NIELSEN THE SYMPHONIES - eClassical
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Leute sagen immer voll Anerkennung, meine Symphonien<br />
seien so sorgsam geplant und durchdacht, doch ich kann Ihnen<br />
,,Die<br />
ver sichern, dass ich für keine meiner Symphonien je einen Plan<br />
ge macht habe. Sie sind aus einer undeutlichen Idee unterschiedlichster Art her -<br />
vorgegangen und haben sich dann zu einem Ganzen entwickelt. Sie sind von<br />
allein erschienen, und ich spüre, dass nichts falsch laufen kann, seitdem dies<br />
mir zu Eigen ist.“<br />
Das sagte Carl Nielsen im November 1927 bei einem Interview mit der dä -<br />
nischen Tageszeitung Politiken. Zwei Jahre zuvor hatte er seine Sechste Sym -<br />
phonie geschrieben; sie wurde seine letzte. Im Fall der Sechsten Symphonie<br />
müssen wir Nielsens Behauptung glauben, er habe ihren recht ungewöhnlichen<br />
Verlauf nicht im Voraus geplant. Bei der mehr als dreißig Jahre zuvor kompo -<br />
nierten Ersten Symphonie fällt dies schon etwas schwerer. Wie dem auch sei –<br />
die Symphonie folgt den formalen Modellen ihrer Zeit, den klassischen Mo -<br />
dellen, die Nielsen als Violinist selber gespielt hatte und die ihm an der Musik -<br />
hochschule eingeprägt worden waren.<br />
Wahrscheinlich hatte Nielsen mit der Arbeit an dieser Symphonie schon be -<br />
gonnen, bevor er im Herbst 1890 zum Studium nach Deutschland ging; aber bis<br />
Mitte Januar 1894 – zwei Monate vor der Uraufführung am 14. März 1894 – lag<br />
noch keine Partitur-Reinschrift der vollständigen g-moll-Symphonie vor. Der<br />
Komponist und Dirigent Johan Svendsen dirigierte das Königlich Dänische<br />
Orchester; Nielsen selber spielte an seinem gewohnten Platz in den Zweiten<br />
Geigen mit. Der Erfolg war so groß, dass Svendsen den Komponisten dreimal<br />
hervorholen musste, um den Beifall des Publikums entgegenzunehmen. In seiner<br />
ausgesprochen positiven und prophetischen Kritik in Politiken schrieb Charles<br />
Kjerulf: „Unstet und brutal in seinen Harmonien und Modulationen, und doch<br />
so wundervoll unschuldig und unbewusst, als ob ein Kind mit Dynamit spielt.<br />
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