Herunterladen (Pdf, 4,9 MB) - Neue Deutsche Burschenschaft
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welche zu ende geführt, was der deutsche<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er von Anbeginn<br />
ersehnte und erstrebte. Kraftvoll die<br />
Idee verfolgend, kühn an ihr festhaltend<br />
in allen stürmen der politischen Zielrichtung,<br />
jedem pessimismus trotzend, so<br />
steht der deutsche <strong>Burschenschaft</strong>er in<br />
der historie, so stehen auch die säulen<br />
des Monuments...“ Die einweihungsfeier<br />
wurde in der presse als „siegesfest<br />
ohne gleichen für alle Bekenner von<br />
schwarz-Rot-Gold“ angekündigt.<br />
Vergessen wir einmal die wilhelminische<br />
Begeisterung und die Ausdrucksweise<br />
um 1900, kann man schon feststellen,<br />
dass das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal in<br />
den Medien als Denk- und Mahnmal für<br />
den Kampf der <strong>Burschenschaft</strong>en um<br />
ein freiheitliches und einiges Deutschland<br />
gefeiert wurde. Die symbolik des<br />
Denkmals umfasst die Geschichte der<br />
<strong>Burschenschaft</strong> ab der Gründung 1815<br />
über die beiden Wartburgfeste bis<br />
hin zum Deutsch-Französischen Krieg<br />
mit der Folge der Gründung des einheitsstaats.<br />
Das dem historisierenden<br />
Jugendstil zuzuordnende Bauwerk beschreibt<br />
aber auch den Willen der <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
nach moralischen Veränderungen<br />
in der Zukunft. es ist nicht<br />
nur ein einzigartiges Kunstwerk aus<br />
Architektur und bildender Kunst, sondern<br />
auch in seiner sinngebung äußerst<br />
komplex angelegt: germanisch-griechischer<br />
Mythos, deutsches Geistesleben,<br />
symbolisiert durch die Köpfe von<br />
Goethe, Beethoven und Dürer am helm<br />
des Denkmals, Kampf um einheit und<br />
Freiheit, ehrenmal für gefallene Krieger,<br />
burschenschaftliches Wollen, wilhelminischer<br />
Kaiserkult und Aufbruch in eine<br />
neue Zeit.<br />
iM dritten reich<br />
gerät dAs denKMAl<br />
in Vergessenheit<br />
Im Ausstellungskatalog zu Gussmann,<br />
lange und Dix ist eine prägnante<br />
Deutung des Gesamtkunstwerks „<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal“<br />
zu lesen. hier<br />
schreibt Timo Niegsch von der städti-<br />
academicus 1/2012<br />
schen Galerie Albstadt zur Bedeutung<br />
des Deckengemäldes: „symbolisch wird<br />
hier das hauptthema des Denkmals<br />
vorgetragen, die hart erkämpfte staatliche<br />
einheit Deutschlands“. und ich ergänze:<br />
es steht auch als symbol für das<br />
unermüdliche Ringen um die demokratischen<br />
Rechte in Deutschland im sinne<br />
von schwarz-Rot-Gold. Damit mahnt es<br />
seit 110 Jahren als Denkmal für einheit<br />
und Freiheit von der Göpelskuppe.<br />
Nach der großen einweihungsfeier<br />
begann der große weiße Fleck über<br />
die weitere Geschichte des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals.<br />
In der einschlägigen<br />
literatur, wie etwa in handbüchern der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> oder den<br />
<strong>Burschenschaft</strong>lichen Blättern, wurde<br />
einiges über das Burschenhaus und die<br />
langemarck-Gedenkstätte berichtet.<br />
Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal wurde<br />
jedoch nicht mehr thematisiert und geriet<br />
in der Zeit des Dritten Reichs völlig<br />
in Vergessenheit. erst aus DDR-Quellen<br />
erfährt man etwas über die weitere Bedeutung<br />
des Denkmals.<br />
1945 bis 1989<br />
Nach 1945 blieb das unbeschädigte<br />
<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal noch für einige<br />
Jahre das symbol der studentischen<br />
Bewegung, die ab 1815 nach der<br />
einigung Deutschland gestrebt hatte.<br />
Aus Anlass einer Festwoche zu ehren<br />
von Friedrich ludwig Jahn und zum<br />
135. Jahrestag des Wartburgfests zog<br />
am 19. oktober 1952 ein machtvoller<br />
Demonstrationszug mit an-<br />
nähernd 10.000 Teilnehmern<br />
aus allen Teilen Deutschlands<br />
zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal,<br />
um den Willen zur deutschen<br />
einheit zu bekräftigen. Viele<br />
Anfragen aus der Bevölkerung<br />
veranlassten das Bezirkssekretariat<br />
der Nationalen Front<br />
zu der Verlautbarung, dass<br />
man den inzwischen verfallenden<br />
Bau restaurieren und 1953 zur<br />
Besichtigung freigeben wolle. ebenso<br />
ist zu vermelden, dass das Burschen-<br />
schaftsdenkmal 1954 durch die Denkmalbehörde<br />
der damaligen DDR als ein<br />
Denkmal von besonderem nationalem<br />
und geschichtlichem Wert eingestuft<br />
wurde.<br />
Aber just in diesem Jahr änderte die<br />
seD-Führung die politische einstellung<br />
zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal: hatte<br />
man noch 1952 anlässlich des Wartburgfests<br />
die dem Denkmal anhaftende<br />
fortschrittliche Tendenz, nämlich<br />
ein symbol für einheit und Freiheit zu<br />
sein, betont, klang dies 1954 ganz anders:<br />
Der Rat der stadt war nun der<br />
Auffassung, dass das Denkmal „in keiner<br />
Weise in Beziehung zu dem historischen<br />
Geschehen des 18. oktobers<br />
1817 stehe“. Man verstieg sich sogar zu<br />
dem Gedanken, auf dem Wartenberg,<br />
auf dem sich die <strong>Burschenschaft</strong>er<br />
1817 zur symbolischen Bücherverbrennung<br />
versammelt hatten, „ein neues<br />
<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal zu errichten,<br />
das in seiner künstlerischen Auffassung<br />
dem freiheitlichen Kampf der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />
von 1817 entspricht“. Aber die<br />
Idee vom Neubau war dann doch zu<br />
gewagt. Man diskutierte in der Folgezeit<br />
sehr intensiv die Art des umgangs<br />
mit dem bereits vorhandenen Denkmal.<br />
Das hauptproblem der DDR-oberen<br />
war das gespaltene Wesen des Denkmals<br />
– einerseits fortschrittliches, deutsches<br />
Geistesleben: Goethe, Beethoven,<br />
Dürer – andererseits junkerlicher,<br />
bourgeoiser Imperialismus: Wilhelm I.,<br />
Moltke, Bismarck: In diesem sozialistischen<br />
Dilemma wurden alternative<br />
handlungsweisen diskutiert. erstens<br />
“Zur 170. Wiederkehr<br />
des Wartburgfests<br />
äußerte Egon Krenz<br />
auf der Wartburg, dass<br />
in der DDR die Ziele<br />
der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />
verwirklicht seien.“<br />
die notdürftige bauliche sanierung und<br />
eine spätere entscheidung über die<br />
umgestaltung, also eine Verdrängung<br />
des gesellschaftspolitischen problems.<br />
Zweitens der umbau zu einer wissenschaftlichen<br />
Institution, etwa zu einer<br />
sternwarte, oder die umgestaltung zu<br />
einer Ruhmeshalle für Träger der humanität<br />
und dem gesellschaftlichen<br />
Fortschritt dienenden <strong>Deutsche</strong>n Wissenschaften,<br />
zuvörderst für die Begründer<br />
des wissenschaftlichen sozialismus,<br />
Karl Marx und Friedrich engels.<br />
bisMArcK-Kopf für eine<br />
flAsche schnAps<br />
Damit war für Diskussionsstoff gesorgt,<br />
mit dem man sich jahrelang auseinandersetzen<br />
konnte. eine entscheidung<br />
darüber ist nie gefallen. sichtbares<br />
ergebnis war hingegen der weitere<br />
Verfall des Denkmals und die zielgerichtete<br />
Zerstörung der noch erhaltenen<br />
Jugendstilfenster und des Innenensembles.<br />
etwa 1963, so die mündliche<br />
Überlieferung, zerstörte man die Gedenktafeln<br />
der für die einheit gefallenen<br />
<strong>Burschenschaft</strong>er. Die bereits beschädigten<br />
standbilder wurden beseitigt.<br />
Die Köpfe von Bismarck und Roon entdeckte<br />
man nach der Wende in einem<br />
thüringischen Garten. sie sollen damals<br />
aus dem angerichteten Trümmerfeld<br />
für eine Flasche schnaps den Besitzer<br />
gewechselt haben.<br />
eine weitere Zäsur in der sozialistischen<br />
Bewertung des <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmals<br />
griff im Vorfeld des Wartburgfests<br />
1967 platz: Der Bau auf der Göpelskuppe<br />
sollte als Denkmal der „imperialistischen<br />
herrschaftspolitik“ bei der Feier<br />
keine Rolle mehr spielen. Alleiniges<br />
Denkmal für die <strong>Burschenschaft</strong>en sei<br />
die Wartburg. Die geschichtliche Begründung<br />
der geänderten Bewertung<br />
des Gesellschaftsbilds lieferte eine<br />
Denkschrift mit dem Titel: „Argumentation:<br />
unser standpunkt zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal“.<br />
Die seD-Kreisleitung<br />
eisenach ließ verlautbaren: „Das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
wurde als Denkmal<br />
des preußisch-deutschen Kaisertums<br />
erbaut“. Weiter liest man: „In ihm<br />
wurde deutlich, wie reaktionäre Klas-<br />
sen progressive Bewegungen verfälschten...“.<br />
und es folgt: „es ist notwendig<br />
zu klären, dass keine reaktionären und<br />
imperialistischen Traditionen in der Geschichte<br />
des deutschen Volks bei uns<br />
gepflegt werden.“<br />
Dieser standpunkt verfestigte sich zeitweise<br />
derart, dass man sogar an eine<br />
sprengung des Denkmals dachte, auf<br />
neu erschienenen landkarten hatte<br />
man es ohnehin schon gestrichen. Doch<br />
aus dem Bewusstsein der eisenacher<br />
Bevölkerung konnte man das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
nicht verdrängen. Als<br />
eingaben und Anfragen überhandnahmen,<br />
plante die seD-Kreisleitung 1972<br />
eine erklärungstafel mit folgendem Inhalt<br />
aufzustellen: „Dieses Bauwerk wurde<br />
in Verfälschung der geschichtlichen<br />
Tatsachen am 22. Mai 1902 als <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
eingeweiht. seine<br />
Bestimmung war die Verherrlichung<br />
des preußisch-deutschen Kaisertums.<br />
Aus diesem Grund kann eine Renovierung<br />
als Baudenkmal nicht erfolgen.“<br />
Diese Tafel wurde jedoch nie angebracht.<br />
Wahrscheinlich war für die Aufstellung<br />
des schilds auch kein Geld vorhanden<br />
oder aber die seD-Kreisleitung<br />
traute ihren eigenen sprüchen nicht.<br />
Das Gelände um das Denkmal wurde<br />
anschließend zum Kinderspielplatz. Zur<br />
Verringerung der Gefahren, die Kinder<br />
kletterten nämlich in das Denkmal hinein,<br />
ließ man in den 1970er-Jahren die<br />
Fenster zumauern. Die nun fehlende<br />
luftzirkulation gab dem bereits schwerbeschädigten<br />
Deckengemälde vollends<br />
den Rest. In den 1980er-Jahren wurde<br />
erneut der umbau zur sternwarte diskutiert,<br />
um das ideologisch ungeliebte<br />
Denkmal einer „zweckmäßigen Nutzung“<br />
zuzuführen. Wegen fehlender<br />
Gelder waren diese planungen natürlich<br />
von vornherein utopisch.<br />
dAs schWeigen der Medien<br />
WAr gebrochen<br />
erst ab 1986 tat sich wieder etwas. Der<br />
Verfall der Außenanlagen hatte das<br />
Denkmal immer mehr zur Gefahren-<br />
quelle werden lassen. Aber auch das<br />
schweigen der Medien war gebrochen.<br />
Besonders die Thüringische landeszeitung<br />
berichtete immer wieder über<br />
das Denkmal. es wurden Artikel publiziert,<br />
die den schlechten Zustand des<br />
Denkmals beklagten, die das <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal<br />
aber auch historisch<br />
beleuchteten. eine Baubrigade der<br />
Interessengemeinschaft Denkmalpflege,<br />
also eine private Initiative, begann<br />
ohne größere finanzielle Mittel mit<br />
Aufräumarbeiten im umfeld des Denkmals.<br />
Diese Bewegung von unten hatte<br />
ihre treibende Kraft im späteren leiter<br />
der Wartburg-Bauhütte, dem ehrenmitglied<br />
des DeV, hans-Jürgen lehmann.<br />
Die Baubrigade konnte durch den Wiederaufbau<br />
der stützmauer zwischen<br />
den Freitreppen eine Vollsperrung des<br />
Geländes verhindern. Das Denkmal<br />
wurde von Bergsteigern von inzwischen<br />
üppigem Baumbewuchs befreit und die<br />
gröbsten schäden an der Verfugung<br />
wurden notdürftig repariert. Man konnte<br />
leicht feststellen: Das leben kehrte<br />
zum <strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal zurück.<br />
Auch der politischen Führung passte<br />
die <strong>Burschenschaft</strong>liche Bewegung wieder<br />
vermehrt in ihr politisches Konzept.<br />
Zur 170. Wiederkehr des Wartburgfests<br />
äußerte egon Krenz auf der Wartburg,<br />
dass in der DDR die Ziele der <strong>Burschenschaft</strong>en<br />
verwirklicht seien. Der eisenacher<br />
stadtchronist egon humberg veröffentlichte<br />
eine Denkschrift, in der er<br />
die bereits 1954 gemachte Feststellung<br />
des Denkmalamts aufgriff: „Der Bau<br />
von Wilhelm Kreis gehört in die Reihe<br />
der deutschen Nationaldenkmäler des<br />
19. und 20. Jahrhunderts“. er forderte<br />
daher: „Das Denkmal in eine Gedenkstätte<br />
der fortschrittlichen deutschen<br />
studentenbewegung umzuwandeln, damit<br />
es endlich seinem Namen zur ehre<br />
gereiche“.<br />
die zeit nAch 1989<br />
Durch eine Wende in der Geschichte<br />
fand das über fünfzig Jahre vernachlässigte<br />
<strong>Burschenschaft</strong>sdenkmal in der<br />
academicus 1/2012<br />
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