15.02.2013 Aufrufe

Herunterladen (Pdf, 4,9 MB) - Neue Deutsche Burschenschaft

Herunterladen (Pdf, 4,9 MB) - Neue Deutsche Burschenschaft

Herunterladen (Pdf, 4,9 MB) - Neue Deutsche Burschenschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

40<br />

eine die <strong>Deutsche</strong>n zusammenhaltende<br />

Identität gab es längst vor Johann<br />

Gottlieb Fichte, auf die Gemeinsamkeit<br />

der deutschen sprache „verfiel“ keineswegs<br />

erst ernst Moritz Arndt. Das<br />

deutsche Wort „Vaterland“ wurde nicht<br />

von der <strong>Burschenschaft</strong> erfunden. es<br />

war bereits im Mittelhochdeutschen ein<br />

feststehender Begriff und bezeichnete<br />

ursprünglich das dem Vater gehörende<br />

land. erst im laufe der Zeit erweiterte<br />

sich der Begriff, bis er schließlich ein vor<br />

allem auf gemeinsamer sprache und<br />

gemeinsamen Wertvorstellungen beruhendes<br />

Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

beinhaltete. ein derartiges Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

verband und verbindet<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er unabhängig von<br />

staatlichen Grenzen. Der zentrale unterschied<br />

zwischen der DB und der <strong>Neue</strong>nDB<br />

liegt meines erachtens in der Definition<br />

des Vaterlands. Mit der anfangs<br />

zitierten Definition unterscheidet sich<br />

die <strong>Neue</strong>DB von dem volksbezogenen<br />

(nicht völkischen!) Vaterlandsbegriff der<br />

urburschenschaft und der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Burschenschaft</strong>. Art. 9 der Grundsätze<br />

der DB lautet: „Die <strong>Burschenschaft</strong> bekennt<br />

sich zum deutschen Vaterland als<br />

der geistig-kulturellen heimat des deutschen<br />

Volkes. unter dem Volk versteht<br />

sie die Gemeinschaft, die durch gleiches<br />

geschichtliches schicksal, gleiche<br />

Kultur, verwandtes Brauchtum und gleiche<br />

sprache verbunden ist“. Anders als<br />

die <strong>Neue</strong>DB sieht die DB dagegen „das<br />

deutsche Vaterland unabhängig von<br />

staatlichen Grenzen ...“ (handbuch der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> 2005, s. 1).<br />

Danach ist „<strong>Deutsche</strong>r, wer auf Grund<br />

seiner Abstammung, sprache und Kultur<br />

zum deutschen Volk gehört und sich<br />

zu ihm bekennt“ (ebd., s. 244). Was von<br />

seiten der <strong>Neue</strong>nDB dagegen einzu-<br />

academicus 1/2012<br />

dr. peter KAupp:<br />

VoLkStUMSBEzoGEnES<br />

BEkEnntnISPrInzIP<br />

wenden ist, bleibt mir unerfindlich.<br />

Der Vaterlandsbegriff der <strong>Neue</strong>nDB<br />

grenzt beispielsweise pauschal alle<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er in Österreich und<br />

chile aus, die sich als staatsbürger<br />

ihres landes (auch) zum deutschen<br />

Volkstum, zum deutschen Vaterland<br />

bekennen. Nach dieser territorial fixierten<br />

Definition hätte etwa die Jenaische<br />

<strong>Burschenschaft</strong> keine Bundesbrüder<br />

aus Dänemark (etwa lornsen und v.<br />

Binzer), meine <strong>Burschenschaft</strong> später<br />

keine Rätoromanen aus der schweiz<br />

und keine siebenbürger sachsen aus<br />

ungarn aufnehmen können. Wer zum<br />

Beispiel auf dem Territorium von Italien,<br />

Frankreich, Russland, südafrika, chile<br />

oder den usA lebt und dort ein guter<br />

staatsbürger ist, kann sich sehr wohl<br />

(auch) zum deutschen Volkstum, zum<br />

deutschen Vaterland bekennen. Nur<br />

politische Tagträumer (unter ihnen vielleicht<br />

auch manche <strong>Burschenschaft</strong>er)<br />

erheben daraus irgendwelche territorialen<br />

Ansprüche, etwa auf ostpreußen,<br />

das elsass, südtirol oder siebenbürgen.<br />

VAterlAnd Als beKenntnisge-<br />

MeinschAft<br />

es ist meiner Meinung nach ein Missverständnis,<br />

den burschenschaftlichen<br />

Vaterlandsbegriff im territorial-nationalstaatlichen<br />

sinn zu verstehen und<br />

damit vielleicht sogar Forderungen<br />

auf von <strong>Deutsche</strong>n besiedelte Gebiete<br />

jenseits der deutschen Grenzen zu erheben.<br />

Auch wenn es der Begriff ‚Vaterland‘<br />

semantisch nahelegt: Vaterland<br />

war und ist keine Territorial-, sondern<br />

eine Bekenntnisgemeinschaft. Der<br />

Vaterlandsbegriff der <strong>Burschenschaft</strong><br />

bezog sich noch nie auf ein bestimmtes<br />

Territorium, sondern schloss immer<br />

die außerhalb der nationalstaatlichen<br />

“Vaterland war und<br />

ist keine Territorial­,<br />

sondern eine Bekenntnisgemeinschaft.“<br />

Grenzen lebenden <strong>Deutsche</strong>n mit ein.<br />

Natürlich gab es zur Zeit der urburschenschaft<br />

noch nicht das ersehnte<br />

politisch geeinte Deutschland. Die <strong>Burschenschaft</strong><br />

propagierte aber ein alle<br />

<strong>Deutsche</strong>n verbindendes gemeinsames<br />

deutsches Vaterland. Auch die <strong>Deutsche</strong>n<br />

in den baltischen ostseeprovinzen<br />

des russischen Reiches (unter ihnen<br />

einige Gründer bzw. Mitglieder der<br />

urburschenschaft) zählen jenseits der<br />

politischen Grenzen zum deutschen Vaterland.<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er bekannten<br />

sich schon zu einem deutschen Vaterland,<br />

als es den von ihnen politisch ersehnten<br />

deutschen Nationalstaat (von<br />

dem sie übrigens noch sehr unklare<br />

Vorstellungen hatten) überhaupt noch<br />

nicht gab. schon immer bekannten sich<br />

auch außerhalb des Territoriums eines<br />

deutschen Nationalstaates lebende<br />

<strong>Deutsche</strong> zu einem alle <strong>Deutsche</strong>n<br />

verbindenden gemeinsamen Volkstum<br />

und Vaterland. Insofern fand ernst<br />

Moritz Arndt auf die Frage „Was ist<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Vaterland?“ die richtige<br />

Antwort: „o nein, ... sein Vaterland<br />

muß größer sein“. Dass daraus die<br />

utopische politische Forderung nach<br />

einem großdeutschen Nationalstaat<br />

entstand, der alle deutschsprachigen<br />

länder europas umfassen sollte, steht<br />

auf einem anderen, weniger rühmlichen<br />

Blatt. Das Bekenntnis zum deutschen<br />

Vaterland war und ist unabhängig<br />

von territorialen Grenzen zu sehen.<br />

Viele burschenschaftliche 1848er Demokraten,<br />

die in die usA emigrierten<br />

und die us-staatsangehörigkeit über-<br />

nahmen (carl schurz etwa brachte es<br />

sogar zum Innenminister) blieben zeitlebens<br />

dem deutschen Vaterland eng<br />

verbunden. Die Geschichte der Familie<br />

Drewing bietet dafür ein gutes Beispiel.<br />

Für sie war und ist das Baltikum ihre<br />

heimat, Deutschland ihr Vaterland.<br />

Ähnlich war es in meiner Familie: Für<br />

zwei Generationen war spanien unsere<br />

heimat, Deutschland unser Vaterland.<br />

„Von dem lande oder ländchen, in welchem<br />

wir geboren sind, wollen wir niemals<br />

das Wort Vaterland gebrauchen“,<br />

heißt es in Beschluss 10 der „Grundsätze<br />

und Beschlüsse des Wartburgfestes<br />

von 1817“. „Deutschland ist unser Vaterland;<br />

das land, wo wir geboren sind,<br />

ist unsere heimat.“ heimat wird im allgemeinen<br />

sprachgebrauch als der ort<br />

oder die landschaft verstanden, in die<br />

der Mensch hineingeboren wird und in<br />

der die frühkindliche sozialisation erfolgt,<br />

die weithin Identität, charakter,<br />

Mentalität, einstellung und Weltauffassung<br />

prägt.<br />

stAAt und VAterlAnd gezielt<br />

VerWechselt<br />

Die <strong>Neue</strong>DB verwechselt staat und Vaterland<br />

meiner Meinung nach gezielt<br />

mit der Absicht, die rechtskonservativen<br />

österreichischen <strong>Burschenschaft</strong>en aus<br />

ihrem Verband herauszuhalten (was in<br />

der Verallgemeinerung sicher nicht richtig<br />

ist: es gibt auch, wenn auch zugegeben<br />

wenige, liberale österreichische<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en). Dieses Ziel könnte<br />

man aber auch durch eine Zweidrittel-<br />

oder Dreiviertelmehrheit bei Aufnahmeanträgen<br />

erreichen, dazu braucht<br />

man die Grundsätze nicht zu ändern.<br />

Art. 4, Abs. 2, satz 2 ausgenommen,<br />

kann meines erachtens jeder <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

den Grundsätzen der <strong>Neue</strong>nDB<br />

zustimmen: Art. 4 (1): „Das deutsche<br />

Vaterland stellt den heimatlichen<br />

Verantwortungsbereich des deutschen<br />

Volkes dar. Jeder <strong>Burschenschaft</strong>er ist<br />

aufgerufen, für das Wohlergehen des<br />

deutschen Vaterlandes zu wirken, und<br />

es mit seinen Mitteln zu verteidigen“,<br />

(2), satz 2: „Das verantwortliche streben<br />

der <strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />

schließt jene <strong>Deutsche</strong>n mit ein,<br />

die ihre heimat außerhalb dieser Grenzen<br />

haben“, (3): „Die ehre und Verantwortung<br />

eines jeden <strong>Burschenschaft</strong>ers<br />

verbieten es, sich den lehren der deutschen<br />

Geschichte zu verschließen. Nur<br />

derjenige kann und soll ohne hochmut<br />

stolz auf die leistungen und errungenschaften<br />

seines Volkes sein, der sich zu<br />

dessen Geschichte bekennt, ohne dabei<br />

ihre dunklen seiten zu verleugnen oder<br />

zu verharmlosen“, und (4): „Die <strong>Neue</strong><br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong> tritt für ein<br />

Vaterland als Teil der Völkergemeinschaft<br />

sowie für das Zusammenwachsen<br />

jeder Nationen europas ein“. Diese<br />

Zielsetzungen unterscheiden sich nicht<br />

substanziell von der Verfassung der DB.<br />

sie sollten nicht nur für Mitglieder der<br />

<strong>Neue</strong>nDB, sondern für jeden <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

selbstverständlich sein.<br />

Dass es leider <strong>Burschenschaft</strong>er gibt,<br />

auch im letzten offiziellen handbuch<br />

der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> von<br />

2005, die sich den lehren der deutschen<br />

Geschichte und der politischen<br />

Realität verschließen, steht auf einem<br />

anderen Blatt.<br />

VorschlAg für eine definition<br />

Dass dem Vernehmen nach auch mehrere<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en der <strong>Neue</strong>nDB<br />

sich zum Deutschtum bekennende Ausländer<br />

aufnehmen, zeigt, dass diese<br />

Bestimmung wohl nicht überall ernst<br />

genommen wird. Vielleicht ist das ein<br />

hoffnungsvolles signal für die im Interesse<br />

der gemeinsamen burschenschaftlichen<br />

sache dringend erforderliche<br />

Wiederannäherung der beiden burschenschaftlichen<br />

Verbände. Folgender<br />

Vorschlag einer modifizierten Definition<br />

könnte vielleicht eine Annäherung<br />

der <strong>Neue</strong>nDB und der verbandsfreien<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en fördern, ja vielleicht<br />

sogar für alle <strong>Burschenschaft</strong>er akzeptabel<br />

sein:<br />

„Das deutsche Vaterland reicht über<br />

die Grenzen der Bundesrepublik<br />

Deutschland hinaus und umfasst all<br />

diejenigen, die sich unabhängig von der<br />

Abstammung und staatsangehörigkeit<br />

zum deutschen Vaterland als der geistig-kulturellen<br />

heimat des deutschen<br />

Volkes bekennen. unter dem Volk ist die<br />

Gemeinschaft zu verstehen, die durch<br />

gleiches geschichtliches schicksal, gleiche<br />

Kultur, verwandtes Brauchtum und<br />

gleiche sprache verbunden ist. pflicht<br />

der <strong>Burschenschaft</strong>en ist das dauernde<br />

rechtsstaatliche Wirken für die freie entfaltung<br />

deutschen Volkstums in enger<br />

Verbundenheit aller Teile des deutschen<br />

Volkes, unabhängig von staatlichen<br />

Grenzen in einem einigen europa in der<br />

Gemeinschaft freier Völker“.<br />

Diese Definition fasst – Absatz 2, satz<br />

1 ausgenommen – Art. 4 der Grundsätze<br />

der <strong>Neue</strong>nDB zusammen und<br />

erweitert den bekenntnisbezogenen<br />

Vaterlandsbegriff in Art. 9 der Verfassung<br />

der DB („unabhängig von der<br />

Abstammung und staatsangehörigkeit“).<br />

Diese Definition entspricht der<br />

burschenschaftlichen Tradition (statt<br />

‚Bundesrepublik Deutschland‘ hätte<br />

man 1815 ‚Großherzogtum sachsen-<br />

Weimar-eisenach‘, 1848/49, 1871 und<br />

1919 ‚<strong>Deutsche</strong>s Reich‘ sagen können)<br />

und berücksichtigt den gegenwärtigen<br />

stand der Diskussion um die Aufnahme<br />

von Mitgliedern. Von der <strong>Neue</strong>nDB<br />

könnte auch der Verzicht auf einen<br />

allmächtigen Rechtsausschuss und<br />

ein die Dominanz zahlenmäßig kleiner<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en verhinderndes,<br />

nach Mitgliederzahl abgestuftes Abstimmungsrecht<br />

übernommen werden.<br />

Vielleicht sind das angesichts der nahenden<br />

200-Jahr-Feier der Gründung<br />

der <strong>Burschenschaft</strong> im Jahr 2015 hoffnungsvolle<br />

Anzeichen einer wie immer<br />

gearteten Wiederannäherung.<br />

academicus 1/2012<br />

41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!