Dr. Beate Großegger: „Kinder- und Jugendkultur“
Dr. Beate Großegger: „Kinder- und Jugendkultur“
Dr. Beate Großegger: „Kinder- und Jugendkultur“
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Kinder- <strong>und</strong> Jugendkultur(en)<br />
Rezeptionsästhetiken <strong>und</strong> ästhetischer Selbstausdruck im Spannungsfeld<br />
von Bellismus, Realitätsbewältigung <strong>und</strong> neuen Formen der Kreativität<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Beate</strong> <strong>Großegger</strong> – bgrossegger@jugendkultur.at<br />
Institut für Jugendkulturforschung – Alserbachstraße 18/7. OG, 1090 Wien
Kinder- <strong>und</strong> Jugendkultur – was ist das?<br />
� Kinder- <strong>und</strong> Jugendkulturen finden fernab des etablierten<br />
Kulturbetriebs ihren Ort: populäre Ästhetiken sind Kindern <strong>und</strong><br />
Jugendlichen vertraut – Rahmen <strong>und</strong> Inhalte des etablierten Kulturbetriebs<br />
hingegen vielfach fremd<br />
� In den kinder- <strong>und</strong> jugendkulturellen Lebenswelten spielen<br />
ästhetische Erfahrungen, die über Medien <strong>und</strong> Konsumartikel<br />
vermittelt werden, eine wichtige Rolle: Kinder <strong>und</strong> Jugendliche sind mit<br />
Bild(schirm)medien sozialisiert, Kinder- <strong>und</strong> Jugendkulturen basieren auf<br />
„mimetischem Lernen“ – Aneignung von Skills <strong>und</strong> Styles durch gestaltende<br />
Nachahmung<br />
� Medien <strong>und</strong> Populärkultur liefern Vorbilder <strong>und</strong> sind<br />
rezeptionsästhetische Sozialisationsinstanzen: für Kinder im Vor- <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>schulalter Gefährten des persönlichen Alltags, für Kids (10 bis 14<br />
Jahre) VorBILDER, für Jugendliche Identitätsressource <strong>und</strong> Inspiration
Kinderkultur – Medienhelden als<br />
Gefährten des Alltags: Medienmarken<br />
<strong>und</strong> Merchandising<br />
Jugendkultur(en)<br />
Ältere Kinder/Kids
Eltern als Vorbilder: die kindliche Sicht<br />
� Marek, 8 Jahre: „Meine Mutter kann sehr gut kochen <strong>und</strong> ich werde auch<br />
sehr gut kochen wie sie. Und mein Papa ist mein Vorbild beim Sport.“<br />
� Julian, 8 Jahre: „Bei der Mama gibt’s vieles (was vorbildlich ist) – Rechnen<br />
zum Beispiel. Beim Kochen ist der Papa mein Vorbild.“<br />
� Estella, 8 Jahre: „Meine Mama ist beim Kochen mein Vorbild, mein Papa<br />
beim Computerspielen.“<br />
Institut für Jugendkulturforschung 2009 – Eigenforschungsschwerpunkt: Kindheit <strong>und</strong> Jugend in benachteiligten Lebenslagen
Kindliche VorBILDER<br />
aus der Medien- <strong>und</strong> Populärkultur<br />
� Marek, 6 Jahre: „die Power Rangers“<br />
� Estella, 8 Jahre: „Vanessa Hudgens –<br />
das ist die Gabriela von High School<br />
Musical: weil sie so gut singen kann <strong>und</strong><br />
so gut tanzen kann <strong>und</strong> weil sie so<br />
hübsch ist.“<br />
� Paul, 11 Jahre: „Falco – wegen der<br />
Frisur, die hatte ich auch mal lange Zeit.“<br />
Institut für Jugendkulturforschung 2009 – Eigenforschungsschwerpunkt: Kindheit <strong>und</strong> Jugend in benachteiligten Lebenslagen
Pop als Ausmalheft zu Euro 4,90
Ästhetische Erfahrung – immer <strong>und</strong> überall?<br />
� Die Medien- <strong>und</strong> Konsumgesellschaft liefert allseits Material für ästhetische<br />
Erfahrung<br />
� Ästhetische Erfahrung bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ist explizit kommunikativ<br />
angelegt: Medien- <strong>und</strong> Markenästhetik dient dem Ins-Gespräch-Kommen (soziale<br />
Funktion) wie auch dem Sichtbarmachen des Selbst nach außen<br />
� Ästhetische Erfahrung ist vor allem bei Jugendlichen fester Bestandteil sozialer,<br />
gemeinschaftlicher Erfahrung: Jugendliche nehmen sich alltagsästhetisch bzw.<br />
stilistisch verwandt wahr, indem sie nach einer bestimmten Stilistik handeln –<br />
ästhetisch-expressives Handeln als Tool der Vergemeinschaftung
Jugendliche sagen: „Vorbild ist heute nicht mehr so am Laufen“<br />
„Heute, in unserer Zeit, gibt es eigentlich keine Vorbilder mehr – die Politiker,<br />
die Schauspieler <strong>und</strong> was sonst noch so unter Vorbild läuft, die haben alle so<br />
viel Mist gebaut ...“<br />
coole leute<br />
„Ich finde, man kann sich an verschiedenen Menschen orientieren, aber man sollte dabei<br />
man selber bleiben.“<br />
„Wenn ich ein Vorbild habe, dann ist das meistens so zusammengebastelt: aus<br />
irgendwelchen Eigenschaften <strong>und</strong> irgendwelchen Erfahrungen. Vorbild – das ist nicht<br />
jemand Bestimmtes für mich.“
an der Schnittstelle von<br />
Jugendkultur ist Lebensgefühl <strong>und</strong><br />
Statement zugleich<br />
Soziokultur/sozio-kultureller Kreativität <strong>und</strong> Pop(ulär)kultur
Jugendkultur als Medium kultureller Selbstdeutung<br />
� Authentizität im Sinne von In-sich-stimmig-Sein<br />
� kaum Berührungsängste mit Konsumkultur <strong>und</strong> der so<br />
genannten „Kulturindustrie“
Kreativität als gestaltendes Imitieren?<br />
„Mir entspricht das Imitieren anderer Stimmen<br />
viel mehr als das Erheben der eigenen Stimme.“<br />
(Dirk von Lotzow/Tocotronic – Spex 01/2010: 47)<br />
� Jugendkulturelle Kreativität ist alltagskulturelle Kreativität: es fehlt<br />
die reflexive Komponente (künstlerische Kreativität = reflexiv)<br />
� Jugendkulturell kreativ sein bedeutet sich inspirieren lassen,<br />
gestaltend imitieren, subjektiv stimmig arrangieren <strong>und</strong> sich an den<br />
Details abarbeiten<br />
� Kreatives Ausdrucksverhalten in Jugendkulturen manifestiert sich in<br />
Bildlichkeit <strong>und</strong> Performance
Jugendkultur ist anders<br />
� Publikum:<br />
� emotionales Involviert-Sein statt „kulturellem<br />
Window-Shopping“ <strong>und</strong>/oder kontemplativem Genuss<br />
� Protagonisten/“Jugendkulturschaffende“<br />
� 1<br />
� „Skills“ <strong>und</strong> „Styles“ = „Kreativität“: individuell Schöpferisches im Kontext eines<br />
gruppenspezifischen Stils<br />
� Aneignung von Welt – am Puls der Zeit: ästhetische/symbolische Praxen –<br />
Bewusstseinsbildung nicht intendiert
KünstlerInnen machen im Regelfall nicht Jugendkultur<br />
Projekt „Parasite“ – alternatives Trainbombing im Rahmen eines Mediendesign-<br />
Studiums<br />
� nicht Produktion von Jugendkultur, sondern u.U. Reflexion von Jugendkultur<br />
� U-Bahn als Kino – Projektor an der Außenwand der Züge<br />
„Wir wollten uns von den üblichen<br />
Graffitimethoden lösen <strong>und</strong> suchten nach einer<br />
Lösung, ähnliches mit mehr Freiheit zu<br />
gestalten.“<br />
Jakob, 17, Skater: „Wenn sich Künstler mit<br />
Jugendkultur beschäftigen, geht das meistens in<br />
die Hose.“
Jugendkulturen als Probebühnen<br />
Jugendkulturen stehen für erlebnisorientierte Aneignung von Welt<br />
� machen (meistens) Spaß<br />
� prägen die Freizeitwelten der Teens <strong>und</strong> Twentysomethings<br />
� spielen eine zentrale Rolle in der Bildung von (personaler, sozialer,<br />
kultureller) Identität<br />
� eröffnen neue Felder kulturellen Ausdrucks <strong>und</strong> ergänzen damit das<br />
in der Hochkultur/Avantgarde gängige Verständnis von Kreativität
Kreativität: die Welt der Skills <strong>und</strong> Styles<br />
� „Sprachkünstler“ der etwas<br />
anderen Art: Rap, Slam Poetry, Neo<strong>und</strong><br />
Anti-Folk, Gothic etc.<br />
� „Bildkünstler“ der etwas anderen<br />
Art: Graffiti (Streetart); Flyer; Album<br />
Cover Art etc.<br />
� „Körperkünstler“ der etwas<br />
anderen Art: Skater, Boarder,<br />
Break(danc)er/B-Boys<br />
� „Tonkünstler“ der etwas anderen<br />
Art: Beatboxing, DJing, MCing, Bands
JugendKULTUR =<br />
Kreativität einmal anders +<br />
ein anderer Kulturbegriff<br />
• Eventsensibilität – Leute & Live-<br />
Erleben<br />
• Sampling als postmoderne<br />
Sozialtechnik <strong>und</strong> Kreativstrategie<br />
• Jugendkulturen/Szenen als<br />
Paralleluniversen: Kultur mit<br />
Eigensinn, ohne Oppositionsanspruch<br />
• Vielfältige kreative Ausdrucksformen<br />
plus ein etwas anderes Verständnis<br />
von Kreativität
Ausdrucks- <strong>und</strong> nicht Apellverhalten<br />
regiert heute die Jugendkultur<br />
„Appell: der will die Welt bewegen, sich zu verändern,<br />
er ist Aufschrei, Anrede, Diskussion. Wer sich ausdrückt,<br />
hat hingegen mit sich selbst zu tun, will sich darstellen,<br />
ein Stück Selbstverwirklichung am eigenen Leibe<br />
erproben.“ (W. Ferchhoff, Jugendforscher)<br />
� In Richtung Erwachsenenwelt gerichtete ästhetische Provokationen sind kein<br />
großes Thema mehr<br />
� In ästhetischen/stylishen Details unterscheiden die jugendkulturellen Stile <strong>und</strong><br />
Lebenswelten sich von den Style-Imitationen der juvenilisierten<br />
Erwachsenengesellschaft<br />
� Jugendkulturjugendliche als Kinder der „Kreationsgesellschaft“ <strong>und</strong> „symbolische<br />
Touristen“: Stile dienen als Mittel der momentanen Identitätsartikulation
Dimensionen des ästhetischen Ausdrucksverhaltens<br />
� Jugendliche reagieren mit ästhetischem<br />
Ausdrucksverhalten auf die Welt, die sie<br />
umgibt (Weltaneignung, -verarbeitung).<br />
� Dabei nehmen sie auf das aus den Medien<br />
<strong>und</strong> den Konsumwelten (ästhetisch)<br />
Bekannte Bezug: Die Welt wird mit<br />
visuellen Tools ästhetisch-expressiv<br />
kommentiert.<br />
� Welterfahrung wird jugendkulturell<br />
überformt (Framing): Der Frame als<br />
Bedeutungsrahmen – gibt eine Lesart vor,<br />
liefert eine Interpreation, beurteilt die Welt,<br />
indem er bestimmte Aspekte u.a. visuell<br />
akzentuiert <strong>und</strong> andere vernachlässigt.
Trend 1: Neo-romantische Bildrhetorik<br />
� Eine Generation, die in einer von Rationalisierungs- <strong>und</strong><br />
Ökonomisierungsprozessen geprägten Welt heranwächst, sucht (primär)<br />
auf der ästhetischen Ebene nach Alternativen<br />
� Ästhetisch inszenierte Emotionalität, fleurale Motive <strong>und</strong> romantisches<br />
Schwelgen in der eigenen Verw<strong>und</strong>barkeit als Gegenpol zur rationalkalten<br />
High-Tech-Welt
Trend 2: gemeinsame Gefühlswelten durch Visualisierung<br />
� Selbstinszenierungen <strong>und</strong> Bilder von Selbstinszenierungen binden das Lebensgefühl<br />
� Durch Inszenierungen <strong>und</strong> Visualisierungen werden individuelle Gefühle zu einem<br />
gemeinschaftlichen Gut (Lebensgefühl als Form der vergemeinschafteten Emotion)<br />
� Bilderwelten als Ressource für Vorstellungsbilder, die Weltaneignungsprozesse<br />
begleiten: z.B. Free-Running – ein Gefühl der Freiheit: punktuelle bedürfnisorientierte<br />
Umdeutung der Stadtarchitektur ohne nachhaltigen Eingriff ins System
Emo-Ästhetik & „Teenage Angst“
Uni-Proteste 2009 in der alltagsästhetischen Inszenierung
Trend 3: Ästhetisierung <strong>und</strong> Ästhetizismus<br />
� Selbstgestaltung <strong>und</strong> Selbstinszenierung haben ultimativen Erlebniswert:<br />
Selbstdarstellung <strong>und</strong> über Ästhetisierung vermittelte Selbstmanipulation<br />
� In der Ästhetisierung der Lebenswelten <strong>und</strong> des Selbst zerfließen die<br />
Grenzen zwischen Konsumgenuss <strong>und</strong> Konsumkritik.
Suche nach „Individualität“ <strong>und</strong> „Persönlichkeit“<br />
Typus 1: „Hipster“<br />
Typus 2: „Camp“<br />
Typus 3: „Styler“<br />
Und die Anti-These:<br />
� Typus 4: „Slacker“ – bereits etwas<br />
älter, im Zeitgeist von gestern
Dandyismus: Selbststilisierung als Lebensphilosophie<br />
Dandyistische Ideale:<br />
� das Stilisierte, das Dekorative – Verwandlung des<br />
Ernsten in das freie Spiel mit der Beliebigkeit von<br />
Zeichen<br />
� ästhetische Abgrenzung von der Masse: Rebellion<br />
gegen die Normalität der „casual wear“<br />
Dandyistischer Habitus – „geistiges Dandytum“:<br />
www.tresnormale.com<br />
� gekennzeichnet durch ein seltsames Changieren zwischen Regelgehorsam <strong>und</strong><br />
Regelbruch<br />
� Selbstperformance als Gesamtkunstwerk ohne politischen Anspruch, Verhältnis<br />
zur Gesellschaft: Handlungsentzug; Status der integrierten Nicht-Teilnahme<br />
� „Der Dandy sucht seine Überlegenheit nicht durch den Rückzug von der Welt zu<br />
erreichen. Er braucht die anderen, um sich <strong>und</strong> ihnen seine Überlegenheit zu<br />
beweisen.“ (Günther Erbe, Kultursoziologie)
Vorbild ist die (erwachsene) Lifestylegesellschaft:<br />
Ästhetisierung der Lebenswelt<br />
� Das „gute“ Leben ist ein „schönes“ Leben.<br />
� Es geht um ein Leben, das nicht vom Wissen <strong>und</strong> von der Norm<br />
bestimmt ist; Tendenz zur Überformung, Überhöhung <strong>und</strong> Veredelung<br />
im alltagsästhetischen Experiment.
Trend 4: ästhetische Ad-hoc-Gemeinschaften<br />
als Identitätsressource <strong>und</strong> leichtes Cape …
Zwei Beziehungstrends<br />
� Sehnsucht nach Verbindlichkeit/Stabilität,<br />
die vor allem in harmonischen Primär-<br />
Beziehungen gesucht wird (Familie, beste<br />
Fre<strong>und</strong>e, Paarbeziehung); Prinzip der starken<br />
Bindung (auf Zeit) – Vertrauen <strong>und</strong><br />
Verantwortung füreinander<br />
� Identitätsgewinn durch Identifikation mit<br />
posttraditionalen Lebensstilgemeinschaften<br />
– Spiel mit Rollen <strong>und</strong> mit Stilen: schwache<br />
Bindungen; Gemeinschaft wird ohne solidaritätsbezogene<br />
Wertsetzungen erlebt <strong>und</strong> gelebt:<br />
Erlebnis- <strong>und</strong> Emotionsgemeinschaften, die ruhig<br />
auch flüchtig sein dürfen <strong>und</strong> in denen<br />
Gemeinsames allein aufgr<strong>und</strong> von gemeinsamem<br />
ästhetisch-expressivem Handeln ent-/besteht
Szene-Zugehörigkeit trendaffiner dt. Jugendlicher<br />
Fitness<br />
House<br />
HipHop<br />
Fußball<br />
Computerszene<br />
Beachvolleyball<br />
Techno<br />
Snowboard<br />
Ökos/Alternative<br />
Inline-Skater<br />
Metal/Rocker<br />
Mountainbike<br />
Skateboard<br />
Streetball<br />
Punks<br />
Gothics/Grufties<br />
Jumpstyler<br />
Skinheads<br />
Trekkies<br />
Emo-Szene<br />
15 bis 19 Jahre<br />
11 bis 14 Jahre<br />
0 5 10 15 20 25 30 35<br />
tfactory Hamburg (2010): Timescout Welle 16 – Sonderauswertung 11 bis 29, rep. für Trendsetter <strong>und</strong> Early Adopters, n=900, Ang. in %
Online-Social-Networks<br />
Welche der folgenden Communities nutzt du am häufigsten? (nur 1 Nennung)<br />
facebook<br />
netlog<br />
myspace<br />
schuelervz<br />
studivz<br />
szene1<br />
sonstige (Events Shooters, sms.at, WMC,<br />
partypixx.at, msn, knuddls, epos4)<br />
11 bis 19 Jahre gesamt<br />
15 bis 19 Jahre<br />
11 bis 14 Jahre<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />
Institut für Jugendkulturforschung (2010): Safer Internet - Chancen <strong>und</strong> Gefahren von Social Communities, n=401, Angaben in Prozent
� Kontextualisierung der eigenen Person: Internet entwickelt sich<br />
mehr <strong>und</strong> mehr weg vom reinen Lesemedium, hin zur bildvermittelten/<br />
bildgestützten Kommunikation<br />
� Online-Social-Communities: Das eigene Profilbild, Bilder von<br />
Fre<strong>und</strong>Innen, Urlaubsfotos, Partyfotos etc. ermöglichen anderen<br />
(„Fre<strong>und</strong>Innen“), am eigenen Leben teilzuhaben bzw. sich<br />
davon ein Bild zu machen<br />
� Visualisierungen <strong>und</strong> narrative Strategien (Storytelling mit <strong>und</strong><br />
ohne Bild)<br />
� Das, was zählt, ist die Oberflächenästhetik – nicht Materialität
Trend 5: Spiel mit Intertextualität <strong>und</strong> flottierenden Zeichen<br />
Wenn Sie nicht kommen, erschießen wir diesen H<strong>und</strong>.
Ein Künstler, ein Popstar, Barbie <strong>und</strong> die Bravo …<br />
Bravo Ausgabe 6 /2010
Kinder- <strong>und</strong> Jugendkulturen in der Schule:<br />
Geht das überhaupt <strong>und</strong> wenn ja, wie?<br />
Mögliche Standortbestimmungen für Bildnerische Erziehung <strong>und</strong><br />
Werkunterricht
Anknüpfungspunkt 1: neue Wege beschreiten<br />
In vielen Bereichen ist der Lehr- <strong>und</strong> Lernalltag immer noch stark durch<br />
textzentrierte Didaktiken geprägt. Schulische Erfahrungen stehen oft in krassem<br />
Gegensatz zu den alltäglichen (Freizeit-)Erfahrungen, die vor allem durch visuelle<br />
Wahrnehmung <strong>und</strong> performative Praxen geprägt sind.<br />
Neue Wege beschreiten bedeutet, bei kinder- <strong>und</strong> jugendkulturellen Erfahrungen<br />
anzusetzen:<br />
� sozialisiert mit Bildmedien: assoziative Logik der Bildkommunikation/rezeption<br />
– Weltaneignung im Cut-up-Prinzip<br />
� Kreativtechniken im Kontext von Informationssammlung, -organisation <strong>und</strong> -<br />
vermittlung: Visualisierungen/Clustering – Free Writing<br />
� neue Perspektiven durch Cross Mapping<br />
� ästhetische Innovation durch Sampling, Patchworking, Bricolage<br />
� hohe Handlungs- <strong>und</strong> Erlebnisorientierung – Gestalten als Machen/<br />
Anfertigen + Inszenieren
„Bildung kommt von Bildschirm <strong>und</strong> nicht von Buch,<br />
sonst hieße es ja Buchung.“ (Dieter Hildebrandt)<br />
Bildung lebt heute mehr denn je von (materiellen)<br />
Bilder(welte)n, die Vorstellungsbilder freisetzen <strong>und</strong> damit die<br />
Weltaneignungsprozesse der Jugendlichen begleiten.
Anknüpfungspunkt 2: Risiken als Chance sehen<br />
� Visuelle Kompetenz als Schlüsselkategorie von Medienkompetenz:<br />
In der postmodernen Inszenierungsgesellschaft wird visuelle Kompetenz wichtiger.<br />
� Vier Bereiche der Medienkompetenz: Medienkritik, Medienk<strong>und</strong>e, Mediennutzung<br />
<strong>und</strong> Mediengestaltung; vielfach werden kritische Rationalität <strong>und</strong><br />
Produktionsästhetiken akzentuiert, kreative Prozesse der Mediengestaltung<br />
<strong>und</strong> Rezeptionsästhetiken hingegen nachgeordnet.<br />
� Visual Literacy neu denken – Kern- <strong>und</strong> Schnittstellenkompetenzen der<br />
Kunsterziehung im Kontext eines fächerübergreifenden Unterrichts nutzen:<br />
zum Beispiel politische Bildung + BE
Anknüpfungspunkt 3: bildungspolitischer Kontext<br />
„Bildungssystem im Wandel“ bedeutet neue Anforderungen für Kinder/Jugendliche<br />
<strong>und</strong> (zumindest) zwei Herausforderungen für den Kunst- <strong>und</strong> Werkunterricht<br />
1.) Ökonomisierung von Bildung – Rationalisierung,<br />
Standardisierung <strong>und</strong> Fragmentierung des Wissens <strong>und</strong><br />
damit verb<strong>und</strong>en zunehmende Überforderung der<br />
SchülerInnen (Stress, Depressionen); Frage nach der<br />
kompensatorischen bzw. alternativen Rolle, die BE <strong>und</strong><br />
Werkunterricht in diesem Szenario haben können/sollen<br />
2.) Employability – SchülerInnen für den zukünftigen<br />
Berufsalltag rüsten <strong>und</strong> bestehende Defizite des derzeitigen<br />
Bildungssystems wie auch der Gesellschaft insgesamt quasi<br />
präventiv abfangen:<br />
� z.B. neue, mit kinder- <strong>und</strong> jugendkulturellen Erfahrungen<br />
kompatible Ansätze für kreatives Problemlösen finden<br />
� z.B. dranbleiben <strong>und</strong> durchbeißen üben: handwerkliche<br />
Tätigkeiten, die Zeit brauchen, versus High-Speed-Online-<br />
Welt, wo alles auf Knopfdruck geht
Kulturelle Bildung ist „auch etwas Feines“, aber etwas anderes …<br />
Wer Kunstunterricht von Kinder- <strong>und</strong> Jugendkulturen aus denkt, muss<br />
(zumindest im ersten Schritt) in der Lage sein, vom etablierten Kulturbetrieb<br />
zu abstrahieren<br />
Bei Kinder- <strong>und</strong> Jugendkulturen andocken heißt, neue Perspektiven<br />
suchen <strong>und</strong> unkonventionelle Verknüpfungen finden
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendkultur(en)<br />
bgrossegger@jugendkultur.at<br />
Institut für Jugendkulturforschung – Wien