Portrait Tabea Zimmermann 3 - Kölner Philharmonie
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Wolfgang Amadeus Mozart: Streichquartett D-Dur KV 575<br />
Widmungen sind eine schöne Sache. Eine charmante Art, auf sich aufmerksam zu<br />
machen, sich in Erinnerung zu rufen. Nicht selten vermögen sie Ehre, Ruhm und<br />
Ansehen zu mehren. Und mit viel Glück gibt es dafür als Gegenleistung das eine<br />
oder andere Geschenk. Auf finanziellen Lohn aber – prosaisch ausgedrückt: Geld –<br />
hofft der Widmende meist vergeblich.<br />
Gerade daran aber mangelte es Wolfgang Amadeus Mozart, der seit seiner selbst<br />
provozierten Entlassung aus dem Salzburger Hofdienst sein Brot als freischaffender<br />
Musiker in Wien verdienen musste. Denn ob aufgrund der Türkenkriege, die das<br />
Publikum zum Sparen zwangen, oder aus anderen Gründen: Seine Kompositionen<br />
verkauften sich immer schlechter, Konzertverpflichtungen wurden immer rarer,<br />
und auch finanzkräftige Klavierschüler waren Mangelware. Die Ersparnisse aus den<br />
goldenen Anfangsjahren seiner Wiener Zeit waren, da Mozart gerne gut lebte und<br />
zudem überaus großzügig war, längst aufgebraucht. In den späten 1780ern, also<br />
nur wenige Jahre vor seinem frühen Tod, hatte sich Mozarts finanzielle Lage derart<br />
zugespitzt, dass er seinem Logenbruder, dem Textilhändler Michael Puchberg, verzweifelt<br />
schrieb: »Meine Laage ist so, dass ich unumgänglich genöthigt bin, Geld<br />
aufzunehmen – aber Gott, wem soll ich mich vertrauen? Niemandem als ihnen,<br />
mein Bester! [...] Wenn Sie werthester Br: mir in dieser meiner Laage nicht helfen, so<br />
verliere ich meine Ehre und Credit.« Und es sollte beileibe nicht bei diesem einen<br />
Brief bleiben.<br />
So besehen verwundert es nicht, dass Mozart sein Vorhaben, dem Cello spielenden<br />
Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. eine Serie von sechs Streichquartetten zu<br />
widmen, kurzerhand kippte. Denn was nutzten ihm etwaige Sympathiebezeugungen<br />
und ein bisschen mehr Ruhm, wenn sein Magen knurrte und er keinen<br />
Gulden in der Tasche hatte. Ihm ging es vielmehr darum, »Geld in die Hände zu<br />
bekommen«. Und so verkaufte er – »um ein Spottgeld«, wie er Puchberg klagte –<br />
die bereits zu Ende geführten ersten drei Quartette, darunter auch das 1789 entstandene<br />
Streichquartett KV 575, dem Wiener Musikverlag Artaria.<br />
»Die mühsame Arbeit«, von der im Brief an Puchberg die Rede ist, und die Sorgen,<br />
die Mozart zu jener Zeit bedrückten, merkt man dem ersten »Preußischen<br />
Quartett« allerdings mitnichten an: Trotz der – vor allem im vierten Satz – kontrapunktischen<br />
Durchgestaltung verströmt es einen duftigen Charme und ist, besonders<br />
in den Mittelsätzen, von einem lyrisch-melodischen Schmelz, dem sich anders<br />
als bei den zuvor entstandenen und Mozarts väterlichem Freund Haydn gewidmeten<br />
Quartetten auch die motivisch-thematische Arbeit unterordnet. Und noch<br />
eines ist auffällig: die demokratische Behandlung der einzelnen Instrumente. Allen<br />
voran die Aufwertung der Bratsche, deren Part Mozart häufig selbst übernahm, und<br />
des Cellos, Lieblingsinstrument von Friedrich Wilhelm II., die in diesem Quartett<br />
anders als zu jener Zeit üblich als gleichberechtigte Partner im Viererteam melodisch<br />
exponiert zu Wort kommen.