Portrait Tabea Zimmermann 3 - Kölner Philharmonie
Portrait Tabea Zimmermann 3 - Kölner Philharmonie
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Elegie<br />
»Die Bratschen, man sieht sie nicht, man hört sie nicht, aber der himmlische Vater<br />
ernährt sie doch« – nun, hier und da kursieren zwar noch Bratschenwitze, sie<br />
muten jedoch reichlich anachronistisch an und können Solistinnen wie <strong>Tabea</strong><br />
<strong>Zimmermann</strong> allenfalls ein müdes Lächeln abringen; denn mittlerweile hat sich die<br />
Viola gegenüber ihrer kleinen Schwester, der Violine, nachdrücklich emanzipiert –<br />
was aber nicht heißt, dass sie der Geige in klanglicher Hinsicht nacheifern würde.<br />
Vielmehr ist es gerade das Dunkle, Warme und Elegische einerseits und das Spröde<br />
und latent Kratzbürstige andererseits, das im Zuge der Moderne und der mit ihr<br />
einhergehenden starken Fokussierung existenzieller Dimensionen einen völlig<br />
neuen Stellenwert erhielt. Da verwundert es nicht, dass das heutige Konzert ausschließlich<br />
Werke des 20. Jahrhunderts vereint. Und wenn Paul Hindemith die diesbezügliche<br />
Bedeutung der Viola in seiner Vortragsanweisung »Tonschönheit ist<br />
Nebensache« (im vierten Satz der Sonate op. 25, 1) auch pointiert zuspitzte, so steht<br />
dahinter eben ein Wandel des Klangideals und mithin des Schönheitsbegriffs, der<br />
den charakteristischen Klangqualitäten der Viola entgegenkam.<br />
Igor Strawinsky: Elégie<br />
»Tonschönheit« war auch in Igor Strawinskys 1944 komponierter Elégie eher<br />
nebensächlich, sollte das Werk – ein Auftrag des Bratschers Germain Prévost – doch<br />
an Alphonse Onnou, den 1940 verstorbenen Gründer des Pro Arte Quartetts,<br />
erinnern. Die Form ist dreiteilig: Dem einleitenden Trauergesang folgt eine langsame<br />
Fuge, die wiederum in eine Variation des Trauergesangs einmündet – wobei die<br />
Igor Strawinsky, 1954 in Rom<br />
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