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32<br />

welche zu ende geführt, was der deutsche<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er von Anbeginn<br />

ersehnte und erstrebte. Kraftvoll die<br />

Idee verfolgend, kühn an ihr festhaltend<br />

in allen stürmen der politischen Zielrichtung,<br />

jedem pessimismus trotzend, so<br />

steht der deutsche <strong>Burschenschaft</strong>er in<br />

der historie, so stehen auch die säulen<br />

des Monuments...“ Die einweihungsfeier<br />

wurde in der presse als „siegesfest<br />

ohne gleichen für alle Bekenner von<br />

schwarz-Rot-Gold“ angekündigt.<br />

Vergessen wir einmal die wilhelminische<br />

Begeisterung und die Ausdrucksweise<br />

um 1900, kann man schon feststellen,<br />

dass das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal in<br />

den Medien als Denk- und Mahnmal für<br />

den Kampf der <strong>Burschenschaft</strong>en um<br />

ein freiheitliches und einiges Deutschland<br />

gefeiert wurde. Die symbolik des<br />

Denkmals umfasst die Geschichte der<br />

<strong>Burschenschaft</strong> ab der Gründung 1815<br />

über die beiden Wartburgfeste bis<br />

hin zum Deutsch-Französischen Krieg<br />

mit der Folge der Gründung des einheitsstaats.<br />

Das dem historisierenden<br />

Jugendstil zuzuordnende Bauwerk beschreibt<br />

aber auch den Willen der <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

nach moralischen Veränderungen<br />

in der Zukunft. es ist nicht<br />

nur ein einzigartiges Kunstwerk aus<br />

Architektur und bildender Kunst, sondern<br />

auch in seiner sinngebung äußerst<br />

komplex angelegt: germanisch-griechischer<br />

Mythos, deutsches Geistesleben,<br />

symbolisiert durch die Köpfe von<br />

Goethe, Beethoven und Dürer am helm<br />

des Denkmals, Kampf um einheit und<br />

Freiheit, ehrenmal für gefallene Krieger,<br />

burschenschaftliches Wollen, wilhelminischer<br />

Kaiserkult und Aufbruch in eine<br />

neue Zeit.<br />

iM dritten reich<br />

gerät dAs denKMAl<br />

in Vergessenheit<br />

Im Ausstellungskatalog zu Gussmann,<br />

lange und Dix ist eine prägnante<br />

Deutung des Gesamtkunstwerks „<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal“<br />

zu lesen. hier<br />

schreibt Timo Niegsch von der städti-<br />

academicus 1/2012<br />

schen Galerie Albstadt zur Bedeutung<br />

des Deckengemäldes: „symbolisch wird<br />

hier das hauptthema des Denkmals<br />

vorgetragen, die hart erkämpfte staatliche<br />

einheit Deutschlands“. und ich ergänze:<br />

es steht auch als symbol für das<br />

unermüdliche Ringen um die demokratischen<br />

Rechte in Deutschland im sinne<br />

von schwarz-Rot-Gold. Damit mahnt es<br />

seit 110 Jahren als Denkmal für einheit<br />

und Freiheit von der Göpelskuppe.<br />

Nach der großen einweihungsfeier<br />

begann der große weiße Fleck über<br />

die weitere Geschichte des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals.<br />

In der einschlägigen<br />

literatur, wie etwa in handbüchern der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> oder den<br />

<strong>Burschenschaft</strong>lichen Blättern, wurde<br />

einiges über das Burschenhaus und die<br />

langemarck-Gedenkstätte berichtet.<br />

Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal wurde<br />

jedoch nicht mehr thematisiert und geriet<br />

in der Zeit des Dritten Reichs völlig<br />

in Vergessenheit. erst aus DDR-Quellen<br />

erfährt man etwas über die weitere Bedeutung<br />

des Denkmals.<br />

1945 bis 1989<br />

Nach 1945 blieb das unbeschädigte<br />

<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal noch für einige<br />

Jahre das symbol der studentischen<br />

Bewegung, die ab 1815 nach der<br />

einigung Deutschland gestrebt hatte.<br />

Aus Anlass einer Festwoche zu ehren<br />

von Friedrich ludwig Jahn und zum<br />

135. Jahrestag des Wartburgfests zog<br />

am 19. oktober 1952 ein machtvoller<br />

Demonstrationszug mit an-<br />

nähernd 10.000 Teilnehmern<br />

aus allen Teilen Deutschlands<br />

zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal,<br />

um den Willen zur deutschen<br />

einheit zu bekräftigen. Viele<br />

Anfragen aus der Bevölkerung<br />

veranlassten das Bezirkssekretariat<br />

der Nationalen Front<br />

zu der Verlautbarung, dass<br />

man den inzwischen verfallenden<br />

Bau restaurieren und 1953 zur<br />

Besichtigung freigeben wolle. ebenso<br />

ist zu vermelden, dass das Burschen-<br />

schaftsdenkmal 1954 durch die Denkmalbehörde<br />

der damaligen DDR als ein<br />

Denkmal von besonderem nationalem<br />

und geschichtlichem Wert eingestuft<br />

wurde.<br />

Aber just in diesem Jahr änderte die<br />

seD-Führung die politische einstellung<br />

zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal: hatte<br />

man noch 1952 anlässlich des Wartburgfests<br />

die dem Denkmal anhaftende<br />

fortschrittliche Tendenz, nämlich<br />

ein symbol für einheit und Freiheit zu<br />

sein, betont, klang dies 1954 ganz anders:<br />

Der Rat der stadt war nun der<br />

Auffassung, dass das Denkmal „in keiner<br />

Weise in Beziehung zu dem historischen<br />

Geschehen des 18. oktobers<br />

1817 stehe“. Man verstieg sich sogar zu<br />

dem Gedanken, auf dem Wartenberg,<br />

auf dem sich die <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

1817 zur symbolischen Bücherverbrennung<br />

versammelt hatten, „ein neues<br />

<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal zu errichten,<br />

das in seiner künstlerischen Auffassung<br />

dem freiheitlichen Kampf der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

von 1817 entspricht“. Aber die<br />

Idee vom Neubau war dann doch zu<br />

gewagt. Man diskutierte in der Folgezeit<br />

sehr intensiv die Art des umgangs<br />

mit dem bereits vorhandenen Denkmal.<br />

Das hauptproblem der DDR-oberen<br />

war das gespaltene Wesen des Denkmals<br />

– einerseits fortschrittliches, deutsches<br />

Geistesleben: Goethe, Beethoven,<br />

Dürer – andererseits junkerlicher,<br />

bourgeoiser Imperialismus: Wilhelm I.,<br />

Moltke, Bismarck: In diesem sozialistischen<br />

Dilemma wurden alternative<br />

handlungsweisen diskutiert. erstens<br />

“Zur 170. Wiederkehr<br />

des Wartburgfests<br />

äußerte Egon Krenz<br />

auf der Wartburg, dass<br />

in der DDR die Ziele<br />

der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

verwirklicht seien.“<br />

die notdürftige bauliche sanierung und<br />

eine spätere entscheidung über die<br />

umgestaltung, also eine Verdrängung<br />

des gesellschaftspolitischen problems.<br />

Zweitens der umbau zu einer wissenschaftlichen<br />

Institution, etwa zu einer<br />

sternwarte, oder die umgestaltung zu<br />

einer Ruhmeshalle für Träger der humanität<br />

und dem gesellschaftlichen<br />

Fortschritt dienenden <strong>Deutsche</strong>n Wissenschaften,<br />

zuvörderst für die Begründer<br />

des wissenschaftlichen sozialismus,<br />

Karl Marx und Friedrich engels.<br />

bisMArcK-Kopf für eine<br />

flAsche schnAps<br />

Damit war für Diskussionsstoff gesorgt,<br />

mit dem man sich jahrelang auseinandersetzen<br />

konnte. eine entscheidung<br />

darüber ist nie gefallen. sichtbares<br />

ergebnis war hingegen der weitere<br />

Verfall des Denkmals und die zielgerichtete<br />

Zerstörung der noch erhaltenen<br />

Jugendstilfenster und des Innenensembles.<br />

etwa 1963, so die mündliche<br />

Überlieferung, zerstörte man die Gedenktafeln<br />

der für die einheit gefallenen<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er. Die bereits beschädigten<br />

standbilder wurden beseitigt.<br />

Die Köpfe von Bismarck und Roon entdeckte<br />

man nach der Wende in einem<br />

thüringischen Garten. sie sollen damals<br />

aus dem angerichteten Trümmerfeld<br />

für eine Flasche schnaps den Besitzer<br />

gewechselt haben.<br />

eine weitere Zäsur in der sozialistischen<br />

Bewertung des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals<br />

griff im Vorfeld des Wartburgfests<br />

1967 platz: Der Bau auf der Göpelskuppe<br />

sollte als Denkmal der „imperialistischen<br />

herrschaftspolitik“ bei der Feier<br />

keine Rolle mehr spielen. Alleiniges<br />

Denkmal für die <strong>Burschenschaft</strong>en sei<br />

die Wartburg. Die geschichtliche Begründung<br />

der geänderten Bewertung<br />

des Gesellschaftsbilds lieferte eine<br />

Denkschrift mit dem Titel: „Argumentation:<br />

unser standpunkt zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal“.<br />

Die seD-Kreisleitung<br />

eisenach ließ verlautbaren: „Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

wurde als Denkmal<br />

des preußisch-deutschen Kaisertums<br />

erbaut“. Weiter liest man: „In ihm<br />

wurde deutlich, wie reaktionäre Klas-<br />

sen progressive Bewegungen verfälschten...“.<br />

und es folgt: „es ist notwendig<br />

zu klären, dass keine reaktionären und<br />

imperialistischen Traditionen in der Geschichte<br />

des deutschen Volks bei uns<br />

gepflegt werden.“<br />

Dieser standpunkt verfestigte sich zeitweise<br />

derart, dass man sogar an eine<br />

sprengung des Denkmals dachte, auf<br />

neu erschienenen landkarten hatte<br />

man es ohnehin schon gestrichen. Doch<br />

aus dem Bewusstsein der eisenacher<br />

Bevölkerung konnte man das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

nicht verdrängen. Als<br />

eingaben und Anfragen überhandnahmen,<br />

plante die seD-Kreisleitung 1972<br />

eine erklärungstafel mit folgendem Inhalt<br />

aufzustellen: „Dieses Bauwerk wurde<br />

in Verfälschung der geschichtlichen<br />

Tatsachen am 22. Mai 1902 als <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

eingeweiht. seine<br />

Bestimmung war die Verherrlichung<br />

des preußisch-deutschen Kaisertums.<br />

Aus diesem Grund kann eine Renovierung<br />

als Baudenkmal nicht erfolgen.“<br />

Diese Tafel wurde jedoch nie angebracht.<br />

Wahrscheinlich war für die Aufstellung<br />

des schilds auch kein Geld vorhanden<br />

oder aber die seD-Kreisleitung<br />

traute ihren eigenen sprüchen nicht.<br />

Das Gelände um das Denkmal wurde<br />

anschließend zum Kinderspielplatz. Zur<br />

Verringerung der Gefahren, die Kinder<br />

kletterten nämlich in das Denkmal hinein,<br />

ließ man in den 1970er-Jahren die<br />

Fenster zumauern. Die nun fehlende<br />

luftzirkulation gab dem bereits schwerbeschädigten<br />

Deckengemälde vollends<br />

den Rest. In den 1980er-Jahren wurde<br />

erneut der umbau zur sternwarte diskutiert,<br />

um das ideologisch ungeliebte<br />

Denkmal einer „zweckmäßigen Nutzung“<br />

zuzuführen. Wegen fehlender<br />

Gelder waren diese planungen natürlich<br />

von vornherein utopisch.<br />

dAs schWeigen der Medien<br />

WAr gebrochen<br />

erst ab 1986 tat sich wieder etwas. Der<br />

Verfall der Außenanlagen hatte das<br />

Denkmal immer mehr zur Gefahren-<br />

quelle werden lassen. Aber auch das<br />

schweigen der Medien war gebrochen.<br />

Besonders die Thüringische landeszeitung<br />

berichtete immer wieder über<br />

das Denkmal. es wurden Artikel publiziert,<br />

die den schlechten Zustand des<br />

Denkmals beklagten, die das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />

aber auch historisch<br />

beleuchteten. eine Baubrigade der<br />

Interessengemeinschaft Denkmalpflege,<br />

also eine private Initiative, begann<br />

ohne größere finanzielle Mittel mit<br />

Aufräumarbeiten im umfeld des Denkmals.<br />

Diese Bewegung von unten hatte<br />

ihre treibende Kraft im späteren leiter<br />

der Wartburg-Bauhütte, dem ehrenmitglied<br />

des DeV, hans-Jürgen lehmann.<br />

Die Baubrigade konnte durch den Wiederaufbau<br />

der stützmauer zwischen<br />

den Freitreppen eine Vollsperrung des<br />

Geländes verhindern. Das Denkmal<br />

wurde von Bergsteigern von inzwischen<br />

üppigem Baumbewuchs befreit und die<br />

gröbsten schäden an der Verfugung<br />

wurden notdürftig repariert. Man konnte<br />

leicht feststellen: Das leben kehrte<br />

zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal zurück.<br />

Auch der politischen Führung passte<br />

die <strong>Burschenschaft</strong>liche Bewegung wieder<br />

vermehrt in ihr politisches Konzept.<br />

Zur 170. Wiederkehr des Wartburgfests<br />

äußerte egon Krenz auf der Wartburg,<br />

dass in der DDR die Ziele der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

verwirklicht seien. Der eisenacher<br />

stadtchronist egon humberg veröffentlichte<br />

eine Denkschrift, in der er<br />

die bereits 1954 gemachte Feststellung<br />

des Denkmalamts aufgriff: „Der Bau<br />

von Wilhelm Kreis gehört in die Reihe<br />

der deutschen Nationaldenkmäler des<br />

19. und 20. Jahrhunderts“. er forderte<br />

daher: „Das Denkmal in eine Gedenkstätte<br />

der fortschrittlichen deutschen<br />

studentenbewegung umzuwandeln, damit<br />

es endlich seinem Namen zur ehre<br />

gereiche“.<br />

die zeit nAch 1989<br />

Durch eine Wende in der Geschichte<br />

fand das über fünfzig Jahre vernachlässigte<br />

<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal in der<br />

academicus 1/2012<br />

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