigentlich darf man ja annehmen,<br />
die Kirche sei früher das Zentrum<br />
eines Dorfes gewesen. Man erlebt<br />
aber immer wieder Überraschungen.<br />
In einer Schrift von 1833 zur<br />
Strassenführung von der Emmenbrücke<br />
nach <strong>Hochdorf</strong> wird als<br />
Vermessungspunkt in unserem<br />
Dorf das «Wirtshaus» angegeben.<br />
Es war wohl der «Hirschen» gemeint.<br />
Ob da die Parteizugehörigkeit<br />
des Vermessers mitgespielt<br />
hat?<br />
Ganz gewiss aber im Zentrum des<br />
Geschehens stand die Martinskirche<br />
im Jahr 1787! Ein heftiges Unwetter<br />
beschädigte das Turmdach<br />
dermassen, dass sich eine totale<br />
Erneuerung aufdrängte. Damals<br />
schrieb und redete man übrigens<br />
noch vom Kirchthurn oder vom<br />
Kirchthurndach. Sogar noch ein<br />
Handwörterbuch der deutschen<br />
Sprache von 1854 hält fest: der<br />
Thurm, oberdeutsch der Thurn.<br />
250 Jahre Kirche St. Martin <strong>Hochdorf</strong> (4. Folge)<br />
Das neue «Kirchthurndach»<br />
Der <strong>Hochdorf</strong>er Gerichtsschreiber<br />
Fridli Wyss hat 1789 notiert, dass<br />
ein Ausschuss der Kirchgemeinde<br />
am 13. Wintermonat (November)<br />
den einhelligen Beschluss fasste:<br />
«...Im künftigen Jahr (also 1790)<br />
soll das Material auf den Platz gebracht<br />
werden, dass das Holz gut<br />
aussthoren möge. Thurn bis auf<br />
das Gefierte hinab abschleissen<br />
(abbrechen) und wieder in das<br />
Gefierte aufmauern. Ein Helm mit<br />
einem eichenen Schindeli Tach<br />
solle gemacht werden...»<br />
Die beschädigte Zwiebelkuppel<br />
musste also dem heutigen Spitzhelm<br />
weichen. Das «Gefiert», das<br />
heisst die Grundmauern bis zur<br />
Glockenstube, stammt übrigens<br />
noch von der Vorgängerkirche<br />
und besteht bis heute.<br />
Die im Pfarrarchiv liegende, sehr<br />
detaillierte Abrechnung von 1792<br />
lässt einiges erahnen von den damaligen<br />
Umtrieben eines so aussergewöhnlichen<br />
Bauwerkes. In<br />
der Einleitung zum erwähnten<br />
Dokument treffen wir übrigens<br />
auf den damaligen Pfarrer Anton<br />
Häfliger. Er war von 1775 bis<br />
1792 im Amt. Bereits von 1723 bis<br />
1740 residierte Pfarrer Johann<br />
Kaspar Häfliger auf der Pfalz und<br />
von 1793 bis 1837 war die reiche<br />
Schaffensperiode des bekannten<br />
Pfarrers Jost Bernhard Häfliger.<br />
Seit dem 15. Oktober 2008 hat<br />
also unsere Kirchgemeinde mit<br />
Roland Häfliger bereits den vierten<br />
«Pfarrer Häfliger».<br />
Neun Gulden der gesamten Rechnung<br />
von gut 5200 Gulden gingen<br />
an den Luzerner Joseph Riter. Es<br />
heisst in der Aufstellung: «Dem<br />
Herr Wärkmeister Joseph Riter<br />
zu Lucern für 3 Täg Arbeit zum<br />
Holz mässen und Eichen zu besichtigen.»<br />
Ins Staunen kommt man, wenn<br />
der verzeichnete Holzeinkauf etwas<br />
genauer unter die Lupe genommen<br />
wird. Falls es bei jedem<br />
ernsthaften Eichen-Lieferanten<br />
nur 2 bis 3 Gläser «Suure Most»<br />
gab, war man wohl froh, wenn<br />
das Ross den Heimweg selber<br />
fand. Nicht weniger als 25 verschiedene<br />
Lieferanten hält die<br />
Abrechnung fest.<br />
37 Tannen-, 27 Eichenstämme<br />
und 86 «Grüstdannli» nebst gut<br />
40 Klaftern «Kalchholz» und einer<br />
grossen Menge Schnittholz gingen<br />
zum kirchlichen Baugelände.<br />
Wiederum aus allen Winkeln der<br />
<strong>Pfarrei</strong> waren Holzfuhren unterwegs:<br />
von Urswil und Huwil, Herendingen<br />
und Ligschwil, Otigen<br />
und Traselingen, Eiholdern und<br />
Buetigen, Ferren und Ärenbolgen.<br />
In der Schlussrechnung erscheinen<br />
unter vielen anderen: «der<br />
Wirt auf der Klöpfen für Sagerlohn,<br />
der Nagler zu Richensee für<br />
70350 Nietli, der Joseph in eichen<br />
im Huobenhüsli für Sagen fielen<br />
und der Schmid Meister Adam Utiger<br />
für die Neüe Uhren Taffel und<br />
das Kreütz auf dem Thurn...»<br />
Da sind wir wieder beim Thurn,<br />
der inzwischen in allen Wörterbüchern<br />
zum Turm geworden ist.<br />
Seine bisher letzte Sanierung erlebte<br />
unser Turmdach 1986. Damals<br />
wurde der Helm mit neuen<br />
Kupferschindeln eingedeckt.<br />
Franz Gross<br />
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